Köln-Mindener Eisenbahn

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Die Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft (früher auch „Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft“ geschrieben, Kurzform daher üblicherweise „CME“) gehörte neben der Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft] und der Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft zu den großen Eisenbahn-Gesellschaften, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts das Ruhrgebiet und große Teile des heutigen Nordrhein-Westfalens durch die Eisenbahn erschlossen haben.

Schon anno dazumahl gab es Spekulationen über die Streckenführung! Dortmunder Wochenblatt vom 21. September 1844.

Gründung

Die Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft wurde 1843 in Köln gegründet, um eine Eisenbahnstrecke zwischen dem 1815 preußisch gewordenen Rheinland und den norddeutschen Seehäfen, sowie der preußischen Landeshauptstadt Berlin zu errichten. Ab den 1830er Jahren hatten mehrere Eisenbahnkomitees in den Städten Düsseldorf, Köln und Aachen untereinander und mit der Preußischen Regierung um eine Lösung gerungen. Im Vordergrund aller Bemühungen stand bei allen Beteiligten die Umgehung der holländischen Rheinzölle, die die Ein- und Ausfuhr von Waren beim Transport auf dem Rhein erheblich verteuerten.

Ein Teil der Kölner Komiteemitglieder unter David Hansemann und das Aachener Komitee sprachen sich für eine Bahnstrecke durch das 1830 unabhängig gewordenen Belgien zum Seehafen Antwerpen aus. Sie gründeten schon am 9. Juli 1837 in Köln die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft und begannen mit dem Bau der Bahnlinie von Köln über Aachen zur belgischen Grenze, die von 1839 bis 1843 abschnittweise in Betrieb ging.

Die anderen Interessenten sahen größere Vorteile in einer Verbindung zwischen dem Rheinland und der Weser mit einer Endstation in Minden, um von dort per Schiff eine Verbindung mit dem Seehafen Bremen zu nutzen. Gleichzeitig warben Eisenbahninteressenten aus dem Königreich Hannover für eine Bahnverbindung über Hannover, Braunschweig, Magdeburg nach Berlin.

Das Königreich Preußen übernahm bei der Gründung der Gesellschaft 1/7 des Aktienkapitals.

Streckenbau

Stammstrecke Köln–Minden

Längere Verhandlungen wurden hinsichtlich der Trasse zwischen Köln und Dortmund geführt. Die Interessenten aus dem Bergischen Land und aus der Industrieregion im Wuppertal wünschten eine Strecke durch das dortige Hügelland. Dies wurde aber von der Gesellschaft wegen zu hoher Kosten für die erforderlichen Kunstbauten abgelehnt. Ein Gutachten des Aachener Kaufmanns und Bankiers David Hansemann gab den Ausschlag, die Strecke über Düsseldorf, Duisburg und das heutige Ruhrgebiet zu führen und das Tal der Wupper zu umgehen. Hansemann hatte die Bergische Trasse als volkswirtschaftlich bedeutender angesehen, aber der anderen aus Kostengründen den Vorzug gegeben.[1]

Am 18. Dezember 1843 erhielt die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft dann die preußische Konzession für die Strecke von Deutz über Köln-Mülheim, Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen, Essen-Altenessen, Gelsenkirchen, Wanne, Herne und Castrop-Rauxel nach Dortmund und weiter über Hamm, Oelde, Rheda, Bielefeld und Herford bis nach Minden. Mit dieser Streckenführung wurde die billigere Variante gewählt, die das Bergische Land nördlich weiträumig umfuhr.

Die erste Teilstrecke Deutz–Düsseldorf wurde am 20. Dezember 1845, die zweite bis Duisburg am 9. Februar 1846 eröffnet. Im folgenden Jahr erreichte man am 15. Mai über Dortmund dann Hamm, und am 15. Oktober 1847 war die gesamte 263 Kilometer lange Strecke bis Minden zunächst eingleisig fertiggestellt. Am selben Tag ging auch die Strecke Hannover–Minden der Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen in Betrieb. Damit war eine der großen von Friedrich List vorgeschlagenen Bahnlinien, für die auch Friedrich Harkort geworben hatte, verwirklicht.

Anschlussbahnen

Der Bergbau, der mit seinen Kohlentransporten schon bald den damaligen Bahnverkehr dominieren sollte, suchte nun über zum Teil lange Anschlussbahnen eine Verbindung zu den Verladebahnhöfen an dieser neuen Strecke. In einem Geschäftsbericht der CME aus dem Jahre 1872 findet sich eine Tabelle von über 100 Anschlussbahnen. Einzelne sind nur wenige 100 Meter, die meisten aber bis zu 10 Kilometer lang. Nur sechs Anschlussstrecken standen im Eigentum der CME. 75 Anschlüsse wurden von Lokomotiven befahren. Über 25 wurden als Pferdebahnen betrieben, bei denen die Wagen „durch Menschen- und Pferdekräfte der resp. Eigenthümer“ bewegt wurden.

Paris-Hamburger Bahn bzw. Hamburg-Venloer Bahn

Ende der 1860er-Jahre entstand das größte Projekt der Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft, als sich Preußen entschloss, die von einer französischen Bahngesellschaft projektierte Bahnverbindung von Paris nach Hamburg (so genannte „Paris–Hamburger Bahn“) auf deutschem Boden von einer deutschen Bahngesellschaft bauen und betreiben zu lassen.

Die Ausschreibung der dann Hamburg-Venloer Bahn genannten rund 550 Kilometer langen Strecke gewann sie gegen den Konkurrenten der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft. Für ihren Bau wurden Investitionen von 43 Millionen Taler errechnet.

Die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft hatte sich allerdings vorbehalten, diese von Venlo über Wesel, Münster und Osnabrück nach Bremen und Hamburg vorgesehene neue Verbindung an ihre Bestandsstrecke von Köln nach Minden anzubinden. Deshalb begann sie am 1. Januar 1870 den Bau der neuen Strecke in Wanne als Abzweig von ihrer Stammstrecke. Während des Deutsch-Französischen Krieges wurden große Teile provisorisch in Betrieb genommen: Am 1. Januar 1870 bis Münster, am 1. September 1871 bis Osnabrück und am 15. Mai 1873 bis Hemelingen. Am 1. Juni 1874 schließlich wurde die Strecke fertiggestellt.

Der Streckenteil von Wanne-Eickel Hbf nach Hamburg zählt dagegen zu den meistbefahrenen Eisenbahnstrecken Deutschlands und wird manchmal als „Rollbahn“ bezeichnet.

Emschertalbahn

Mit der zwischen 1874 und 1878 erbauten, 50 Kilometer langen Emschertalbahn von Dortmund bis Duisburg-Neumühl über Castrop-Rauxel Süd, Herne, Wanne, Gelsenkirchen-Bismarck, Essen-Karnap und (Oberhausen-)Osterfeld Süd, im Wesentlichen parallel zur Emscher, ging die CME wie die anderen Bahngesellschaften ins Ruhrgebiet und suchte ebenfalls den Anschluss an die dortigen Bergwerke und Hütten.

Lokomotiven und Wagen

Für den Personenzugverkehr über ihre durchweg langen Strecken stellte die Gesellschaft noch bis 1869 70 Crampton-Lokomotiven mit der Achsfolge 2’A in Dienst. Sie erreichten Spitzengeschwindigkeiten bis zu 112 km/h bei völlig ruhigem Lauf. Diese häufig auch Spinnräder genannten Maschinen hatten nur eine Antriebsachse mit Rädern von fast 2 Metern im Durchmesser und einen sehr langen, tief liegenden Kessel. Einige dieser Maschinen wurden später in der eigenen Zentralwerkstatt in Dortmund in 1B-Maschinen (eine Vorlauf-Achse, zwei Antriebsachsen) mit Raddurchmessern von nur noch 1525 mm umgebaut.

Ab 1871 wurden für die immer schwerer werdenden Züge dann 1B-gekuppelte Maschinen mit Raddurchmessern von 1981 mm angeschafft. Diese „Durchbrenner“ genannten Maschinen hatten einen besonders langen Radstand von 5690 mm und einen durchhängenden Stehkessel. Weitere Personenzugloks hatten die Achsfolge 1B. Die 363 Güterzuglokomotiven hatten die Achsfolgen 1B und C. Die Tenderloks hatten sehr unterschiedliche Achsfolgen.

Im Güterverkehr dominierten die 1B-gekuppelten Lokomotiven. Maschinen mit drei angetriebenen Achsen (C) wurden in kleiner Stückzahl ab 1865 in Dienst gestellt. Die Güterwagen hatten einen grauen Anstrich. Die Personenwagen waren zweiachsige Abteilwagen.

Verstaatlichung

Das Gesetz zur Verstaatlichung der Cöln-Mindener Eisenbahn wurde am 20. Dezember 1879 verkündet. Zu diesem Zeitpunkt besaß das Königreich Preußen bereits 74 Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft. Die für die Verwaltung und Betriebsführung der Bahn gegründete „Königliche Direction der Cöln-Mindener Eisenbahn zu Köln“ der Preußischen Staatseisenbahnen übernahm die Betriebsführung schon mit Wirkung vom 1. Januar 1879. Am 23. Februar 1881 wurde diese Direktion in „Königliche Eisenbahn-Direktion zu Köln rechtsrheinisch“ umbenannt.

Die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft verfügte bei der Verstaatlichung über 619 Lokomotiven und 17.023 Wagen. Sie betrieb ein Bahnnetz von 1108 Kilometer Länge. Davon waren 467 Kilometer doppelgleisig. Der über Staatsanleihen finanzierte Kaufpreis betrug 509.326.500 Mark. Aufgelöst wurde die Gesellschaft zum 1. Januar 1886.

In der heutigen Zeit hat die Stammstrecke ihre Bedeutung als durchgehende Hauptstrecke verloren. So verläuft der Großteil des Schienenpersonenfernverkehrs heute nicht mehr über die im Norden des Ruhrgebietes gelegene Stammstrecke, sondern über die zentralere Bahnstrecke Witten/Dortmund–Oberhausen/Duisburg der ehemaligen Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft.

Aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung der verschiedenen Abschnitte der Stammstrecke wird der genaue Verlauf mit allen Betriebsstellen in folgenden vier Lemmata beschrieben (heutige Bedeutung gemessen an der Anzahl der verkehrenden Züge):

  • Bahnstrecke Köln–Duisburg (extrem hoch)
  • Bahnstrecke Duisburg–Dortmund (Duisburg – Oberhausen und Gelsenkirchen – Wanne-Eickel - Herne: mittel, ansonsten niedrig)
  • Bahnstrecke Dortmund–Hamm (hoch)
  • Bahnstrecke Hamm–Minden (sehr hoch)

Literatur

  • Geschäftsberichte der Cöln–Mindener Eisenbahn
  • Auszug aus den Verhandlungen der am 26. Juli 1844 zu Köln gehaltenen Sitzung des Administrations-Rates. – Kölnische Zeitung, Köln 1844. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Kind, Friedrich W.: Entwicklung und Ausdehnung der Eisenbahngesellschaften im niederrheinisch-westfälischen Kohlengebiet. Leipzig 1908. Digital auf ULB Münster
  • Deutsche Reichsbahn: Die Deutschen Eisenbahnen in ihrer Entwicklung 1835–1935. Berlin 1935.
  • Karl-Peter Ellerbrock, Marina Schuster (Hrsg.): 150 Jahre Köln–Mindener Eisenbahn. Katalog zur gleichnamigen Ausstellungs- und Veranstaltungsreihe. Klartext, Essen 1997, ISBN: 3-88474-560-3.
  • Wolfgang Klee, Günther Scheingraber: Preußische Eisenbahngeschichte, Teil 1: 1838–1870. In: Preußen-Report Band No. 1.1. Merker, Fürstenfeldbruck 1992, ISBN: 3-922404-35-9.
  • Olaf Nordwig et al.: Bahnhöfe und Bahnstrecken ganzheitlich erneuern! Das IBA-Projekt „Köln–Mindener Eisenbahn“. ILS, Dortmund 2000, ISBN: 3-8176-1098-X.
  • Rolf Ostendorf: Eisenbahn-Knotenpunkt Ruhrgebiet – Die Entwicklungsgeschichte der Revierbahnen seit 1838. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1979, ISBN: 3-87943-650-9.

Weblinks

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Ursprungstext mit Autorenverzeichnis

Wikipedia: Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft, abgerufen am 5. Juli 2015

Quellen

  1. Karl Ottmann: Hansemann als Eisenbahnpolitiker. In: Bernhard Poll(Hrsg.): David Hansemann 1790 – 1864 – 1964. IHK Aachen, Aachen 1964, S. 65–79.