Was die hundertjährigen Karten von Herne uns erzählen Teil 5 (1928)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Im von Dr. Leo Reiners redaktionell betreute Zeitung - Herner Anzeiger - widmete ein Autor mit den Kürzel A. S. am 17. November 1928 eine Artikelserie über die historischen Katasterkarten der Stadt Herne. Auch und hundert Jahre später sind die fünf Teile dieser Serie von lokalhistorischen Wert. Einige Angaben wurden redaktionell Bearbeitet und mit Abbildungen versehen.


Was die hundertjährigen Karten von Herne uns erzählen.

V.[1]

(Schluß.)

Die alten Karten vom früheren

Amt Sodingen

liegen noch beim Preußischen Katasteramt in Castrop=Rauxel. Als die Eingemeindung im vorigen Jahr bevorstand und daraus zu folgern war, dass eine Reihe von Straßen neue Bezeichnungen würden erhalten müssen, hatte es das Amt Sodingen schon unternommen, die Flurbezeichnungen alter Zeit aus den alten Karten zusammenzustellen und in dem Übersichtsplan des Amtes Sodingen, der sehr sorgfältig 1925 im Amtsbauamt Sodingen durchgearbeitet war, einzutragen. Welche Flurbezeichnungen im einzelnen üblich gewesen sind, ist daraus nicht erkennbar. Wir werden bei späterer Gelegenheit darauf bedacht sein, das noch nachzutragen. Jedenfalls war aber schon aus den veröffentlichten Karten erkennbar, daß

Börnig früher„Börning“

heiß. Durch die Siedlungen der Industrie, durch Friedrich der Große 3/4, Zeche Teutoburgia, die Schachtanagen von Mont=Cenis, die neue Stickstoff=Fabrik der staatlichen Bergwerksgesellschaft Hibernia und die verschiedenen Eisenbahnlinien und Zechenanschlussbahnen, durch die besonderen Industriesiedlungen hat die Geländekarte ein stark verändertes Aussehen erhalten. Jedoch sind die alten Straßen und Wege, die alten Höfe noch fast sämtlich vorhanden. Ob die heute vorhandenen, bzw. noch bestehenden Höfe sämtlich vor 100 Jahren auch schon vorhanden gewesen sind, dürfte gleichfalls noch zu prüfen sein.

Am meisten Gewicht ist darauf gelegt, die Flurnamen zu ermitteln. Diese sind äußerst zahlreich und sehr interessant. Wir finden direkt an der alten „Börninger" Nordgrenze, innerhalb der Schachtanlage Friedrich der Große 3/4 die Bezeichnungen „im Hagen“, an Pöppinghausen und Horsthausen grenzend „Lütge Bruch“, an Pöppinghausen u. Bladenhorst grenzend, zwischen diesen beiden, „Gemeinheits Bruch". Zwischen Zeche und Köln-Mindener Bahn „Belmers Busch“ und südlich der Köln=Mindener Bahn, beiderseitig der Weichselstraße die „große Vöde“, östlich des Börninger Baches finden wir die Bezeichnung „Berkel". Die Zeche Teutoburgia steht auf dem „Holthauser Bruch“(Holthausen). „Im Ochsenkamp“ liegt zwischen Berkelstraße und Kläranlage (Börnig). Weiterhin finden wir in Börnig die Flure „auf'm Kochen“, nördlich von Voßnacken. Östlich davon, südlich vom Bahnhof Börnig heißt „unterm Keller“. und westlich der Kleinkinder= Schule an der Kirchstraße „im Keller“, südlich davon, im Winkel von Castroper= und Kirchstraße „Börniger Aesche“. Die Flur südlich der Castroper Straße, beiderseits des Feldweges, von der Nord= zur Kirchstraße heißt „an der Linde“, und im Winkel von Nord- und Kirchstraße „Baueracker“. Westlich von Schulte Uhlenbruch und der Ringstraße liegt „auf'm Berge" und zur Kirchstraße hin „im Rimmel“. Südlich von Schulte Uhlenbruch haben wir „auf´m Kampe“ und beiderseitig der Ringstraße, nordöstlich des katholischen Friedhofes, die Flur „Ziegenbock". Südlich der Widumer Straße, östlich an das Krankenhaus grenzend heißt „im Weinberge“, südlich davon „Berger Wiese“ und im Winkel von Kirchstraße und Zechenanschlussbahn, nördlich der Bahn „Knabenacker“. Amtshaus=Grundstück, Marktplatz, und die Gegend südlich vom Marktplatz hieß „Braukamp“.

In der Gemeinde Sodingen finden wir folgende Flurbezeichnungen: Zwischen Schulte Uhlenbruch und Stadtpark „auf´m hintersten Felde“, an Horsthausen grenzend „auf dem Herkenberge“ und südlich von Trimbusch „in der großen Wiese“. Südlich davon schließt, sehr ausgedehnt, der „Mühlenkamp“ an. Nördlich von Schulte Uhlenbruch, an der Straße Im Uhlenbruch, östlich vom Stadtpark liegt die Flur „im Busche". Nördlich vom Alstedehof heiß „auf´m vordersten Felde" und südlich von Schulte Alstede „Kirchsiepen“. Die Kolonie Mont-Cenis und die Straße An der Linde, Schwarzer Weg und Grüner Weg berühren die Flur „auf'm Nöthen=Busch“. Die Halde von Mont=Cenis 1/3 steht auf der Flur „in der Weide". Die Benzolfabrik und Kokerei, die Bahnanlagen und Klärteiche umfassen „in der Börniger Heide“. Die Flur zwischen Liebig=, Mont-Cenis=, Uhland=, Mozart= und Querstraße heißt „auf dem Rohde", südlich davon und noch südlich der Wilhelm=Busch=Straße heißt „im Sodinger Esche“, und noch weiter südlich der Wilhelm=Busch=Straße bis an den kleinen Busch grenzend heißt “in der Tennscheuer". Die Wilhelmschule an der Hochstraße steht auf der Flur „am Kricken“. Diese reichte zwischen Hoch= und Freiheitsstraße, und die Röntgenstraße führt in diese Flur hinein. Die Bismarckschule und die Kleinkinderschule an der Straße Am Kricken, stehen „auf dem schwarzen Lande“. Völlig freies Feld noch ist die Flur südlich der Straße „in der Falsche". Die Flur gleichen Namens und „auf'm Wittenberge“ liegt nördlich des Gutshofes Wittenberg. Nördlich des Giesenberger Wegs hieß „Giesenberger Feld“. Nördlich von Haus Giesenberg liegt die Flur „in den Holzwiesen“ und an den Ostbach grenzt der „Kleibrink". Zwischen Haus Giesenberg und Forsthaus liegt „auf der Helle“, östlich von Haus Giesenberg liegen „Schottenbusch Kamp“, und „Hallbusch“. Nach Kranenberg hin heißt die Flur „auf'm Posenberge“, südlich von Kranenberg heißt „aufm Kronenberg“ und der daran angrenzende Wald heißt, damals schon „Giesenberger Busch". Der Wald östlich vom Forsthause hat die besondere Bezeichnung „am Oelberge, weiter östlich „am Steckkamp“, und der südliche Bergabhang zum Mühlenbach hin heißt „im Hedtberge“. Östlich vom Giesenberger Wald, an die Gerther Straße grenzend heißen drei größere Fluren „aus Kipps Felde“, „in den Rennerlen“ und nördlich von Heiermann, in der äußersten Südecke „auf'm Kamp“.

Die Holthauser Flurnamen sind am zahlreichsten. Der ganze Nordteil von Holthausen mit der Zeche Teutoburgia heißt „Holthauser Bruch“, reichend von Bladenhorst bis an die Castroper Straße. Südlich vom Kasino Teutoburgia liegt die Flur „Bredde“, westlich dieser Flur „auf'm Rohde“ und östlich „langen Acker“, südlich von „Vellwig“ am alten Gutshof (südlich vom Teutoburgiahof) und östlich von Schulte Uhlenbruch heißt „auf dem Weinberge" und weiter südlich „vor'm Weinberge". Die Halde von Mont=Cenis 2 umfasst die Flur „in der Willenbeck“ östlich, und „in der vollen Voeth“. Die Zeche selbst steht auf der Flur „Witgenstein", zum Teil östlich davon liegt „Hohenkamp“. Westlich der Lutherschule liegt die Flur „auf'm Kalm“, daher die Straßenbezeichnung Auf'm Kolm. An die Mont=Cenis=Straße grenzt westlich der Lutherschule „Hakenstück“ und östlich „Kamp“. Südlich der Friedrichschule, beiderseitig der Börsinghauser Straße lieg „krummer Acker“. Beiderseitig der Heroldstraße zur Mont=Cenis=Straße hin liegt „Buschkämpe". Zwischen Heroldstraße und Bruchstraße, nördlich des Baches liegt „Hotteroth“, östlich der Bruchstraße bis zum Bach „auf'm Hövel“ und östlich des Baches bis an die Ostgrenze der Stadt „im Ostenfelde". Zwischen Herold=, Mont=Cenis= und Bruchstraße liegen noch die Flure „Rissen=Wiese" und „Kamp“. Die Ecke Ring- und Mont=Cenis=Straße bis an den Sodinger Park reichend hat die Bezeichnung „hinter dem Bevenberge". Der Nordabhang vom Sodinger Volkspark heißt „im Kattenbaum“. Die Mitte des Volksparkes heißt „auf dem Ruhnen". Die Flur südlich vom Milchhäuschen heißt „Budendelle“, die Flur südlich der Gastwirtschaft im Volkspark heißt „auf der Buer". Der Bach, der zum Teil parallel der Lange Straße verläuft, heißt „Bausenbecke“. Die Flur nördlich vom Gutshof Kettling heißt „am Kittling". Die Flur östlich von Kettling heißt „Schlangenberg" und weiter nördlich „Beuenberg". Die ganze Südflur bis an die Gerther Grenze heißt „auf der Bausenbecke“. Die Flur des Gutes Meiser heißt „aw schiefen Berge“. Die Flur nördlich davon heißt „Steinigter Ort“ und noch weiter nördlich „Delle“. Die Flure westlich der Beimbergstraße und südlich der Mont=Cenis=Straße heißen „Bodenstück“, „auf'm Berge" und „im Rehlen“. Zwischen Beimbergstraße und Friedrichstraße, gleich südlich der Mont=Cenis=Straße, liegt „Sudbredde“. Die Ziegelei steht auf der Flur „Hegacker“. Die katholische Kirche steht auf der Flur „vor den Buschkämpen“. Südlich dieser Kirche liegt „im Tal“. Zwischen Gemeindefriedhof und Feuerwehrturm erstreckt sich die Flur „am Büchten Berge“. Südlich vom Gemeindefriedhof liegen „im Berge" und „im Klifken" (beides Waldstücke). Noch weiter südlich vom Friedhof „auf'm Eckmanns Berge“, aufm Hoppenberge“, und an die Lange Straße grenzend „Vöhde“. Hier hatte auch eine Flur südlich der Lange Straße den Namen „Lange Straße“. An die Holthauser Straße und Gerthe grenzt die Flur „aufm Kirchturm“ und „aufm Gelsenkamp“. Weiter nördlich, südlich der Lange Straße liegt „auf'm Köttling“ und nordlich „Klaven". Westlich der Holthauser Ortsmitte liegen die Flure „Lindenstück", „Nierhofs Kamp“, „im Bodenthal". Südlich von Hubbert liegt „Tappen=Berg“, auf'm Bockenacker“, „im Bietlo“. Nördlich vom Feuerwehrturm liegt „Fotkamp“ und östlich davon „auf'm Kämpe". Die Flur südlich der Karlstraße und östlich von Tappe heißt „Nieden im Felde“. An Castrop grenzt „in der Haustede“ und beiderseitig der Grenze, in Holthausen sowohl als in Castrop liegend, die Flur mit „Dieseln Kamp“ bezeichnet. Der Feldweg, der sich von Tappe und südöstlich hinzieht, hat östlich davon die Flure „Knottendell“ „auf´m Heivenklo“, im Heivenklo“, „im Holtkamp“ und ganz südlich „Wieschenbunke". Die Flur östlich der Cäcilienschule heißt „im Taubental“ und endlich als letzte die Flur „auf´m Weningrode“.

Die Waldgebiete von Herne,

wie sie heute bestehen, sind wohl allen Hernern bekannt Wir möchten unter diesen Begriff auch Gehölze einschließen, die nicht als eigentlichen Wald angesehen werden können, aber immerhin Baumbestände hatten, die in der Landschaft zur Wirkung kommen. Es ist allerdings zum Teil recht kläglicher Baumbestand, der infolge Bodensenkungen versinkt und für die Zukunft nicht erhalten werden kann. Das sind die Gehölzparzellen zwischen dem Herner Stichkanal und der Köln=Mindener Bahn „auf dem Hunberg“ und der Rest von „Belmers Busch“ bei Friedrich der Große 3/4. Was sodann noch in von jeher schon niedrig gelegenen Gebietsteilen an Wald vorhanden war, insbesondere nach Pöppinghausen zu, „Die Dönninger Heide“ nördlich und südlich des Dortmund=Ems=Kanals, ist gleichfalls nicht zu erhalten. Man denke nun aber nicht, dass die Waldbestände früher innerhalb des Bereiches unserer heutigen Stadtgrenze vielleicht größer gewesen wären, als heute; eher ist das Gegenteil der Fall, denn es sind seitdem wohl hier oder da einige Buschparzellen verschwunden, andere sind aber dagegen wieder aufgeforstet. Wir erwähnen an Waldbeständen in der Herner Mark: das Gut Weusthoff, das ganz von einer Gräfte umgeben war, lag direkt am Walde. Gerade hier ist dieser Teil abgeholzt und weiter südlich neu wieder aufgeforstet worden. Auch der Waldbestand der Herner Mark, beiderseitig der Waldstraße, der Waldpark Constantin und der Waldbestand in der Gegend der Tagesheilstätte sind zum Teil erweitert worden. Dagegen sind andere Waldbestände, es handelt sich nur um kleine Waldteile mit hainartigem Charakter, der späteren Stadterweiterung gewichen. Ein schmaler Waldstreifen erstreckte sich westlich „Düngelmann“ bis an den heutigen evgl. Friedhof. Westlich vom „Benninghoff“ erstreckte sich ein größeres Waldstück bis an die Mulvanystraße. Auch östlich von „Schlinghof" (Schlenkhof) und zwischen Böcker und der Mühle von Hesse (Schillerstraße) stand ein größeres Waldstück. Auch die als wirklicher Wald anzusprechenden Waldungen von Giesenberg und den Sodingen=Holthauser Höhen bis zum Langeloh einschließlich, sind bis heute wie früher erhalten geblieben. Unsere Zeit ist also, das darf man wohl behaupten, recht pflegsam mit diesem Naturschatz umgegangen.

Die Wasserläufe.

die meist in Kanäle gezwungen oder von der Emschergenossenschaft reguliert sind, und die Teiche der Mühle, wie heute noch die Teiche im Giesenberger Wald und der neue Teich im Stadtgarten, eigneten sich vorzüglich zur Fischzucht. Heute sind sie sämtlich verschmutzt, nur der Giesenberger Bach macht einen noch durchaus vertrauenerweckenden Eindruck. Indessen wäre es erforderlich, dieses Gewässer von Abwässer freizuhalten, das heißt, die Häuser, die jetzt in diesen Bach entwässern müssen, sämtlich an besondere Kanäle anzuschließen, dann wird es durchaus möglich, dass in diesem Bach heute, wie in allen anderen damals, wiederum Forellen gezüchtet werden können.

Es wird ja bei allmählich fortschreitender Bebauung das Stadtgebiet nicht mehr ländlich bleiben können. Es wird eben aus der dörflichen Landschaft die Stadt werden müssen Was des Erhaltens wert ist, wird zweifellos, soweit sich das mit den wirtschaftlichen Verhältnissen vereinbaren lässt, von unserer Zeit sorgfältig gepflegt werden. Was sich an Namen in diesem Aufsatze als wohl der ganzen Bevölkerung unbekannt ergeben hat, dürfte allgemein von Interesse sein. Es kommt zum Teil urwüchsiges, gesund beurteilendes, westfälisches Volkstum zum Ausdruck, dessen Klangart dem Münsterlande zuneigt. So insbesondere diejenigen alten Namen, soweit Alt-Herne, Baukau, Horsthausen und Pöppinghausen betreffen. Börnig, Sodingen, Börsinghausen und Holthausen sind selbstverständlich auch eingeschlossen. Wir finden jedoch in Holthausen vielfach Flurbezeichnungen, die Verbindung mit dem Südlich-Westfälischen suchen: „Delle“, „im Rehlen“, „Budendelle“ sind Flurbezeichnungen die zum Sauerland hinweisen. Wir haben es also in unserer Gegend. insbesondere in der Gegend des hohen Striches Herner Mark und der Sodingen=Holthauser Höhen mit

einer Art sprachlicher Grenze

zu tun. Ich halte mich indessen für nicht kundig genug, zu entscheiden, wohin beispielsweise „Bietlo“, „Knottendell", „Heivenklo", „Vöhde“, „auf'm Hövel“, „Hotteroth“ gehören, ob zum Münsterlande oder zum Sauerlande. Sehr interessant ist ferner die getroffene Feststellung, dass die Flurbezeichnungen „auf dem Weinberge" und „vor'm Weinberge“ südlich der Castroper Straße in Börsinghausen auf

früher hier betriebenen Weinbau

hinweisen. Es ist eine Tatsache, dass bis vor 100 Jahren entlang der Ruhr lebhafter Weinbau betrieben worden ist. Indessen haben viele ungünstige Jahre, schlechtes Wetter, Reblaus und andere Schädlinge den Weinbauern derart zugesetzt, dass sie den Weinbau im Ruhrlande aufgegeben haben. A. S.



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Quellen