Arbeiterwohlfahrt Alt-Herne

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Diese Seite behandelt die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der „alten“ Stadt Herne von der Gründung bis zum Zusammenschluss mit der Arbeiterwohlfahrt der Stadt Wanne-Eickel im Jahr 1975. Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in der neuen Stadt Herne ist gesondert beschrieben.

Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Herne
Logo AWO-Logo, 1919.jpg
Abkürzung: AWO Herne
Vorsitz: 1920 - 1933 Berta Schulz
Gründung: 1919
Mitglieder: unbekannt
Letzte Änderung: 04.08.2024
Geändert von: Ulrich Klonki


Auf Initiative der Frauenrechtlerin und Sozialreformerin Marie Juchacz ist am 13. Dezember 1919 der Hauptausschuss für Arbeiter-Wohlfahrt ins Leben gerufen worden. Die Not der Armen und - eben auch vieler Frauen - während des ersten Weltkrieges brachte Juchacz auf die Idee, eine sozialdemokratische Wohlfahrtspflege zu initiieren.

Durch solidarische Hilfe zur Selbsthilfe und Einflussnahme auf die staatliche und kommunale Sozialpolitik sollte die stigmatisierende Armenpflege überwunden werden. Keine barmherzigen Almosen, sondern Rechtsansprüche auf Hilfe!

Geschichte

1919 - 1933 Die Anfänge

Nachdem die Volkshausgesellschaft 1920 die Bahnhofstraße 8b erworben hatte, waren dort im Anbau die Büros der Geschäftsführerin der AWO (Auguste Sindermann) und der Bauarbeitergewerkschaft, ein Jugendheim der Sozialistischen Jugend und eine Nähstube untergebracht. Im Vorderhaus waren die Büros der SPD, eine Buchhandlung und ein Redaktionsraum der sozialdemokratischen "Herner Volkszeitung".

Seit Anfang der 20er Jahre bot die AWO in den Räumlichkeiten der Bahnhofstraße 8b ein Nähstube an. Die Nähstube bot nicht nur praktische Unterstützung bei der Erstellung von Kleidung an, sondern sie diente auch dem politischen Austausch.

Im August des Jahres 1925 errichtet die Arbeiterwohlfahrt in Constantin ein Licht- und Luftbad als Tagesheilstätte, in der (lungen)erkrankte Personen (häufig Tuberkolose) für 6 bis 8 Wochen untergebracht werden. Zunächst besteht das Licht- und Luftbad aus einer 30m langen und 9m breiten Liegehalle mit anschliessenden Brauseräumen. Im Jahr 1926 wurde in der Halle ein Speisesaal, eine Küche mit Nebenräumen, ein Arztzimmer, eine Garderobe und Toiletten gebaut. Zusätzlich wird eine weitere Liegehalle mit 35m Länge und 4m Breite errichtet.

Am 2. Februar 1926 berichtet der "Herner Anzeiger": "Das Licht- und Luftbad ist im August vorigen Jahres in Betrieb genommen worden und es haben dort 200 Kinder 8 Wochen lang Aufnahme gefunden. Es ist beabsichtigt, das LIcht- und Luftbad in diesem Jahr von städtischen Gesundheitsamt zu übernehmen und es zu einer Tagesheilstätte für Lungenkranke auszubauen. Die Arbeiterwohlfahrt ist mit dieser Übernahme einverstanden."

Die Tagesheilstätte ist jeweils in den Sommermonaten geöffnet und wird von 100-150 Personen jährlich besucht. Wärend des Krieges wurde sie zerstört.

1933 - 1945 Machtergreifung der Nationalsozialisten und Zerschlagung der AWO

1933 erfolgte ein dramatischer Umbruch. In ihren Erinnerungen beschreibt die Tochter des damaligen Parteisekretärs Heinrich Crämer, Luise Strunk, die sogenannte "Machtergreifung" wie folgt: "Nach der Wahl Hitlers durch den Reichstag und der Bestätigung durch den Reichspräsidenten von Hindenburg als Reichskanzler ging eine Vernichtungswelle über die Organisationen der Arbeiter-Bewegung und deren Funktionäre, zunächst illegal durch die SA los. Die der Arbeiter-Bewegung gehörenden Gebäude und Büros wurden besetzt und durchsucht, auch hier in Herne.

Das Parteihaus Bahnhofstraße 8b wurde am 2. April 1933 besetzt und blieb es bis zum 29. April 1933. Man durchsuchte die sich in den Räumen befindlichen Aktenschränke angeblich nach landesverräterischem Material und Waffen. In Wirklichkeit aber nach Mitgliederverzeichnissen der verschiedenen Organisationen. Man bedrohte die in den Häusern wohnenden Funktionärsfamilien mit Waffen, beschimpfte sie bei Wohnungsdurchsuchungen in der hässlichsten Art. Sehr oft unternahm man diese Aktionen in total betrunkenem Zustand, wie im Parteihaus Bahnhofstraße 8b - Nacht für Nacht den ganzen Monat April 1933 hindurch.

Die in Privathäusern wohnenden Funktionäre holte man in der Nacht aus ihren Betten, schleppte sie in die SA-Heime, verprügelte und quälte sie und warf sie dann bewusstlos auf die Straße, von wo aus sie, wenn sie Glück hatten, von Angehörigen oder Bekannten nach Hause oder ins Krankenhaus gebracht wurden. Ausschreitungen gab es auch schon in den letzten Monaten 1932 ... "

Um die Geschäftsstellen, die Einrichtungen und Konten der AWO stritten sich die Nazi-Organisationen, besonders die NS-Arbeitsfront und die NS-Volkswohlfahrt.

Das Parteihaus wurde 1941 bei einem Bombenangriff zerstört

1945 - 1955 Wiederaufbau

Die Aufbauzeit nach dem Krieg war bewegt und sehr erfolgreich. Ab 1945/1946 waren die AWO-Geschäftsräume in dem früheren Gewerkschaftshaus, das 1933 von der Arbeitsfront okkupiert worden war, ab März 1947 in der Bahnhofstraße 16.

An beiden Standorten gab es eine Suppenküche und einen Speiseraum. Dort wurden wochentags bis zum Umzug im April 1949 in die Bahnhofstraße 7c für 60 Pfennig und einige Lebensmittelmarken etwa 80 Portionen ausgegeben. Damals war es sehr schwer an Lebensmittel zu kommen, oft kochte schon das Wasser im Suppenkessel und Auguste Sindermann und Else Drenseck waren noch unterwegs, um etwas für die Suppe zu organisieren oder zu fechten, wie es damals hieß.

Der nächste Umzug stand bereits im März 1950 zur Mont-Cenis-Straße 10 an, hier hatten die AWO, die SPD, die Falken und die Westfälische Rundschau bis zum Abbruch des Gebäudes im Mai 1964 ihre Räumlichkeiten.

Willi Grobe, Else Drenseck und Auguste Sindermann haben sich sehr für den Bau des heutigen Karl-Hölkeskamp-Hauses an der Breddestraße eingesetzt. Sie legte Wert darauf, dass neben den Büros auch Jugendräume, eine Altenbegegnungsstätte und ein Veranstaltungssaal errichtet wurden. Die AWO entwickelte sich in Alt-Herne schnell zu einem starken Wohlfahrtsverband, 1947 verdreifachte sie ihre Mitgliederzahl auf 2000 und die Zahl freiwilliger Helfer auf 3000 Frauen und Männer (WR 4.2.1948).

Die AWO hat sich sehr konkret der Sorgen und Nöte der Menschen angenommen, Beispiele aus der Westfälischen Rundschau:

  • Tb.-Kranke erhalten Zuweisungen von stärkenden Lebensmitteln
  • erholungsbedürftige Kinder werden 4 bis 6 Wochen in Kinderheimen in Hattingen (Königsstein) und Linden-Dahlhausen (Naturfreunde-Haus) untergebrachtund nehmen dort 4 bis 5 Pfund zu
  • Versorgung besonders bedürftiger Personen mit Textil- und Schuhwaren (WR 4.12.1946)
  • Hilfe für Flüchtlinge und Ostvertriebene (WR 23.11.1948)
  • In der Nähstube werden Textilien für die Kleiderkammer aufgearbeitet (WR 15.12.1949)
  • Begründung der großen traditionellen AWO-Weihnachtsfeier mit 400 Männern und Frauen: 28000 Jahre unter dem Weihnachtsbaum hieß es 1948 (WR 23.12.1948)
  • Krankenbesuche mit nützlichen Geschenken oder auch Bargeld.
  • Ehrenamtliche Helfer machen Hausbesuche zu Familien mit gefährdeten Kindern, sind als Schutzaufsichtshelfer, Vormunde, Pfleger, Abwesenheitspfleger und Unterhaltspfleger unterwegs (WR 1.2.1951)
  • Selbst in den Jahreshauptversammlungen klappern die Stricknadeln


Der Geschäftsbericht 1947, den die Geschäftsführerin Auguste Sindermann der Arbeiterwohlfahrt gab, zeigt in dem inneren Ausbau der Organisation eine erfreuliche Entwicklung. So erhöhte sich die Zahl der Mitglieder um das Dreifache auf ca. 2.000, die Zahl der Ortsgruppen von 9 auf 13.

So ist das Büro der AWO zur Zufluchtsstätte vieler alter Leute, Flüchtlinge und anderer Bedürftiger , die Hilfe auf den verschiedensten Gebieten wie Beschaffung von Kleidern, Unterkunft, Verpflegung usw. nachsuchen.

Im Jahr 1947 wurden betreut:

  • 3461 Einzelpersonen und 1166 Familien mit Hauhaltsgegenständen, Lebensmitteln, Kleidung, usw.
  • Ein große Kreis von TBC-Kranken wurde durch die TBC-Fürsorgestelle der AWO erfasst.
  • 340 Familien erhielten Bekleidungsstücke aus einer Zuteilung des Britischen Roten Kreuzes.
  • 52 Familien erhielten Bekleidungsstücke aus einer Schwedenspende
  • 116 Kinder wurden in den AWO-Kinderheimen Königstein und Hedberg, sowie im Schloss Strünkede (Kinderheim des Britischen Roten Kreuzes) für vier bis sechs Wochen betreut.
  • Die Portionenanzahl stieg von 30 auf 100-120 Essen täglich.[1]


Im Geschäftsbericht von 1950 werden die Familien-, Jugend- und Erholungsfürsorgefürsorge als wichtige Bausteine der AWO-Arbeit erwähnt.

"Zahlreichen Familien wurden Lebensmittel oder Bekleidung überreicht. Kranke wurden besucht und beschenkt und in einigen Fällen Hauspflege gestellt. Weit über 300 Familien wurden zum Weihnachtsfest mit nützlichen Geschenken oder Bargeld bedacht.

Der Bezirk hat ein Jugendwohnheim für 60 Jugendliche eingerichtet, ein zweites Heim wird zur Zeit gebaut, ein drittes Heim ist in Planung. Das Jugendamt hat der Herner AWO 30 Pflegekinder anvertraut.

25 Kindern wurde ein Erholungsaufenthalt gewährt und weitere 100 Kinder konnten jeweils 14 Tage im Heim am Hedberg verbringen." [2]

1956 -

Der Geschäftsbericht von 1969 und 1970:

"Zum Kapitel Trinkerfürsorge geht ein besonderer Dank an Dora Schaedel, die sich bis zum Einstellen einer hauptamtlichen Fürsorgerin ehrenamtlich diese Bürde auf die Schultern gelegt hat. 1969 wurden bei der AWO 257 Suchtkranke betreut, darunter fünf Frauen und 38 Jugendliche, 78 der Kranken waen unter 35 Jahre alt. 1970 stieg die Zahl auf 299 (sechs Frauen). Uber die Methode der Resozialisierung sagte die Referentin: "Es ist zu einfach zu sagen: ab in die Anstalt . , ." Der Erfolg der AWO-Bemühungen: 14 Männer und zwei Frauen konnten 1969 aus der Fürsorge entlassen werden, 1970 waren es 25.

147 Personen, darunter 82 unter 25 Jahren, werden besonders betreut. Zu dieser Gruppe zählen auch die Geistesschwachen, die, die mit dem Gesetz auf Kriegsfuß stehen. die Lebensuntüchtigen. Acht neue ehrenamtliche Pfleger (insgesamt sind es 68) wurden gewonnen, hier Lebenshilfe zu geben.

Weitere Einzelheiten aus der AWO-Arbeit: 1969 wurden 364 Bitten um Beihilfen und 72 um Kleiderspende erfüllt. Die Tendenz ist rückläufig: 1970/1971 erhielten 182 Familien und Einzelpersonen mit einem Kostenauf von 5.102 DM einmalige Unterstützung.

Die Zahl der Ratsuchenden erreichte im Berichtszeitraum mit 8.649 einen neuen Rekord. In der Hauskrankenpflege 1969 kümmerten sich 17 Helferinnen bei 211 Besuchen um 42 Kranke (davon 19 über 65 Jahre). Geleistete Stunden: 2.018, Kostenaufwand: 7.122 DM. 1970 wurden 38 Personen (22 über 65) in 1.994 Pflegestunden betreut. Kosten: 8.994 DM.

Gesammelt hat die AWO im Berichtszeitraum 19.464 DM. Für die Müttergenesung kamen 6.358 DM ein, 4.000 Lose zu je einer Mark wurden verkauft. Damit wurden die nötigen Eigenleistungen geliefert , um öffentliche Mittel zu beanspruchen.

Es gab einen leichten Mitgliederschwund. Mit Ab- und Zugängen. verringerte sich die Zahl von 1.073 auf 1.051." [3]

1971 wurde die neue Altenwohnstätte der AWO an der Kirch-/Ecke Castroper Straße in Börnig eröffnet.

1974 eröffnet die AWO im Altenheim Koppenbergs Hof einen Seniorentreff.

Vorsitzende

Geschäftsstellen

Jahr Adresse Foto
1919 Bahnhofstraße 1d; ehemaliges "Volkshaus"; nach dem Krieg Gaststätte Haranni; 1972 beim Ausbau der Sodinger Strasse abgebrochen. Infos

Foto

19?? Bahnhofstraße 8b; Ehemaliges Parteihaus der SPD und Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt Herne (AWO). Im zur Bahnhofstraße liegenden Geschäftslokal befand sich die "Volksbuchhandlung" der SPD. Das Haus wurde bei einem Bombenangriff 1941 zerstört.
1945 Schulstraße 28
1947 Bahnhofstraße 16
1949 Bahnhofstraße 7c
1950 Mont-Cenis-Straße 10; bis zum Abbruch 1964 waren hier die Westfälische Rundschau, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Sozialistische Jugend Deutschlands (SJD) (Die Falken) und das Parteibüro der SPD untergebracht.
1964 Breddestraße


Veranstaltungen

Datum Aktivität
1974
02.04. Eröffnung eines Seniorentreffpunktes in der ehemaligen Schullehrküche an der Gneisenaustraße. Die AWO-Geschäftsführerein Else Drenseck konnte 25 Gäste, darunter 2 Männer, begrüßen
1973
18.10. Hasan Karahasan nimmt als "türkischer Sozialbetreuer" seinen Dienst in der Breddestraße auf. Seine Aufgabe: in allen Lebenslagen Rat und Hilfe anbieten.
01.04. Eröffnung des "Seniorenzentrums Herne-Wanne der AWO" an der Burgstraße 45; heute "Grete-Fährmann-Seniorenzentrum der AWO"
1971
02.09. Jahreshauptversammlung des AWO-Kreisverbandes Herne mit 55 Delegierten im Else-Drenseck-Seniorenheim Am Katzenbuckel.
29.06. Tag der offenen Tür mit über 1.000 Besuchern im Seniorenzentrums Am Katzenbuckel; heute "Else-Drenseck-Seniorenzentrum der AWO"
26.06. Eröffnung des Seniorenzentrums Am Katzenbuckel; heute "Else-Drenseck-Seniorenzentrum der AWO"
1970
17.-18.10. Spielzeugausstellung im Rahmen der mobilen Elternschule der AWO-Bonn im Hölkeskamphaus an der Breddestraße. Es wird pädagisch sinnvolles Spielzeug zum Ausprobieren von über 60 Firmen ausgestellt.
1969
17.11. erster Spatenstich für das Seniorenzentrum Am Katzenbuckel
1964
09.05. Eröffnung des Karl-Hölkeskamp-Hauses an der Breddestraße
1962
27.10. Richtfest am Neubau des Karl-Hölkeskamp-Hauses auf der Breddestraße
1961
20.12. Weihnachtsfeier mit 400 Gästen in der Gaststätte Anlauf.
1919
??.??. Gründungsversammlung der Arbeiterwohlfahrt Herne

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Quellen

  1. Westfälische Rundschau, 04.02.1948
  2. Herner Rundschau, 01.02.1951
  3. WAZ-Herne, 03.09.1971