Flottmann-Werke
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Die Flottmann-Werke AG war ein Unternehmen mit Sitz in Herne. Es war ein wichtiger Bergbauzulieferer.
Geschichte
Der Firmengründer war Friedrich Heinrich Flottmann (1844–1899), der sich im Jahr 1869 in Bochum niedergelassen hatte, wo er 1872 die Metallgießerei H.Flottmann gründete [2]. Nach seinem Tod führte Emilie Flottmann (1852–1933) das Unternehmen weiter. Der älteste Sohn Otto Heinrich Flottmann (1875–1944) erhielt 1904 das Reichspatent für den "Druckluft-Bohrhammer mit Kugelsteuerung und selbsttätiger Umsetzung", das unter anderem den Ruhrbergbau revolutionierte. Otto Heinrich Flottmann verlagerte die Firma wegen besserer Ausbreitungsmöglichkeiten nach Herne.
Eine erste wirtschaftliche Krise erlitt das Unternehmen bereits 1957 mit der beginnenden Bergbaukrise. Im Jahre 1983 verlagerte man den Hauptstandort zur Baukauer Straße in Herne. Aus dem alten Herner Standort gingen 1986 die Flottmann-Hallen als Kulturzentrum hervor.
Im Jahre 1988 erfolgte die Fusion mit Secair und Bauer zu Ecoair unter dem Dach von MAN. Der Verkauf im Jahre 1994 an die Ingersoll Rand Company führte zum Ende des Unternehmens.
Chronologie
1869 Gründung einer Gelbgießerei und Metalldreherei in Bochum durch Ingenieur Heinrich Trilling
1872 Nach Trillings Tod Verkauf an den Bochumer Ingenieur Friederich Heinrich Flottmann
1876 Aufnahme der Fabrikation von Dampfkessel-Armaturen
1899 Übernahme der Firmenleitung durch Otto Heinrich Flottmann nach dem Tod seines Vaters. Um die Jahrhundertwende werden druckluft- und dampfbetriebene Stoß- und Gesteinsbohrmaschinen entwickelt
1902 Nach einem Brand, bei dem der größte Teil der Bochumer Fabrikanlage zerstört wurde, Verlegung des Firmensitzes nach Herne; Betriebsaufnahme der Maschinenfabrik „H. Flottmann & Comp.” mit ungefähr 30 Arbeitern im Gebäude der stillgelegten Rheinisch-Westfälischen Betonwerke an der Altenhöfener Straße 186.
1903 Errichtung der Eisengießerei „H. Flottmann & Cie.”
1904 Otto Heinrich Flottmann wird das Reichspatent Nr. 165 125 für den ersten „Druckluft-Bohrhammer mit Kugelsteuerung und sebsttätiger Umsetzung” erteilt: eine Revolution der gesamten Bohrtechnik
1905 Die Bohrhämmer treten ihren Siegeszug an und machen damit den Namen „Flottmann” in der ganzen Welt bekannt. Vermutlich in diesem Jahr Aufstellung des erstmals 1902 in Düsseldorf auf einer Industriemesse ausgestellten schmiedeeisernen Tores als Eingangstor des Werkes. Der Entwurf stammt von dem Künstler Carl Weinhold; das Jugendstiltor produzierte die Firma Füssmann und Fleeth aus Essen
1908 Errichtung neuer Fabrikhallen; in den folgenden Jahren Bau eines Maschinenhauses, einer Gesenkschmiede, Härterei, Eisen- und Stahlgießerei sowie weiterer Produktionsstätten
1909 258 Beschäftigte
1912 510 Beschäftigte
1922 Die Technische Hochschule zu Aachen verleiht Generaldirektor Heinrich Flottmann in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Entwicklung der bergmännischen Bohr- und Gewinnungstechnik ehrenhalber die Würde des Doktor-Ingenieurs. Der 100.000ste Bohrhammer wird ausgeliefert
1925 Erster leicht fahrbarer, einachsiger Kolbenkompressor mit Flottmann-Benzinmotor
1926 Umbenennung der „Maschinenbau-Aktiengesellschaft H. Flottmann & Comp.” in „Flottmann Aktiengesellschaft”
1927 Wassergekühlter Einzylinder-Dreidruckraum-Kompressor der Baureihe MG für stationären Industrieeinsatz
1929 1.138 Beschäftigte
1932 526 Beschäftigte
1935 Entscheidung des Oberbürgermeisters mit Zustimmung des Beauftragten der NSDAP nach Anhörung der Ratsherren: Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Dr.-Ing. E. h. Otto Heinrich Flottmann aus Anlass der Vollendung seines 60. Lebensjahres
1937 1.513 Beschäftigte, Bau einer Siedlung für Werksangehörige an der 1938 benannten „Anna-Luise-Straße”
1939 Im Zweiten Weltkrieg Zulieferer für die Rüstungsindustrie: Produktion von Granathülsen u. a.; Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen
1949 Übernahme der Firmenleitung durch Dipl.-Ing. Friedrich Heinrich Flottmann; Umwandlung der „Flottmann Aktiengesellschaft” in „Flottmann-Werke GmbH”
1950 Erster luftgekühlter Baukompressor „Bully”; 1.000 Beschäftigte
1958 Produktionsbeginn der stationären Kolbenkompressoren der Baureihe ME/MJ
1965 „Flottair 40”, erster schallgedämpfter, fahrbarer Baukompressor, der mit einer voll geschlossenen Kunststoff-Karosserie betrieben wurde
1967 „Flottair 80”, erster Flottmann-Schraubenkompressor
1969 100 Jahre Flottmann; Produktionsbeginn schallgedämpfter Drucklufthämmer
1972 „Rotoflott”, fahrbarer Baukompressor mit rotierendem Verdichtungssystem
1977 Übernahme der Firmenleitung durch Rechtsanwalt Rudolf M. Heitmann und Änderung der Gesellschafterverhältnisse
1979 In der deutschen Geschichte ohne Beispiel: Flottmann-Belegschaft legt drei Tage die Arbeit nieder und macht mit Unterstützung der IG Metall mobil gegen den Geschäftsführer. Die arbeitsgerichtlich verhandelten Vorwürfe führen zu dessen Rücktritt und zur Übernahme der Firmenleitung durch Kaufmann Reimer Reimers sowie Aufnahme eines neuen Gesellschafters (Firma B. Hackforth Anla-gentechnik GmbH & Co. KG) unter gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals. Erhebliche technische Investitionen. Beginn neuer konstruktiver Entwicklungen
1982 210 Beschäftigte
1983 Verlegung des Firmenstandortes nach Herne-Baukau; Betriebsaufnahme im neu erbauten Werk an der Baukauer Straße
1985 Beschluss des Rates der Stadt Herne, das Baudenkmal „Flottmann-Hallen” künftig als öffentliche Freizeit- und Erholungsanlage zu nutzen. Die übrigen Gebäude werden abgetragen.
1986 „Flott nach Flottmann”, Eröffnung der Flottmann-Hallen am 18./19. Oktober 1986
Patente
- Gebrauchsmuster-Eintragungen, bekanntgemacht im Patentblatt vom 16. August 1934.
- 5b. 1308816. Flottmann A.G., Herne. Spülkopf für Gesteinbohrhämmer. 14. Juli 1934.
Literatur
- Karl Brinkmann: Die Geschichte der Flottmann Werke. Jubiläumsschrift zum 80. Geburtstag des Baurats Dr. Ing. e.h. Otto Heinrich Flottmann am 24. Dezember 1955. Bochum, 1955
- Josef Arens: Zwischen Bosporus und Nordkap – Ein europäisches Skizzenbuch mit Notizen von Josef Arens. Flottmann-Werke, Herne, 1969 (zum hundertjährigen Jubiläum)
- Ralf Piorr (Hg.): Flottmann. Eine Geschichte des Reviers, Klartext Verlag, Essen 2015, ISBN: 978-3-8375-1229-8
Weblinks
- Borhammer und ehemalige Niederlassungen
- Berufskolleg Herne: Flottmannhallen. Von der Maschinenfabrik zur Kulturfabrik
- Route der Industriekultur: Flottmann-Hallen
- Flottmann-Hallen: Historie
- Eine Geschichte des Reviers
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Ursprungstext mit Autorenverzeichnis
Wikipedia: Flottmann-Werke, abgerufen am 23. April 2015
Weitere Quellen
- Stadtarchiv Herne, Bestand Flottmann
- ↑ Der ursprünglich hochladende Benutzer war Stahlkocher in der Wikipedia auf Deutsch (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Herne_Flottmann_Hallen.jpg), „Herne Flottmann Hallen“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
- ↑ Dr.phil. Karl Brinkmann "Bochum - Aus der Geschichte einer Großstadt des Reviers", Verlagshaus Schürmann & Klagges, Bochum 1968