Die einzelnen Abteilungen des Heimatmuseums - Die vorgeschichtliche Abteilung (1928)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 19. Juli 1928 wurde im "Herner Anzeiger" folgender Artikel zur Eröffnung des Natur- und Heimatmuseums veröffentlicht, welchen wir hier mit einigen Hinweisen gerne wiedergeben. [1]

Die einzelnen Abteilungen des Heimatmuseums.
Die vorgeschichtliche Abteilung.
Von Museumsverwalter Karl Brandt.
Unser noch junges und in den ersten Anfängen steckendes Museum hat es sich zur Aufgabe gestellt, alle erreichbaren kulturgeschichtlichen Bodenfunde zu bergen und der Bevölkerung vorzuführen. Früher hieß es immer, unsere Gegend ist nicht reich an Bodenfunden; sie hat keine Traditionen. Diese Anschauung hat nicht recht behalten! Ständig stellten und stellen sich vorzeitliche Bodenfunde in unserem Museum ein, die andere Forscher überall erwartet hatten, nur nicht in der Gegend von Herne. So haben wir im Laufe der Zeit aus der bisher ältest-bekannten Kulturperiode, der Altsteinzeit, die zeitlich in dem sog. Eiszeitalter sich abspielte, so viel heimisches Material zusammengetragen, wie außer dem Universitätsmuseum in Münster kein anderes Museum in Westfalen. Die Bedeutung dieser Funde dürfte die Tatsache erhellen, dass sehr namhafte Fachmänner unsere Funde in wissenschaftlichen Werken publizierten.br> An Bodenfunden aus der Vorzeit kommen in kulturgeschichtlicher Beziehung Belegstücke aus der Altsteinzeit, Jungsteinzeit, Bronzezeit und vorgeschichtlichen Eiszeit in Frage. Es befinden sich aus allen genannten Kulturperioden Relikte in unserem Museum. Aus der einen Zeit mehr, aus der anderen weniger. Allerdings stammen nicht sämtliche Ausstellungsstücke aus der Heimat, denn je weiter wir in kulturgeschichtlicher Beziehung zurückgehen, desto weiter haben wir unsere Sammlungen in räumlichgeographischer Beziehung zu erweitern. Ferner ist in Betracht zu ziehen, dass sich die Funde aus der Vorzeit gleichbleiben, vorausgesetzt, dass es sich um Stücke aus derselben Kulturperiode handelt. Doch ist zu berücksichtigen, dass eine fortschreitende Entwicklung innerhalb einer fraglichen Kulturperiode deutlich vorhanden ist.

Die Altsteinzeit oder die Zeit des zugehauenen= Steines eröffnet den Reigen der vorzeitlichen Kulturepochen. Nicht nur die Waffen und Werkzeuge aus Stein gelangten zur Ausstellung, sondern an Hand von Abgüssen lernt der Besucher die wichtigsten Vorzeitmenschenrassen kennen. Daneben wurden auch die Jagdtiere dieser Menschen ausgestellt. Denn von der Tierwelt war der Vormensch der Altsteinzeit unbedingt abhängig. Diese umfangreiche Sammlung eiszeitlicher Säugetiere ist unser Stolz! Zumal sämtliche Knochen an Emscher und Lippe gefunden worden sind. Als Glanzstück dieser schönen Sammlung hat der Moschusochsenschädel zu gelten, der an der Emscher bei Herne gefunden worden ist. Der Moschusochse lebt heute nur noch in Grönland. Im Eiszeitalter war er auch bei uns beheimatet.
Ein prächtiges Schaustück, unser Moschusochsenschäde!!

Als Übergang von der Altsteinzeit zur Jungsteinzeit, oder der Zeit des geschliffenen Steines, werden Äste aus den Geweihen von Rothirschen gewertet, wovon wir eine Anzahl besitzen, die sämtlich aus unserer nächsten Nähe stammen(Emscher, Lippe und Bochum).
Belegstücke aus der Jungsteinzeit (6—2000 v. u. Zeitr.) können wir eine Masse zeigen. Sie stammen von drei Fundplätzen, die leider 300 Meter von Hernes Grenzen entfernt liegen. Aus diesen jungsteinzeitlichen Siedlungen konnten über 50 gute Messerchen aus Feuerstein, wunderschöne Pfeilspitzen aus Feuerstein und Tausende von Abfallspitter von Feuerstein geborgen werden, die eine rege Werktätigkeit der Jungsteinzeitmenschen bezeugen. Diese Fundplätze lieferten ein Material, wie sonst ein Platz zwischen Lippe und Ruhr. Geschliffene Steinbeile, Äxte und Meißel sind zahlreich vorhanden. Modelle von jungsteinzeitlichen Häusern, Gräbern, Bohrmaschinen usw. demonstrieren die Originalstücke.

Bronzezeitliche Relikte werden die Besucher in erhöhtem Maße fesseln. Das gleißende Metall löst ja ganz andere Wirkungen aus wie der kalte Stein. Neben täglichen Gebrauchsgegenständen können wir auch Schmuck aus jenen fernen Vorzeittagen zeigen, wie Armbänder, Ringe und Gewandnadeln. Da ist zum Beispiel eine Gewandnadel, deren Kopf äußerst sauber vermittels Ziselierarbeiten verziert worden ist. Bronze ist eine Mischung von Kupfer und Zinn (meistens 90% Kupfer und 10% Zinn). Die Bronze bot natürlich eine größere Gestaltungsmöglichkeit als die Werkstoffe der Steinzeit, und so kommt es, dass uns in der Bronzezeit vielgestaltige Werkzeuge, Waffen und Schmuckgegenstände entgegentreten. Die Bronzezeit leitete einen gewaltigen Kulturaufstieg ein, welcher in der nachfolgenden Eisenzeit noch verstärkt wurde.

Die nun beginnende vorgeschichtliche Eisenzeit (etwa 800 v. u. Zeitr.) hat bekanntlich überall wenig Spuren zurückgelassen. So können auch wir nur wenig aus dieser Kulturperiode zeigen. Noch lange in die Eisenzeit hinein wurde Bronze verarbeitet. Aus einer Höhle im Hönnetale stammt ein Bronzebeschlag. Die Höhle wurde nur in Zeiten der Gefahr aufgesucht, und zwar von Menschen der späten vorgeschichtlichen Eisenzeit. (La Teneperiode, 400 v. u. Z. bis zum Jahre 1 unserer Zeitrechnung). Aus derselben Höhle stammen eine Menge Tongeschirrscherben, die zum Teil einfach verziert sind. Knochen verzehrter Tiere lassen die Nahrung der Eisenzeitleute erkennen (Reh, Schwein).
Den Abschluss unserer vorgeschichtlichen Abteilung bildet eine kleine Sammlung römischer Altertümer, die aus westdeutschen Römerlägern stammen. Darunter eine römische Bronzemünze, die in Herne gefunden worden ist (Rektor Decker). Auch auf Schloss Strünkede wurden früher römische Münzen gefunden, die aber der Heimatsammlung verloren gingen. Erwähnt sei, das Schloss Berge bei Buer jüngst auch römische Relikte lieferte. Eine sehr bemerkenswerte Tatsache, die auf das hohe Alter unserer Burgen weist!

Überleitend zur geschichtlichen Zeit stellten wir fränkische Fundstücke aus, darunter Fotos einer Fundstelle, die in früheren Jahren am Giesenberge entdeckt worden ist. (Die Funde sind in Dortmund!)

Wenn wir heute der Bevölkerung schon einiges bieten können, so haben wir die feste Zuversicht, in absehbarer Zeit den Hernern ein Museum vorzuführen, das sich mit vielen angesehenen Museen vergleichen kann! Dafür werden die Stadtverwaltung und die mit der Betreuung des Museums beauftragten Männer mit allen Kräften sorgen! Ferner sind wir überzeugt, dass auch die Herner Bevölkerung uns weiterhin unterstützen wird. Auf zu neuer Arbeit und zu neuen Erfolgen!

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Quellen