Aus der Geschichte der Bahnhofstraße I

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Von Leo Reiners

Aus der Geschichte der Bahnhofstraße

Ihre Bedeutung in germanischer und römischer Zeit * Verbindung zwischen Lippe und Weser, Rhein und Nordsee * Die Von-der-Heydt-Straße ein noch älterer Römerweg?

I.

Nachdem wir das Dorf und den südlichen Teil der alten Gemeinde Herne in einer Reihe von Einzelvorstellungen behandelt haben, beginnen wir jetzt mit dem westlichen Teil und umfassen darunter das Gebiet, das vom Bahnhof und Bochumer Straße eingefaßt wird und westlich bis an die Holsterhauser, nördlich an die Baukauer Grenze reicht. Dabei haben wird'en Teil Holsterhausens, der 1926 nach Herne eingemeindet wurde, aber schon immer zum Kirchspiel Herne gehörte, gleich angefügt.

Wenn wir, um eine Vorstellung von der ursprünglichen Beschaffenheit dieses als Bereich der älteren Zeche (Shamrock), der Eisenbahn, des Behördenviertels und des Geschäftslebens heute so wichtigen Gebietes zu bekommen, einen Blick auf die Karte werfen, die nach der Katasterurkarte von 1823 angefertigt wurde, so sehen wir als Vierecke (die nicht schwarz ausgefüllten Viereckchen sind Gebäude, die erst zwischen 1823 und 1870 entstanden) die wenigen Bauernhöfe und Kotten, die in der weiten zur Emscher sich senkenden, hauptsächlich von Ackern und Weiden eingenommenen Landschaft lagen. Ein paar Waldstücke waren malerisch über das Bild gestreut, von denen heute nichts mehr vorhanden ist (nur der Straßenname Hoheneick erinnert ab die Waldflur „Hoheneichen“). Die Oberflächengestaltung wurde aufs stärkste bestimmt durch den Westbach, der früher kurzweg Mühlenbach hieß. Welch breites Tal er von Süden nach Norden eingeschnitten hat, ist heute noch gut an der Shamrockstraße zu erkennen, die zwischen der Zeche an der Courrieresstraße und der Kronprinzenstraße einen auffallend starken Einschnitt bildet, dessen tiefste Stelle an der Hermann-Göring-Straße (Heute „Bebelstraße“) liegt. Auch Blicke von der Bahnhofstraße aus nach Westen in die Seitenstraße (z.B. Franz-Seldte-Straße), lassen diese Bedeutung des Westbachtales für die Oberflächengestaltung erkennen. (Oestlich der Bahnhofstraße entsprach ihm das Tal des Ostbaches.)

Durch das Gebiet liefen einige recht bedeutsame Straßen und Wege. Da war zunächst die heutige Bahnhofstraße. Sie trägt in den alten Karten die Bezeichnungen „Landstraße von Bochum nach Strünkede“ oder „Landstraße von Herne nach Recklinghausen“. Sie war also eine Landstraße, die Recklinghausen an Strünkede vorbei über Herne mit Bochum verband. Allerdings ging die Strecke nach Bochum nicht über die heutige Bochumer Straße, sondern über Steinweg und Wiescherstraße.

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Da die Straße auch nördlich von Recklinghausen zur Lippe weiterging, verband sie das alte Römerlager Haltern mit der Heer- und Handelsstraße des Hellwegs. Daraus könnte man schließen, dass die Entstehung dieser Nord-Süd-Verbindung schon in die römische Zeit zurückgeht. Dieser Auffassung ist jedenfalls Darpe (Geschichte der Stadt Bochum), der sich auf Schneider („Die alten Heer- und Handelswege der Germanen, Römer und Franken im heutigen Reiche“) stützt. Danach begann unsere Nord-Süd-Verbindung bei Wiesdorf am Rhein, gelangte über Solingen und Elberfeld bei Blankenstein an die Ruhr, die bei Haus Kemnade überschritten wurde, führte weiter über Stiepel, Brenschede, Wiemelhausen nach Bochum, zog von dort über Herne (Wiescherstraße) nach Recklinghausen, ging bei Haltern über die Lippe und mündete in Münster in eine über Ibbenbüren nach der Jahde laufende Hauptstraße ein. Trotz dieser großen, auch durch den modernen Nord-Süd-Verkehr über die Bahnhofstraße erhärteten Bedeutung dürfen wir uns diese alte Landstraße aber nicht anders denn als einen der unbeteiligten eine Fahrbrücke vorfand. Dort besaßen die die Strünkeder nur eine „Sugebrucke“, eine Brücke, um die Schweine in die Recklinghäuser Marl zu treiben. ( Eine öffentliche Wagenbrücke scheint erst um 1800 gebaut worden zu sein, denn Haarmann am Emscherübergang wird 1823 ausdrücklich Haarmann an der neuen Brücke genannt.[Anm. 1]) Die Straße führte auch nicht in der heutigen geraden Linie von der Ecke Hafen, Forell und Strünkeder Straße nach Haarmann, sondern ging zuerst in die Forellstraße hinein und bog von der Stelle, wo jetzt die Schule liegt, in rechtem Winkel nach Haarmann und zur Emscher ab. Bemerkenswerterweise liegt dieses Stück nach Recklinghausen mit dem südöstlichen Eckturmbau des Schloßes genau in einer Linie, so daß diese Straße vom Schloßturm aus aufs breite eingesehen und überwacht werden konnte. Genau so war es mit dem obersten Stück der Bahnhofsstraße von Kirche bis Bahnhofsgegend. Auch dieses lag mit dem Schloßturm in einer Linie, so daß das Schloß sich recht eigentlich in den alten Straßenzug hineinpflanzte und ihn zwang, um den alten Schloßbezirk herum zu gehen. Daraus erhellt, daß die Nord-Süd-Verbindung Münster-Herne-Wiesdorf eher da war als die alte Burg und daß diese da entstand, wo die schon vorhandene wichtige Verkehrsstraße die Emscher überschritt.

Andererseits lag die Burg auch an einer Verkehrskreuzung, denn es führte eine wichtige , die (Emscherburgen miteinander verbundene Ost-West-Verbindung über die Forell- und Hafenstraße nach Castrop bzw. Henrichenburg an ihr vorbei. Die Hafenstraße wird in der Katasterurkarte ausdrücklich „Landstraße nach Castrop“ genannt.

Wichtiger als diese war aber wohl eine andere Linie in Richtung Castrop. Sie kam von Dorsten an der Lippe und ging über Buer zum Hellweg. Das geschah einerseits über Crange und die später als Gahlenischer Kohlenweg bedeutsam gewordene Dorstener Straße, an der auch Haus Nosthausen lag, andernteils aber über Baukau und Herne. Dazu wurde die Emscher im Zuge der jetzigen Herner Straße oder bei Koops überschritten. Dann führte der Weg über die Cranger bze. Baukauer in die La-Roche und Von-der-Heydt-Straße, die in die Bahnhofstraße mündete, Hier wurde die Nord-Süd-Linie bis zur Wiescherstraße benutzt. In der Nähe des jetzigen Kommunalfriedhofes aber wurde der jetzt noch vorhandene, am Südostrande des Friedhofes entlang führende, früher zum Teil durch das Friedhofsgelände gehende Weg eingeschlagen, der an Constantin Schacht XI vorbei in den Landwehrweg übergeht. Die Landwehrstraße stellte dann in Gerthe die Verbindung mit dem von Bochum nach Castrop führenden Hellweg her.

Wir sehen alle, daß sowohl die Bahnhof und Wiescherstaße, wie die Von-der-Heydt-Straße zum Landwehr hin zwei Straßenzüge von historischer Bedeutung sind. Vor allem der letztere hat seinen besonderen Reiz. Man weiß, daß die Römer von Castra vetera (bei Xanten) aus die Lippe hinauf ins germanliche Land vorgedrungen sind und dort ihre Militärlager (Aliso, Haltern, Oberaden[Anm. 2]) Proviantplätze und Straßen angelegt haben. An der Lippenmündung war, wie Spethmann („Das Ruhrgebiet um Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik) sich ausdrückt, das Straßennetz der Römer aufgehängt. Zur fränkischen Zeit erst erfolgte durch den Bau des Hellwegs von Ruhrort ber Effen, Leithe, Stalleisen, Bochum[Anm. 3]) die grundlegende Verschiebung zur Ruhrmündung. Dabei ist in der Linienführung des Hellwegs besonders auffallend, daß der von Bochum ursprünglich nordostwärts nach Castrop und erst dann südostwärts nach Dortmund führte, um von da über Brakel, Unna nach Soest zu gehen. Dieser Umweg in Richtung des Reichshofes Castrop ist später mehrfach abgekürzt worden. Zunächst bog der Hellweg kurz vor Castrop und südlich von Herne=Östrich nach Bövinghausen ab, um über Marten und Dorstfeld nach Dortmund zu gehen. In späterer Zeit wurde jedoch die Strecke Bochum – Dortmund über Harpen – Lütgendortmund und dann schließlich statt über die Castroper Straße in Bochum über die Wittener Straße geführt. „Unter diesen Begradigungen“, so schreibt Spethmann, „sticht jene bei Bövinghausen vor Castrop mit ihrem großem Außmas und auch mit dem scharfen Winkel hervor. Ihr scheint mir deshalb eine besondere Bedeutung zuzufallen. Es ist unverkennbar, daß hier die von Ruhrort herkommende Achse rechtwinklig auf eine andere stößt, die nach Nordnordwesten über die sumpfige Emscherniederung gerader dorthin weißt, wo sie leichter zu kreuzen ist und wo beiderseits markante Höhen sind, die sich weit aus der Landschaft herausheben. Wer im Norden oder Süden der dortigen Emscherniederrung herumwandert, wird von topographischen Gesichtspunkten aus immer wieder auf die Gegend von Recklinghausen einerseits und Castrop anderseits aufmerksam.“ Diese Bemerkung Spethmanns steht im Zusammenhang mit der an der Stelle seines Buches ausgesprochenen Auffassung, daß der Hellweg nur auf dem Stück von der Ruhrmündung bist Castrop neu angelegt wurde und daß er „bei Castrop in eine ältere Römerstraße überging, die von der Lippe bis Dorsten und Haltern abzweigte und dann über Suderwich und Castrop nach Dortmund und gem Osten weiterzog. Demnach dürfte die heutige Einheitsstraße des Hellwegs aus zwei verschiedenen alten Stücken bestehen, jenem zwischen Ruhrort – Bövinghausen südlich Castrop, das im großen und ganzen auf Karl den Großen zurückgeht, wenn vielleicht auch unter Benutzung eines spätrömischen Weges, und aus dem wahrscheinlich schon um acht Jahrhunderte älteren Stück von dort aus ostwärts. Hiermit dürfte es auch zusammenhängen, daß der Hellweg von Bochum aus zunächst gen Norden zog und im Laufe der Jahrhunderte zur Abkürzung zweimal südwärts verlegt wurde“ (Spethmann a. a. D. I S. 56)

Für Herne sind die Mutmaßungen Spethmanns deshalb besonders wichtig, weil die Abzweigung des Hellwegs nach Bövinghausen in der Nähe der Einmündung des Landwehrweges in ihn vor sich geht. Dieser geht zwischen den Gysenberger und Hiltroper Höhen einher und war, wie schon sein Name besagt, durch Landwehren befestigt, wurde also als besonders verteidigungswert angesehen. Die Diagonalverbindung von der Lippe her nach hier, die um acht Jahrhunderte älter sein sein soll als der westliche Hellwegteil, könnte also mit der Linie Dorsten – Buer – Crange – von-der-Heydt – Wiescherstraße – Landwehrweg identisch sein. Spethmann neigt indes mehr dazu, die Diagonallinie von Dorsten über Recklinghausen – Suderwich nach Castrop laufen zu lassen. Dann wäre sie bei der jetzigen Pöppinghauser Kirche über die Emscher und zwischen Schloß Bladenhorst und Haus Voerde südwärts nach Castrop gegangen. Doch betont Spethmann selbst, daß diese Frage, wie die der Römerstraßen überhaupt, noch eingehender Untersuchung bedarf. Auch, Darpe, der indes die Bedeutung des Landwehrweges stärker hervorhebt, ist sich über die Linienführung auf Herner Gebiet nicht ganz klar. Er scheint an eine Linie zu denken, die östlich der Bahnhof- und Wiescherstraße über Sodingen läuft und bei Haus Gysenberg auf den Landwehrweg kommt. Es hat zwar Verbindungen dieser Art über die Gysenbergstraße gegeben, aber sie setzen den Umweg über Strünkede voraus, kommen also als möglichst geradlinige Diagonalverbindung von Dorsten – Buer nicht in Frage. Im übrigen lauten Darpes Ausführungen die sich auf Prof. Dr Schneider („Neue Beiträge zur alten Geschichte und Geographie der Rheinlande“) stützen, u.a. folgendermaßen: „Lief eine jener Römerstraßen, welche aus dem Holzwert befestigten Erddämmen bestanden, am rechten Ufer der Lippe entlang nach Aliso, so ging eine andere bei Dorsten über die Lippe und von da über Kirchhellen, Buer, Castrop, (Oestrich), Dortmund nach Unna, werl, Soest und Paderborn bis zur Weser … Bei Blumenhaus (so 1791), jetzt Wirt Blome, eine halbe Stunde südlich Oestrich, unmittelbar bei Zeche Lothringen, mündete sie (die von Ruhrort kommende Strecke des Hellwegs) in die von Dorsten und Buer über Sodingen und Giesenberg her kommende Römerstraße ein. Die Grundstücke westlich und östlich bei Blome heißen auf den alten Katasterkarten die Landwehr, die Hiltroper, Gerther und Bövinghauser Landwehren... Wahrscheinlich sind eben jene Landwehren, welche in der Richtung des Hellwegs liefen, zu uns unbekannten Verteidigungszwecken später verwendete Stüde der alten Römerstraße.“ Man sieht, die Frage, ob und wo die alte Römerstraße von der Lippe nach Dortmund, Paderborn usw. über Herne bzw. Sodingen oder über Suderwich führte, müßte noch eingehend untersucht werden. Uns scheint unter Bedeutung des Landwehrweges nur eine Führung der Diagonale über die von-der-Heydt-Straße in Frage zu kommen.

Immerhin ist aus dem bisher gesagten deutlich geworden, daß die Bahnhofs- und die Wiescherstraße eine nach Spethmann bis etwa auf Karl den Großen, nach Darpe bis auf die Römer zurückdatierbare wichtige Nord-Süd-Verbindung darstellen, während die von-der-Heydt-Straße zusammen mit den genannten Straßen und dem Landwehrweg möglicherweise eine auf die vorchristlichen Römer zurückgehende Diagonalverbindung von der unteren Lippe zum Haupthellweg und zur Weser bilden. In welchem Verhältnis die Nord-Süd-Straße zum Hellweg steht, geht daraus hervor, daß die Wiescherstraße nicht direkt nach Bochum führte, sondern zunächst bei Grümmers Hof den Hellweg erreichte und diesen dann bis Bochum benutzte. Daher muß der Hellweg schon vor der Wiescherstraße vorhanden gewesen sein. Wie reimt sich aber damit das angeblich 8 Jahrhunderte größere Alter der doch Bahnhof- und Wiescherstraße mitbenutzenden Diagonalverbindung zusammen? Um das zu klären, muß man von sicheren Gegebenheiten ausgehen. Straßen und Wege entstanden stets in Beziehung zu Siedlungen und in Anpassung an das Gelände. Aus der bisherigen Forschungsarbeit des Museumsverwalters Brandt wissen wir, daß in Herne die germanischen Siedlungen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte dem Westbach und dem Ostbach folgten. Nachgewiesen sind sie am Westbach bei der Straße „Im Winkel“ und bei Overkamps Hof, am Ostbach bei der Körnerstraße sowie schließlich am Unterlauf beider Bäche bei Schloß Strünkede (großer Begräbnisplatz) und an der Germanenstraße. Darüber hinaus haben wir an Schloß Strünkede Siedlungsspuren, die bis 2000 v. Chr. Geb. zurückreichen, im Gysenberg Gräber der Bronzezeit, an der Vödestraße Funde der Steinzeit, an der Emscher sogar solche der älteren Steinzeit, so daß wir von Besiedllung unseres Stadtgebietes aus Jahrhunderten Nachricht haben. Die Menschen, die hier lebten, haben sich auch ihre wege gebahnt. Dazu gehörte vor allem ein weg, der von den Höhen im Süden zu der Emscheraue im Norden führte. Dieser weg mußte da entstehen, wo das Gelände es vorschrieb, das heißt aus dem „Kamm“ der zwischen dem West – und dem Ostbachtal von der Höhe hinter Zeche Constantin sich hinab zog bis zur Vereinigung beider Bäche an der jetzigen Dornstraße- (Daß die Führung zwischen zwei Bächen hindurch den alten Hernern bewußt war, beweißt die Flurbezeichnung für die Gegend der heutigen Vinckestraße „Zwischen den Beeken“. Ganz deutlich ist in der Karte auch zu erkennen, daß die untere Bahnhofstraße vor der Begradigung genau zwischen beiden Bächen herging.) Dieser Kamm gestattete dem Wanderer den weitesten Blick und war, weil er Wasserscheide nach rechts und links war, bei Regenwetter am schnellsten wieder trocken und gangbar. Daher muß man annehmen, daß die Wiescher- und Bahnhofstraße einen Straßenzug darstellten, der in feinen Anfängen als Fußpfad so alt ist, wie die Besiedlung unserer Heimat überhaupt. Mitd er Zeit ist dann daraus die große Durchgangsstraße vom Rhein zur Nordsee geworden. Aehnlich wird es sich mit dem alten den großen Verkehrswegen verhalten, die unser westdeutsches Gebiet durchzeichnen. Sie werden längst dagewesen sein, als die Römer einzelne davon zu Heerstraßen ausbauten [Anm. 4]) und ihre Kaufleute sie zu Handelswegen machten. Dabei hatten natürlich die vom Rhein aus ins Land führenden die größere Bedeutung. Sie folgten den größeren Flüssen und zwar, wie es der Hellweg beweist, zum Teil auf den Höhen zwischen ihnen, also z.B. zwischen Ruhr und Emscher, Emscher und Lippe, soweit es der Wald gestattete [Anm. 5]. Daher kann auch sehr wohl die Diagonale von der Lippe über Herne – Dortmund zur weser, d.h. /(wahrscheinlich die von-der-Heydt-Straße mit Bahnhofs-, Wiescherstraße und Landwehrweg, als Durchgangsweg eher zu größerer Bedeutung gelangt sein, als die Nord-Süd-Linie und der westliche Hellwegteil, der sich in feiner Linienführung nach tiefer nach tiefer bedeutenden Römerstraße richtete.

Doch kehren wir nach diesen Betrachtungen zu unserer Karte zurück. Sie zeigt uns noch einige weitere Straßen, Feld-, und Fußwege. Im Westen zog sich von Norden nach Süden der Grenzweg hin, von dem die Rottbruchstraße abzweigte und der mit einem Doppellinie in die heutige Straße „Regenkamp“ überging. Von Westen nach Osten verlief durch dieses Knie die „Landstraße von Eickel nach Herne“, die heutige Shamrockstraße, eine Verkehrsader, die von Eickel an Haus Dorneburg vorbei zum Dorf Herne führte und auch heute noch eine derartige Bedeutung hat, daß sie zu einem OW-Straßenzug von Eickel nach Castrop ausgebaut werden soll. [ Holsterhauser Straße/Sodinger Straße ] Was ihr Alter anbetrifft, so setzt ihre Entstehung die Existenz des Dorfes Herne voraus, in das sie endete. [1]

Dr. L.Reiners

Anmerkungen

  1. Albert Heinrich Harmann, der sich am 11.03.1786 mit Anna Charlotte Trösken vermählt hatte, war aus Blankenstein gebürtig. Die Familie ist also erst seit Ende des 18. Jahrhunderts an der Emscher ansässig. Daraus erhellt die Unsinnigkeit der Versuchs von H. Jellinghaus („Die westfälischen Ortsnamen“), der Haranni und Haarmann in Zusammenhang bringen will und behauptet, der „Hof Haarmann“ habe um 890 Haranni geheißen.
  2. Vorläufig glaubt man noch, daß Aliso weder mit Haltern noch Oberaden identisch ist.
  3. Der Hellweg hat im Laufe der Jahrhunderte mehrfach seine Linienführung verändert und vereinfacht. So trat an der Stelle der von Duisburg über Meiderich, Lipperheide, Fliegenbusch gehenden Linie nach Essen die über Mühlheim, und die an Stoppenberg vorbei über Kran und die Fünf-Höfe bei Leithe nach Bochum gehende Strecke wurde über Steele gelegt, so daß sie bei Stalleicken die alte Achse nach Bochum erreichte.
  4. Die Germanen „hatten sich auf Pfade durch offenes Land und verwachsene Urwälder beschränkt, wie sie der Handel und der Krieg mit sich brachten. Die Römer benutzten diese Wege nach Möglichkeit, richteten sie für ihre großzügigen militärischen Pläne her und ergänzten sie. Deshalb waren die Römerstraßen im Ruhrgebiet auch anders angelegt als linksrheinisch. Hielten sie sich dort an schnurgeraden Strecken, die Höhen und Täler querten, so schmiegten sie sich hier stärker den Formen des Geländes an. Ihr Aufbau war primitiver, in der Regel ohne künstliche Aufschüttung, nur ab und zu waren sie durch eine gewisse Breite auf.“ Spethmann I. S. 36.
  5. Spethmann nimmt an, daß der Hellweg deshalb den Nordrand der Höhen zwischen Emscher und Ruhr bevorzugte, weil im Süden noch dichtes und vor allem unübersichtliches Waldgebiet war; auf den Höhen nahe dem Emschrrand konnte man etwas weiter Umschau halten.

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Quelle

  1. Leo Reiners 26. Oktober 1935 Herner Anzeiger