Jüdischer Friedhof am Hoverskamp in Baukau: Unterschied zwischen den Versionen

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Trotz aller Angriffe hat der jüdische Friedhof am [[Hoverskamp]] das Bild eines Begräbnisplatzes einer jüdischen Gemeinde der Emanzipationszeit bewahren können.  
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Um diesen Charakter zu erhalten und der Nachwelt erlebbar zu machen, wurde der Friedhof am [[9. Juni|09.06.]][[2008]] auf die [[Denkmalliste Herne|Denkmalliste]] gesetzt.<ref>Vgl.: [[Jüdischer Friedhof Hoverskamp (Denkmalschutz)]]</ref>
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Fotosammlung
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[[Kategorie:Friedhöfe in Herne]]
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Version vom 12. Dezember 2016, 15:45 Uhr

Der Friedhof hat eine Größe von 932 qm. Ursprünglich war er ein privater Begräbnisplatz von 12 jüdischen Familien aus Herne. Dokumentiert wird dies durch eine auffällige Häufung bestimmter Familiennamen. Das Alter des Friedhofs kann nicht genau bestimmt werden. Vermutlich wurde der Friedhof 1879 eingerichtet. Diese Datierung stammt vom ehemaligen Herner Oberbürgermeister Hermann Schaefer. Der Friedhof kann aber auch älter sein, da es durchaus üblich war, abgelegene Friedhöfe viele Jahre nach der Anlegung nachträglich eintragen und genehmigen zu lassen. Gesichert ist aber, dass die alte Friedhofsmauer zwischen 1900 und 1914 angelegt wurde. Innerhalb der Einfriedung befinden sich um die 120 Grabsteine. Außerhalb der Friedhofsmauer der nordwestlichen Seite gehören drei kleine Flurstücke ebenfalls zum Friedhofsareal. Möglich, dass hier einmal eine Trauerhalle errichtet werden sollte. Die Gesamtgröße der zum Friedhof gehörenden Grundstücke beträgt 1.170 qm. Bei einer ungestörten Entwicklung der jüdischen Gemeinde in Herne hätte diese Fläche den Bedarf an Grabstellen bis 1960 gedeckt. Der Friedhof ist weitgehend chronologisch angelegt, beginnend mit dem ältesten Gräberfeld am Eingang links. Die Grabinschriften verdeutlichen auf beeindruckende Weise, wie sehr die Herner Juden mit der Gesellschaft, in der sie lebten, verschmolzen waren. Selbst die ältesten erhaltenen Steine sind zweisprachig deutsch und hebräisch beschriftet. Nach der Kaiserzeit erkennt man, dass die hebräische Sprache weiter zurückgedrängt und sich häufig auf die Abkürzung für „Hier ist begraben“ und „Er/Sie sei aufgenommen in das Bündel des Lebens“ beschränkt wurde. Bei einigen Grabsteinen wurde fast gänzlich auf die hebräische Sprache verzichtet. Betrachtet man diese Steine einzeln, sind diese kaum mehr als jüdisch erkennbar.

Ähnliches lässt sich aus der Gestaltung der Grabmale mit Symbolen und Ornamenten erkennen, die spezifisch für jüdische Grabstätten sind. So wurden nur von Ostjuden die ‚zum aronitischem Segen erhobenen Hände’ verwendet, die auf die Priesterschaft der „Kohanim“ und der levitischen Herkunft verweisen; bei den übrigen Gemeindemitgliedern traten dafür Ehrenkränze und Palmwedel in den Vordergrund, die auch bei christlichen Gräbern Verwendung fanden.

Doch nicht nur die positiven Momente der deutsch-jüdischen Geschichte macht der Friedhof deutlich. Durch seine abgelegene Lage gingen Täter ein geringes Risiko ein, wenn sie diesen verwüsteten. Die erste bekanntgewordene antisemitische Schändung datiert aus dem Jahr 1898. Während der nationalsozialistischen Zeit wurden Beerdigungen von Juden auf kommunalen Friedhöfen verboten. Anfang 1942 fand für 12 Jahre die letzte Beisetzung auf den Friehof statt. Bis zum Ende des Jahres waren die letzten Juden zur Ermordung aus der Stadt deportiert worden. Kupferverzierungen und Eisenteile wurden für die Rüstungsindustrie herausgerissen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war der Friedhof in einem desolaten Zustand. Durch die langwierige Klärung von Zuständigkeiten zur Instandsetzung und Finanzierung verging einige Zeit. Nur wenige der überlebenden Juden kehrten nach Herne zurück. Aus diesem Grund wurden die jüdischen Kultusgemeinden Bochum, Herne und Recklinghausen zusammengelegt. Der Friedhof wurde schließlich restauriert. Einige Grabsteine wurden erneuert. Der Friedhof wurde wieder zur Nutzung freigegeben und bis 1959 fanden einige Bestattungen statt. Die Mehrzahl der Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde benutzte allerdings den Friedhof in Recklinghausen, wo auch der Sitz der neuen Synagogengemeinde war. Heute gehören die Herner Juden zur Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen. Es finden keine Bestattungen mehr statt. Ausnahmen sind Begräbnisse in Familiengruften, die nach wie vor vorgenommen werden könnten.

Zur Ruhe kam der Friedhof leider nicht. Zwischen dem 18. April und 18. Mai 1974 drangen unbekannte Personen über die Friedhofsmauer ein und warfen 38 Grabsteine um. Einige wurden dabei irreparabel zerstört, bei anderen wurde die Inschrift für immer unkenntlich gemacht. Im Juli 1975, März 1979 und November 2007 erfolgten weitere antisemitische Friedhofsschändungen.

Trotz aller Angriffe hat der jüdische Friedhof am Hoverskamp das Bild eines Begräbnisplatzes einer jüdischen Gemeinde der Emanzipationszeit bewahren können. Um diesen Charakter zu erhalten und der Nachwelt erlebbar zu machen, wurde der Friedhof am 09.06.2008 auf die Denkmalliste gesetzt.

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Quellen

Stadtarchiv Herne:

Bestand Jüdisches Leben in Herne und Wanne-Eickel, III./1.1. "Jüdische Begräbnisplätze in Herne und Wanne-Eickel", III./2.1. Friedhofskartei Hoverskamp

Archivbibliothek: "Zeichen der Assimilierung - der Jüdische Friedhof am Hoverskamp", Kurt Tohermes, in: Sie werden nicht vergessen sein - Geschichte der Juden in Herne und Wanne-Eickel (Ausstellungsdokumentation), Seiten 66 - 68, Herausgeber: Der Oberstadtdirektor der Stadt Herne, 1987

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