Aus der Geschichte von Herne-Mitte / Die Grabenstraße

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Am 21. März 1936 wurde im Herner Anzeiger ein weiterer Artikel über die Nebenstraßen der Bahnhofstraße von Leo Reiners veröffentlicht.[1]

Aus der Geschichte von Herne-Mitte

Die Grabenstraße
Als Parallele zur Von=der=Heydt=Straße entwickelte sich im dritten Viertel des vorigen Jahrhunderts die Grabenstraße. Sie ging bei dem jetzigen Cafe Stracke ab, verlief aber zunächst nur bis zum Lager von Schlenkhoff, welches entscheidende Bedeutung für die Entstehung der Straße gehabt hat; die im rechten Winkel etwas weiter abgehende Verbindung zur Von-der=Heydt=Straße entstand erst nach 1877. Doch standen damals schon zwei Häuser hier. Das eine ist das Puhlmannsche Haus Nr. 27, das andere das in dem Knick hinter einem Gartengitter und einem größeren Vorgarten versteckt gelegene Häuschen Nr. 26. Das Puhlmannsche Haus, in der Front einstöckig mit einem für viele Häuser dieser Zeit typischen Aufbau in der Mitte, entstand auf dem Sickelschen (vorher Schlenkhoffschen) Grundstück. Im Jahr 1877 kaufte der Weichensteller Heinrich Diedrich die als Wiese bezeichnete Parzelle von der Ehefrau Sickel und erbaute darauf das Haus. 1897 wurde es für den Holzarbeiter Heinrich Domhöver aufgelassen, 1920 für die Ehefrau Gustav Puhlmann, Pauline geb. Jöllenbeck. 1926 wurde daneben ein moderner Wohnhausneubau von Puhlmann errichtet. Das Häuschen Nr. 26 am Knie der Grabenstraße war 1877 bereits vorhanden, doch stand es auf den Namen Geschwister Rensinghoff gt. Schlenkhoff und wurde erst 1884 für die Eheleute Bergmann Wilh. Nagel und Cath. geb. Pott aufgelassen. 1912 erwarb es die Kgl. Pr. Staats-Eisenbahn.

Das Lager von Schlenkhoft war ebenfalls 1877 bereits vorhanden. Das Grundstück hatte z. T. bereits Schlenkhoff gt. Dux als Anteil an der Koppelheide gehört. Das Nachbargrundstück hatte der Kleidermacher Kaldewei im Jahre 1825 für 250 Reichstaler gemein Geld gekauft, von diesem erwarb es 1846 der Landwirt Heinrich Schlenkhoff gt. Dur für 550 Taler. Dieser war der Gerant und spätere Inhaber der Dampfmühlen=Handlungs=Kommandit=Gesellschaft und Besitzer verschiedener Kalksteinbrüche in Letmathe, Lengerich usw. Er erbaute hier an der Grabenstraße mit Gleisanschluß an die benachbarte Eisenbahn einen Kalkofen, in dem der aus den Kalksteinbrüchen nach Herne geschaffte Kalkstein gebrannt wurde. (Vielleicht ist dies schon um die Mitte des Jahrhunderts geschen, worauf der 1846 erfolgte Grundstückskauf hinweist, so daß das Schlenkhoffsche Lager als das erste hier errichtete Bauwerk anzusehen ist. Dann dürfts die Grabenstraße auch wohl zuerst nur ein Zufahrtsweg zum Schlenkhoffschen Kalkofen gewesen sein. Sie hörte ja früher auch dort auf.) Der Kalkofen ist heute nicht mehr da, wohl das damit verbunden gewesene Baumaterialienlager mit Wohnhaus, Schuppen, Büro, Wiegehaus usw. Auch eine Schmiede hat hier einmal gestanden, an deren Stelle später der Kalkschuppen trat. Im Jahre 1890 erbte der Neffe Wilhelm Schlenkhoff mit dem übrigen Besitz auch dieses Lager, 1921 kam es an die Heinrich Schlenkhoff=GmbH.

Gegenüber dem Lager von Schlenkhoff liegen die beiden Häuser Nr. 17 und 19. Das Haus Nr. 17 ist ein einstöckiges kleines Gebäude, das Haus Nr., 19 dagegen ein zweistöckiger Bau mit modernem Aussehen. Die hohe Treppe an beiden zeigt aber schon, dass sie einmal gleichartig waren. In der Tat sind sie von zwei Brüdern, der Maurern Bernhard und Clemens Cleves, die die Grundstücke als Wiese 1874 von Diedrich Overkamp kauften, erbaut worden. Im Jahre 1886 wurde Clemens Cleves, der mit einer Maria Baltz verheiratet war, Alleineigentümer des Hauses Nr. 19. 1909 ging es auf dessen Sohn, den Bergmann Adolf Cleves, über, der es 1919 aufstocken und modernisieren ließ. Das Haus Nr. 17 dagegen ging 1886 an den Maurer Wilhelm Wortmann über, von dem es 1898 an den Schmiedemeister Karl Jockisch kam, der daneben seine Schmiede erbaute.

Das Haus Nr. 13 an der Ecke der Poststraße (Die ist erst einige Jahre vor dem Kriege hier durchgeführt worden), ein einstöckiges Gebäude, dessen Giebel mit Zinkblech verkleidet ist, entstand ebenfalls auf dem Grundbesitz von Diedrich Overkamp. Im Jahre XXX ist im Stückvermessungsriß der Schornsteinfegermeister Adolf Sprinz als Eigentümer eingetragen, von dem es 1910 an Theodor Pott kam.

An der anderen Seite der Poststraße liegt das XXXlegte und hübsch mit Schieferplatten verzierte 1 ½ geschossige Haus von Hecht. Auch dieses entstand auf Diedrich Overkamps Anteil an der Koppelheide, der den Bauplatz 1877 an den Maschinenwärter Heinrich Hecht verkaufte. Im gleichen Jahre wurde das Hau gebaut. Im Jahre 1909 erbte es der Vorzeichner Friedrich Hecht, 1910 wurde es für dessen Ehefrau aufgelassen.

Neben Hecht steht jetzt das dreistöckige Haus Nr. 7. Es ist zwar erst 1911 entstanden, hatte aber einen kleineren Vorgänger, der bereits 1877 vorhanden war. Das Grundstück war von Diedrich Overkamp auf Grund des Vertrages vom 9. 11. 1870 an den Schmiedemeister Wilhelm Sassenhoff verkauft worden, der spätestens 1875 darauf ein Wohnhaus erbaut haben muß. Denn am 18. 1. 1876 verkaufte er es an den Bergmann Caspar Beckmann. Im Jahre 1890 wurde es an den Pferdemetzer Karl Reh aufgelassen, kam 1900 an die Ehefrau des Althändlers Friedrich Volkenrath, 1901 an den Steiger Ferdinand Raabe in Neumühl, der den Neubau errichten ließ, und 1920 an dessen Witwe.

Auf dieser Seite der Grabenstraße gab es in der Zeit der Katasteraufnahme von 1877 nur noch ein Haus. Es ist heute nicht mehr vorhanden. Es war das Haus Nr. 1 und stand da, wo heute der einstöckige Lageranbau an das große Wehlingsche Eckhaus sich befindet. Das Grundstück hatte ebenfalls zu Diedrich Overkamps Besitz gehört und war 1870 von dem Schreiner Wilhelm Kessen erworben worden. Dieser erbaute darauf Wohnhaus und Werkstatt, später noch Kesselhaus (1900 durch Brand zerstört) und Schuppen. Im Jahre 1887 erwarb es der Schreiner Franz Wehling, der die Ecke an der Bahnhofstraße mit dem jetzigen Wohn= und Geschäftshaus bebaute und 1928 das Haus Nr. 1 abbrechen ließ.

Auf der Nordseite der Grabenstraße haben wir das Lager Schlenkhoff schon behandelt. Gegenüber der Einmündung der Poststraße standen früher zwei kleine Häuschen, Nr. 10 und 12, von denen heute nur noch eins vorhanden ist, das andere ist beim Bau der Einfahrt zur Güterabfertigung 1921 abgebrochen worden. Beide sind von Schlenkhoff gt. Dux erbaut worden und waren 1877 bereits vorhanden. Das abgebrochene Haus Nr. 12 ist immer im Besitz von Schlenkhoff (zuletzt Heinrich Schlenkhoff GmbH.) geblieben, das Haus Nr. 10 in 1884 von dem Weichensteller Hermann Timmer erworben worden und kam 1908 an den Maschinenwärter Friedrich Lünstroth. Interessant ist, daß das Grundstück als „Wasserstück" bezeichnet wurde, also wohl wegen der Nähe des Westbaches recht sumpfig gewesen sein muß.

Das daneben stehende Haus Nr. 8 ist nach den Katasterkarten (und auch dem Aussehen nach) nicht so alt, wie die bisher behandelten. Doch ist das Grundstück schon früher bebaut gewesen, nur lag das Haus etwas weiter zurück. Es ist zwar in dem Stückvermessungsriß von 1877 eingetragen, doch ausweislich des Grundbuches ist das Grundstück, das vorher Schlenkhoff gt. Dur gehörte (ebenfalls „Wasserstück“ genannt), erst am 11. 3. 1879 an den Fuhrmann Joseph Brand aufgelassen und von diesem mit Wohnhaus und Stallanbau bebaut worden. Bis 1886 muß das jetzige Haus davor an der Straßenflucht entstanden sein. Die Witwe Brand heiratete in zweiter Ehe den Kutscher Heinrich Doods.

Als letztes Haus der Grabenstraße ist noch das Haus Nr. 2 zu vermerken. Es lag neben Cafe Stracke und ist heute verschwunden. Das Grundstück war 1876 für die Firma Wicking u. Schlenkhoff in Liquidation zu Herne eingetragen, wurde am 18.09.1878 für den Weichensteller Friedrich Koehler aufgelassen und von diesem mit Wohnhaus und Nebenhaus bebaut. Im Jahre 1895 erwarb es der Schmied Georg Friedrich Sassenhoff, von dem es 1914 an Auguste und Helene Sassenhoff kam. Die Gebäude wurden 1928 abgebrochen.


Dr. Reiners.

Das Areal im Jahre 1952. Unterhalb des Güterbahnhofes das Schlenkhoffsche Lagerhaus. RVR ©

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Quellen