Friedrich Rotthauwe: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Heinrich Friedrich Rotthauwe''' (aus Gelsenkirchen-Buer) war ein Landwirt.
[[Datei:Wappen Spiessen-Westfalen Tafel 031 7-Bickern.jpg.png|400px|miniatur|Dr. Schulte nennt dieses gefälschte Wappen „das fabelhafte Wappensiegel derer von Bickern, das mit seinem heraldischen Hochhause von sieben Stockwerken auf dem Helme ein Unikum in der Wissenschaft gewesen und Wanne-Eickel in der heraldischen Welt berühmt gemacht haben würde, wenn es existiert hätte.” <ref name="WEZ">Wanne-Eickeler Zeitung Nr. 296, 18.12.1926</ref> <ref>Zeichnung des Wappens von Prof. Hildebrand im Westfälischen Wappenbuch</ref>]]
'''Heinrich Friedrich Rotthauwe''' (aus Gelsenkirchen-Bismarck) war ein Landwirt.
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Bei Heinrich Friedrich Rotthauwe (auch Fritz Rotthauwe genannt) handelt es sich um einen Bauern aus Gelsenkirchen der einen Hof bei den Bickerer Höfen besaß. Er war Nachfahre der bäuerlichen Bickern in Wanne, die häufig den Herkunfstnamen ''zu Bickern'' führten. Um sich und seine Familie in den Adelsstand zu erheben, erdichtete er Geschichten und fälschte Urkunden und Kirchenbücher. Seine wirren Ideen fanden direkt oder indirekt Aufnahme in die Literatur von
Bei Heinrich Friedrich Rotthauwe (auch Fritz Rotthauwe genannt) handelt es sich um einen Bauern aus Gelsenkirchen der einen Hof bei den Bickerer Höfen besaß. Er war Nachfahre der bäuerlichen Bickern in Wanne, die häufig den Herkunfstnamen ''zu Bickern'' führten. Um sich und seine Familie in den Adelsstand zu erheben, erdichtete er Geschichten und fälschte Urkunden und Kirchenbücher. Seine wirren Ideen fanden direkt oder indirekt Aufnahme in die Literatur von
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Rotthauwe hat zu diesem Zweck sogar Änderungen im Kirchenbuch vorgenommen und aus einen ''zu Bickern'' ein ''von Bickern'' gemacht. Auch die Wattenscheider Urkunde von 1484 ist von Rotthauwe gefälscht worden. Sie tauchte erst im September 1904 in Wattenscheid auf.
Rotthauwe hat zu diesem Zweck sogar Änderungen im Kirchenbuch vorgenommen und aus einen ''zu Bickern'' ein ''von Bickern'' gemacht. Auch die Wattenscheider Urkunde von 1484 ist von Rotthauwe gefälscht worden. Sie tauchte erst im September 1904 in Wattenscheid auf.


Ebenfalls gefälscht ist die Urkundliche Erwähnung eines Hans von Bickern auf Bickern bei Bochum, der angeblich um 1450 lebte. Die Abschrift dieser Urkunde stammt angeblich aus dem Privatarchiv der Rotthauwes, das angeblich komplett einem Brand zum Opfer gefallen ist. <ref>Wanne-Eickeler Zeitung Nr. 296, 18.12.1926</ref>
Ebenfalls gefälscht ist die Urkundliche Erwähnung eines Hans von Bickern auf Bickern bei Bochum, der angeblich um 1450 lebte. Die Abschrift dieser Urkunde stammt angeblich aus dem Privatarchiv der Rotthauwes, das angeblich komplett einem Brand zum Opfer gefallen ist. <ref name="WEZ">Wanne-Eickeler Zeitung Nr. 296, 18.12.1926</ref>


Das Privatarchiv soll Originalurkunden und Originalmanuskripte aus den Jahren 1122 bis 1836 enthalten haben, die Rotthauwe als Abschriften zur Untermauerung seiner Aussage lieferte. Auch versuchte er durch Briefwechsel mit adeligen Zeitgenossen, deren Adresse er aus Adressbüchern entnahm, ein Adelsgeschlecht zu konstruieren. Abschriften dieser Briefwechsel liegen im Stadtarchiv Herne. <ref>Adelsfälschung von Bickern 1731, Ordner Bickern, Stadtarchiv Herne</ref>
Das Privatarchiv soll Originalurkunden und Originalmanuskripte aus den Jahren 1122 bis 1836 enthalten haben, die Rotthauwe als Abschriften zur Untermauerung seiner Aussage lieferte. Auch versuchte er durch Briefwechsel mit adeligen Zeitgenossen, deren Adresse er aus Adressbüchern entnahm, ein Adelsgeschlecht zu konstruieren. Abschriften dieser Briefwechsel liegen im Stadtarchiv Herne. <ref>Adelsfälschung von Bickern 1731, Ordner Bickern, Stadtarchiv Herne</ref>


Ein weiteres Betätigunsfeld von Rotthauwe war die Umdichtung von Sagen und Erzählungen aus der Gegend seines elterlichen Hofes um den Ruhm und die Ehre seiner Familie zu bezeugen. Als Beispiel kann man sich die Sage ''Der schwatte Pitter'' auf der Seite 'Sagenhaftes Ruhrgebiet' anschauen. <ref>http://www.sagenhaftes-ruhrgebiet.de/Der_schwatte_Pitter</ref> <ref>Dirk Sondermann, Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle. Bottrop 2006, Henselowsky Boschmann Verlag, ISBN 3-922750-66-4.</ref> Hierbei kopiert er eine landläufig bekannte Sage, schreibt sie etwas in der Schriftsprache der Vergangenheit um und erweitert sie etwas. Danach präsentiert er sie als Abschrift einer alten Sage oder Erzählung seiner Vorfahren, die dem Brand zum Opfer gefallen ist. Auch hier konnte Dr. Schulte anhand von sprachlichen Fehlern, die nicht in die angebliche Entstehungszeit passten, vieler historischer Fehler und falscher zeitlicher Zusammenhänge, eindeutig die Fälschung nachweisen.
Ein weiteres Betätigunsfeld von Rotthauwe war die Umdichtung von Sagen und Erzählungen aus der Gegend seines elterlichen Hofes um den Ruhm und die Ehre seiner Familie zu bezeugen. Als Beispiel kann man sich die Sage ''Der schwatte Pitter'' auf der Seite 'Sagenhaftes Ruhrgebiet' anschauen. <ref>http://www.sagenhaftes-ruhrgebiet.de/Der_schwatte_Pitter</ref> <ref>Dirk Sondermann, Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle. Bottrop 2006, Henselowsky Boschmann Verlag, {{ISBN|3-922750-66-4}}.</ref> Hierbei kopiert er eine landläufig bekannte Sage, schreibt sie etwas in der Schriftsprache der Vergangenheit um und erweitert sie etwas. Danach präsentiert er sie als Abschrift einer alten Sage oder Erzählung seiner Vorfahren, die dem Brand zum Opfer gefallen ist. Auch hier konnte Dr. Schulte anhand von sprachlichen Fehlern, die nicht in die angebliche Entstehungszeit passten, vieler historischer Fehler und falscher zeitlicher Zusammenhänge, eindeutig die Fälschung nachweisen.


Öfter wird die Mordgeschichte Heinrich von Bickerns erzählt. „Heinrich von Bickern wurde am Pfingsmontag 1763 beim Spaziergang in Begleitung von Verwandten und Bekannten im Bickernwalde nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr aus dem Hinterhalte von Wilddieben erschossen. Diese Mordtat blieb ungesühnt. An der Mordstelle ließ die Witwe des Ermordeten ein großes kunstvolles Eisenkreuz errichten, das aber ovn den Wilddieben entfernt bzw. gestohlen wurde. Der Sohn Hans Heinrich ließ an der Stelle, wo sein Vater ermordet wurde, ein kustvolles Steindenkmal errichten, das aber gleichfalls von Wilddieben vollständig zerstört wurde. Der Ermordete erfreute sich jedoch noch zweimal nach diesem „Tode” der Vaterschaft, wurde 3 Jahre nach jener Moriat noch konfirmiert.” <ref name="KM">Kleine Mitteilungen. Archivalische Zeitschrift. 1928. 37(jg): 262-278. Abgerufen 14 Apr. 2017, https://www.degruyter.com/view/j/az.1928.37.issue-jg/az-1928-jg18/az-1928-jg18.xml</ref>
Öfter wird die Mordgeschichte Heinrich von Bickerns erzählt. „Heinrich von Bickern wurde am Pfingsmontag 1763 beim Spaziergang in Begleitung von Verwandten und Bekannten im Bickernwalde nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr aus dem Hinterhalte von Wilddieben erschossen. Diese Mordtat blieb ungesühnt. An der Mordstelle ließ die Witwe des Ermordeten ein großes kunstvolles Eisenkreuz errichten, das aber ovn den Wilddieben entfernt bzw. gestohlen wurde. Der Sohn Hans Heinrich ließ an der Stelle, wo sein Vater ermordet wurde, ein kustvolles Steindenkmal errichten, das aber gleichfalls von Wilddieben vollständig zerstört wurde. Der Ermordete erfreute sich jedoch noch zweimal nach diesem „Tode” der Vaterschaft, wurde 3 Jahre nach jener Moriat noch konfirmiert.” <ref name="KM">Kleine Mitteilungen. Archivalische Zeitschrift. 1928. 37(jg): 262-278. Abgerufen 14 Apr. 2017, https://www.degruyter.com/view/j/az.1928.37.issue-jg/az-1928-jg18/az-1928-jg18.xml</ref>
Die von Rotthauwe erwähnt Strünkeder [[Urkunde 1263 Juli 30|Urkunde vom 30. Juli 1263]] ist im Original im Düsseldorfer Staatsarchiv und von [[Lacomblet II 1840/1960|Lacomblet]] Nr. 533 und im Westfälischen Urkundenbuch Band VII Nr. 1123 wörtlich abgedruckt. Laut Rotthauwes Geschichte stehen nun die Ritter Engelbert von und zu Bickern und Heinrich von und zu Bickern in der Reihe der Lehnszeugen. Weder Original noch die Abdrücke enthalten diese Namen. Die Fälschung ist auch ersichtlich, weil es damals noch keine „von und zu” gab. <ref>Artikel "Bickern oder von Bickern" von Archivar Dr. Ed. Schulte</ref>
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Bickern wird bereits in der „kleinen ,älteren’ Vogteirolle“ des Stiftes Essen aus der Zeit vor [[1220]] erwähnt. Im „Kettenbuch“ des Stiftes Essen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welches auf ein Register aus dem Jahr [[1332]] zurückgeht, werden in Bickern vier Höfe genannt: „Gerhardi to Byckeren“, „Euerhardi to Byckeren“, „Gobelini to Byckeren“ und „Drezes to Bickeren“. Sie waren hörige Höfe des Stifts Essen, und zwar Unterhöfe der Essener Oberhöfe Nienhausen und Ueckendorf.
Bickern wird bereits in der „kleinen ,älteren’ Vogteirolle“ des Stiftes Essen aus der Zeit vor [[1220]] erwähnt. Im „Kettenbuch“ des Stiftes Essen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welches auf ein Register aus dem Jahr [[1332]] zurückgeht, werden in Bickern vier Höfe genannt: „Gerhardi to Byckeren“, „Euerhardi to Byckeren“, „Gobelini to Byckeren“ und „Drezes to Bickeren“. Sie waren hörige Höfe des Stifts Essen, und zwar Unterhöfe der Essener Oberhöfe Nienhausen und Ueckendorf.
Die Höfe zu Bickern waren seit mindestens 1332 kein Freigut, sondern hörige Höfe des Stift Essen und zwar Unterhöfe der Essener Oberhöfe Nienhausen und Ückendorf.


In dem Verzeichnis der Güter des Offiziums Wattenscheid werden [[1411]] in „Backeren“ das „Baten guede van Bickeren“ und „Diricks guede van Bickeren“ als zinspflichtige Güter aufgezählt. Im Schatzbuch der Grafschaft Mark werden 1486 in „Byckeren“ erwähnt: „Jan to Bickern“, „Thaebe to Bickern“ und „Henrick to Bickern“.
In dem Verzeichnis der Güter des Offiziums Wattenscheid werden [[1411]] in „Backeren“ das „Baten guede van Bickeren“ und „Diricks guede van Bickeren“ als zinspflichtige Güter aufgezählt. Im Schatzbuch der Grafschaft Mark werden 1486 in „Byckeren“ erwähnt: „Jan to Bickern“, „Thaebe to Bickern“ und „Henrick to Bickern“.


Die Bauerschaft „Bickeren“ im Niederamt Bochum wird [[1524]] in der Türkensteuerliste des märksichen Amtes Bochum genannt. [[1598]] erscheint der Name „Bickern“ im Türkensteuerregister für das Amt Bochum. Im Feuerstättenverzeichnis des Amtes Bochum umfasst die „Baurschaft Bickeren“ sechs Höfe, sieben Halbe Höfe, 23 Kötter mit einem Braukessel und 47 Feuerstätten.
Die Bauerschaft „Bickeren“ im Niederamt Bochum wird [[1524]] in der Türkensteuerliste des märkischen Amtes Bochum genannt. [[1598]] erscheint der Name „Bickern“ im Türkensteuerregister für das Amt Bochum. Im Feuerstättenverzeichnis des Amtes Bochum umfasst die „Baurschaft Bickeren“ sechs Höfe, sieben Halbe Höfe, 23 Kötter mit einem Braukessel und 47 Feuerstätten.


Einer Sage nach soll der frühere Besitzer das Gut Bickern unter seinen vier Söhnen aufgeteilt haben, und zwar wohl im 16. Jahrhundert. Der Hof des ältesten Sohnes behielt den Stammnamen Bickerhof, die Höfe der drei anderen Söhne waren der Engelbertshof, der Hermannshof und der Wilhelmshof. Zusammen waren sie unter dem Namen „Bickernhöfe“ bekannt. <ref>[[Bickernstraße]]</ref>
Einer Sage nach soll der frühere Besitzer das Gut Bickern unter seinen vier Söhnen aufgeteilt haben, und zwar wohl im 16. Jahrhundert. Der Hof des ältesten Sohnes behielt den Stammnamen Bickerhof, die Höfe der drei anderen Söhne waren der Engelbertshof, der Hermannshof und der Wilhelmshof. Zusammen waren sie unter dem Namen „Bickernhöfe“ bekannt. <ref>[[Bickernstraße]]</ref>

Aktuelle Version vom 20. November 2023, 13:28 Uhr

Dr. Schulte nennt dieses gefälschte Wappen „das fabelhafte Wappensiegel derer von Bickern, das mit seinem heraldischen Hochhause von sieben Stockwerken auf dem Helme ein Unikum in der Wissenschaft gewesen und Wanne-Eickel in der heraldischen Welt berühmt gemacht haben würde, wenn es existiert hätte.” [1] [2]

Heinrich Friedrich Rotthauwe (aus Gelsenkirchen-Bismarck) war ein Landwirt.

Bei Heinrich Friedrich Rotthauwe (auch Fritz Rotthauwe genannt) handelt es sich um einen Bauern aus Gelsenkirchen der einen Hof bei den Bickerer Höfen besaß. Er war Nachfahre der bäuerlichen Bickern in Wanne, die häufig den Herkunfstnamen zu Bickern führten. Um sich und seine Familie in den Adelsstand zu erheben, erdichtete er Geschichten und fälschte Urkunden und Kirchenbücher. Seine wirren Ideen fanden direkt oder indirekt Aufnahme in die Literatur von

Weiterhin sind einige Zeitungsartikel erschienen:

  • Herner Anzeiger Nr. 77, 1922
  • Wanne-Eickeler Zeitung Nr. 195, 1926
  • Lokal-Anzeiger Eickel Nr. 281, 1926
  • Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung, Beilage Alte und neue Heimat, Nr. 8, 18. September 1926 [3]

Art und Umfang der Fälschungen

Die Fälschungen betreffen örtlich vor allem das Gebiet Wanne-Eickel und dessen Nachbarstädte Bochum (auch Wattenscheid) und Gelsenkirchen. Sie berühren außerhalb Westfalens Essen, Werden, Köln, Brabant, Riga und Moskau. Sie betreffen sachlich in erster Linie die zu Adeligen gestempelten Bauern auf den Bickerer Höfen in ehemals Wanne (heute Gelsenkirchen, siehe unten.), dann die Geschlechter Rotthauwe, Grolman Wikipedia und Schalke, ferner Aschebrock, Bockum, Capelle, Carnap-Hövel, Dahlhausen, Darl, Dinsing, Dorneburg, Düngelen, Eickel, Galen, Groll, Heyden, Hugenpoth, Hüllen, Laack, Leithe, Loe, Lüttinghove, Münchhausen, Münster, Oven, Overdyck, Recke, Schafhausen, Schedelich, Sobbe, Steinhaus, Strünkede und Westerholt, überwiegend also den westfälischen Adel. Alle von Rotthauwe, Hegler und Hoose verbreiteten Nachrichten sind mit größter Vorsicht zu behandeln. [3]

Dr. Schulte hat zweifelsfrei nachgewiesen, dass es einen Adelstand von Bickern niemals gegeben hat, und dass, um solchen nach außen hin als glaubwürdig zu konstruieren, Fälschungen an alten Schriftstücken vorgenommen wurden und die als solche auch festgestellt worden sind. Weiterhin wurden keine Überreste einer Burg von Bickern oder einer Kapelle mit Gräbern gefunden, als das ehemalige Gelände der Bickerer Höfe neu bebaut wurde.

Rotthauwe hat zu diesem Zweck sogar Änderungen im Kirchenbuch vorgenommen und aus einen zu Bickern ein von Bickern gemacht. Auch die Wattenscheider Urkunde von 1484 ist von Rotthauwe gefälscht worden. Sie tauchte erst im September 1904 in Wattenscheid auf.

Ebenfalls gefälscht ist die Urkundliche Erwähnung eines Hans von Bickern auf Bickern bei Bochum, der angeblich um 1450 lebte. Die Abschrift dieser Urkunde stammt angeblich aus dem Privatarchiv der Rotthauwes, das angeblich komplett einem Brand zum Opfer gefallen ist. [1]

Das Privatarchiv soll Originalurkunden und Originalmanuskripte aus den Jahren 1122 bis 1836 enthalten haben, die Rotthauwe als Abschriften zur Untermauerung seiner Aussage lieferte. Auch versuchte er durch Briefwechsel mit adeligen Zeitgenossen, deren Adresse er aus Adressbüchern entnahm, ein Adelsgeschlecht zu konstruieren. Abschriften dieser Briefwechsel liegen im Stadtarchiv Herne. [4]

Ein weiteres Betätigunsfeld von Rotthauwe war die Umdichtung von Sagen und Erzählungen aus der Gegend seines elterlichen Hofes um den Ruhm und die Ehre seiner Familie zu bezeugen. Als Beispiel kann man sich die Sage Der schwatte Pitter auf der Seite 'Sagenhaftes Ruhrgebiet' anschauen. [5] [6] Hierbei kopiert er eine landläufig bekannte Sage, schreibt sie etwas in der Schriftsprache der Vergangenheit um und erweitert sie etwas. Danach präsentiert er sie als Abschrift einer alten Sage oder Erzählung seiner Vorfahren, die dem Brand zum Opfer gefallen ist. Auch hier konnte Dr. Schulte anhand von sprachlichen Fehlern, die nicht in die angebliche Entstehungszeit passten, vieler historischer Fehler und falscher zeitlicher Zusammenhänge, eindeutig die Fälschung nachweisen.

Öfter wird die Mordgeschichte Heinrich von Bickerns erzählt. „Heinrich von Bickern wurde am Pfingsmontag 1763 beim Spaziergang in Begleitung von Verwandten und Bekannten im Bickernwalde nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr aus dem Hinterhalte von Wilddieben erschossen. Diese Mordtat blieb ungesühnt. An der Mordstelle ließ die Witwe des Ermordeten ein großes kunstvolles Eisenkreuz errichten, das aber ovn den Wilddieben entfernt bzw. gestohlen wurde. Der Sohn Hans Heinrich ließ an der Stelle, wo sein Vater ermordet wurde, ein kustvolles Steindenkmal errichten, das aber gleichfalls von Wilddieben vollständig zerstört wurde. Der Ermordete erfreute sich jedoch noch zweimal nach diesem „Tode” der Vaterschaft, wurde 3 Jahre nach jener Moriat noch konfirmiert.” [3]

Die von Rotthauwe erwähnt Strünkeder Urkunde vom 30. Juli 1263 ist im Original im Düsseldorfer Staatsarchiv und von Lacomblet Nr. 533 und im Westfälischen Urkundenbuch Band VII Nr. 1123 wörtlich abgedruckt. Laut Rotthauwes Geschichte stehen nun die Ritter Engelbert von und zu Bickern und Heinrich von und zu Bickern in der Reihe der Lehnszeugen. Weder Original noch die Abdrücke enthalten diese Namen. Die Fälschung ist auch ersichtlich, weil es damals noch keine „von und zu” gab. [7]

Gemeinde Bickern

Bei der Gemeinde Bickern handelte es sich um eine Streusiedlung — eine Bauerschaft. 1815 kam Bickern zur neugebildeten Proviz Westfalen und gehörte zum Amt Herne, Kreis Bochum.

Bickern wird bereits in der „kleinen ,älteren’ Vogteirolle“ des Stiftes Essen aus der Zeit vor 1220 erwähnt. Im „Kettenbuch“ des Stiftes Essen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welches auf ein Register aus dem Jahr 1332 zurückgeht, werden in Bickern vier Höfe genannt: „Gerhardi to Byckeren“, „Euerhardi to Byckeren“, „Gobelini to Byckeren“ und „Drezes to Bickeren“. Sie waren hörige Höfe des Stifts Essen, und zwar Unterhöfe der Essener Oberhöfe Nienhausen und Ueckendorf.

Die Höfe zu Bickern waren seit mindestens 1332 kein Freigut, sondern hörige Höfe des Stift Essen und zwar Unterhöfe der Essener Oberhöfe Nienhausen und Ückendorf.

In dem Verzeichnis der Güter des Offiziums Wattenscheid werden 1411 in „Backeren“ das „Baten guede van Bickeren“ und „Diricks guede van Bickeren“ als zinspflichtige Güter aufgezählt. Im Schatzbuch der Grafschaft Mark werden 1486 in „Byckeren“ erwähnt: „Jan to Bickern“, „Thaebe to Bickern“ und „Henrick to Bickern“.

Die Bauerschaft „Bickeren“ im Niederamt Bochum wird 1524 in der Türkensteuerliste des märkischen Amtes Bochum genannt. 1598 erscheint der Name „Bickern“ im Türkensteuerregister für das Amt Bochum. Im Feuerstättenverzeichnis des Amtes Bochum umfasst die „Baurschaft Bickeren“ sechs Höfe, sieben Halbe Höfe, 23 Kötter mit einem Braukessel und 47 Feuerstätten.

Einer Sage nach soll der frühere Besitzer das Gut Bickern unter seinen vier Söhnen aufgeteilt haben, und zwar wohl im 16. Jahrhundert. Der Hof des ältesten Sohnes behielt den Stammnamen Bickerhof, die Höfe der drei anderen Söhne waren der Engelbertshof, der Hermannshof und der Wilhelmshof. Zusammen waren sie unter dem Namen „Bickernhöfe“ bekannt. [8]

Die enorme wirtschaftliche Entwicklung in der Emscherzone führte zu einem sprunghaften Bevölkerungsanstieg in diesem Raum. Aus den Gemeinden Bickern, Crange, Eickel, Holsterhausen und Röhlinghausen wurde durch Erlaß des Oberpräsidenten der Provinz Westfalen am 22. Mai 1875 mit Wirkung vom 1. August 1875 das neue Amt Wanne.

Am 1. November 1891 schieden die Gemeinden Eickel und Holsterhausen aus dem bisherigen Amt aus und wurden zum neuen Amt Eickel vereinigt. Bei dieser Gelegenheit erfuhr die Gemeinde Bickern an ihrem Ostrand eine Gebietserweiterung, da ihr kleine Teile von Eickel zugeschlagen wurden.

Durch Gesetz über die Neuregelung der kommunalen Grenzen im rheinisch-westfälischen Industriebezirk vom 26. Februar 1926 wurde mit Wirkung vom 1. April 1926 die beiden Ämter Wanne und Eickel aufgelöst und die Landgemeinden Wanne, Eickel und Röhlinghausen nach Auflösung des Lankreises Gelsenkirchen zur Stadtgemeinde mit dem Namen Wanne-Eickel vereinigt.

Nach der erfolgten Stadtkreisbildung mussten Änderungen von Straßennamen vorgenommen werden. Die bisherigen Landgemeinden hatten vielfach die gleichen Straßenbezeichnungen. So wurde u. a. die in Wanne gelegene Hofstraße in Bickernstraße umbenannt. Die Umbenennung der Straße nach dem ehemaligen Gemeindenamen hatten die zuständigen Gremien vorgenommen, da dieselbe im Bereich der ehemaligen Flur III, genannt Bickern, gelegen war.

Auch heute noch führt dieser Ortsteilbereich im Volksmund die Bezeichnung Bickern.

Die Straße beginnt an der Gelsenkircher Straße und verläuft in leicht nord-westlicher Richtung bis zur Grenze der Nachbarstadt Gelsenkirchen. Nach Unterquerung der Werksbahn und Überquerung des dahinter liegenden Hüller Mühlenbaches endet sie vor den bereits auf Gelsenkirchener Gebiet gelegenen Bickerer Höfen.

Während von den ehemaligen Bickerer Höfen nur der Wilhelmshof im Stadtbereich verblieb, kamen die anderen Bickerer Höfe durch die mit der Stadtbildung gleichzeitig vorgenommene Grenzbereinigung nach Gelsenkirchen. [9]

Lesen Sie auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Wanne-Eickeler Zeitung Nr. 296, 18.12.1926
  2. Zeichnung des Wappens von Prof. Hildebrand im Westfälischen Wappenbuch
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Kleine Mitteilungen. Archivalische Zeitschrift. 1928. 37(jg): 262-278. Abgerufen 14 Apr. 2017, https://www.degruyter.com/view/j/az.1928.37.issue-jg/az-1928-jg18/az-1928-jg18.xml
  4. Adelsfälschung von Bickern 1731, Ordner Bickern, Stadtarchiv Herne
  5. http://www.sagenhaftes-ruhrgebiet.de/Der_schwatte_Pitter
  6. Dirk Sondermann, Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle. Bottrop 2006, Henselowsky Boschmann Verlag, ISBN: 3-922750-66-4.
  7. Artikel "Bickern oder von Bickern" von Archivar Dr. Ed. Schulte
  8. Bickernstraße
  9. Rudolf Zienius, Bickern - Ein heimatgeschichtlicher Beitrag aus Wanne-Eickels Vergangenheit, Manuskript im Stadtarchiv Herne, Ordner Bickern