Knöll 1922 - Die Stadt Herne in städtebaulicher Hinsicht IV

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Der Nachfolgende Artikel stammt von Stadtbaurat Heinrich Knöll und wurde in seinem Buch "Deutscher Städtebau - Herne i. Westfalen" auf den Seiten 8-26 abgedruckt.
Der Historische Verein dankt seinem Enkel Heinz-Dieter Knöll für die Abdruckgenehmigung herzlich. Der Artikel Knölls spiegelt die damalige Lage der Stadt dar und zeigt doch, dass sich die Themen grundsätzlich nicht geändert haben.

Aufgrund der Größe des Artikels ist dieser geteilt worden.

Matthäus Kirche in Baukau 1922
St. Joseph in Horsthausen
Kreuzkirche mit Kriegerdenkmal und Straßenbahn 1922
Herz Jesu Kirche um 1910
Synagoge Herne
Rathausplatz um 1922. Knöll S. 9
Der Stadtverordnetensitzungssaal 1922
Magistratssitzungssaal 1922

Die Stadt Herne in städtebaulicher Hinsicht.

Von Beigeordneter und Stadtbaurat KNÖLL.

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[...]

3. Besondere Bauwerke der Stadt Herne.

Wenn auch die Stadt Herne eine Schöpfung der Neuzeit ist, so besitzt sie doch innerhalb ihrer Grenzen auf dem Gebiet des Stadtteils Baukau in dem Schloß Strünkede ein Wahrzeichen aus einer vergangenen Zeit. Der stattliche, aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammende Bau mit seinem turmartig vortretenden wuchtigen Eckbau hebt sich stimmungsvoll aus der die Burg umgebenden Wasserfläche heraus.

An Kirchenbauten befinden sich in Herne außer der bereits genannten evangelischen Kirche an der Bahnhofstraße (erbaut 1875) noch die evangelische Kirche an der Bismarckstraße im Stadtteil Baukau (erbaut 1900) und der evangelische Betsaal an der Werderstraße im Stadtteil Horsthausen (erbaut 1899). An katholischen Kirchen hat die Stadt Herne aufzuweisen die St. Bonifatiuskirche an der Bahnhofstraße (erbaut 1874), die Herz-Jesu-Kirche an der Altenhöfenerstraße (erbaut 1906), die St. Marienkirche an der Bismarckstraße im Stadtteil Baukau (erbaut 1900) und die St. Josefskirche an der Roonstraße im Stadtteil Horsthausen (erbaut 1909). Weiter ist zu erwähnen die Ecke Schaefer- und Hohenzollernstraße gelegene Synagoge der israelitischen Gemeinde.

Die starke Entwicklung der Stadt Herne hat auch die Errichtung einer Anzahl von Schulhausneubauten erforderlich gemacht. Jedoch sind, soweit sie in der ersten Zeit der Entwicklung errichtet worden sind, diese sowohl in der äußeren als auch der inneren Ausgestaltung so nüchtern und einfach ausgeführt worden, weshalb sich ihre Hervorhebung im Einzelnen erübrigt. Es sind Backsteinbauten ohne Außenputz, wie sie in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts vorwiegend ausgeführt wurden. Auch das heutige Gymnasiumsgebäude (frühere Alte Rektoratschule) zeigt ebenso wie das Lyzeumsgebäude noch diesen Stil, wogegen das im Jahre 1903 fertiggestellte Gebäude der Oberrealschule durch seine reichere innere und äußere Ausgestaltung zu erkennen gibt, wie sehr sich inzwischen der allgemeine Wohlstand gehoben hatte. Dieser Einfluss hat sich auch später an den Volksschulneubauten bemerkbar gemacht. Das Volksschulgebäude an der Gräffstraße verdient in dieser Hinsicht besonders hervorgehoben zu werden. Wenn eine Stadt zur Verbesserung des Stadtbildes die Errichtung stattlicher Geschäfts- oder Privathäuser erreichen will, muss sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen und gute Vorbilder schaffen. Dass die Stadt Herne hierzu den guten Willen besitzt, hat sie besonders in dem Neubau des im Jahre 1912 fertiggestellten Rathauses bewiesen. Zwei Wettbewerbsausschreiben wurden veranstaltet, bis auf Grund der eingegangenen Entwürfe Herrn Professor W. Kreis in Düsseldorf im Oktober 1910 die künstlerische Oberleitung und endgültige Bearbeitung des Bauentwurfes übertragen wurde.

Die Hauptansicht des Rathauses, vom Rathausvorplatz aus gesehen, ist ruhig, einfach und ohne übertriebenen Schmuck. Das Hauptgesims des vorspringenden Mittelbaues mit offenem Säulengang in Erdgeschoßhöhe überragt zwar, weil im II. Obergeschoß der Stadtverordnetensitzungssaal in diesem Gebäudeteil untergebracht werden musste, das Hauptgesims der beiden Seitenflügel, jedoch ist dies in so glücklicher Weise gelöst, dass man es für selbstverständlich findet. Während die um den Säulengang angelegte Terrasse mit der Hauptfreitreppe und den zu beiden Seiten angeordneten Löwen dem Mittelbau die monumentale Verbindung von außen nach innen darstellen, ist das als Plattform abgeschlossene kuppelartige Dach des Mittelbaues mit den beiden, die Arbeit darstellenden Gestalten und dem Rathaustürmchen die Bekrönung des ganzen Bauwerks. Die übrigen Ansichten des Rathauses wirken in gleicher Weise wie die Hauptansicht ruhig und vornehm. In Innern zeichnet sich das Rathaus durch eine klare übersichtliche Grundriss Lösung aus. Die Arbeitszimmer sind geräumig und gut belichtet. Die Sitzungssäle des Magistrats, der Finanzkommission und der Baudeputation sind mehr oder weniger wirkungsvoll ausgestattet. Am eindrucksvollsten ist der Stadtverordnetensitzungssaal, dessen Wände bis herauf zum Beginn des Kuppeldaches mit Zedernholz bekleidet sind, während von der Decke herab zwei große herrliche Kronleuchter den vor dem Weltkriege herrschenden Wohlstand verraten. Wie groß dieser gewesen ist, beweist allein die Tatsache, dass die Gesamtbaukosten des 1912 fertiggestellten Rathauses einschließlich Vorarbeiten, Grunderwerb, Mobiliar, Bauzinsen und Bauleitung rd. 950 000 Mark betragen haben.

An staatlichen Gebäuden ist noch das im Jahre 1910 an der Kaiser-Wilhelm-Straße errichtete neue Postgebäude zu nennen, während für das Amtsgericht an Stelle des s. Zt. von der vormaligen Gemeinde Herne erbauten alten, jetzt für die Verwaltung der staatlichen Polizei in Anspruch genommenen Gebäudes an der Bahnhofstraße ein neues Amtsgerichtsgebäude in unmittelbarer Nähe des Rathauses südlich des Rathausvorplatzes errichtet und im Jahre 1921 in Benutzung genommen worden ist. Dieses letztere Gebäude passt sich in seiner äußeren Ausführung und Gestaltung dem Rathausneubau an. Die Außenwände bestehen ebenfalls aus unverputztem, aber ausgefugtem Backsteinmauerwerk. Dagegen fehlt ein besonders herausgehobener Mittelbau. Die Betonung ist vielmehr auf die Seiten verlegt, wo die Ecken durch Vorsprünge und bogenförmige Abdeckungen die sonst ein lache Ausführung unterbrechen. Auch die Freitreppe mit Haupteingang konnte verhältnis-mäßig einfach gehalten werden, weil der Gesamtbau durch seine ruhige Gliederung und seine Masse wirkt. Von anderen öffentlichen Gebäuden ist noch das während des Krieges fertiggestellte Empfangsgebäude des Bahnhofes Herne zu erwähnen, während von den industriellen Gebäuden die Verwaltungsgebäude der Bergwerksgesellschaft Hibernia und der Gewerkschaft Friedrich der Große, sowie das Ledigenheim der letzteren verdienen hervorgehoben zu werden.

An Denkmälern ist zu nennen : das am Kirchplatz (Ecke Bahnhofstraße und Steinweg) zur Ehrung der im deutsch-französischen Kriege 1870 gefallenen Helden der damaligen Gemeinde Herne errichtete Kriegerdenkmal, ein aus zusammengefügten Natursteinen hergestellten efeuumrankten Obelisk mit einem fliegenden Adler. Das Denkmal musste anlässlich der Zusammenführung der Straßenbahnen im Jahre 1921 um einige Meter nach der Kirche verschoben werden. Das zweite Denkmal ist ein Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. und steht am Neumarkt, an der Ecke Schul- und Schaeferstraße. Zu erwähnen ist auch der Begräbnisplatz der früheren Schloßherren von Strünkede an der Forellstraße. [...]

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