Bürgerschützenverein Holthausen 1857 e.V.

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Bürgerschützenverein Holthausen 1857 e. V.
Abkürzung: BSV Holthausen e. V.
Gründung: 1857
Sitz: Holthauser Straße 288· 44627 Herne
Letzte Änderung: 20.03.2021
Geändert von: Thorsten Schmidt


Der BSV Holthausen ist mit seinen 158 Jahren der älteste Schützenverein der Stadt Herne. 1986 erhielt der Verein die Sportplakette des Bundespräsidenten.

Vom 1. - 3. September 2007 feierte der Schützenverein anlässlich des 150-jährigen Bestehens, das 28. Schützen - und Volksfest mit dem Königsvogelschießen am 19. August. Die Festschrift zu diesem Ereignis zeigte auf dem Deckblatt den Gründungsort des Vereins, das Bauernhaus Wiesche, wie es von der Herner Künstlerin Josefa Holthoff schon 1957 erstmals gestaltet worden war.

In dieser Festschrift ist die nachstehende Chronik enthalten, die von Werner Ruhte geschrieben wurde.

Holthausen - das Dorf zwischen den Städten

Die Geschichte der Holthauser Bürgerschützen ist eng verbunden mit der Gemeinde Holthausen, die in der Zeit um das Jahr 1857 noch die Bauernschaften Börsinghausen und Oestrich umfaßte und gerade einmal 293 Einwohner zählte. Der auch heute noch an vielen Stellen sichtbare dörfliche Charakter des kleinen Stadtteils im Herner Osten war in der Mitte des 19. Jahrhunderts sicher wesentlich stärker ausgeprägt. Dies untermauert zweifellos ein Blick in die berufliche Gliederung der damaligen Bevölkerung, deren wirtschaftliche Grundlage in der unmittelbaren oder mittelbaren Bearbeitung landwirtschaftlich genutzten Bodens lag. Die Statistik der Berufe führten so z.B. im Jahre 1840 19 Landwirte und Kötter, 6 Tagelöhner sowie 3 Holzschuhmacher und 3 Schmiede an.

Natürlich hat die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung auch in Holthausen, das seit 1817 zur Bürgermeisterei Castrop gehörte, 1902 mit den Gemeinden Sodingen und Börnig zum Amt Sodingen vereinigt und im Jahre 1928 in die Stadt Herne eingemeindet wurde, Spuren hinterlassen. Hierzu sei in Erinnerung gerufen, dass es 1866 zur Gründung der Zeche Erin in Castrop und 1872 zur Gründung der Zeche Mont-Cenis in Sodingen gekommen war. Sicherlich hat danach insbesondere die Gründung des Schachtes II der Zeche Mont-Cenis auf Holthauser Gebiet im Jahre 1895 eine wesentliche Änderung der Bevölkerungsstruktur mit sich gebracht.

Der wirtschaftliche Aufschwung brachte natürlich auch auf anderen Gebieten Veränderungen. So mussten sich die Holthauser Schulkinder täglich nach Castrop begeben, bis 1872 in Holthausen die erste eigene Schule am südöstlichen Dorfeingang gebaut wurde. Bei dieser Schule, die vielen älteren Holthausern noch in guter oder eventuell auch weniger guten Erinnerung ist, handelte es sich um die 1959 abgebrochene “Cäcilienschule”.

Die rasant wachsende Bevölkerung brachte natürlich auch steigende Schülerzahlen mit sich, wodurch der Neubau weiterer Schulen an der Gerther Grenze und an der heutigen Börsinghauser Straße sich als notwendig erwiesen. Die 1818 zu 93 % katholische Bevölkerung war 1899 zu 44 % evangelisch durchsetzt, so dass 1902 die evangelischen Kinder Holthausens ihre Lutherschule (später Schule Auf ́m Kolm) erhielten.

Weiteres Zeugnis hierfür ist die am 30. November 1904 eingeweihte Kirche von Sodingen an der Mont-Cenis-Straße mit der späteren Gründung der Kirchengemeinde Sodingen am 1. Oktober 1909, die mit diesem Zeitpunkt aus der Kirchengemeinde Castrop ausgepfarrt wurde. Die Landgemeinde Holthausen, wie Holthausen in der Gründungsurkunde genannt wurde, gehörte damit nicht nur im staatlichen, sondern auch im kirchlichen Bereich zu Sodingen. Ein weiteres Stück Selbständigkeit, auf das die Holthauser Bürger stolz waren, ging verloren.

Anders sah es dagegen für die Katholiken aus, die 1908 eine eigene Kirche, die Notkirche an der Mont-Cenis-Straße erhielten, die 1932 durch die Dreifaltigkeitskirche an der Börsinghauser Straße ersetzt wurde.

Heute noch sehen die Holthauser ihren Stadtteil als “Dorf zwischen den Städten”, in dem es sich gut wohnen läßt, auch wenn die Anzahl der Bauernhöfe abgenommen, jedoch die Zahl der Gebäude und damit auch die Zahl der Einwohner stark zugenommen hat.

Der Drang nach Selbständigkeit, nach etwas Eigenem, mag auch ein Grund dafür gewesen sein, weshalb es 1857 zur Gründung des Holthauser Schützenvereins gekommen war.

Der Hof Wiesche an der Mont-Cenis-Straße 584 - Gründungsort des Holthauser Schützenvereins

Der ursprüngliche Name dieses Hofes lautete Kleintappe (Täpken). Um 1833 heiratete Johann Theodor Wiesche, 1799 in Westhofen (Castrop-Schwerin) geboren, Frau Anna Maria Kleintappe in Holthausen und wurde damit Besitzer des Hofes. Ein Sohn aus dieser Ehe, Heinrich Wilhelm Wiesche, geb. 24. September 1837, heiratete 1867 Frau Maria Alwine Schlingermann aus Obercastrop und verstarb als letzter Mitbegründer des Holthauser Schützenvereins am 14. Januar 1935 im Alter von 98 Jahren. Den Hof übernahm sein Sohn Engelbert Heinrich Wiesche, der 1943 verstarb. Danach führte Heinrich Wiesche, seit dem 21. August 1949 1. Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender der Holthauser Schützen, den Hof.

Das Bauernhaus des Hofes Wiesche, auf dessen Deele 1857 der Holthauser Schützenverein gegründet wurde, stammt aus dem Jahre 1798. Zur damaligen Zeit hatte der Hof die katholische Kirche in Castrop als Grundherrin und führte als jährliche Abgaben an diese 2 Malter Hafer [Anm. 1], 13 Scheffel Gerste [Anm. 2] und 4 Hühner ab.

Bis zur Mitte der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde das Gründungshaus Wiesche beim Königsvogelschießen gerne als Herberge benutzt, in der Schützen und Gäste bei Kaffee, Kuchen und anderen Speisen ein wenig Ruhe und Kraft für den weiteren Tagesablauf tanken konnten. Inzwischen ist dieses Stück “Holthausen” abgerissen und der Grund mit Einfamilienhäusern bebaut.

Nebenstehend sehen wir das Gründungshaus Wiesche im Jahre 1980. Die Holthauser Schützen hören ihrem Btl.-Kommandeur Manfred Hanisch zu, der das Schießen auf den Königsvogel eröffnet.

Das Gründungshaus zierte erstmalig 1957 die Umschlagseite der Festschrift. Die Gestaltung hatte die Herner Künstlerin Josefa Holthoff vorgenommen.

Die Gründungsversammlung 1857

Das kleine Bauerndorf Holthausen bei Castrop, zu dem auch die Siedlungskerne Börsinghausen und Oestrich zählten, beherbergte 293 Seelen. Viele davon waren mit Sicherheit Gäste der regelmäßig stattfindenden Castroper Schützenfeste gewesen, die der Überlieferung nach bereits im 16./17. Jahrhundert abgehalten wurden. Offensichtlich waren aber gerade die jungen Bauernburschen nicht mehr bereit, nur Schützenfeste in Castrop zu besuchen. Sie wollten ein eigenes Fest.

Zur ersten beratenden Zusammenkunft trafen sich die jungen Holthauser Bauernburschen in den Fastnachtstagen des Jahres 1857 auf der Deele des Bauernhauses Wiesche und beschlossen die Gründung eines Schützenvereins. Stürmisch sei es dabei auf dem elterlichen Hof zugegangen, wie der 1935 im Alter von 98 Jahren verstorbene Heinrich Wiesche immer wieder gern erzählte. Die ältere Generation schüttelte die Köpfe, äußerte so manche Bedenken und wies nicht ohne Grund auch auf die finanziellen Risiken hin, die mit einem Schützenfest damals schon verbunden waren. Erfahrene Schützen aus der Nachbarschaft erklärten die Ausführung des Planes für unmöglich, ja sogar utopisch.

Wagemut und Feuereifer der Jungen setzten sich aber durch, der Schützenverein wurde gegründet. Gleichzeitig wurde beschlossen, noch im Herbst des gleichen Jahres ein Schützenfest zu feiern.

Zum Vorsitzenden, der den Titel “General” erhielt, wurde J. Vethacke gewählt, dem Gustav Thürich, Heinrich Lueg, Heinrich Tappe, Heinrich Wiesche, Teves, Eckmann und Heermann zur Seite gestellt wurden.

Innerhalb kurzer Frist schrieben sich 72 Holthauser als Mitglied ein. Die Anschaffung einer Trommel und einer Fahne als wichtigstes Vereinsinventar war von Anfang an beschlossene Sache und wurde bis zum ersten Schützenfest im Juli angeschafft. Ohne sollte das Fest nicht über die Bühne gehen.

Die Fahne war aus grün-weißem Tuch mit dem Bild des heiligen Hubertus und der Inschrift “Schützengilde Holthausen. Anno 1857”. Bilder davon gibt es nicht, denn die Technik der Fotografie war noch nicht so weit entwickelt, dass sie weite Verbreitung gefunden hatte.

Die nebenstehende Abbildung, die als Vorlage für die Berichterstattung im Jubiläumsjahr 1957 an die WAZ gegeben wurde, stellt wahrscheinlich dar, wie 100 Jahre zuvor die Holthauser Schützen, ihre Fahne und Trommel sowie die Ehrendamen ausgesehen haben. Gekostet haben die Fahne, die Trommel und die Uniformen die Holthauser Schützen 137 Taler und 50 Silbergroschen.

Schützenfest 1857

Die Begeisterung für die Schützensache und wahrscheinlich auch die Aussicht, einige schöne Tage und Nächte mit Nachbarn, Freunden und Bekannten sowie den Einwohnern der Nachbargemeinden festlich begehen zu können, beflügelte die eingeschriebenen Schützen bei ihren Vorbereitungen für das Schützenfest im Sommer. So mussten Verhandlungen mit dem Zeltwirt geführt, zünftige Musik bestellt und ein Vogel geschnitzt werden. Das Schiesspulver und auch ein Exerzieren durften nicht fehlen. Um die Festvorbereitungen erfolgreich abzuschließen, war so mancher Botengang erforderlich, der die Vereinskasse mit 10 Silbergroschen belastete, wenn der Bote in das benachbarte Bochum lief.

Damit das Schützenfest nicht nur Besucher aus der eigenen Gemeinde anlockte, nutzte man für die Werbung die einzige Zeitung in der näheren Umgebung. Im “Wochenblatt für den Kreis Recklinghausen” erschien deshalb am 27. Juni 1857 folgende Anzeige:

Holthauser Schützenfest.

Sonntag, den 5. und Montag, den 6. Juli d. J. wird hierselbst das Schützenfest gefeiert werden.

Zur Teilnahme an diesem Fest laden wir alle Freunde fröhlicher Volksfeste mit dem Bemerken freundlichst ein, daß für eine vorzügliche Musik, sowie für ein schön gebautes geräumiges Zelt, gute und prompte Bewirthung, preiswürdige Getränke und sonstige Erfrischungen bestens gesorgt ist.

Die Musik wird von der Schulteschen Kapelle von Horneburg ausgeführt.

Alle diejenigen Einheimischen, die sich nicht haben einschreiben lassen, werden zu den Feierlichkeiten nicht zugelassen.

Holthausen bei Castrop, den 1. Juni 1857.

                                   Der Schützen=Vorstand.

Das Selbstvertrauen und der Mut der jungen Schützengilde kann nur bewundert werden, zusammen mit einer gehörigen Portion Vertrauen darauf, dass das Fest gelingen wird, der insbesondere im letzen Satz zum Ausdruck kommt.

Alle Skeptiker wurden durch den Verlauf des Festes eines Besseren belehrt. Das erste Holthauser Schützenfest verlief glanzvoll. Die Erwartungen wurden weit übertroffen. Der Besuch, auch aus den Nachbargemeinden, war überwältigend. Mancher Besucher wird auch von der Neugier angetrieben gewesen sein, zu sehen, wie so ein kleines Bauerndorf ein solch groß angekündigtes Fest gestaltete. Es galt aber sicherlich auch, dem ersten Holthauser Schützenkönig, Bauer Schulte-Oestrich und seiner von ihm erkorenen Königin, Frau Thürich, zu huldigen und so manches Gläschen auf das Wohl dieser Würdenträger zu leeren.

Das Fest verlief glanzvoll, so die Überlieferungen und Zeitungsberichte. Es bot aber auch den Holthauser Schützen reichlich Gesprächsstoff, denn das Fest hatte ein kaum zu übersehendes Loch in die Vereinskasse gerissen. Sparsam war offensichtlich nicht gewirtschaftet worden. Hierüber wurde viel erzählt und selbst die “Castroper Zeitung” berichtete im März 1899 noch davon.

Welche Summen ausgegeben wurden, wird deutlich an folgenden Zahlen: Zeltbau 70 Taler; Musik 52 Taler und 20 Silbergroschen; Pulver 4 Taler und 20 Silbergroschen; Königskrone 2 Taler; Kronen für die Ehrendamen 2 Taler; Seide zur Königsschärpe 1 Taler und 15 Silbergroschen; Besatz an den Hosen der Offiziere 3 Taler und 15 Silbergroschen. Der Tambour erhielt eine Sondervergütung von 3 Talern. Wie viel Bier ausgeschenkt wurde, ist nicht überliefert, aber ein halb Ohm [Anm. 3] wurden mit 3 Taler und 15 Groschen notiert.

All diese und weitere Ausgaben - die Seidenkleider der Ehrendamen wurden auch aus der Kasse bezahlt - verursachten ein gewaltiges Defizit.

So manche Besprechung wird auf der Deele des Hauses Wiesche stattgefunden haben, ehe der Fehlbetrag auch durch Freunde und Gönner ausgeglichen war.

Die Ausführungen zum ersten Schützenfest sollen geschlossen werden mit einem Blick auf das Königspaar. Ein Bild steht dem Verein leider nicht zur Verfügung, deshalb ein Blick auf das Zuhause von Schützenkönig und Königin.

Der erste Schützenkönig, Bauer Joseph Schulte-Oestrich, stammte aus dem Ortsteil Oestrich, zu dem nur 4 Höfe an der jetzigen Oestrichstraße gehörten. Der Hof Schulte-Oestrich gehörte 1827 mit 187 Morgen zu den größten Besitzungen der Bauernschaft Holthausen. Der Name Schulte lässt vermuten, dass ehemals dem jeweiligen Hofinhaber als Bauernvorstehen eine gewisse Gerichtsbarkeit über die Grundbesitzer der Bauernschaft zustand. Der Hof war an das Haus Henrichenburg abgabepflichtig.

Der Hof Thürich war mit 192 Morgen Grundbesitz der größte in der Bauernschaft Holthausen. Die Hofgebäude standen südlich der Mont-Cenis-Straße, ungefähr zwischen Vonnahme und Stegemann. Der Besitz umfaßte auch 4 Einliegerhäuser, 1 Brennerei und 1 Schmiede. Wohnhaus und Scheune brannten in den Jahren 1876/1877 nieder und wurden nicht wieder aufgebaut.

Sowohl Schützenkönig Schulte-Oestrich als auch Frau Thürich, die Königin, stammte - so kann sicher geschlossen werden - wohl nicht aus unvermögendem Hause. Beide werden mit Sicherheit ihr Scherflein zum Gelingen des ersten Schützenfestes beigetragen und ihre Schatullen bei der Bewältigung des Defizits nicht zugehalten haben.

1899 - der Schützenverein wird zu neuer Blüte gebracht

Seit dem prachtvollen Schützenfest 1857 waren 42 Jahre vergangen. Die Alten waren nicht mehr und die Schulden in der Vereinskasse waren ebenfalls kein Thema mehr. Der König Joseph Schulte-Oestrich war verstorben, von den Mitgliedern lebten nur noch 12.

Der Gastwirt Friedrich Döhmann, der im Verein mit dem damaligen Vorsteher Heinrich Wiesche den Schützengedanken wieder lebendig werden ließ, erwarb sich beim Wiederaufbau des Vereins große Verdienste. Holthausen zählte 1899 insgesamt 2.575 Einwohner; mit den Gemeinden Sodingen und Börnig waren es immerhin 7.666. Gegenüber der Einwohnerzahl von 1857 konnte somit viel Überzeugungsarbeit für den Schützengedanken geleistet werden und der Erfolg blieb auch nicht aus. Der Verein zählte bis zum Schützenfest im Juli d. J. 450 Mitglieder, eine gute Basis für das geplante Vorhaben.

Die führenden Ämter waren allesamt besetzt; an der Spitze standen Heinrich Tappe sen., 1. Vorsitzender; Engelbert Wiesche, 1. Schriftführer und Heinrich Wiesche sen., 1. Kassierer. An der Spitze des Offizierscorps standen Heinrich Lueg, General; Hermann Böckmann, Oberst und Friedrich Döhmann, Major. 5 Kompanien waren gebildet worden. Selbst ein Oberstabsarzt mit einem Assistenzarzt und 2 Lazarettgehilfen fehlten nicht.

So rief man alsbald zum Schützenfest und holte die Trommel aus den Gründertagen hervor. Die Fahne aus demselben Jahr war bei einem Brand auf dem Bruch vernichtet worden. Eine neue musste her, wurde aus freiwilligen Spenden beschafft und bei einer großen Vorfeier in der Wirtschaft Rottmann (später Schulte-Beyer) durch den Amtmann Barfels aus Castrop geweiht. Die Kleiderordnung beim Schützenfest sah für die Schützen einen dunkelgrünen Hut mit Feder, für die Offiziere Gehrock und dunkle Hose mit grünen Streifen und die immerhin stolze Zahl von 16 Ehrendamen weißes Kleid, grüne Schärpe, schwarze Lackschuhe mit Schilfrose, schwarze Strümpfe und lange weiße Handschuhe vor.

Mit einem nach heutigen Maßstäben überdimensionalen Plakat, das in dem Vereinsheim bewundert werden kann, kündigte der Vorstand für den 1. und 2. Juli 1899 das Schießen nach dem Vogel bis zum Königsschuß an. Aber auch ein großes Concert, der große Königsball, Königsparade und Festball mit anschließendem Prachtfeuerwerk machten Lust, das Fest zu besuchen. Vergessen konnte den Termin in Holthausen und der näheren Umgebung niemand, denn beide Festtage wurden um 5 Uhr in der Frühe mit Kanonendonner eröffnet.

Es kam allerdings anders. Das Zelt war bereits aufgestellt, als wegen eines plötzlich ausgebrochenen Bergarbeiterstreiks die Feier verboten wurde. Das Zelt mußte abgebrochen werden. Mit dem Zeltwirt gab es wegen der Kosten einen heftigen Streit, der die Schützen in arge finanzielle Schwierigkeiten brachte.

In der “Chronik der Schule von Holthausen”, die sich in der Bibliothek des Emschertalmuseums Herne befindet, war wenige Wochen später folgendes festgehalten worden:

1899 - Am [[29. Juli|29.]] und [[30. Juli]] wurde von dem Bürger-Schützenverein der Gemeinde Holthausen Schützenfest gefeiert. Den Königsschuß that der Landwirt Anton Eckmann zu Holthausen, welcher zur Königin die Frau des Landwirts Heinrich Tappe zu Holthausen wählte. Seit dem Jahre 1857 war in der Gemeinde Holthausen kein Schützenfest gefeiert worden.

Es war ein tolles Fest gewesen, das im neu erbauten, 1200 qm großen Zelt auf Haacken Wiese gefeiert worden war. In Scharen müssen auch Besucher aus dem benachbarten Castrop den Weg in das Festzelt gefunden haben. Der Berichterstatter in der “Castroper Zeitung” vom 3. August ließ sich jedenfalls zu folgenden Vers hinreißen:

Es wogt des Volkes dunkler Hauf’
Gen das liebliche Holthausen hinauf!
Dort aus dem Erintore rückt
Der Bürgerschar mit ihren Fraun,
Mit ihren Kindern, zum Feste schön geschmückt,
Gar würdig und lustig anzuschauen!

Die Begeisterung über das gelungene Fest, das trotz aller Schwierigkeiten keinen finanziellen Schock verursachte, hielt über die Jahre. Der Vorstand und auch das Offizierscorps blieben fast unverändert und kündigten für den 2. und 3. Juli 1904 erneut ein Schützenfest an. In der Weide von W. Speckbrock sollte es stattfinden und wiederum mit Kanonendonner um 5 Uhr in der Früh eingeleitet werden.

Es kam jedoch wegen eines Pockenfalls in Bochum zunächst zum Verbot. Wenige Wochen vor dem genannten Termin kam dann doch die Genehmigung. Die Schützen waren erleichtert und frohen Mutes begab man sich an den Sonntagen vor dem Fest zu Exerzier- und Paradeübungen. Durch die Teilnahme der Majestäten des Jahres 1899, die reichlich “Münchener Königl. Hofbräu” spendeten, gestalteten sich die Übungen zu stimmungsvollen Vorfeiern.

Das Schiessen nach dem Vogel auf Eckmanns Wiese, neben dem Feuerwehrturm, beendete mit dem Königsschuss, Nikolaus Haase. Gemeinsam mit Frau Anna Nöthe bestieg er den Königsthron, musste allerdings mit dem Königswalzer warten. Die Kapelle des 2. Westfälischen Husaren-Regimentes Nr. 11, aus Düsseldorf, traf erst verspätet ein. Umso fleissiger spielten sie dann, denn der stimmungsvolle Festverlauf war auch ihrem Einsatz gedankt.

Der zuvor genannte Schulchronist hielt hierzu ganz nüchtern fest:

Am 2ten und 3ten Juli 1904 wurde von dem Bürger-Schützenverein der Gemeinde Holthausen Schützenfest gefeiert. Den Königsschuß tat Bauunternehmer Haase zu Holthausen-Landwehr, welcher zur Königin die Frau des Wirts Carl Noethe zu Holthausen- Bruch wählte.

1907 - Goldenes Vereinsjubiläum

Bereits 3 Jahre später, im 50. Jahr des Vereinsbestehens, sollte es erneut ein Schützenfest geben. An 3 Tagen, dem 10., 11. und 12. August 1907, sollte mit besonderem Prunk und einem großen Feuerwerk Schützenfest gefeiert und ein neues Königspaar bejubelt werden.

An der Spitze des Vereins stand Wilhelm Rottmann, der gemeinsam mit dem Offizierscorps unter fachkundiger Beratung von Major Döhmann die notwendigen Vorbereitungen traf. Das Vogelschießen auf Böckmanns Ziegelei beendete Schlossermeister Wilhelm Vethacke mit dem Königsschuß. Glückliche Königin wurde Frau Bäckermeister Bernhardine Hubbert.

Das Bild dieses Königspaares vor der Vereinsfahne von 1899 zeigt, dass seinerzeit der Schützenkönig einen Zylinder trug, im Gegensatz zu der wahrscheinlich 1857 noch getragenen Krone, die mit 2 Talern bezahlt worden war. Neben der Königsschärpe zierte die Königskette mit der Medaille mit der Aufschrift “1857 Erinnerung an das Gründungsjahr” die stolze Brust des Königs. Eine weitere Medaille mit der Aufschrift “1899 Schützenverein Holthausen” erinnert wohl an das Anschaffungsjahr 1899. Jeweils 2 weitere Erinnerungsmedaillen sind den Königen Anton I. (Eckmann) und Nikolaus I. (Haase) gewidmet. An die jeweiligen Königinnen Karoline Tappe und Anna Nöthe erinnern die Medaillen, die den Königspaaren gewidmet waren. Das nebenstehende Bild zeigt das Königspaar des Jubiläumsjahres 1907 mit dem Hofstaat sowie dem Zeremonienmeister Gustav Thürich.

Weblinks

Literatur

  • Protokollbücher, Festschriften 1957-2005 und Archiv Bürgerschützenverein Holthausen 1857 e.V.
  • Evangelische Kirchengemeinde Sodingen - Chronik 1909-1999 - Herne 1999
  • Fritz Becker - Holthausen Geschichtliches Überliefertes Erlebtes - Herne 1966
  • Gabriele Wand-Seyer - Geschichte machen auch die kleinen Leut’... Bilder aus 1000 Jahren Herner Dorfgeschichte - Herne 1989
  • Aus der Geschichte des tausendjährigen Dorfes Holthausen von Friedrich Becker - Herne - Beiträge zur Stadtgeschichte, Heft 2 1967
  • Ruhr-Nachrichten - Herner Anzeiger vom 19. Mai 1973 - Holthausen Revier ohne Industrie
  • Herner Anzeiger Nr. 34 vom 3. Februar 1928, Nr. 60 vom 29. Februar 1928, Nr. 209 - 214 vom 3. - 6. und 9. August 1928, Nr. 163 vom 15. Juli 1939
  • Herner Zeitung Nr. 157 und 159, vom 8. und 10. Juli 1935, Nr. 164 vom 17. Juli 1939, 8. September 1958
  • Ruhr-Nachrichten - Herner Stadtanzeiger Nr. 98 vom 27. April 1950, Nr. 123, 124, 132 vom 9. - 12. Juni 1950, Nr. 106 vom 10. Mai 1954 und Nr. 159 vom 12. Juli 1954
  • Westfälische Rundschau vom 9. Juni 1950, 8. September 1958, 24. August 1966
  • Chronik der Holthauser Schule 1899 und 1904 - Bibliothek Emschertalmuseum Herne
  • Stadtanzeiger für Castrop-Rauxel und Umgebung vom 8. August 1928 - Nachklänge zum Holthauser Schützenfest
  • Westdeutsche Allgemeine - Herner Stadtnachrichten Nr. 154 und 155 vom 6. und 8. Juli 1957
  • Schützenwarte Zeitschrift für Schützen u. Jäger Nr. 15 vom 1. August 1935, Osnabrück

Lesen Sie auch

Anmerkungen

  1. Malter ist ein altes Hohlmaß und die Menge entspricht hier ca. 318 Liter
  2. Scheffel ist ein altes Getreidemaß. Die Menge espricht hier ca. 570 Liter Gerste
  3. Ohm ist ein altes Flüssigkeitsmaß. Die Menge espricht hier ca. 70 Liter

Einzelnachweise