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Aktuelle Version vom 15. April 2019, 17:31 Uhr
Der „Kaisergarten“, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in „Stadtgarten“ umbenannt, angelegt nach den Plänen des Düsseldorfer Gartenarchitekten Fritz Gude, konnte am 8. August 1900 der Öffentlichkeit übergeben werden. Er bietet den Wanne-Eickelern nach wie vor eine fußläufige Erholung im Grünen. Auf einer Platzanlage oberhalb des Teiches steht der Kaiserbrunnen, zu dessen Errichtung Amtmann Winter im Jahre 1896 die erste Anregung gab.
Mit dem Bau des Parks wurden zeitgleich Restaurationsräume und eine „offene Halle aus Naturholz“…, „die bei gutem Wetter einer kleinen Anzahl Parkbesucher Unterkunft gewährte“, errichtet. Diese Bauten mussten schließlich dem Kaisergartensaal weichen. Dieser wurde am 14. Oktober 1911 eingeweiht.
Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte die Umbenennung in Saalbau.
Im Jahr 1944 wurde der Saalbau durch Bomben zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte in den Jahren 1949 bis 1951.Bei der Neueröffnung am 7. Oktober 1951 zu festlichen Klängen, die Gäste waren in Abendkleid, Smoking und Straßenanzug erschienen, sprach Oberbürgermeister Edmund Weber von einem kulturpolitischen Meilenstein für Wanne-Eickel.
Eine grundlegende Renovierung des Saalbaus erfolgte1967. Man fand lobende Worte: „Wände, Decke, Gestühl, und Boden wurden den modernen Bedingungen des Theaterspiels angepasst.“ Nach einem grundlegenden Umbau konnte am 30. September 1975 - neun Monate nach dem Zusammenschluss von Wanne-Eickel und Herne - erneut Wiedereröffnung gefeiert werden. In der Presse hieß es: "Saalbau-Foyer: Rundum eine schicke Sache. Sechseck bekommt Formen. Licht und Luft aus Waben."
Nach einem Brand im Oktober 1981, bei dem Bühne und Saal fast völlig zerstört wurden, der Dachstuhl schwere Schäden davontrug sowie Eingangsbereich und Foyer den Schadenskatalog noch erweiterten, wurde das Gebäude in den folgenden zwei Jahren umfassend renoviert und umgebaut.
Mondpalast von Wanne-Eickel
Im Jahr 2003 begann Christian Stratmann seine Idee umzusetzen, ein Theater zu gründen, dass eigens für das Haus geschriebene Komödien aus dem Ruhrgebiet aufführt und den Besuchern in heiterer Form die Mentalität der im Ruhrgebiet lebenden Menschen näher bringt. Am 28. Januar 2004 öffnete sich der Vorhang des "Mondpalastes" zum ersten Mal mit dem Stück "Ronaldo & Julia - Zwei Herzen zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04". Damit begann eine Erfolgsgeschichte, die sich bis heute fortsetzt.
Vom Kaisersaal zum Mondpalast
„Erst ein Theater macht eine Stadt wirklich zur Stadt.“ Behauptet die in Ehren ergraute Frankfurter Allgemeine (hinter der bekanntlich immer ein kluger Kopf steckt). Und meint tatsächlich Wanne-Eickel! Das mit dem Mondpalast ein richtiges eigenes Theater bekam. Mit eigenem Ensemble, richtigem Spielplan, Theaterkneipe und allem Drum und Dran. Nur Parkplätze fehlen noch. Aber immerhin: mitten in Wanne-Eickel. „Stadt“ Wanne-Eickel (FAZ). Mit einem richtigen, eigenen Theater, dem ersten seit 93 Jahren.
Das „Theater Fidele Horst“ und die „Volksbühne Körner“ werden das wahrscheinlich anders sehen. Schließlich bespielten die beiden alteingesessenen Wanne-Eickeler Theatergruppen den Saalbau über so manche Jahre. Wobei drei-, viermal im Monat nicht so richtiges „Bespielen“ ist. Gelegentliche Gastspiele eines Tourneetheaters der B-Liga und die eine oder andere Festveranstaltung konnten auch nichts daran ändern, dass der Saalbau im Rahmen seiner Möglichkeiten dramatisch unterfordert war und lieblos behandelt wurde.
Dabei hatte alles mal sehr hoffnungsvoll angefangen. Der Stadtgarten trug noch frisches Grün und hieß Kaisergarten, durch die Kaiserpassage lustwandelte man hinein, erfreute sich am Gondelteich und blickte stolz auf das feine Schmuckstück zu seinen Ufern, den 1911 erbauten Kaisersaal. Die Wanne-Eickeler Bürger machten sich fein, um dort zu feiern, zu tanzen und zu dinieren – nur den Theatervorführungen blieben sie fern. Das Bochumer Schauspielhaus gestaltete den Spielplan – und brach das Experiment nach nur fünf Vorstellungen mangels Zuschauermasse ab.
Als der Kaisersaal nach dem Ersten Weltkrieg in „Stadtgartensaal“ umbenannt wurde, stieg das Theaterinteresse zumindest so weit, dass sich für etliche Ensembles der Trip nach Wanne-Eickel lohnte. Die Gästeliste der Mimen und Regisseure war für Wanne-Eickeler Verhältnisse durchaus respektabel. Und da die Wanne-Eickeler nicht nur zugucken, sondern auch mitspielen wollten, gründeten sich Laienspielgruppen, die dann auch mal auf die Bretter durften, die zumindest in Wanne-Eickel die Welt bedeuteten. Die „Volksbühne Körner“ und der „Fidele Horst“ waren ebenso dabei wie der „Dramatische Verein deutsche Treue“, die „Theaterfreunde Unser Fritz“ oder „Gemütlichkeit Röhlinghausen“.
Nachdem der Zweite Weltkrieg für eine gründliche Zerstörung gesorgt hatte, kramte man 1951 die alten Pläne aus und stellte den Stadtgartensaal so wieder hin, wie er mal gestanden hatte. Äußerlich gesehen, denn drinnen dominierte nun der Theatersaal. Damit man das auch draußen merkte, verabschiedete man sich von dem Namen „Stadtgartensaal“ und nannte das Ding nun „Saalbau“. Akribisch wachten städtische Geschmacksverwalter darüber, dass darin bloß nichts anderes passiert als Kultur. Und so durfte auch das legendäre Streitgespräch zwischen Rudi Dutschke und dem jungen Johannes Rau hier nicht stattfinden, Politik ist schließlich keine Kultur. Rau und Dutschke diskutierten dann in Wattenscheid.
1967 wurde der Saalbau renoviert. Die Akustik besserte sich. Sonst aber nichts. 1974 beschlossen die Verantwortlichen, den Wanne-Eickeler Kulturbegriff um Tagungen, Betriebsversammlungen und Vereinsfeiern zu erweitern, nahmen 3,2 Mio. Mark in die Hand und pappten einen hässlichen, schwarzen Klotz vor den adretten Jugendstil, um im Kongressfieber des Ruhrgebiets mitschwitzen zu können. Eine architektonische Hässlichkeit ohnegleichen, die wahrscheinlich nur von der Betreibergesellschaft als „gelungener Mix aus Tradition und Moderne“ gefeiert werden konnte. Richtig in die Puschen kam der wilhelminische Oldie mit seinem Gruselanbau aber auch nicht.
Und in dieses triste Ensemble platzte 2003 Christian Stramann, mit guter Laune, Tatendrang und einem kaum zu bremsenden Optimismus. Seine Idee, ein Volksheater des Ruhrgebiets à la Ohnesorg oder Millowitsch ausgerechnet in Wanne-Eickel anzusiedeln, hatte was Tollkühnes. Aber sie hatte auch etwas ungemein Charmantes. In nur einem Jahr (wann hatte es so was zuletzt in Wanne-Eickel und meinetwegen auch Herne gegeben?) überzeugte er Verweser und Verwalter, machte Verträge, engagierte und organisierte Autor, Ensemble, Intendant, Spielplan, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit.
Dass kein Wanne-Eickeler an dem Projekt beteiligt ist, kann nur ganz hartgesottene Lokalpatrioten grämen. Alle anderen freuen sich darüber, dass es endlich wieder Spaß macht, in den Saalbau, pardon: Mondpalast zu gehen. Und für den Spaß sorgt ein kreativer Mix aus guten Bekannten der freien Theaterszene des Ruhrgebiets und Erfolg versprechenden Nachwuchstalenten aus der ganzen Republik. Mondpalast-Autor Sigi Domke, zum Beispiel, leitete mal das Theater Freudenhaus in Essen, schrieb etliche Theaterstücke und ist Chefautor von Herbert Knebel. Ehemalige Mitglieder des Thealozzi und des Theaters Ecce Homo in Bochum sind ebenso dem Ruf nach Wanne-Eickel gefolgt.
Im Januar 2004 öffnete sich erstmals der Vorhand des Mondpalastes. „Ronaldo und Julia“ stand auf dem Spielplan – und wurde ein Volltreffer. Die von Shakespeare inspirierte Lovestory zweier Nachbarskinder im Spannungsfeld der beiden „Religionsgemeinschaften“ Schalke 04 und Borussia Dortmund hat etwas geschafft, was selten war in den letzten Jahrzehnten: Besucher aus dem weiten Ruhrgebiet und drumherum kommen freiwillig und gerne nach Wanne-Eickel. Und das nicht nur einmal! Für andauernde Parkplatznot an der Wilhelmstraße sorgt auch das zweite Stück „Senior-Ritas“, eine erotische Komödie vom Rhein-Herne Kanal.
Bleibt zu hoffen, dass der Mondpalast ähnliches Stehvermögen beweist wie der 1919 gegründete „Fidele Horst“ oder gar die Volksbühne Körner: Letztere kann 2009 ihr 100-Jähriges feiern!
Der Text wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet. Er stammt aus dem Jahr 2005
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Quellen
Stadtarchiv Herne:
Dokumentationsbibliothek: Sammlungen Städtischer Saalbau, Mondpalast
Foto- und Postkartensammlung Kaisergartensaal – Saalbau - Mondpalast