2012 endete die Ära Kinderkurheim Hammelbach: Unterschied zwischen den Versionen

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Nachdem Berichte von Betroffenen über Missstände in ehemaligen Kinderkurheimen publik wurden, versprachen viele verantwortliche Träger eine umfassende Aufarbeitung. Doch die ist zaghaft, mitunter wird das Thema verschwiegen. Betroffene können auf folgenden Seiten Rat suchen.
* [https://verschickungsheime.de/ Verschickungsheime - das vergessene Trauma]
* [https://www.ardaudiothek.de/episode/wissen/verschickungskinder-und-ihr-kampf-um-aufklaerung-oder-recherche-ueber-kinderkurheime/swr2/78711184/ Verschickungskinder und ihr Kampf um Aufklärung | Recherche über Kinderkurheime]
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Einige hundert Herner Kinder wurden hier zwischen 1955 und 1977 ''aufgepäppelt'', denn wer eine Kur in Hammelbach verordnet bekam, wurde daheim als ''untergewichtig'' eingestuft.
Bis in die 1980er Jahre wurden Millionen Kinder in sogenannte Erholungskuren geschickt, ein gigantisches staatliches Gesundheitsprogramm. Doch viele von ihnen wurden systematisch gequält und misshandelt - und leiden noch heute. Werden die Geschehnisse endlich aufgearbeitet?
Der SWR hat hierzu eine Dokumentation gemacht, die zeigt, wie sehr die erlebten "Kuren" die ehemaligen Verschickungskinder noch heute verfolgen. Viele fühlen sich noch Jahrzehnte später stark beeinträchtigt. Sie haben Angst-, Schlaf- und Essstörungen, kämpfen mit Depressionen. Etliche haben Selbstmordversuche hinter sich. Doch über ihr Leid ist wenig bekannt. Das soll sich jetzt ändern.
Ein Jahr lang haben die SWR-Autoren Betroffene bei ihrem Kampf um Anerkennung begleitet. Sie waren dabei, als sich ehemalige Verschickungskinder 2019 das erste Mal getroffen haben, um eine Initiative zu gründen. Gemeinsam wollen sie eine wissenschaftliche Aufarbeitung initiieren, um Licht in dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte zu bringen. Sie fordern staatliche Unterstützung und Hilfen. Die Reportage beleuchtet die Erfolge und Rückschläge auf ihrem steinigen Weg und nimmt auch die Verantwortlichen in den Blick.
Die beiden Autoren treffen und konfrontieren die Träger ehemaliger Verschickungsheime. Werden sie sich an einer Aufarbeitung und möglichen Entschädigungen beteiligen? Was ist aus ihren Heimen geworden? Welche Einrichtungen existieren bis heute? Und was hat man aus den "Kinderkuren" gelernt?
SWR "betrifft" beleuchtet erstmals auch das System der Verschickungskuren und zeigt, warum Kinder überall im Land gequält wurden. Hochrangige Akteure aus der NS-Zeit waren in die Kuren eingebunden. Mehrere Heime wurden von ehemaligen NS-Verbrechern geleitet. <ref>Das Leid der Verschickungskinder - Was geschah in den Kurheimen? | SWR Doku https://www.youtube.com/watch?v=oW24BaiLz8A</ref>
Weitere Informationen s. Weblinks.
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Einige hundert Herner Kinder wurden hier zwischen 1955 und 1977 „aufgepäppelt“, denn wer eine Kur in Hammelbach verordnet bekam, wurde daheim als „untergewichtig“ eingestuft. Nach jahrelangem Leerstand konnte das Gebäude an dem viele Erinnerungen hängen, schließlich 2012 veräußert werden. Zunächst hatte die Kommune das ehemalige Kinderkurheim an der „Herner Allee“ in dem kleinen Odenwaldort für 1,4 Millionen Euro zum Kauf angeboten. Doch schließlich wechselten Haus und Grundstück zu einem Betrag unterhalb von 500 000 Euro den Besitzer. Die Stadt Herne atmete auf, denn sie war endlich einen „Klotz am Bein“ los.  
Nach jahrelangem Leerstand konnte das Gebäude an dem viele Erinnerungen hängen, schließlich 2012 veräußert werden. Zunächst hatte die Kommune das ehemalige Kinderkurheim an der „Herner Allee“ in dem kleinen Odenwaldort für 1,4 Millionen Euro zum Kauf angeboten. Doch schließlich wechselten Haus und Grundstück zu einem Betrag unterhalb von 500 000 Euro den Besitzer. Die Stadt Herne atmete auf, denn sie war endlich einen „Klotz am Bein“ los.  


Dabei hatte 1955 im Odenwald alles gut begonnen. Im Sechs-Wochen-Rhythmus wechselten sich die rund 75 Kinder in dem gut und modern ausgestatteten Gebäude, das auf einem 27 000 Quadtratmeter großen, bergigen Hanggrundstück steht, ab. Es war ein Vorzeigeprojekt, denn auch der damalige Oberbürgermeister [[Robert Brauner]] brachte [[1957]] sogar seinen Amtskollegen aus der französischen Patenstadt Billy-Montigny mit. Ein Herner erinnert sich 50 Jahre später an seinen Aufenthalt im Odenwald: „Das Essen war selbst für meinen Geschmack gut und lecker. Kein Essenzwang. Und zu den Mahlzeiten gab es Getränke. Eine Sitte, die mir und den meisten deutschen Kindern fremd war. Und noch etwas unbekanntes kam auf den Tisch: Lang geschnittene Kartoffelstückchen, die in Öl gebraten wurden - Pommes Frites. Des Rätsels Lösung: mit uns Herner Kindern war zugleich eine Gruppe französischer Kinder aus den damaligen Partnerstädten Billy-Montigny, Lens und Henin-Lietard eingeladen. Wir waren in einem Projekt der Städtepartnerschaften und der Völkesverständigung gelandet. Und so gab es auch offizielle Besuche. Neben dem OB Brauner aus Herne kam der "alte" Darchicourt aus Henin-Liétard. Sein Sohn Pierre folgte ihm erst später im Amte nach.
Dabei hatte 1955 im Odenwald alles gut begonnen. Im Sechs-Wochen-Rhythmus wechselten sich die rund 75 Kinder in dem gut und modern ausgestatteten Gebäude, das auf einem 27 000 Quadtratmeter großen, bergigen Hanggrundstück steht, ab. Es war ein Vorzeigeprojekt, denn auch der damalige Oberbürgermeister [[Robert Brauner]] brachte [[1957]] sogar seinen Amtskollegen aus der französischen Patenstadt Billy-Montigny mit. Ein Herner erinnert sich 50 Jahre später an seinen Aufenthalt im Odenwald: „Das Essen war selbst für meinen Geschmack gut und lecker. Kein Essenzwang. Und zu den Mahlzeiten gab es Getränke. Eine Sitte, die mir und den meisten deutschen Kindern fremd war. Und noch etwas unbekanntes kam auf den Tisch: Lang geschnittene Kartoffelstückchen, die in Öl gebraten wurden - Pommes Frites. Des Rätsels Lösung: mit uns Herner Kindern war zugleich eine Gruppe französischer Kinder aus den damaligen Partnerstädten Billy-Montigny, Lens und Henin-Lietard eingeladen. Wir waren in einem Projekt der Städtepartnerschaften und der Völkesverständigung gelandet. Und so gab es auch offizielle Besuche. Neben dem OB Brauner aus Herne kam der "alte" Darchicourt aus Henin-Liétard. Sein Sohn Pierre folgte ihm erst später im Amte nach.


Obwohl die Gruppen an den Esstischen und in den Stuben getrennt waren, kam es bei Spielen doch zu Kontakten. Das grösste Problem war die Sprache. Deutsch war in Frankreich erst 15 Jahre nach dem Krieg und erst kurz nach Beerdigung der Erbfeindschaft durch de Gaulle und Adenauer noch nicht angesagt“.
Obwohl die Gruppen an den Esstischen und in den Stuben getrennt waren, kam es bei Spielen doch zu Kontakten. Das grösste Problem war die Sprache. Deutsch war in Frankreich erst 15 Jahre nach dem Krieg und erst kurz nach Beerdigung der Erbfeindschaft durch de Gaulle und Adenauer noch nicht angesagt“.
 
Ich war ebenfalls dort zweimal zu Gast. Zunächst 1957 und dann im Winter 1959. Und och erinnere mich noch gut an diese Zeit, ein damalige Kurgast, Karl-Heinz-Oberbacks aus Horsthausen, traf ich noch während meiner Ausbildung auf der Schachtanlage von [[Zeche Friedrich der Große|FdG]] 1/ 2 wieder. Er verließ jedoch später den Pütt, wir verloren uns aus den Augen. Dann Jahrzehnte später trafen wir uns zufällig in der Stadtmitte wieder. Aber auch heute noch, fast 60 Jahre nach unserer ersten Begegnung, sehen wir uns ab und zu in der Stadtmitte und plaudern über alte Zeiten. Erinnern uns an „Fräulein“ Hackethal, unsere damalige Gruppenleiterin, in die alle Jungen der Gruppe ein wenig verliebt waren. In den verschneiten Wäldern des Odenwaldes unternahmen wir im Februar 1959 ausgedehnte Wanderung, besuchten ein Holzfällerlager, sausten mit den Schlitten bergab und hatten sehr viel Spaß. Als Erinnerungsstücke waren kleine Holzschnitzarbeiten begehrt, die wir damals bei einem Künstler in den noch recht verschlafen 1000-Seelen-Ort erwarben.
Ich war ebenfalls dort zweimal zu Gast. Zunächst 1957 und dann im Winter 1959. Und och erinnere mich noch gut an diese Zeit, ein damalige Kurgast, Karl-Heinz-Oberbacks aus Horsthausen, traf ich noch während meiner Ausbildung auf der Schachtanlage von [[Zeche Friedrich der Große|FdG]] 1/ 2 wieder. Er verließ jedoch später den [[Bergmannssprache P#Pütt|<span title="Brunnen, Schacht, Grube.">Pütt</span>]], wir verloren uns aus den Augen. Dann Jahrzehnte später trafen wir uns zufällig in der Stadtmitte wieder. Aber auch heute noch, fast 60 Jahre nach unserer ersten Begegnung, sehen wir uns ab und zu in der Stadtmitte und plaudern über alte Zeiten. Erinnern uns an „Fräulein“ Hackethal, unsere damalige Gruppenleiterin, in die alle Jungen der Gruppe ein wenig verliebt waren. In den verschneiten Wäldern des Odenwaldes unternahmen wir im Februar 1959 ausgedehnte Wanderung, besuchten ein Holzfällerlager, sausten mit den Schlitten bergab und hatten sehr viel Spaß. Als Erinnerungsstücke waren kleine Holzschnitzarbeiten begehrt, die wir damals bei einem Künstler in den noch recht verschlafen 1000-Seelen-Ort erwarben.


1977 änderte sich alles. Der evangelische Kirchenkreis Herne übernahm das Heim, dort konnten Familien ihre Urlaube verbringen. Doch bereits 1986 bat die Kirche um Auflösung des Vertrages. Aber erst zehn Jahre später fiel das Haus wieder an die Stadt Herne zurück, die nun die Vermarktung übernahm, die sich aber über Jahre hinzog. Zwar gab es immer wieder neue Pläne, doch die scheiterten an den Forderungen der Kommune. So zeigte einst ein Schmuckhändler Interesse an dem Anwesen, er wollte dort eine Bildungseinrichtung für Jagdkunde einrichten. Daraus wurde aber nichts. Der Bau von Einfamilienhäusern auf dem Grundstück wurde ebenfalls erwogen. Das Vorhaben scheiterte am geltenden Ortsbaurecht. So verfiel das einstige Kinderkurheim leider immer mehr.
1977 änderte sich alles. Der evangelische Kirchenkreis Herne übernahm das Heim, dort konnten Familien ihre Urlaube verbringen. Doch bereits 1986 bat die Kirche um Auflösung des Vertrages. Aber erst zehn Jahre später fiel das Haus wieder an die Stadt Herne zurück, die nun die Vermarktung übernahm, die sich aber über Jahre hinzog. Zwar gab es immer wieder neue Pläne, doch die scheiterten an den Forderungen der Kommune. So zeigte einst ein Schmuckhändler Interesse an dem Anwesen, er wollte dort eine Bildungseinrichtung für Jagdkunde einrichten. Daraus wurde aber nichts. Der Bau von Einfamilienhäusern auf dem Grundstück wurde ebenfalls erwogen. Das Vorhaben scheiterte am geltenden Ortsbaurecht. So verfiel das einstige Kinderkurheim leider immer mehr.
   
   
Erst 2012 kam es zu einer Einigung, denn das Land Hessen – vertreten durch die Gemeinde Grasellenbach – übernahm das Anwesen, das 2014 nochmals in den Fokus der Öffentlichkeit geriet, denn dort sollten vor zwei Jahren Flüchtlinge aus Syrien untergebracht werden. Doch auch dieses Vorhaben wurde vertagt. So dümpelt das geschichtsträchtige Haus an der „Herner Allee“ weiterhin einem ungewissen Schicksal entgegen. <ref>Ein Artikel von [[Friedhelm Wessel]]</ref> </div>
Erst 2012 kam es zu einer Einigung, denn das Land Hessen – vertreten durch die Gemeinde Grasellenbach – übernahm das Anwesen, das 2014 nochmals in den Fokus der Öffentlichkeit geriet, denn dort sollten vor zwei Jahren Flüchtlinge aus Syrien untergebracht werden. Doch auch dieses Vorhaben wurde vertagt. So dümpelt das geschichtsträchtige Haus an der „Herner Allee“ weiterhin einem ungewissen Schicksal entgegen. <ref>Ein Artikel von [[Friedhelm Wessel]]</ref> </div>
== Bilder ==
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Datei:Hammelbach 1052 Günter Habijan 20140923.jpg|Kinderkurheim in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
Datei:Hammelbach 1055 Günter Habijan 20140923.jpg|Kinderkurheim in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
Datei:Hammelbach 1056 Günter Habijan 20140923.jpg|Kinderkurheim in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
Datei:Hammelbach 1076 Günter Habijan 20140923.jpg|Kunst am Bau im Kinderkurheim in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
Datei:Hammelbach 1078 Günter Habijan 20140923.jpg|Der ehemalihe Speisesaal des Kinderkurheims in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
Datei:Hammelbach 1088 Günter Habijan 20140923.jpg|Die ehemalige Küche des Kinderkurheims in Hammelbach am 23. September 2014 <ref name="GH">Foto: Günter Habijan</ref>
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== Weblinks ==
* [https://verschickungsheime.de/ Verschickungsheime - das vergessene Trauma]
* [https://www.ardaudiothek.de/episode/wissen/verschickungskinder-und-ihr-kampf-um-aufklaerung-oder-recherche-ueber-kinderkurheime/swr2/78711184/ Verschickungskinder und ihr Kampf um Aufklärung | Recherche über Kinderkurheime]


==Verwandte Artikel==
==Verwandte Artikel==
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==Quellen==
==Quellen==
<references />
<references />


[[Kategorie:Artikel]]
[[Kategorie:Artikel]]

Aktuelle Version vom 5. November 2023, 08:12 Uhr

Nachdem Berichte von Betroffenen über Missstände in ehemaligen Kinderkurheimen publik wurden, versprachen viele verantwortliche Träger eine umfassende Aufarbeitung. Doch die ist zaghaft, mitunter wird das Thema verschwiegen. Betroffene können auf folgenden Seiten Rat suchen.

Hammelbach in den 1960er Jahren [1]
Gruppenbild in Hammelbach aus den 1960er Jahren. [2]
Kindergruppe 1957 im Aufenthaltsraum in Hammelbach. [1]
Hammelbach 2012 [3]
Hammelbach 2012 [3]
Hammelbach 2012 [3]

Einige hundert Herner Kinder wurden hier zwischen 1955 und 1977 aufgepäppelt, denn wer eine Kur in Hammelbach verordnet bekam, wurde daheim als untergewichtig eingestuft.

Bis in die 1980er Jahre wurden Millionen Kinder in sogenannte Erholungskuren geschickt, ein gigantisches staatliches Gesundheitsprogramm. Doch viele von ihnen wurden systematisch gequält und misshandelt - und leiden noch heute. Werden die Geschehnisse endlich aufgearbeitet?

Der SWR hat hierzu eine Dokumentation gemacht, die zeigt, wie sehr die erlebten "Kuren" die ehemaligen Verschickungskinder noch heute verfolgen. Viele fühlen sich noch Jahrzehnte später stark beeinträchtigt. Sie haben Angst-, Schlaf- und Essstörungen, kämpfen mit Depressionen. Etliche haben Selbstmordversuche hinter sich. Doch über ihr Leid ist wenig bekannt. Das soll sich jetzt ändern.

Ein Jahr lang haben die SWR-Autoren Betroffene bei ihrem Kampf um Anerkennung begleitet. Sie waren dabei, als sich ehemalige Verschickungskinder 2019 das erste Mal getroffen haben, um eine Initiative zu gründen. Gemeinsam wollen sie eine wissenschaftliche Aufarbeitung initiieren, um Licht in dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte zu bringen. Sie fordern staatliche Unterstützung und Hilfen. Die Reportage beleuchtet die Erfolge und Rückschläge auf ihrem steinigen Weg und nimmt auch die Verantwortlichen in den Blick.

Die beiden Autoren treffen und konfrontieren die Träger ehemaliger Verschickungsheime. Werden sie sich an einer Aufarbeitung und möglichen Entschädigungen beteiligen? Was ist aus ihren Heimen geworden? Welche Einrichtungen existieren bis heute? Und was hat man aus den "Kinderkuren" gelernt?

SWR "betrifft" beleuchtet erstmals auch das System der Verschickungskuren und zeigt, warum Kinder überall im Land gequält wurden. Hochrangige Akteure aus der NS-Zeit waren in die Kuren eingebunden. Mehrere Heime wurden von ehemaligen NS-Verbrechern geleitet. [4]

Weitere Informationen s. Weblinks.

Friedhelm Wessel [5]

Nach jahrelangem Leerstand konnte das Gebäude an dem viele Erinnerungen hängen, schließlich 2012 veräußert werden. Zunächst hatte die Kommune das ehemalige Kinderkurheim an der „Herner Allee“ in dem kleinen Odenwaldort für 1,4 Millionen Euro zum Kauf angeboten. Doch schließlich wechselten Haus und Grundstück zu einem Betrag unterhalb von 500 000 Euro den Besitzer. Die Stadt Herne atmete auf, denn sie war endlich einen „Klotz am Bein“ los.

Dabei hatte 1955 im Odenwald alles gut begonnen. Im Sechs-Wochen-Rhythmus wechselten sich die rund 75 Kinder in dem gut und modern ausgestatteten Gebäude, das auf einem 27 000 Quadtratmeter großen, bergigen Hanggrundstück steht, ab. Es war ein Vorzeigeprojekt, denn auch der damalige Oberbürgermeister Robert Brauner brachte 1957 sogar seinen Amtskollegen aus der französischen Patenstadt Billy-Montigny mit. Ein Herner erinnert sich 50 Jahre später an seinen Aufenthalt im Odenwald: „Das Essen war selbst für meinen Geschmack gut und lecker. Kein Essenzwang. Und zu den Mahlzeiten gab es Getränke. Eine Sitte, die mir und den meisten deutschen Kindern fremd war. Und noch etwas unbekanntes kam auf den Tisch: Lang geschnittene Kartoffelstückchen, die in Öl gebraten wurden - Pommes Frites. Des Rätsels Lösung: mit uns Herner Kindern war zugleich eine Gruppe französischer Kinder aus den damaligen Partnerstädten Billy-Montigny, Lens und Henin-Lietard eingeladen. Wir waren in einem Projekt der Städtepartnerschaften und der Völkesverständigung gelandet. Und so gab es auch offizielle Besuche. Neben dem OB Brauner aus Herne kam der "alte" Darchicourt aus Henin-Liétard. Sein Sohn Pierre folgte ihm erst später im Amte nach.

Obwohl die Gruppen an den Esstischen und in den Stuben getrennt waren, kam es bei Spielen doch zu Kontakten. Das grösste Problem war die Sprache. Deutsch war in Frankreich erst 15 Jahre nach dem Krieg und erst kurz nach Beerdigung der Erbfeindschaft durch de Gaulle und Adenauer noch nicht angesagt“.

Ich war ebenfalls dort zweimal zu Gast. Zunächst 1957 und dann im Winter 1959. Und och erinnere mich noch gut an diese Zeit, ein damalige Kurgast, Karl-Heinz-Oberbacks aus Horsthausen, traf ich noch während meiner Ausbildung auf der Schachtanlage von FdG 1/ 2 wieder. Er verließ jedoch später den Pütt, wir verloren uns aus den Augen. Dann Jahrzehnte später trafen wir uns zufällig in der Stadtmitte wieder. Aber auch heute noch, fast 60 Jahre nach unserer ersten Begegnung, sehen wir uns ab und zu in der Stadtmitte und plaudern über alte Zeiten. Erinnern uns an „Fräulein“ Hackethal, unsere damalige Gruppenleiterin, in die alle Jungen der Gruppe ein wenig verliebt waren. In den verschneiten Wäldern des Odenwaldes unternahmen wir im Februar 1959 ausgedehnte Wanderung, besuchten ein Holzfällerlager, sausten mit den Schlitten bergab und hatten sehr viel Spaß. Als Erinnerungsstücke waren kleine Holzschnitzarbeiten begehrt, die wir damals bei einem Künstler in den noch recht verschlafen 1000-Seelen-Ort erwarben.

1977 änderte sich alles. Der evangelische Kirchenkreis Herne übernahm das Heim, dort konnten Familien ihre Urlaube verbringen. Doch bereits 1986 bat die Kirche um Auflösung des Vertrages. Aber erst zehn Jahre später fiel das Haus wieder an die Stadt Herne zurück, die nun die Vermarktung übernahm, die sich aber über Jahre hinzog. Zwar gab es immer wieder neue Pläne, doch die scheiterten an den Forderungen der Kommune. So zeigte einst ein Schmuckhändler Interesse an dem Anwesen, er wollte dort eine Bildungseinrichtung für Jagdkunde einrichten. Daraus wurde aber nichts. Der Bau von Einfamilienhäusern auf dem Grundstück wurde ebenfalls erwogen. Das Vorhaben scheiterte am geltenden Ortsbaurecht. So verfiel das einstige Kinderkurheim leider immer mehr.

Erst 2012 kam es zu einer Einigung, denn das Land Hessen – vertreten durch die Gemeinde Grasellenbach – übernahm das Anwesen, das 2014 nochmals in den Fokus der Öffentlichkeit geriet, denn dort sollten vor zwei Jahren Flüchtlinge aus Syrien untergebracht werden. Doch auch dieses Vorhaben wurde vertagt. So dümpelt das geschichtsträchtige Haus an der „Herner Allee“ weiterhin einem ungewissen Schicksal entgegen. [6]

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Weblinks

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Quellen

  1. 1,0 1,1 Aus der Sammlung von Friedhelm Wessel
  2. mit Friedhelm Wessel
  3. 3,0 3,1 3,2 Foto von Friedhelm Wessel 2012
  4. Das Leid der Verschickungskinder - Was geschah in den Kurheimen? | SWR Doku https://www.youtube.com/watch?v=oW24BaiLz8A
  5. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  6. Ein Artikel von Friedhelm Wessel
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 Foto: Günter Habijan