Dreimännereck

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Der Gewerbeoberlehrer Wilhelm Braun verwirklichte seine Idee, drei etwa 1,70 m hohe lebensgroße Skulpturen aus wetterfestem Muschelkalk zu gestalten.

Dreimännereck 1927-1970
Dreimännereck ca 1927 Sammlung Torsten Verhülsdonk.jpg
Bildinfo: Dreimännereck vermutlich im Sommer 1927 [1]
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Eine der wenigen noch erhaltenen Aufnahmen
mit den drei Männern am Glückaufplatz.
Auf dem Foto aus den 1930er Jahren ist
im Hintergrund die Hauptpost zu erkennen.
Die drei Männer vom Heimatmuseum, Foto Gesa Hagen, 2014

Mit der Verbreiterung der Herner Straße um 13 m im Jahre 1927 wurde eine Stützmauer des Bahndammes erforderlich. Die Putzarbeiten konnten im Juli abgeschlossen werden. Dennoch vermittelte dieser Ort ein recht trostloses Bild. Aus diesem Grunde hatte die Deutsche Reichsbahn im Mai 1927 einen Wettbewerb zur Verschönerung der gesamten Bahnanlagen ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt Gewerbeoberlehrer Wilhelm Braun, der seine Idee in die Tat umsetzte, drei etwa 1,70 m hohe lebensgroße Skulpturen aus wetterfestem Muschelkalk zu gestalten: Bergmann, Eisenbahner und Schiffer. Die drei Skulpturen, Symbole der wirtschaftlichen Entwicklung Wanne-Eickels, wurden in der Nacht zum 16. August 1927 an der Ecke Herner Straße/Gelsenkircher Straße [heute: Hauptstraße/Berliner Straße] errichtet. Wenige Tage nach der Aufstellung hatten Volksmund und Presse schon einen Namen gefunden: „Drei Männer-Ecke“. Wie sehen diese Skulpturen aus? Der Bergmann trägt die Grubenlampe in der linken, die Hacke in der rechten Hand. Symbol des Schienenverkehrs ist der Eisenbahner, dargestellt in einem Uniformrock, ein Flügelrad in der rechten Hand haltend. Der Schiffer im Ölanzug mit dem Südwester auf dem Kopf hält die Hand am Prahm. Aber nicht nur das Motiv der Figuren war eng mit der Stadt verknüpft: Modell für die Körper hatte der Student Emil Schrage, später Turnlehrer an der Berufsschule und Schulleiter der Gustav-Adolf-Schule, gestanden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Dreimännereck beschädigt. Nachdem die Deutsche Bundesbahn wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit die Entfernung der beschädigten Skulpturen gefordert hatte, wurden diese am 9. Juni 1970 demontiert, vier Jahre später restauriert und – nach längerer öffentlicher Diskussion – erhielten sie Ende Juni 1974 ihren neuen Platz vor dem Heimat- und Naturkundemuseum Wanne-Eickel an der Unser-Fritz-Straße. Eine erneute Debatte über den Standort beendete die Bezirksvertretung Wanne Anfang 1989 mit dem Beschluss, dass Bergmann, Eisenbahner und Schiffer am Museum bleiben sollen und dass im Bereich des „Dreimännerecks“ eine Seilscheibe zur Erinnerung an den Bergbau errichtet wird.

Nach der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes, heute Heinz-Rühmann-Platz, wurden im August 2003 im Bereich vor dem Hauptbahnhof Repliken der drei Männer errichtet. [2]


Wolfgang Berke

Drei Männer und das Eck

Der Glückaufplatz und seine steinernen Wächter

Es waren einmal ein Bergmann, ein Eisenbahner und ein Binnenschiffer. Nicht leibhaftig, sondern aus Muschelkalk, von einem Berufsschullehrer namens Wilhelm Braun gehauen. Im August 1927 waren sie plötzlich da. Über Nacht wurden sie auf winzige Sockel gehievt, die an eine bogenförmige Mauer gepappt waren. Diese Mauer an der heutigen Ecke Hauptstraße und Berliner Straße wurde nötig, um den höher gelegten Bahndamm abzustützen. Die Figuren selbst hatten keine tragende Funktion. Sie sollten, so erklärte man dem staunenden Volk, nur die hässliche Mauer verschönern.

Etwas klein geraten waren die drei, nur 170 cm groß, weshalb viele Bürger sie anfangs nicht für voll nahmen. Aber sie symbolisierten die drei Säulen der Wanne-Eickeler Wirtschaft, und mit der Zeit gewöhnten sich die Leute an die Kollegen aus Muschelkalk. 43 Jahre lang verharrten Bergmann, Eisenbahner und Binnenschiffer auf ihren winzigen Sockeln. Sprachlos mussten sie mit ansehen, wie der Glückaufplatz ständig sein Gesicht veränderte. Regungslos verharrten sie im Bombenhagel, während alles um sie herum in Schutt und Asche versank.

Ganz ohne Blessuren hatten sie den Zweiten Weltkrieg aber auch nicht überstanden. Abgase und Industrieemissionen gaben ihnen den Rest, und bevor sie zerbröseln oder von ihren Sockeln stürzen konnten, beauftragte das Ordnungsamt im Juni 1970 eine Abbruchfirma mit der Entfernung der Figuren. Die hässliche Mauer war plötzlich noch hässlicher und die Wanne-Eickeler rangen nach Worten, um die kahle Kurve zu benennen, die im Volksmund immerhin 43 Jahre lang „Dreimännereck“ hieß.

Ein paar Jahre lagen die Demontierten auf dem Hof des Bauunternehmens und wären längst zerfallen und vergessen, wenn nicht der damalige Stadtarchivar Rudolf Zienius sie retten und vors Heimatmuseum stellen ließ. Seit fast 30 Jahren stehen sie nun dort und sehen nicht mehr viel von der Welt.

An ihren alten Platz wurde eine Seilscheibe der Zeche Consolidation gepflanzt. Seilscheiben werden immer dann aufgestellt, wenn den Verantwortlichen nichts mehr einfällt. Das ganze Ruhrgebiet ist voll von aufgestellten Seilscheiben. Drei Muschelkalk-Männer aber gibt es nur an der Unser-Fritz-Straße.

Nachtrag im März 2005: Inzwischen stehen die drei Männer wieder mitten im Geschehen. Zwar nicht die Originale, aber immerhin 1:1-Replicas. Und auch nicht an ihrem alten Stammplatz, sondern direkt vor dem Bahnhof. Auf einem kleinen gemeinsamen Sockel – aber immerhin ...




Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors [3]
Der Text wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet. Er stammt aus dem Jahr 2002

Lesen Sie auch

Quellen

  1. Sammlung Torsten Verhülsdonk
  2. Stadtarchiv Herne: Dokumentationsbibliothek: Sammlung Denkmäler Archivbibliothek: "...bey den spätesten Nachkommen in beständig gutem Andenken zu erhalten..."-Denkmäler in Herne und Wanne-Eickel, Manfred Hildebrandt, Der Emscherbrücher Band 14 (2008/09), Seiten 57 bis 77, herausgegeben von der Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel e. V., Herne 2008 Fotosammlung
  3. Aus: Das Buch zur Stadt Wanne-Eickel - Mythen, Kult, Rekorde: Eine Zeitreise durchs Herz des Ruhrgebiets, Seite 54 bis 55

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