Bauten in Herne 1928 II
Dr. Leo Reiners widmete am 9. Januar 1928 im Herner Anzeiger einen zweiten besonderen Artikel über Neubaumaßnahmen in der Stadt Herne für das Jahr 1928.[1]
Herner Anzeiger Anzeiger für das Amt Sodingen Gerther Anzeiger
Zweites Blatt Montag, den 9. Januar 1928 Nr. 9
Neubauvorhaben für das Jahr 1928 in Herne
Weitere interessante Neubauten.
Mit energisch betriebenem Streben geht
„Arbeiterheim“
zum Frühjahr an die Errichtung von sechs dreigeschossigen Wohnhäusern an der Roehenstraße. Es sollen darin 30 Wohnungen mit 93 Zimmern und dem die eigentliche Behaglichkeit ausmachenden Zubehör eingerichtet werden. Die Baustellen sind von den Bauherren aus eigenen Mitteln zum Preise von 30 Mark je Quadratrute erworben. Vorbesitzerin war die Ehefrau E. Moritz in Harpen. Die Pläne hat W Finke ausgestellt.
Architekt Disselkamp hat zwei größere Wohnhausentwürfe in Bearbeitung.- Erwähnenswert ist der von Disselkamp für Dr. jur. Behmer in Börnig, Kirchstraße gebaute, im Oktober 1927 bezogene Neubau mit je zwei Wohnungen zu vier Räumen usw. Der Außenputz kann des eingetretenen Winters wegen erst im nächsten Frühjahr hergestellt werden.
Bauführer Ryken hat, für sich selbst auszuführen, sein 44 Meter Länge messendes Grundstück an der Steinmetzstraße zu bebauen vor. Zuerst soll jedoch das Eckhaus Strünkederstraße 1 völlig umgebaut, höher gezogen und seinem im letzten Jahre errichteten Neubau Nr. 3 der so begrüßenswert in die Baulücke zwischen Nr. 1 und 5, seit 40 Jahren fast häßlich klaffend, gesetzt ist, angepaßt werden. Die zwei oder drei weiteren Baustellen kommen dann im weiteren Verlauf zu Bebauung.— Der vollendete Neubau enthält zwei größere Läden mit Büro= bzw. Arbeitsräumen, eine Wohnung zu sieben und je zwei Wohnungen zu drei und und vier Räumen. Die Außenfront entbehrt nicht kraftvoller Ausdrucksform, lehnt sich damit an gute Vorbilder an, ist eine technisch einwandfreie Leistung. Auch im Innern. Mit Platten bekleidete Wände des Flurs, der Baderäume, der Küchen! Fehlte nur ein Teil der Badeeinrichtungen! — Man hört, daß leider, leider mancher Mieter einer mit Badeeinrichtung versehenen Wohnung dieses unschätzbare Gut dennoch nicht zu würdigen verstünde, daß aus Scheu vor wenig gereifter Behandlung solcher Einrichtungen diese anzulegen allein unterbleibt!— Wenn alle Mieter erst dessen eingedenk sind, daß die Errichtung eines Miethauses letzten Endes ein gut Teil Menschheits wurde bedeutet, nicht allein beruflichem Tun unterworfen ist. der Hauseigentümer neben seinen Sorgen auch Freude erleben möchte, wird jegliches Wohnen und Vermieten zum Genuß. Und man lernt dann auch erst recht den Wert des Schlagwortes schätzen: Bade zu Hause.
Baugeschäft Kemper führt nach Plänen des Architekten Johannmann
an der Bergstraße.
auf dem Eckgrundstück der Einfahrtsstraße zum städtischen Sommerbad (Bauherr Grünhoff) im nächsten Frühjahr einen Neubau mit Putfronten aus, enthaltend je drei Wohnungen zu drei und vier Zimmern. Die Bergstraße weiter aufwärts, zwischen Dawin und Esdar als Nachbarn, wird durch Kemper für den Bauherrn Brüning ein Neubau mit sechs Wohnungen zu je drei Räumen errichtet. Desgleichen Auf der Insel für Joh. Wolko und Jos. Klaus je ein Wohnhaus, das eine mit drei Wohnungen zu vier, das andere mit sechs Wohnungen zu drei Zimmern. In allen Fällen sind den Wohnungen Dachstuben, Dielen oder größere Flure, Baderäume usw. zuzurechnen.
Nach weiteren Erkundigungen beabsichtigt der Deutsch-Evangelische Volksbund seine mit Vollkraft durch die Baugesellschaft Hüls G. m. b. H., Unternehmer W Ungewitter und W. Kreß in Angriff genommenen ersten Neubautengruppen an der Mont=Cenis=Straße in diesem Jahre bereits weiter zu dehnen. Und zwar sind von denselben Architekten Pfeiffer u. Großmann, Mülheim a. d. Ruhr, die Entwürfe für weitere fünf Wohnhäuser dreigeschossiger Bauweise mit je sechs, zusammen 30 Wohnungen eingereicht. 36 Wohnungen werden in den jetzt in Angriff genommenen Häusern eingerichtet. Die Grundstücke sind von Mont=Cenis angekauft.
Architekt Drolshagen hat die Vorentwürfe zur restlichen Bebauung des verfügbaren
Baublocks zwischen Strünkeder-, Bismarck= und Goebenstraße
bis zur Nachbargrenze Halstrick aufgestellt. In gleich elegant kühner Form wird wachsen, aufblühen, was im vergangenen Sommer begonnen wurde. Insgesamt ergeben sich in dem sich auf 133 Meter Front erstreckenden Block noch 56 Wohnungen zu drei und vier Zimmern. Für Gastwirt Franz Jak. Ternicken hat Drolshagen
Ecke Brunnen= und Behrensstraße, mit 48 und 46 Meter Frontlänge eine entsprechend große Eckhausgruppe geplant. Außer einem Bäckerladen werden darin 24 Wohnungen zu drei und zwei Wohnungen zu vier Räumen mit allem erwünschten Zubehör möglich. Die Außenfronten werden verputzt.
Gleicherweise erfreuliches Drängen nach Bauen und Schaffen prägt sich in allen unseren, bei den Herner Architekten und Baugeschäften erfragten Bauvorhaben aus Auch die Herz=Jezu=Kirchengemeinde hat mit festem Willen ihr lange gehegtes Bauprojekt zum
Neubau des Waisenhauses
jetzt so weit gefördert, daß zum Frühjahr bestimmt mit der Ausführung begonnen werden kann. Desgleichen sind von Drolshagen die Pläne zu einer
Vikarie mit Wohnungen für zwei Kapläne angefertigt. Dieser Neubau wird in der Südostecke des Herz=Jesu=Kirchplatzes, gegenüber dem katholischen Ledigenheim, errichtet. Seine Bauform, ein Putzbau wie das Waisenhaus, wird mit schlichtesten Ausdrucksmitteln gehalten sein, dennoch seine eigene Sprache selbstgefühlten Denkens reden.
An
Schaefer-, Stamm- und Wilhelmstraße
sollen nach einem Vorentwurf von Drolshagen drei größere Zweifamilienwohnhäuser mit sechs 5=Zimmer Wohnungen für Walter Jansen errichtet werden.— Was Drolshagen bisher gebaut hat. seine Formensprache, sein Gestalten können, berechtigt zu den besten Erwartungen in den von ihm entworfenen Bauten nach der Ausführung.
Bauunternehmer Ph. Rehkopp, Sodingen, beabsichtigt,
Ecke Schul- und Freiheitstraße
einen Neubau mit 30 Meter Gesamtfront auszuführen. Es wird eine Art Doppelhaus daraus. Die Ecke erhält einen Laden und in beiden Häusern werden acht bis neun Wohnungen zu fünf, vier und drei Zimmern eingerichtet. Zubehör der erwünschten Art wird nicht vergessen.
Bäckermeister Heermann in Börnig plant einen dreistöckigen Neubau an der Giesenbergstraße in
Sodingen,
Ecke Mont=Cenis=Straße, gegenüber der Wirtschaft Möller. Das Grundstück liegt hart an der Herner Stadtgrenze. In nächster Nähe gelegen die noch recht
frei gebliebene Grenzlandschaft die Wohnungsneubauten des Deutsch=Evangelischen Volksbundes.“ Im Erdgeschoß des Eckgebäudes soll eine Konditorei eingerichtet, ein zugehöriges Backhaus anschließend errichtet werden. Dazu ergeben sich vier bis fünf geräumige Wohnungen.— Kaufmann Pflüger und Maschinensteiger Erbe planen Wohnungsneubauten in Sodingen. In Holthausen gedenken Händler Köhler und Bergmann Hundert ihre eigenen Bauplätze zu bebauen, und der Bauverein Sodingen plant die Errichtung einer Reihe von Wohnhausneubauten am Grünen Weg zwischen Mont=Cenis= und Nordstraße. Gastwirt Borgmann der gleichfalls am Grünen Weg einige Bauplätze besitzt, hat die Pläne zu Wohnhausneubauten eingereicht.— Amt Sodingen ist noch Landgemeinde. Die Pläne zu Neubauten müssen nach Münster zur Prüfung und Genehmigung eingereicht werden.— Umständlichkeiten solcher Art dürften nach der Vereinigung mit Herne fortfallen.
Architekt Ernst Meier, der Erbauer des Pottbrock'schen Geschäftsneubaues, hat zwei Entwürfe im Amt Sodingen auszuführen in Auftrag. Der eine betrifft den umfangreichen Umbau eines Eckgebäudes am Denkmalsplatz in Sodingen, der andere einen Geschäfts= und Wohnhausneubau in Holthausen mit Läden im Erdgeschoß und acht Wohnungen in vier Obergeschossen.
Architekt Meier, dessen erste Bauausführung an der Bahnhofstraße berechtigt angenehmes Aufsehen erregt hatl, wird, gleichfalls an der
Bahnhofstraße.
auftragsgemäß drei umfangreiche Geschäftshausumbauten ausführen. Ein Geschäftshaus Neubau Nähe der Bahnhofstraße, in einer verkehrsreichen Querstraße, wird sich anschließen. Sodann werden unter Meiers Leitung an Horsthauser und Bergstraße je ein Wohnhaus für acht und an der Marienstraße ein Wohnhaus für vier Familien ausgeführt. In allen Fällen werden die in den Wohnungen anzulegenden Baderäume mit vollständiger Badeeinrichtung versehen.
Bauunternehmer Jöllendeck hat die Pläne zu einem Doppelwohnhause an der
Huestraße
eingereicht. In dem viergeschossigen Bau werden 16 Wohnungen zu drei und vier Räumen mit Dachstuben, Baderäumen usw. angelegt.
Zauunternehmer Köhler hat für private Bauherren in
Herne-Süd
drei Wohnhausneubauten projektiert und eingereicht. In vier Vollgeschossen des einen der Neubauten sind vier Wohnungen zu je vier Räumen usw., in den beiden anderen Häusern sind zusammen 16 Wohnungen zu je drei Räumen, alle mit dem nötigen Zubehör, anzulegen vorgesehen.
Von allen Seiten hört man von weiteren Neu- und Umbauvorhaben. Das Drängen nach Betätigung des einen, die Wohnungsnot der Allgemeinheit sind die treibende Kraft. Aber die Schwierigkeit der
Geldbeschaffung.
der hohe Zinsfuß der im freien Verkehr zu beschaffenden Baugelder, die Tatsache anderweitiger Verfügung eines großen Teiles der Millionen aus dem Hauszinssteueraufkommen und die Besoldung des Beamtendienstes zur Durchführung des Hauszinssteuergesetzes sind ein vielfacher Astverhau, den zu beseitigen nur die gesunde Titanenkraft eines gesunden Volkskörpers gelingt. Frisch=fröhliches Drauf zu eines wagenden Baukünstertums ist wohl ein gut Teil dieser Kraft. Es ist jedoch auch das Arbeitstier, dessen Leistung und Ernährung zur Beseitigung aller Astverhaue auf dem Wege nach Aufwärts miteinander einklingen müssen.
ist das Bauhandwerk, ist der Bauherrenstand, ist das gesamte Bürgertum, ist das in allen seinen Einzelgliedern immer noch zu gesundende deutsche Volk.
Deshalb sind werdende Wirklichkeiten einstweilen noch schwer zu erkämpfen, und der Starke leidet mit dem Schwachen. Und wenn auch die neuesten Nachrichten vom Kapitalmarkt ermunternd sind, spielen eine große Hauptrolle die durch das städtische Hochbauamt zu verteilenden, ihm zugewiesenen Geldbeträge aus der Hauszinssteuer, so müssen die beiderlei Gelder erst einmal flüssig sein, die Besserung muß sicher gegründet erscheinen. Dann dürfen wir in Herne ähnlich erfolgreichem Bauschaffen entgegensehen, wie es das Jahr 1927 gebracht hat.
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