Kommunales Kino in Eickel

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Kommunales Kino in Eickel – das erste seiner Art

Bereits fünfzehn Jahre nach der Entwicklung der ersten Kinematographen-Apparate wurde am 01. Dezember 1912 in Eickel ein Kommunales Kino eröffnet, wahrscheinlich das erste seiner Art. Nach dem „Eickeler Modell“ wurden im Deutschen Reich noch zahlreiche Gemeindelichtspielhäuser eingerichtet. Das auf Initiative des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann im Dezember 1971 eröffnete Kommunale Kino Frankfurt war also nicht – wie zahlreiche deutsche Journalisten seinerzeits glaubten – Deutschlands erstes kommunale Kino.

Amtmann Karl Berkermann aus dem damals etwa 35.000 Menschen zählenden Eickel war knapp sechzig Jahre schneller. Für die Einrichtung des Kinos wurde der sogenannte Garthmannsche Saal am Eickeler Markt 12 a für 30.000 Mark gekauft. Erforderliche Umbauarbeiten und der Einbau einer Bühne schlugen mit insgesamt 70.000 Mark zu Buche.

Da das kommunale Kino vor allem zur Volksbildung eingesetzt werden sollte, wurde zur Eröffnung der Film „Mütter verzaget nicht“, gefördert von der „Hauptstelle für Mütter- und Säuglingsfürsorge in Groß-Berlin“, gezeigt. Die erste Spielsaison lief bis April 1913. Täglich wurden von 16.00 bis 23.00 Uhr in jeweils drei Vorstellungen Filme gezeigt. Ab Mitte April 1913 wurde nur dreimal wöchentlich aufgeführt und zwar von Samstag bis Montag.

Die Zeiten änderten sich und mit ihnen die Filmtitel: Als der „Balkankrieg in seiner letzten Phase“ gelaufen war, wurde der Saal geräumt für einen „frohen Kunst-Abend mit heiteren und ernsten Kriegsweisen.“ Fortan bestimmten Theateraufführungen, Vereinsversammlungen und Kaiser-Geburtstagsfeiern das Programm. Der Anfang vom Ende des ersten kommunalen Kinos war gekommen. Ende der 1920er Jahre war die endgültige Kommerzialisierung abgeschlossen.

An gleicher Stelle fand sich später das Lichtspielhaus „Atrium“.

Friedhelm Wessel [1]

„Wer stundenlang im dunklen, rauchigen und dunstigen Saale sitzt, gefährdet dadurch die Gesundheit, verdirbt die Augen und es macht ihn nervös“ – so sahen es jedenfalls etliche Volksvertreter, die das Thema Kino einst ausführlich diskutierten.

Unter den Befürwortern und Förderern der neuen Kunst, die auch im Ruhrgebiet immer mehr Anhänger fand, war der Eickeler Amtmann Berkermann. Er schlug 1912 den Vertretern des Landgemeindetages vor, eine kommunale, von der Gemeinde beaufsichtigte und geführte Spielstätte einzurichten, denn er hatte erkannt, dass der Siegeszug der bewegten Bilder seinen Lauf genommen hatte. Im Sommer 1912 setzte der Landgemeindetag in Münster daher eine entsprechende Kommission ein, der neben Prof. Dr. Sellman aus Hagen und Landrat Luckhaus aus Hörde auch der Eickeler Amtmann Berkermann angehörte. Berkermann hatte sich Film- und Jugendschutzexperte im Ruhrgebiet einen guten Ruf erworben.

Die hochrangige Expertengruppe setzte sich dafür ein, dass nicht nur „Bilder aus dem schönen Vaterlande“, sondern auch aus den Bereichen Marine, Sport und Militär über die Leinwände der Lichtspielhäuser liefen. Um dies zu verwirklichen, schlugen Berkermann, Sellmann und Luckhaus dem Landgemeindetag vor, entsprechende Steuern zu erheben. Der Eickeler Amtmann plante in seiner Gemeinde die Erhebung einer Lustbarkeitssteuer von 20 Mark pro Tag, die Kinobetreiber entrichten sollte. „Das bringt auch Geld in die Gemeindekassen,“ erklärte Berkermann damals den Vertretern der deutschen Landgemeinden. Wenige Monate später trafen sich in einem Eickeler Lichtspielhaus 400 Honoratioren aus der Region zum ersten „kinematografischen Instruktionskursus der Filmes im Ruhrgebiet“. Aus dem Protokoll geht hervor, dass Landräte und Kreishäuser aufgefordert werden sollten, königliche Film-Archive einzurichten.

Berkermann, der seiner Zeit weit voraus war, konnte am 1. Dezember 1912 in Eickel das erste kommunale Kino Deutschlands einrichten. Gezeigt wurde im ehemaligen Gartmann’schen Saal, dem Saal einer damals beliebten Dorfkneipe an diesem Tag der Film „Mütter, verzaget nicht” (1911).

Es dauerte nicht lange, bis die Eickeler in ihr kinematografisches Theater strömten, das der Gemeinde unterstellt war. Hier wurden nur bewegte Bilder gezeigt, die der Obrigkeit zusagten. Man achtete streng auf Sitte und Moral. So entbrannte selbst unter den Filmexperten, die an dem Instruktionskurs, in dem unter anderem der Umgang mit den Vorführgeräten erläutert wurden, teilnahmen, 1912 eine heftige Kontroverse, ob der in Eickel gezeigte Film mit dem sonderbaren Titel „Schicksal eines Vaters” Kunst oder Kitsch sei. Einigkeit wurde hier jedenfalls nicht erzielt. [2]

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Quellen

Stadtarchiv Herne:

Dokumentationsbibliothek: Sammlung Kommunales Kino Eickel

Archivbibliothek: "Volksbildung per Kino", Manfred Hildebrandt, Bürgerillustrierte der Stadt Herne Unsere Stadt, herausgegeben vom Oberstadtdirektor durch das Presse- und Informationsamt der Stadt Herne, 1986

Zeitungsarchiv: Ruhr-Nachrichten vom 19. Februar 1972; WAZ vom 30. Dezember 1995

Fotosammlung

  1. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  2. Ein Artikel von Friedhelm Wessel