Aus der Geschichte der Bahnhofstraße V

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Originaltext und Bild aus dem Herner Anzeiger vom 23. November 1935. Abgeschrieben und mit neuen Absätzen und Überschriften versehen von Andreas Janik.

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Der Herner Bahnhof vor 30 Jahren (um 1904)

Aus der Geschichte der Bahnhofstrasse

Entstehung, Entwicklung und Bedeutung des Bahnhofs Herne.

V.

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Von der Von-der-Heydt-Straße ab ist 1840 die Begradigung der Bahnhofstraße vorgenommen worden. Vorher gab es hier kein Haus. ansiedelungen erfolgten erst an der neuen Landstraße, also nach 1840. Das erste bebaute Grundstück lag an der nördlichen Ecke der Grabenstraße. Es gehörte ursprünglich zu der Flur "In der Koppenburg", die sich östlich der alten Landstraße von der Mühlenstraße bis zur Dornstraße hinzog. Besitzer der Koppenburg war das Haus Strünkede. Im Jahre 1811 fiel es der Zwangsversteigerung zum Opfer und wurde (eingeteilt in die Parzellen 1-13) von einer Reihe Herner Kötter angekauft. Die Parzelle 13 (2 Morgen 113 Ruten 50 Fuß groß) erwarb der Landwirt Joh. Henr. Gruthoff gt. Vortmann für 2500 Taler. Später ging sie in den Besitz des Landwirts Freidr. Wilh. Cremer über. 1877 gehörte das Grundstück seinem sohne, dem Arzte Dr. med Ludwig Cremer. Bebaut war es mit zwei Häusern. Das eine lag da, wo sich heute neben Cafe Stracke der große Geschäfts= und Wohnhausbau (früher Schreiber & Cie.) erhebt, das zweite an der Grabenstraße und zwar so, daß die Cafeecke ein freier Hofraum blieb. Das erste Haus (Bahnhofstraße 81) erwarb 1893 der Händler (später Wirt) Heinrich Leushacke, 1899 ging es in den besitz des Auktionators Friedrich Köster und des Landwirts Karl Schulte=Nölle über. 1912 wurde der Architekt Heinrich Dickhoff Eigentümer. Dieser errichtete im gleichen Jahre den jetzigen großen Geschäfts= und Wohnhausbau. Heute gehört das Haus seiner Witwe. Das andere Haus (Bahnhofstraße 81a) ging 1894 in den Besitz des Konditors Hrch Uedemann über, der 1895 den jetzigen Neubau errichten ließ. 1919 erwarb diesen der Konditor Theodor Stracke, der das Haus 1929 im Erdgeschoß umbauen ließ.

Auf das Cremersche Grundstück folgte das von Sassenhoff. Es bildete ein Teil der Parzelle 12 der ehemals Strünkedeschen Flur "In der Koppenburg". Diese Aprzelle hatte der Landwirt Jasper vom Steinweg erworben. Von dem Schwiegersohn Hochstrate gt. Jasper kaufte der Schmied Wilh. Sassenhoff im Jahre 1851 73 Ruten 60 Fuß für 200 Taler und 1863 von den erben nochmals 54 Ruten 40 Fuß für 843 Taler. Das von ihm darauf erbaute Wohnhaus hatte noch zwei Nebengebäude, die später durch einen hroßen Hinterbau ersetzt wurden. Im Jahre 1881 wurde der Schmied Georg Fr. W. Sassenhoff Eigentümer, 1914 sein Sohn, der Kaufmann Otto Sassenhoff. Im Jahre 1925 erfolgte ein Umbau des heute immer noch zweistöckigen Wohnhauses, und 1929 wurden Werkstatt und Lagerhaus abgebrochen. Es wurde ein neues Lagergebäude errichtet, vor allem aber wurden an der Straße neben dem alten sassenhoffschen hause einstöckige Ladenbauten errichtet. Vor dem Kriege war bereits die Lücke zum Nebengrundstück hin mit einem großen Geschäftshaus (zuletzt Eickmann) gefüllt worden.

sem Sassenhoffschen Besitz nördlich benachtbart war der von GRIMBERG (heute Fischbratstube). Das Grundstück hatte zur Parzelle 11 der Flur "In der Koppenburg" gehört, die Schlenkhoff gt. Dux erworben hatte. Im Jahre 1849 kaufte der Schreiner Heinrich FUNKENBERG das Grundstück und erbaute darauf ein Haus, das im Jahre 1851 auf seinen Sohn Ludwig überging. Dann erwarb es 1854 der Zimmermann und spätere Gastwirt Heinrich Funkenberg. In den Jahren 1870-86 wurde es durch ein größeren Neubau ersetzt, das jetzt noch stehende zweistöckige Haus, das 1826 noch einen Vorbau im Erdgeschoß erhalten hat. Inzwischen 1885 war es in den Besitz des Metzgers Franz Grimberg und 1901 auf Franz Grimberg jr. übergegangen; noch heute besitzen es die Geschwister Grimberg.

Der Bahnhof Herne-Bochum

Was nun folgt, ist das Bahnhofsgelände. Wie es früher aussah, als die Schienen noch ebenerdig lagen, wissen die ältesten Herner alle noch, denn der neue Bahnhof und die Höherlegung des Bahnkörpers stammen erst aus den Kriegsjahren. Sich der ersten Zeiten des Herner Bahnhofes zu erinnern, ist nicht nur recht interessant, sondern auch durchaus berechtigt, da das alte Herne seinen ersten Aufschwung nicht dem Bergbau, sondern der Eisenbahn verdankt. Am 7. Dezember 1835 (also vor genau 100 Jahren und nur 12 Jahre vor der Köln=Mindener Linie) war die erste deutsche Eisenbahnlinie, die "Ludwigs=Eisenbahn" von Nürnberg nach Führt, eröffnet worden. Zu dieser Zeit jatten aber bereits einsichtsvolle und weitblickende Männer im Ruhrgebiet erkannt, welch große Bedeutung dieses Verkehrsmittel für Industrie und Vaterland auch in unserem Gebiet haben müsse. Schon 1825 hatte Fritz Harkort in der westfälischen Zeitschrift "Hermann" sichn in einem srtikel "Eisenbahnen (Railroads)" mit den Vorteilen der Eisenbahn beschäftigt, im Ruhrtal waren dann mehrere Pferdebahnen zum Kohlentransport angelegt worden, die erste Eisenbahn des Ruhrgebiets und wohl Deutschlands überhaupt.

Vorarbeiten

Mit Verwunderung erfährt man, daß schon 1828 der geheime Finanzrat und Steuerdirektor Krüger eine Eisenbahn von Rehme bei Minden über Bielfeld nach Lippstadt vorschlug und der Geheime Regierungsrat Koppe sogar einen Entwurf aufstellte, wonach die Linie von Rehme über Hamm nach Ruhrort geführt werden sollte. Man wollte so, da Holland wegen der Rheinmündung Zollschwierigkeiten machte, eine Verbindung vom Rhein über das Industriegebiet zur weser und Nordsee und umgekehrt herstellen. In dem am 12.Dezember 1831 zusammengetretenen Westfälischen Landtag legte Harkort den Antrag für eine Eisenbahn von der Weser (Minden) zur Lippe (Lippstadt) vor. [1] Die Lippe sollte den Verkehr zum Rhein, die Weser den zur Nordsee vermitteln. Es ging auch eine entsprechende Bitte an den König, aber erst nach 1 1/2 Jahren, am 22. Juli 1832, kam die antwort, die ein augenblickliches Bedürfnis für eine solche Bahn nicht anerkannte und die Interessen auf den Weg der Privatinitiative verwies. Trotzdem diese Beurteilung des Projektes nicht kreditfördernd war, bildete sich im November 1832 in Minden ein "Komitee zur Eisenbahnanlage zwischen Rhein und Weser", das die Linienführung statt über Lippstadt über Hamm empfahl. Fritz Harkort setzte sich auch weiter publizistisch für die Bahn ein. Hauptsächlich wurde jetzt die Linienführung Minden-Bielefeld-Witten-Elberfeld-Köln verfolt, um auch die Kleineisen- und Textilgebiete zu erfassen und zugleich dem von Elberfeld aus verfolgten Projekt einer Linie Elberfeld-Witten, die die Fortsetzung der von Düsseldorfer und Elberfelder Kreisen angestrebten Linie Düsseldorf-Elberfeld bilden sollte, den Boden zu entziehen. Da der damalige Kronprinz, nachmaliger König Friedrich Wilhelm IV. inzwischen von Harkort für die Rhein=Weser=Linie interessiert worden war, wurde die Elberfeld=Wittener Gesellschaft tatsächlich durch Kabinettsorder vom 29. Januar 1837 im Interesse des größeren Planes aufgelöst. Aber die Rhein=Weser=Eisenbahngesellschaft kam auch nicht zum Erfolg. Die Beschaffung der notwendigen erheblichen Gelder gelang ihr nicht, und so mußte die Generalversammlung im Mai 1839 die Einstellung aller Arbeiten beschließen. Der Plan wurde indes von anderer Stelle neu aufgegriffen.

Weiterer Streit um Linienführung

Hansemanns "Rheinische Eisenbahn" ließ sich am 22. Januar 1841 die Konzession für die Köln=Mindener Linie erteilen, die Linienführung durch das Wuppertal wurde jedoch fallen gelassen und die Führung der Linie über Duisburg und durch das Emschertal projektiert. Die Rheinische Bahn kam aber, zumal sich jetzt die Elberfelder Opposition mächtig regte, mit der Köln=Mindener Bahn über Duisburg auch nicht weiter. Die Regierung hatte zwar die staatliche Unterstützung zugesagt, aber daran die Bedingung geknüpft, daß das Geld nur für die Köln=Mindener Bahn verwertet werden dürfe und diese finanziell selbständig betrieben weren müsse.

Das lehnte die Generalversammlung ab. Aus der Mitte der Aktionäre aber bildete sich eine neue Gesellschaft, die sich 1843 mit einem ebenfalls die Köln-Mindener Konzession anstrebenden Komitee in Düsseldorf zur Köln=Mindener Eisenbahngesellschaft vereinigte. Von dem Aktienkapital dieser Gesellschaft zeichnete der Staat ein Siebentel.

Aber aufs neue erhob sich Opposition. Diesmal ging die hauptsächlich von Essen und Bochum aus. Diese Städte bemühten sich, eine Linienführung statt durch das Emschertal über Essen, Wattenscheid, Bochum, Langendreer nach Dortmund durchzusetzten. Aber alle Bitten, Eingaben, finanziellen Angebote waren umsonst, am 9. März 1845 fiel

die Entscheidung des Königs zugunsten der Emscherlinie.

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Einzelnachweise