Aus der Geschichte der Bahnhofstraße XIII

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Von Leo Reiners

Aus der Geschichte der Bahnhofstraße

XIII. Schluß

Das der alten Schule folgende Haus

Bahnhofstraße 14

(Modehaus Josef) soll trotz seines Alters schon das dritte an dieser Stelle sein. Bestätigende Unterlagen sind dafür nicht vorhanden, nur die Katasterkarten verzeichnen diese Dreiheit. Bei der ersten Erwähnung einer Bebauung im Grundbuch im Jahre 1878 ist schon das jetzt noch vorhandene Haus da. Es steht auf einem Teil des Grundstücks, das der evangelischen Kirchengemeinde gehörte. Dieser Teil wurde im Jahre 1878 als Hofraum mit Wohnhaus für den Kaufmann Georg Kaldewey aufgelassen. Gekauft war er am 18. Dezember 1869 für 812 Taler. Demnach müsste zwischen 1869 und 1877, wo das jetzige Hauptgebäude im Stückvermessungsriss erscheint, dreimal an derselben Stelle ein Haus erbaut worden sein. Das erscheint sehr unwahrscheinlich. Trügen also die Karten? Den Kaldewey, die auf dem Steinweg einen Kotten hatten, gehörte auch von alters her ein vom Hofraum des Hauses Bahnhofstraße 14 aus zur Marienstraße gehender Streifen Gartenland, der später aufgeteilt wurde und heute noch Zufahrtsweg von der Marienstraße (überbaute Toreinfahrt) aus für Fahnhenstich u.a. ist. Im Jahre 1886/87 entstand ein Backhaus an dem Wohnhaus, ferner entstanden Pferdeställe. Kaldewey verkaufte aber schon 1888 das Besitztum an den Photographen Friedrich Eichholz, worauf ein Atelier entstand und das Backhaus zum Anbau wurde. Im Jahre 1909 ging das Eigentum auf die Witwe Karl Friedrich Scheller gt. Eichholz über. Der Anteil des letzteren wurde 1923 für den Kaufmann Isidor Israel aufgelassen, der Anteil der Frau Scheller folgte 1928.

Bahnhofstraße 12

Das Eckhaus zur Mont-Cenis-Straße ist 1877 von dem Wirt Karl Siekmeier erbaut worden. Das Grundstück kaufte er Anfang 1877 von der evgl. Kirchengemeinde. Im Jahre 1896 wurde das Haus einem Um= und Erweiterungsbau unterzogen. Durch erbschaft kam es 1901 an den Kaufmann Karl Siekmeier, 1921 wurde es an den Kaufmann Heinrich Güthaus aufgelassen.

Der Einfachheit halber wollen wir gleich das Nachbarhaus Walkenhorst,

Mont-Cenis-Straße 1,

hinzunehmen. Der Bauplatz wurde 1876 aus dem grundstück der evangelischen Kirchengemeinde von dem Steuerexekutor Wilhelm Walkenhorst erworben und bebaut, später wurde Backhaus und Stallanbau hinzugefügt, ferner zwei Werkstattbauten. Im Jahre 1912 erbete der Uhrmacher Fritz Walkenhorst das Besitztum.

Die gegenüberliegenden Häuser

Mont-Cenis-Straße 2 und 4

hat der Bauunternehmer Heinrich Dickhoff erbaut. Er kaufte 1876 den Bauplatz von der evangelischen Kirchengemeinde, errichtete darauf die beiden Wohnhäuser und verkaufte 1892 das erste an den Agenten Ewald Wienert, das andere an den Lehrer (jetzt Rektor a.D.) Joseph Knust.

Auf der Bahnhofstraße ist 1877 (unter Freilassung des Eckgrundstückes) auch schon das Haus

Bahnhofstraße 10a

(Wirtschaft Köster) dagewesen. Es ist ebenfalls von Bauunternehmer Dickhoff gebaut, der 1876 das Grundstück von der evangelischen Kirchengemeinde kaufte und mit einem Wohnhaus bebaute. Nachdem es 1899 umgebaut worden war, ging es 1905 als Wirts- und Geschäftshaus mit Saal auf die Eheleute Wirt Wilh. Buschmann und Anna geb, Cleves über, 1907 auf die Eheleute Wirt Heinrich Nordmann und Lisette geb.Flasche, 1909 an den Techniker Hrch. Buschtöns jr. Bei der Versteigerung 1910 erwarb es der Wirt Johann Köster. [Anmerkung der Redaktion: Dieses Haus ist mit der Nr 8 das einzige durch Kriegseinwirkungen zerstörte Haus auf der ganzen Bahnhofstraße gewesen. Der Neubau erfolgte ab 15. Juli 1954][1] Das kleine zweistöckige Nachbarhaus

Bahnhofstraße 10

(Rotschild) ist erst 1889/90 erbaut, dagegen ist das Haus

Bahnhofstraße 8a

(Barten) zur gleichen Zeit entstanden wie Nr. 10a. Im Jahre 1876 erwarb der Landwirt Friedrich Höltering gt. Bergelmann den Bauplatz von der evangelischen Kirchengemeinde und erbaute darauf das Haus mit Stall und Werkstatt. Im Jahre 1898 erfolgte der Um- und Aufbau zu dem heutigen Gebäude, 1910 wurde der Rentner Hrch. Höltering gt. Bergelmann, die Witwe des Landwirts Lehrhofe, Catharina Lisette geb. Höltering, in Gelsenkirchen-Hessler und der Kaufmann Ludwig Heinrich Grümer Eigentümer. Von diesen ging das Besitztum 1925 auf die Kaufleute Hermann und Fritz Barten über. [Vgl. 10a]

Bahnhofstraße 6

Das letzte Haus, die Ecke Bahnhofstraße und Steinweg, ist nach Erwerb des Grundstücks aus dem Besitz der evangelischen Kirchengemeinde im Jahre 1876 von dem Kaufmann Heinrich Grümer erbaut worden. 1898 wurde es durch Um- und Aufbau in die jetzige Gestalt gebracht, 1904 an den Eisenhändler Heinrich Grümer jr. Aufgelassen und 1919 an den Kaufmann Walter Jansen verkauft. Bemerkenswert ist noch, dass zum Bau des Hauses der Reichsgraf Otto von Westerholt-Gysenberg zu Westerholt in den Jahren 1875 und 1876 insgesamt 28 500 Mark Darlehn gab.

Zusammenfassung

Damit ist die über erwarten ausgedehnt gewordene Untersuchung über die Entwicklung der Bahnhofstraße von der Chaussee zur Haupt-Verkehrs- und Geschäftsstraße Hernes abgeschlossen. Blicken wir noch einmal zurück, so ergibt sich folgendes Bild:

Zur Zeit der ersten Katasteraufnahme im Jahre 1823 gab es auf der ganzen Bahnhofstraße vom Steinweg bis zur Baukauer Grenze an der Dornstraße (und darüber hinaus) kein einziges Haus. Etwas abseits der Chaussee lag nur die Ölmühle von Funkenberg Vor Eröffnung der Eisenbahnstation Herne im Jahre 1847 waren entstanden: der Hof mit Brauerei, Brennerei und Wirtschaft Hochstate gt. Jasper (Cremers Hof), Boos an der Kirchhofstraße sowie das in Erbpacht an Lackmann und Weithe gegebene Doppelhaus im Norden (heute Bahnhofstraße 109 und 111 gegenüber Schmitz). Auf der ganzen östlichen seite der Bahnhofstraße stand zu deiser Zeit nur das Schlündersche Haus (heute Fahrdamm der Fabrikstraße).

Nach der Entstehung der Bahnstation 1847 begann eine stärkere Ansiedelung. Dabei zeigen sich zwei hauptsächliche Ansiedelungsstellen. Zunächst reiht sich auf der westlichen Bahnhofseite vom Dorf aus ein Haus ans andere; ein weiteres Haus von Boos (heute Rosebräu) entsteht, die Brüder Reppekus bauen sich 1847 die Nachbarhäuser (Eicmann und fehlenberg), weinberg siedelt sich 1853 daneben an, nachdem Mäder (jetzt Rindskopf) schon 1850 gebaut hat, 1857 folgt Bäcker Kaiser (Fahrdamm der Behrensstraße). Ein weiterer kleiner ansiedelungskomplex entsteht um 1857 an der Von-der-Heydt-Straße (Wirtschaft Osthold und Flake mit kath. Notkirche und schule). In der Bahnhofsnähe siedeln sich an: Dr. Cremer (Stracke), Sassenhoff (1851) und Funkenberg (Fischbratstube, 1849). An der Bahnhofsplatzecke entsteht 1849 Kaiser (Utsch), 1850 westlich davon Scheve (Später Dickhoff, heute Schalterraum des neuen Bahnhofs). Die Braunschen Häuschen (jetzt Tankstelle an der Steinmetzstraße) werden 1853 gebaut, Witschaft Matscheke und Nebenhaus Brune 1857. Die östliche Seite der Bahnhofstraße bleibt auffallenderweise vom Dorf bis zum Bahnhof weiter unbebaut. Nur an der Ecke Marienstraße baut sich Klüsener 1849 ein Haus. Am Bahnhof siedeln sich an: 1852 Alstede (heute Baulücke an der Tanzschule Diel), 1857 v. Berneck (Bahnhofstraße 116) und Hoeh (Bahnhofstraße 114, heute Neubau Wehling).

In der Zeit zwischen 1860 und 1870 folgen in Fortsetzung der oberen Reihe auf der westlichen Seite: 1866 Rochol (Sinn) und 1866 Alte Apotheke; am Bahnhof enstehen die Häuser Beckstraße 6 (neben dem Spielplatz, 1865) und 20 (Herzog, in der Ecke, 1866), Tölle (Bahnhofstraße 115, 1864), Funkenberg (Ecke Manteuffelstraße, 1870), auf der anderen seite Schlenkhoff, Funkenberg (Hotel Schmitz, 1862), Gasthof Tappertzhofen (altes Hotel Schmitz, 1865), Meinhardt (Göbel), Mahr (1865), Wietelmann (Ecke Dammstraße, 1865), Köster (Ecke Vinckestraße, 1865), weusthoff (Fischer), Schauburg (1867), Krein (1868), Bock (Uhren-Schlenkhoff, 1867), Rektoratschule (1869), Fahnenstich (1869), Kath. Schule (Wahl-Brück, 1865) und Modehaus Joseph (1870). Es ist also zwar jetzt auf der östlichen Straßenseite zu einer gewissen Bebauung gekommen, aber noch ist sie sehr vereinzelt.

Da setzt nach dem Kriege 1870/71 das große Gründungsfieber ein. Zwischen Cremers Hof und Kirchhofstraße wird 1874 die Lücke mit 3 Häusern zugebaut, neben der Alten Apotheke entsteht 1871 das Haus Noethe (Eisenstein), nach einer Lücke an der Franz-Selbte-Straße folgt 1874 Schluckebier und Dellbrügger, 1870 Stein und Deilmann (Neuer Apotheke), jenseits der Von-der-Heydt-Straße Metzkes (Freese) und Wagner (Woolworth).

Auf der östlichen Seite ist in dieser Zeit der stärkste Anteil an der Bebauung festzustellen. An der Dornstraße baut 1877 Neweling, 1874 sind schon Bornträger (Nr. 130) und Norpoth (Ecke Friedrichstraße) entanden, um 1871 baut Meinhardt die Post, Kaiser baut 1877 an der Ecke Vinckestraße (Leuschner), Seifert (Berns, Sayn & Hüls) baut 1878, Pottbrock (Nr. 74) 1878, Hotel Schlenkhoff ensteht 1876, Meimberg 1874, Lauten (Württemberische Metallwaren) 1874, Sickel (Schaeferstraße 1) 1872, Wirtschaft Rolofs (westfalenschänke) 1871, Bonifatiuskirche 1872/74, Stemberg 1875, düssing 1875, Hintzpeter (Stiegeler) 1874, Voß (Wollstein) 1871, Weinberg (Schray) 1876, Köller 1875, Pitsch 1875, Siekmeyer (Ecke Mont=Cenis=Straße) 1877, Wirtschaft Köster 1877, Barten 1876, Grümer (Jansen) 1876.
So hat sich bis zur zwiten Katasteraufnahme im Jahre 1877 das Bild der Bahnhofstraße schon wesentlich geschlossener gestaltet. Auf der Westseite gibt es nur an der Franz-Selbte-Straße (Wißmann und Niehage) besondere Lücken, auf der Ostseite dagegen sind sie zahlreicher. Es fehlen z.B. Knaden, Wirtschaft zum Jobst, zwischen Schauburg und Hotel Schlenkhoff die Häuser Greve, Papencordt und Hasse (Lugge), weiter die Häuser zwischen Krein und "Würtembergische" und von dort bis Cafe Funke einschl. Trotzdem sah die alte Landstraße wie eine zusammenhängende Häuserzeile aus. Das bestätigt auch Pastor Dransfeld, der 1875 schreibt: "Die ganze Chausseestraße vom Dorfe bis zu dem 10 Minuten davon entfernten Bahnhofe, dann weiter bis ungefähr bei Strünkede, bildet eine fast ununterbrochene fortgehende Häuserreihe, von der sich bereits viele Nebenstraßen abzweigen.".
Auf diese Nebenstraßen werden wir in den nächstfolgenden Artikeln eingehen. [2]

Dr. Leo Reiners

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Quellen

  1. Herne - unsere Stadt - Juli 1964 S. 20
  2. Leo Reiners 15. Februar 1936 Herner Anzeiger