Hernes Friedhöfe aus einem Jahrtausend
Karl Brandt widmete am 5. Mai 1936 in der Herner Zeitung einen besonderen Artikel über die alten Herner Friedhöfe und besonders seine Ergebnisse der Untersuchung des alten Dorffriedhofes in Herne-Mitte.[1]
Hernes Friedhöfe aus einem Jahrtausend
Ergebnisse der Ausgrabungen auf dem Altmarkt
Der älteste geschichtliche Friedhof
Auch die Friedhöfe unserer Stadt haben eine lange Vergangenheit. Ihre Geschichte ist so interessant, dass wir sie einmal verfolgen wollen. Bis zum Jahre 1905 wurden die Verstorbenen auf Friedhöfen beigesetzt, die den Kirchengemeinden gehörten. Der älteste kirchengemeindliche Friedhof lag um die alte Kirche auf dem jetzigen Altmarkt. Er wurde von frühchristlicher (!) Zeit bis 1850 benutzt. Die Evgl. Kirchengemeinde legte 1841 einen neuen Friedhof zwischen Kirchhof= und Behrensstraße an. Erworben wurde das Grundstück in der Größe von 2 Morgen 56 Ruten von den Bauern Bergelmann, dessen Hofreste noch heute am neuen Amtsgericht stehen. Die Flur wurde von altersher „Auf dem Dennenkamp“ genannt. Das Grundstück kostete 600 Taler. Auf diesem Friedhof wurde als erster Herner der Papiermachergeselle Diedrich Heinrich Lanfermann bestattet. Im Jahre 1875 war dieser Friedhof belegt und man kaufte ein weiteres Stück an der Behrensstraße hinzu. Es war ein Morgen, 16 Ruten und 42 Fuß großes Gelände und kostete 1187 Taler 15 Silbergroschen und 6 Pfennige. Dieser Friedhof wurde seit 1883 nicht mehr benutzt. Nur die Besitzer von Erbgruften bestatten bis heute dort ihre Verstorbenen.
Nach Belegung des 1883 aufgegebenen Friedhofes legte die Evangl. Kirchengemeinde einen zweiten Friedhof an der Kirchhofstraße an, der heute an der Ecke Hermann-Göring= und Friedhofstraße liegt. Dieser Friedhof war entsprechend der sehr stark gewachsenen Bevölkerungszahl schneller belegt: schon 1905 fanden nur Bestattungen in Erbgruften statt. Die Kath. Kirchengemeinde legte ihren ersten Friedhof an der Marienstraße an und zwar im Jahre 1865. Dieser Begräbnisplatz bot jedoch keine Erweiterungsmöglichkeit und wurde daher im Jahre 1891 geschlossen. Nun wurde ein zweiter Friedhof an der Mont=Cenis-Straße angelegt, der sich aber bald als zu klein erwies. Er wurde im Jahre 1907 geschlossen. Nur die Erbgruften werden weiter belegt.
Von nun an übernahm die Stadt die Friedhöfe und im Herbst des Jahres 1904 wurde ein kommunaler Friedhof an der Wiescherstraße angelegt. Die erste Bestattung fand am 1. August 1905 statt. Als nun die bis dahin selbständigen Gemeinden Baukau und Horsthausen, sowie später noch Sodingen, Börnig und Holthausen eingemeindet wurden, übernahm auch die Stadt Herne auch deren Friedhöfe.
Das wäre in kurzen Zügen einiges aus der Geschichte der Friedhöfe in den letzten 100 Jahren. Wir kommen nun zum ältesten geschichtlichen Friedhof auf dem Altmarkt der nachweislich über 1000 Jahre belegt worden ist!
Über tausend Jahre haben die Altherner ihre Toten auf einem einzigen Friedhofe bestattet. Über tausend Jahre hat das Fleckchen Heimaterde unsagbaren Schmerz gesehen. Jahrhundertelang fanden hier die Altherner ihre letzte Ruhestätte. Über tausend Jahre Erfüllung und Leid hat dieser Platz gesehen. Heute aber weiß keiner mehr um das Leid, kaum lebt noch jemand, der dort einen lieben Verstorbenen liegen hat. Dann wurden keine Verstorbenen mehr auf diesem alten Friedhof bestattet.
Aus dem früheren Friedhof wurde dann ein Marktplatz. Neue Generationen kamen und vergingen, man sich setzt wieder des alten Friedhofes erinnerte und nun wird der Platz eine seiner historischen Bedeutung entsprechende würdige Ausgestaltung erfahren. Da durch die notwendigen Erdarbeiten alle Spuren aus alter Zeit vernichtet würden, gräbt das Städtische Museum vorher sachgemäß aus, um dadurch möglichst viel aus der Vergangenheit des Friedhofes aufzuklären. Bei diesen sorgfältigen Arbeiten bat sich herausgestellt, dass der Friedhof schon aus frühchristlicher Zeit stammt, mindestens aus dem 9. Jahrhundert nach Chr. Das beweisen Särge aus Eichenbaumstämmen. Man bat in alter Zeit einen entsprechend starken Eichbaum auf die Länge von durchschnittlich 2,25 m zugeschnitten und ihn der Länge nach durchgesägt, so dass zwei Hälften entstanden. Diese wurden ausgehöhlt. In die untere Hälfte legte man den Verstorbenen und die andere Hälfte diente als Deckel. So wurde der Eichenbaumstammsarg der Erde übergeben.
Heute finden sich im Erdboden; und zwar im gelben gewachsenen Sand nur noch die dunklen Spuren dieser Särge, die aber einwandfrei zu erkennen sind. Meist waren sie 40 bis 45 Zentimeter breit und etwa 2.25 Meter lang.
Von den Skeletten sind ebenfalls nur noch Spuren vorbanden, aber so deutlich, dass die gestreckte Lage der Toten zu erkennen ist. Der kalkhungrige Sandboden hat die Knochen zum größten Teil aufgezehrt. Ferner hatte der Sauerstoff der Luft Zugang, weil die Särge kaum 1,20 Meter eingegraben worden sein dürften. Über den Baumstammsärgen folgen die einfachen Kistensärge, die roch recht plump ausgesehen haben mögen. Wahrscheinlich enthielten sie keine Eisennägel, sondern waren mit Holzpinnen versehen, die die Holzwände zusammenhielten. Darüber folgen die eigentlichen Särge, die von den unsrigen nicht sehr verschieden waren. Sie waren anscheinend meistens aus Eichenholz gefertigt und bedeutend einfacher. So liegen denn mehrere Reihen Gräber verschiedenster Jahrhunderte übereinander. Man sieht auch, dass sich das Gelände des Friedhofes durch man sich setzt wieder des alten Friedhofes erinnerte und die Grablagen übereinander immer mehr erhöhte, so dass sich um die alte Kirche herum allmählich ein flacher und großer Hügel aufwölbte.
Die Eichenbaumstammsärge stammen, wie erwähnt, aus frühchristlicher Zeit, somit aus der Zeit, wo auch unsere Herner zum Christentum geführt wurden. Sie ließen von der Brandbestattung ab. Das Verbrennen der Toten war bei Todesstrafe verboten.
H. A. Rannius.
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