Die 4 Vereinsfahnen des Bürgerschützenvereins Holthausen 1857 e. V.
Die Entstehung, das Wirken der Vereinsmitglieder und insbesondere der maßgebenden Repräsentanten unseres Vereins von der Gründung unseres Vereins im Jahre 1857 an umfassend darzustellen, ist ein schwieriges Unterfangen. Aus den Gründertagen gibt es nur wenige Unterlagen. Deshalb kann nicht hoch genug geschätzt werden, dass unser Schriftführer der Jahre 1936 - 1950, Friedrich Becker, die in vielen Gesprächen erfahrenen Einzelheiten aufgeschrieben und in unserer Festschrift zum 100. Vereinsgeburtstag veröffentlicht hat. Wenn auch zu der im 20. Jahrhundert zweimal durchgeführten Wiederbelebung bzw. Wiederbegründung manche Unterlage fehlt, sind die Protokollbücher ab dem Jahre 1928 allerdings wahre Fundgruben, auch wenn sie zunächst von der Sütterlinschrift “übersetzt” werden mussten, die uns heute bekanntermaßen nicht mehr so geläufig ist.
So war es mir möglich, vieles zu unseren Vereinsfahnen heraus zu finden. Dieses Werk ist allerdings unvollständig, weshalb ich mich freuen würde, wenn jeder, der mehr zu unseren Fahnen weiß, mir dies zur Kenntnis gibt.
Nach der Erstfassung dieses Werkes im März 2012 erhielt ich von Elsmarie und Heiner Wiesche zahlreiche Unterlagen, Fotos und Zeitungsausschnitte, die bis in das Jahr 1928 zurückreichen, nach deren Studium ich insbesondere den Abschnitt “6. 1958 - eine neue Fahne wurde geweiht” überarbeitet habe. Im Februar 2014 konnte ich ein Foto unserer Fahnenabordnung im Jahre 1983 einfügen. Das gezeigte Foto habe ich aus insgesamt 3 Fotos, die mir Dieter Reinartz zur Verfügung gestellt hat. Die Fahnenabordnung aus 4 Schützenkönigen war anders nicht machbar.
Gern werde ich meine nachstehende Dokumentation erneut ergänzen oder darin enthaltene Interpretationen neu fassen, wenn ich weitere Informationen erhalte.
Herne-Holthausen, Februar 2014, Werner Ruthe
Grundsätzliches zur Bedeutung einer Fahne für die Schützen
Fahnen müssen zunächst einmal als ein Stück Tuch gesehen werden. Sie sind meistens rechteckig gestaltet und werden mit Bildern, Jahreszahlen, Symbolen und Sinnsprüchen versehen. Dieses Stück Tuch ist befestigt an einem Fahnenmast oder Fahnenstock, der zusätzlich eine verzierte Spitze besitzt. Sie stehen stellvertretend für eine Gemeinschaft, z. B. einen Verein, eine Truppe oder einen Truppenteil, eine Kirche oder ein Königshaus.
Eine Fahne ist insoweit ein Einzelstück, das für einen bestimmten Zweck angefertigt wird und demzufolge bei Verlust oder Totalverschleiß nicht austauschbar ist. Fahnen sind bereits seit dem Altertum bekannt und wurden schon von den römischen Heeren im Kampf zur Orientierung der Soldaten eingesetzt. Dieser Funktion als “Orientierungshilfe” kommt auch heute noch große Bedeutung zu, wenn auch in einem anderen Sinn. Denn wenn es beispielsweise einen Festumzug zu gestalten gibt, so ist es der Fahnenträger, der vorneweg geht und hinter dem sich die mitmarschierenden Vereinskameraden einreihen. Den Gästen wird dabei gleichzeitig gezeigt, um welchen Verein es sich handelt und woher er kommt.
Fahnen gelten aber auch als Symbol für Ehre und Treue. Soldaten gelobten so beispielsweise mit ihrem Eid, ihrem Landesherrn unter Einsatz ihres Lebens treu zu dienen. Den Schützengilden, die bereits im Mittelalter als Bürgerwehren zur Verteidigung bestimmter Bereiche der Stadtmauern eingesetzt waren, dienten ihre Fahnen sicherlich auch im zuvor beschriebenen Sinn. In der heutigen Zeit dienen sie jedoch in erster Linie als Symbol für die Verbundenheit und das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Vereinsmitglieder. Sie ist auch Ausdruck für das Bekenntnis, die Ziele des Vereins in kameradschaftlichem Geiste zu verfolgen. Die Fahne ist aber auch Symbol für Treue zur Heimat, Lebensfreude, Geselligkeit und Frohsinn. Und so versammeln sich die Schützenschwestern und -brüder gern hinter ihrer Fahne, um ein festliches Ereignis wie beispielsweise ein Schützenfest zu feiern. Sie ist aber auch Symbol für Ehrfurcht, weshalb sie der Fahnenjunker den Schützen voranträgt und durch Absenken am offenen Grab dem verstorbenen Vereinsmitglied die letzte Ehre erweist.
1857 - Zur Vereinsgründung gehörte auch eine Fahne
Die Vereinsgründung
In den Fastnachtstagen 1857 ging es im 293-Seelen-Dorf Holthausen, zu dem die drei Siedlungskerne - Holthausen, Börsinghausen und Östrich - gehörten, sicher beschaulicher zu, als es heute der Fall ist. Die Winterzeit war bestimmt auch kein Anlass, rauschende Feste zu feiern und dem westfälischen Frohsinn zu frönen. Bevor im Jahre 1902 die Gemeinden Holthausen und Börnig mit der Gemeinde Giesenberg-Sodingen zum Amt Sodingen vereinigt wurden, war das dörflich geprägte Holthausen der Bürgermeisterei Castrop zugehörig. Es darf somit nicht verwundern, dass die Holthauser seinerzeit in allen Lebenslagen sehr stark nach Castrop orientiert waren. Sie dürften auch regelmäßig Gäste der Castroper Schützenfeste gewesen sein, denn die Obercastroper Schützen in ummittelbarer Nachbarschaft führen ihren Ursprung bekanntlich auf das Jahr 1564 zurück. Mit den Erinnerungen an schöne Festtage in Castrop wollten sich die Holthauser Bauernburschen aber nicht mehr zufrieden geben. Ein eigener Schützenverein mit selbst gestaltetem Festprogramm für ein mehrtägiges Schützenfest sollte her.
Das aus dem Jahre 1798 stammende Bauernhaus des Hofes Wiesche war der geeignete Ort, einen Verein zu gründen. Auf der Deele trafen sich in erster Linie die jungen Bauernburschen und beschlossen, trotz großem Kopfschütteln der Alten, die Gründung des Schützenvereins Holthausen. Ein Schützenfest sollte noch im Sommer des Jahres folgen.
Die zuvor abgebildete Grafik der für unseren Verein so geschichtsträchtigen Stätte schuf 1957 die junge Herner Künstlerin Josefa Holthaus. Diese Grafik zierte erstmals die Festschrift des Vereins, die anlässlich des 100-jährigen Vereinsbestehens herausgegeben wurde.
Die Deele dieses Bauernhauses wird wahrscheinlich auch in den weiteren Jahrzehnten nach der Vereinsgründung der Versammlungsort der Schützen gewesen sein. Zumindest ab 1899 werden die in der Gemeinde Holthausen ansässigen Gasthäuser wie Schulte, Eckmann, Nöthe und Döhmann Ziel der Schützen gewesen sein, wenn es galt, Erörterungen durchzuführen und Beschlüsse zu fassen. So mancher Beschluss wird sicherlich auch dort von den Verantwortlichen vorbereitet worden sein.
In den Jahren nach der Wiederbegründung des Schützenvereins wurde die Deele dieses Hofes gerne als Herberge genutzt, in der Schützen und ihre Gäste bei Kaffee, Kuchen und anderen Speisen ein wenig Ruhe und Kraft für den weiteren Tagesablauf tanken konnten.
Mit Sicherheit wird hier auch die eine oder andere Beratung stattgefunden haben, die den Abschluss des Königsvogelschießens beeinflusst haben dürfte.
Auf dem nachfolgenden Bild ist der 1997 verstorbene Ehrenvorsitzende Heinrich Wiesche zu sehen. Die Deele des Bauernhauses heute noch zu betreten, ist uns nicht mehr vergönnt, denn der komplette Bauernhof wurde Anfang der 1980er Jahre abgerissen und das gesamte Gelände mit Einfamilienhäusern bebaut.
Eine Fahne musste sein
Die Gründung eines Vereins ohne die Anschaffung einer Fahne, hinter der sich die Mitglieder versammeln und der Öffentlichkeit zeigen können, ist heute kaum vorstellbar und war es 1857 wohl auch.
Und so geschah es dann. Die ersten Beschlüsse betrafen die Vereinsgründung und die Bildung einer Vereinsführung, denn Beschlüsse galt es auch umzusetzen.
Der Vereinsleiter in der Gründungsphase und kurze Zeit später auch erster Schützenkönig des Vereins, Bauer Joseph Schulte-Oestrich, dem auch der Titel “General” zuerkannt wurde, ließ als erstes Vereinsinventar eine Fahne und eine Trommel anschaffen. 137 Taler und 50 Silbergroschen wurden insgesamt für Fahne, Trommel und Uniformen aus der Vereinskasse bezahlt. Diese gewaltige Summe hielt offensichtlich niemanden von den geplanten Feierlichkeiten des Schützenfestes ab. Erst die nüchterne Bilanz mit Soll und Haben nach dem prunkvoll verlaufenen Fest ließ die Sorgenfalten der Schützen tiefer werden, denn es galt ein gewaltiges finanzielles Defizit zu schließen.
Bis zur Durchführung eines zweiten Schützenfestes ließen die Holthauser Schützen immerhin 40 Jahre verstreichen, nachdem sie 1859 alle Schulden des Vereins beglichen hatten, so jedenfalls nachzulesen in der Castroper Zeitung Nr. 29 vom 9. März 1899. Ob die Vereinsfahne nach den Schützenfesttagen bei Besuchen von Schützenfesten benachbarter Vereine getragen wurde, ist bis heute nicht überliefert. Wo und von wem sie verwahrt wurde, konnte ebenfalls nicht nachvollzogen werden.
Im Rahmen der Feierlichkeiten des Schützenfestes 1899, zu dem auch eine neue Fahne angeschafft worden war, ist berichtet worden, dass die Gründungsfahne bei einem Brand auf dem Bruch vernichtet wurde.
Die Gründungsfahne
Unterlagen oder eindeutige Aussagen über die Beschaffenheit und das Aussehen der Gründungsfahne existieren nicht bzw. konnten bis heute nicht ermittelt werden.
Bei den Recherchen für eine Chronik zum 150. Geburtstag unseres Vereins durchstöberte ich einige Ordner mit Unterlagen zu verschiedenen Themen aus völlig unterschiedlichen Zeiträumen, die zudem in einem Schrank standen, dessen eigentlicher Inhalt mit Schriftstücken zur Vereinsführung nichts zu tun hatte.
Die in einem Ordner aufgefundenen Exemplare unserer Festschrift zum “Hundertjährigen” im Jahre 1957 enthielten einige Zettel mit handschriftlichen Notizen bezüglich der Platzierung von Fotos in dieser Festschrift und Namen der abgebildeten Personen. Die nachstehend abgebildete Grafik auf einem kartonähnlichen Papier in der Größe DIN A5 und die Vermerke auf der Rückseite ließen den ganzseitigen Bericht “100 Jahre Bürger-Schützen-Verein Holthausen” auf der Seite “Herner Stadtnachrichten” in der Ausgabe Nr. 154 der “Westdeutsche Allgemeine” vom 6. Juli 1957 noch interessanter für uns Holthauser Schützen werden. Denn es wurde deutlich, dass der Chronist der vorgenannten Festschrift, Hauptlehrer Friedrich Becker, über die Geschichte des Vereins gerade in der Gründungszeit viele Einzelheiten aus Gesprächen mit Gründungsmitgliedern erfahren haben muss.
Eine herausragende Quelle waren demzufolge offensichtlich die Erzählungen und Gespräche des Gründungsmitgliedes Heinrich Wiesche sen.
Heinrich Wiesche sen. war nicht nur 1857 bei der Vereinsgründung dabei, sondern diente in späteren Jahren dem Verein als Kassierer bis er schließlich in späteren Jahren zum Ehrenschützen gewählt wurde.
Wir können mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die grafische Darstellung, die in der zuvor genannten Ausgabe der Herner Stadtnachrichten abgebildet worden ist, im Jubiläumsjahr 1957 erstellt wurde. Vermutlich hat sie Friedrich Becker aufgrund seiner profunden Kenntnisse zur Vereinsgeschichte selbst gezeichnet oder im Zuge der Herstellung der Grafik des Gründungshauses Wiesche von Josefa Holthoff gleich mitzeichnen lassen. Leider hat zu diesem Punkt die Befragung von Zeitzeugen der 1950er Jahre keine Klarheit bringen können.
Das Bild zeigt uns, wie 1857 die Vereinsfahne ausgesehen haben wird. Den Erzählungen nach war sie aus grün-weißem Tuch mit dem Bild des heiligen Hubertus und der Inschrift “Schützengilde Holthausen. Anno 1857”. Es zeigt aber auch die Holthauser Schützen mit ihren schmucken Uniformen, die Trommel, mit der zum Marsch der Takt vorgegeben wurde, und wohl auch die Ehrendamen unseres ersten Schützenkönigs, des Bauern Joseph Schulte-Oestrich und seiner Königin, Frau Thürich.
Die Vereinskasse wurde zur Anschaffung all dieser schönen Vereinsutensilien und der Seidenkleider der Ehrendamen gewaltig in Anspruch genommen und ist somit für das Defizit nach dem großen Fest im Juli 1857 mitverantwortlich.
1899 - zur Wiederbelebung des Vereins gab es eine neue Fahne
Traditionsfahne von 1899
Major Döhmann und Gemeindevorsteher Heinrich Wiesche hatten es verstanden, genügend Interesse für den wiederzubelebenden Schützenverein zu wecken. Die Bevölkerungszahl war durch die Zechengründungen “Erin” und “Mont-Cenis” stark gewachsen und die Vorfreude auf das geplante Schützenfest im Sommer groß. Es mangelte jedoch an einer Vereinsfahne, denn die Gründungsfahne war bei einem Brand “Auf dem Bruch” vernichtet worden.
Der Vorstand beschloss deshalb die Anschaffung einer neuen Fahne. 234 Mark sollte sie kosten und die kamen durch Spenden der Mitglieder problemlos zustande. Hier nun Vorder- und Rückseite dieses traditionsreichen Tuches, das natürlich nur in seinem heutigen Zustand gezeigt werden kann:
Die Fahne von 1899 wurde auf Bitte des Gemeindevorstehers von Holthausen, Heinrich Wiesche sen., von Amtmann Barfels vom Amt Castrop, zu dem Holthausen seinerzeit gehörte, in einer Vorfeier zum großen Schützenfest in der Gaststätte Rottmann, später Schulte-Beyer, geweiht. Diese traditionsreiche Stätte dient heute als Vereinsheim, wo auch diese Fahne verwahrt wird. [1]
Die Fahne von 1899 wurde auf Bitte des Gemeindevorstehers von Holthausen, Heinrich Wiesche sen., von Amtmann Barfels vom Amt Castrop, zu dem Holthausen seinerzeit gehörte, in einer Vorfeier zum großen Schützenfest in der Gaststätte Rottmann, später Schulte-Beyer, geweiht. Diese traditionsreiche Stätte dient heute als Vereinsheim, wo auch diese Fahne verwahrt wird. [1]
Die Traditionsfahne besteht aus grünem Tuch. Die hier zu sehende Vorderseite trägt den Namenszug “Schützenverein Holthausen” sowie die Jahreszahl “1899”, die für das Anschaffungsjahr bzw. das Jahr der Weihe steht. Das Tuch ist golden eingerahmt und jeweils in den Ecken und mittig oben und unten wurde ein Eichenlaub eingestickt.
Die Rückseite zeigt jeweils in den Ecken ein Eichenlaub, in das “Einigkeit macht stark” eingestickt ist.
In der Mitte befinden sich eine Zielscheibe und 2 gekreuzte Gewehre, ein Füllhorn sowie ein Pulverhorn mit Kordel. Als Hintergrund ist noch ein Eichenlaub dargestellt. Ein Schützenhut ziert oben die Zielscheibe und unterhalb eines Gewehrlaufes befindet sich noch ein Messergriff.
Der Schriftzug ist nicht mehr vollständig vorhanden. Josef Stepniak, seit den 1960er Jahren über 30 Jahre Schriftführer des Vereins, verriet uns bei einem freitäglichen Übungsabend den kompletten Spruch. “Üb ́Aug und Hand für ́s Vaterland” so lautet er und gibt den seinerzeitigen Zeitgeist wieder.
Fahnenweihe durch den Amtmann Barfels
Die Gemeinde Holthausen mit ihrem Schützenbruder Heinrich Wiesche sen. als Gemeindevorsteher an der Spitze gehörte 1899 noch zum Amt Castrop. Und so verwundert es nicht, dass von dort der Amtmann Barfels gebeten wurde, die Weihe der Fahne vorzunehmen.
Das tat dieser dann in einer Vorfeier zum großen Schützenfest in der Gaststätte Rottmann, später Schulte-Beyer. Diese traditionsreiche Stätte dient heute als Vereinsheim, wo auch die Fahne verwahrt wird.
Gebrauch der Traditionsfahne bis zum Ende des II. Weltkrieges
Nach dem Schützenfest 1899 war die Vereinsfahne mit Sicherheit immer an der Spitze des Bataillons getragen worden, wenn es galt, Schützenfeste der benachbarten Vereine zu besuchen oder die eigenen Schützenfeste 1904, 1907, 1928, 1935 und 1939 zu feiern. Eine besondere Ehre erfuhren natürlich auch alle verstorbenen Schützenbrüder, wenn die Fahne zu einem letzten Gruß über dem offenen Grab gesenkt wurde.
Den jeweiligen Fahnenoffizieren und Fahnenjunkern war es sicher zu jedem Zeitpunkt eine große Ehre, die Fahne zu präsentieren, wenn an Honoratioren der Gemeinde und den Schützenkönigspaaren bei der Königsparade vorbeimarschiert wurde.
Nachstehend einige Bilder unserer Fahne zu jeweils geschichtsträchtigen Daten:
1907 Königspaar mit Gefolge und Fahne vor der Gaststätte Schulte. [1]
1928 Fahnenoffizier und Fahnenjunker vor Beginn des Festzuges [1]
1935 bei der Parade auf der Tappen Wiese [1]
1937 - Die verordnete Fahne des Reichsbundes für Leibesübungen
Bei der Wiederbelebung des Schützenvereins Holthausen im Jahre 1928 war die Forderung laut geworden, dem Verein geordnete Strukturen mit einer Satzung, einem Vorstand und regelmäßiger Beitragszahlung zu geben. Diese Forderung wurde erfüllt und ist nachgewiesen durch die Eintragung “Die Satzung ist am 10. März 1929 errichtet” im Verzeichnis des Vereinsregisters beim Amtsgericht Castrop-Rauxel. Der Verein erhielt im Vereinsregister die Nummer VR 58. Die Vereinsakte wurde am 1. Dezember 1930 infolge Änderung der Gerichtsbezirke an das Amtsgericht Herne abgegeben.
In der am Amtsgericht Herne geführten Akte befindet sich die genannte Satzung. Ein gedrucktes und gebundenes Exemplar, mit handschriftlichen Bemerkungen versehen, befand sich in den Unterlagen von Heinrich Wiesche, die ich im September 2012 erhielt. Die erste und die letzte Seite ist nachstehend abgebildet.
Der Vereinszweck ist wie folgt definiert:
“§ 3 Der Verein verfolgt den Zweck, dem Vaterlande in seiner Not zu dienen, durch Festigung der Schießfertigkeit, der Disziplin, des Pflichtbewußtseins, durch Pflege des Bürgersinnes, der Eintracht und Geselligkeit und die Erziehung der jugendlichen Mitglieder zu diesen Tugenden.”
Am 13. April 1935 wurde eine neue Satzung beschlossen. Aus dem Originalprotokoll zu der Versammlung dieses Tages folgender Ausschnitt zu dem Beschluss:
Aus dem gezeigten Ausschnitt ist die genannte Neuerscheinung dieser Einheitssatzung ersichtlich, die Errichtung eines Ältestenrates. Eine andere Neuerung ist die, dass ein Beirat für die Durchführung der Verwaltungsaufgaben zu bilden war, deren Mitglieder der Vereinsführer ernannte. Neben den üblichen Mitarbeitern wie Schriftwart, Kassenwart usw. war auch ein Dietwart zu ernennen.
Welche Aufgaben dieser Dietwart konkret zugewiesen bekommen hatte, ist aus den seinerzeitigen Protokollen nicht zu entnehmen. Der freien Enzyklopädie aus Wikipedia nach, handelt es bei dem Dietwart um einen Amtsträger, der im Österreichischen Turnerbund für die Festgestaltung, Festreden, Jugendbetreuung und ähnliches zuständig war.
Die Nationalsozialisten führten 1934 den Dietwart verpflichtend ein. Er sollte im Auftrag des Reichssportführers alle Turn- und Sportvereine im nationalsozialistischen Sinne schulen und deren Ideologie und Erziehungsziele wie Rassebewusstsein, Gemein- schaftssinn, völkische Haltung etc. an die Mitglieder herantragen. Er hatte beispielsweise auch dafür zu sorgen, dass national- sozialistische Lieder gesungen wurden.
Wenn wir dies auf uns wirken lassen, wird sicherlich deutlich, dass der Dietwart, auch wenn er offiziell noch gar nicht in sein Amt eingesetzt war, bei der bereits zum Teil vorgedruckten und lediglich in bestimmten Passagen ergänzbaren Satzung, maßgeblich mitgewirkt haben wird. Dieser Einfluss dürfte auch aus der am Ende der Satzung vorgenommenen Prüfung und Bestätigung der Satzung und des Vorstandes durch den Beauftragten des Reichssportführers deutlich werden:
Die Tätigkeit des Dietwartes war neben anderen Themen Gegenstand der Erörterungen in der Vorstandssitzung vom 28. Januar 1937. Die entsprechenden Beschlüsse dazu sollten in der Hauptversammlung wiederkehren. Die drei Tage später durchgeführte Offiziersversammlung hörte dann einen Vortrag über die Geschichte des Schützenwesens und in der Jahreshauptversammlung zeigte der Vereinsdietwart einige Schmalfilme, über deren Inhalt Schriftführer Becker keine Ausführungen machte.
Allerdings werden die Auswirkungen der Gleichschaltung, von denen die Sportvereine ja nicht ausgenommen wurden, deutlich an den Aussagen im Jahresbericht 1936, festgeschrieben im Protokollbuch 1936 - 1945 unseres Vereins . Hier wird ausgeführt, dass ab 1. Januar 1937 alle deutschen Schützen im Deutschen Schützenverband geeint sind. Dieser Verband war in die Einheitsorganisation des Reichsbundes für Leibesübungen (DRL) eingegliedert. Diese Konstellation brachte grundlegende Veränderungen in den Verein, der aus dem Satz “Sodann läßt sich feststellen, daß durch den Anschluß des Schützenverbandes an den Reichsbund für Leibesübungen der Wehrcharakter der Schützenvereine, der bei der Entstehung des Schützenwesens im Mittelalter ausschlaggebend mitwirkte, aber im Laufe der Jahrhunderte stark in den Hintergrund getreten war, erneut als Hauptzweck des Schützenwesens herausgehoben wird”, den der Schriftführer in das zuvor genannte Protokollbuch schrieb, deutlich wird.
Es verwundert nicht, dass die Nationalsozialisten auch nach außen hin sichtbar machen wollten, dass die Sportvereine auf den Reichskanzler und die Ideologie seiner Partei ausgerichtet waren, was der spätere Erlass Hitlers vom 21. Dezember 1938 sehr deutlich werden ließ, der den DRL zu einem von der NSDAP betreuten Verband machte mit dem Namen Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL).
Und so erhielt auch der Schützenverein Holthausen im Jahre 1937 die allen Sportvereinen des DRL/NSRL verordnete Fahne. Da schon 1936 in den Vorstandssitzungen und Mitgliederversammlungen der Gedanke aufkam, den achtzigsten Vereinsgeburtstag gebührend zu feiern, sollte im Rahmen dieses Festes diese weitere Fahne geweiht werden. Der in der Jahreshauptversammlung dazu gefasste Beschluss war dann am 29. Mai 1937 noch einmal Gegenstand der Erörterung. Fortan sollte sich der Vorstand um die Angelegenheit kümmern. Dieser wollte der Gestaltung der Fahnenweihe eine Form geben, die von der allgemein üblichen Art wesentlich abweichen sollte. Konkrete Vorschläge hierzu machte Abschnittsdietwart Brinkmann, der den Gaudietwart Ebeling aus Schwerte als Festredner gewinnen wollte. Insoweit dürfte die Genehmigung des örtlich zuständigen Beauftragten des Reichssportführers, die rechtzeitig vor Durchführung des Festes einzuholen war, nicht problematisch gewesen sein.
Im Kasino Teutoburgia beging der Verein am 21. August 1937 in festlicher Weise sein 80jähriges Bestehen. Über dieses Ereignis berichtete der “Herner Anzeiger” in seiner Ausgabe vom 24. August 1937 sehr ausführlich. In diesem Bericht nahm die Festrede - 1 1⁄2 DIN A 4-Seiten, geschrieben mit der Schreibmaschine - des Gaudietwartes Ebeling, Schwerte, über die “Geschicke der Fahne” den Hauptplatz ein. Diese Rede beinhaltete beispielsweise Ausführungen zur Bedeutung der Fahnen in indogermanischen Räumen und endete mit der Darstellung der jetzigen Fahne als Symbol des Wehrwillens und der Heimatliebe.
Nach Enthüllung und Weihe kam die Reichsbundfahne in die Hände der Fahnenabordnung des Vereins. Fortan wurde sie neben der Traditionsfahne von 1899 bei allen gegebenen Anlässen wie Schützenfest, Königsball oder Märschen zu Festen befreundeter Vereine getragen. Bilder dieser Ereignisse, welche die Holthauser Schützen mit dieser Fahne zeigen, sind nicht verfügbar.
Am 4. Juli 1938 berichtete die “Herner Zeitung” in ihrer Ausgabe Nr. 153, Blatt 2, unter der Überschrift “Grün war Trumpf - Hochstimmung im Schützenstaat” - mit einem ganzseitigen Bericht über das Herner Schützenfest, das am Wochenende gefeiert worden und bei dem das Herner Königspaar gekrönt worden war. Der erst zwei Jahre zuvor von Köln nach Herne gekommene Rheinländer Dr. Wilhelm Saß hatte den Königsschuss getan und war mit der Königskette geschmückt worden, und fühlte sich von dieser Stunde an als Herner Bürger. Das Diadem erhielt Frau Hedwig Funke, allen Herner Bürgern seinerzeit bekannt, denn Herne war nicht nur ihr Lebensmittelpunkt sondern auch schon Geburtsort.
Im Zuge dieses Festes gab es natürlich eine Königsparade, bei der alle beteiligten Schützenvereine mit ihren Fahnen an der Spitze des Zuges ihren Königspaaren und den Honoratioren der Stadt ihre Referenz erwiesen und die Vereinsfahne präsentierten.
Bei dieser Gelegenheit erhielten vor den Fahnen des Unterschützenkreises durch Oberbürgermeister Albert Meister die Fahnen des Schützenvereins “Alt-Herne”, der Schützenvereine “Wildschütz” und “Freischütz” und der "Schützengilde Horsthausen” ihre Weihe.
Die Fahne der Holthauser Schützen war hier nicht dabei, sie hatte ihre Weihe schon ein Jahr früher erhalten.
Wer die Holthauser Reichsbundfahne bis zum Ende des 2. Weltkrieges aufbewahrt hatte, war auch nach Befragung älterer Schützen, die damals noch Jugendliche waren und dem Schützenverein noch nicht angehört hatten, nicht in Erfahrung zu bringen. Was mit der Fahne beim Einmarsch der Alliierten geschah, ist ebenfalls bisher nicht zu klären. Wurde sie auch vergraben und mit der Traditionsfahne von 1899 von den Alliierten beschlagnahmt oder hat sie sich in Rauch aufgelöst?
1949 - Wiederbegründung des Vereins und die Wiederbeschaffung der Traditionsfahne
Am 14. Februar 1943 fand bereits um 4 Uhr am Nachmittag die Jahreshauptversammlung - zu dieser Zeit Jahresappell genannt - statt. Nach Eintritt der Dunkelheit erwartete man Fliegeralarm und wollte dann bereits wieder zu Hause sein. Außer den Regularien war nicht viel zu berichten und für das kommende Jahr nicht zu planen. Nach 141 Wörtern war das Protokoll beendet. Bis zum Ende des schrecklichen Krieges, dem auch zahlreiche Schützenbrüder zum Opfer gefallen waren, gab es keine weiteren Protokolle, eine Vereinstätigkeit war nicht mehr zu verzeichnen.
Am 31. März 1945 sprengten die Deutschen Truppen die Brücken über den Kanal und die Emscher, womit Herne unmittelbares Kampfgebiet wurde. Die Wehrmacht, die Polizei und die NSDAP räumten am 9. April 1945 die Stadt und einen Tag später besetzten US-amerikanische Truppen das Stadtgebiet kampflos. Später übernahm dann der englische Besatzungsstab die Führung in der Stadt.
Der Zusammenbruch schien auch das Ende des Schützenwesens zu bedeuten. Die Militärregierung verbot alle Vereine, die Mitglied im Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) waren und beschlagnahmte deren gesamtes Vermögen und stellte es unter Treuhandverwaltung. Der Schützenverein Holthausen musste sein Sparbuch an die Militärregierung abgeben; die Fahne wurde beschlagnahmt. Akten und Bilder des Schützenvereins, die vorsorglich während des Krieges bei einer bekannten Familie in einem Dorf des Münsterlandes untergebracht waren, konnten vor der Beschlagnahme und Vernichtung bewahrt werden.
Am 3. April 1949 fand in der Gaststätte Döhmann die erste öffentliche vorbereitende Zusammenkunft von Holthauser Bürgern statt, die an der Wiederbelebung des Schützenvereins interessiert waren, denn dem benachbarten Obercastroper Schützenverein war es bereits im Herbst 1948 gelungen, ein Schützenfest zu feiern, dem großer Erfolg beschieden war. Den 23 interessierten Bürgern berichtete Heinrich Wiesche über seine Bemühungen, das beschlagnahmte Vereinsinventar wieder freizubekommen. Die Traditionsfahne soll am Landgericht Bochum gestanden haben. Gemeinsam mit den Schützenkameraden aus vergangenen Tagen, Fritz Döhmann, Georg Tetzlaff und Friedrich Becker, sollte Heinrich Wiesche ausloten, ob und wie der Schützenverein in Holthausen wieder aktiv werden könnte.
Am 21. August 1949 waren die vielfältigen Bemühungen von Erfolg gekrönt. 45 Bürger Holthausens beschlossen die Wiederbegründung des Vereins und verabschiedeten eine neue Satzung. Der Zweck des neuen Vereins bestand fortan darin, örtliche Sitten und Gebräuche zu erhalten, bei den Mitgliedern Heimatliebe und Bürgersinn zu wecken. In Abständen von einigen Jahren sollten öffentliche Volksfeste in althergebrachter Form veranstaltet werden. Die Untergliederungen des Vereins, in denen ja die eigentliche Basisarbeit geleistet werden musste, hießen nunmehr Bezirk oder auch Abteilung. Gebildet wurden davon drei, die in der Gaststätte Eckmann, Döhmann und Nöthe ihre Versammlungsstätte hatten.
Hinsichtlich der Wiederbeschaffung der Fahne gibt es voneinander abweichende Schilderungen in den Aufzeichnungen der damaligen Zeit. So ist einmal davon die Rede, dass die Fahne am Landgericht Bochum gestanden habe. Zuerst wurde jedoch nur berichtet, die Besatzungsmächte hätten sie beschlagnahmt. Wo aber ist sie dann abgeblieben? Haben die amerikanischen oder britischen Streitkräfte die Beschlagnahme vorgenommen? Welche Behörde hat sie dann wo aufbewahrt?
Im Jahresbericht 1958, in dem es in erster Linie um die in diesem Jahr angeschaffte Fahne ging, wird ausgeführt, dass die Besatzungsmacht wegen der Herausgabe der Fahne keine großen Schwierigkeiten gemacht habe, jedoch die deutsche Polizeibehörde sich unwissend gestellt habe. Irgendwann habe sich aber irgendjemand erinnert, dass in einem Keller des Polizeipräsidiums so etwas wie eine Fahne herum lag.
Da es bezüglich der Bemühungen zur Herausgabe der Vereinsfahne von 1899 keine Briefe oder Kopien gibt, ist nach der Auswertung der Protokolle und Jahresberichte wohl davon auszugehen, dass letztlich die deutsche Polizeibehörde die Herausgabe veranlasst hat, nachdem die Militärregierung im Britischen Kontrollgebiet Einwände hierzu nicht erhoben haben wird.
Der Holthauser Schützenverein muss seitens des Vorstandes unmittelbar nach der Wiederbegründungsversammlung bei der Militärregierung der Stadt Herne angemeldet worden sein. Denn die Stadt Herne, Stadtamt 11, bestätigte die Anmeldung bereits am 29. August 1949 und gab ihre Genehmigung zur Ausübung der Vereinstätigkeit entsprechend der Verordnung Nr. 122 der Militärregierung, Britisches Kontrollgebiet, wie das nachstehend abgebildete Dokument beweist.
Da die britische Militärregierung durch die deutsche Polizeibehörde dem Verein seine Traditionsfahne wieder übergeben hatte, wurde mit den Kameraden Heinz Eckmann, Ludwig Dinand und Heinz Grzempowski eine Fahnenabordnung gebildet, die bereits am 11. September beim Festzug der Obercastroper Schützen den Holthauser Schützen die Fahne vorantragen sollte. Das konnte jedoch erst geschehen, nachdem am 1. September 1949 die Militärregierung über das Ordnungsamt der Stadtverwaltung Herne darum gebeten wurde, den Ausmarsch bis zur Stadtgrenze Castrop-Rauxel an der Karlstraße zu genehmigen.
Der im Jahre 1939 infolge des Krieges ausgefallene Königsball sollte im Laufe des Herbstes im Lokal Schulte nachgeholt werden. In weiteren Unterlagen ist die Rede davon, dass ein Herbstfest gefeiert werden sollte. Man schreibt aber auch von einer Wiederbegründungsfeier.
Wie auch immer diese Feier in den verschiedenen Unterlagen bezeichnet worden sein mag, der 6. November war dann erfüllt von dem Königsball in der Gastwirtschaft Schulte. Die Kapelle Hackenberg spielte zum Tanz auf. Holthauser Bürger und Schützen sowie die Schützen aus Obercastrop waren fleißige Tänzer und Zeugen, als am Abend die 1899 in dieser Gaststätte geweihte Fahne zu ihrem 50. Geburtstag mit dem goldenen Jubelkranz geschmückt wurde. Und an diesem Tage strahlte nicht nur der goldene Jubelkranz der Fahne, sondern die Freude stand auch dem Königspaar des Jahres 1939 in ́s Gesicht geschrieben, denn ihr “Königsball” wurde auch gefeiert. Ihre “Regierungszeit” ging dann ein Jahr später zu Ende.
“Die Schützengilde Holthausen hat als erste der Stadt Herne nach einer Pause von 11 Jahren wieder ein Volksfest gefeiert, das nach seinem stimmungsvollen und harmonischen Verlauf alle Erwartungen erfüllte und ein Beweis dafür ist, daß in Holthausen auch heute noch ein bodenständiges, im Volk verwurzeltes Fest nach altem Väterbrauch möglich ist“
so berichtete der Schriftführer im Protokollbuch vom Schützenfest, das vom 10. - 12. Juni 1950 als wahres Volksfest gefeiert worden war. Und die Traditionsfahne von 1899 war auch hier dabei. Nachstehendes Bild aus der privaten Fotosammlung von Elsbeth Ruthe, die sie von ihrem Vater Friedrich Döhmann übernommen hatte, zeugt davon.
Die Identifizierung dieser drei Fahnenträger war lange Zeit nicht möglich, weil trotz intensiver Befragung unserer “alten Herren” niemand die Namen kannte. Ich selbst hatte vermutet, dass es sich um ein Bild vom Schützenfest 1935 oder 1939 handeln könnte.
Mit einer entsprechenden Aussage stellte ich dieses Foto im Jahre 2007 während der Ausstellung anlässlich des 150-jährigen Bestehens unseres Vereins aus. Als dann plötzlich Heinz Grzempowski neben mir stand und sagte: „Das Foto ist vom Festumzug des Schützenfestes 1950 und in der Mitte das bin ich“ war klar, in welche Zeit dieses Foto gehörte.
1958 - eine neue Fahne wurde geweiht
Die Traditionsfahne von 1899 hatte bei den vielen Festmärschen und Saalfesten seit ihrer Weihe in der Gastwirtschaft Schulte im Jahre 1899 so manchen Platzregen über sich ergehen lassen müssen. War sie danach immer fachgerecht getrocknet worden? Die vier Jahre im Exil der Britischen Militärregierung waren zudem möglicherweise nicht mit sachgemäßer Lagerung verbunden. Es schien auch der Zeitpunkt gekommen, das Aussehen und den Sinnspruch den Zeitverhältnissen anzupassen, so wie es 1949 bereits mit der Satzung geschehen war. Es waren wohl einige Sitzungen von Vorstand und Offizieren erforderlich gewesen und auch die Mitglieder wollten informiert sein, bis der Vorstand dann endlich grünes Licht geben konnte. So ist in den Sitzungs- und Versammlungsprotokollen der 1950er Jahre hierzu einiges nachzulesen.
Es begann in der Generalversammlung am 9. März 1958 in der Gastwirtschaft Schulte-Beyer. Der 1. Schriftführer, Hans Glorick, hat festgehalten, dass im Kreis des engeren Vorstandes bereits seit langer Zeit Überlegungen angestellt wurden, wie der Verschleiß der Fahne von 1899 gestoppt werden könne.
In der ausführlichen Diskussion legte der 1. Vorsitzende, Heinrich Wiesche, den augenblicklichen Zustand der Fahne dar und gab der Befürchtung Ausdruck, dass die Fahne bei weiterem Gebrauch endgültig zerstört werden könne. Er bat die Mitglieder deshalb um Zustimmung zu dem Plan, die Fahne als “Traditionsfahne” nur noch bei besonderen Anlässen zu zeigen. Wegen der hohen Kosten und der möglicherweise nicht vollständigen Wiederherstellung der Traditionsfahne in ihren ursprünglichen Zustand wäre die Anschaffung einer neuen Fahne wohl auch die beste Lösung. Die neue Fahne solle dann beim kommenden Königsball ihre Weihe erhalten.
Dem Antrag stimmten die Mitglieder zu. Die zu erwartenden Kosten von rund 1.800,00 DM lösten angesichts der Tatsache, dass im Jahre 1958 der Königsball zu Ehren von Heinrich I. und Grete I. stattfinden sollte, umfangreiche Diskussionen aus.
Alle Versammlungsteilnehmer waren sich einig und genehmigten den Betrag von 1.000,00 DM aus der Vereinskasse; der Rest sollte durch freiwillige Spenden aufgebracht werden. Und auch das begann in dieser Generalversammlung. Durch spontanen Zuruf dreier Schützenbrüder waren die ersten 250,00 DM gespendet. Die restliche Summe sollte in den Kompanien eingesammelt werden. Der Vorstand wandte sich deshalb mit einem Bitt-Brief an die Schützenbrüder und appellierte insbesondere an die Offiziere, “es als Ehrensache zu betrachten sich einzuzeichnen, damit wir späteren Generationen eine würdige Fahne überlassen, die Zeugnis geben soll von unserem Bewusstsein, dass wir Träger einer brüderlichen Verbundenheit aller Volksschichten sind”.
Die Sammellisten der 4 Kompanien mit dem Namen des ersten Schützenbruders und seinem gezeichneten Betrag sehen wir nebenstehend.
Das Ergebnis der Sammlung waren 1.526,00 DM, wovon die 1. Kompanie 404,00 DM, die 2. Kompanie 300,00 DM, die 3. Kompanie 707,00 DM und die 4. Kompanie 115,00 DM an die Vereinskasse abführen konnten. Der 1. Kassierer sollte angesichts dieses Spendenergebnisses dem Königsball mit Fahnenweihe am 6. September völlig beruhigt entgegensehen können, denn lediglich 474,00 DM verblieben als Belastung der Vereinskasse. Von Opferbereitschaft und echtem Schützengeist schrieb Hans Glorick, 1. Schriftführer, im Mai 1958 zu dieser Summe.
FAHNEN-REUTER in Münster erhielt nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller 6 Angebote und Muster den Auftrag, eine neue Vereinsfahne zu gestalten, zu nähen, zu sticken und bis spätestens zum 1. August 1958 zu liefern.
Das kostbare Stück im Wert von immerhin 2.000,-- Mark, worin auch das notwendige Zubehör und 3 Schulterschärpen für die Fahnenträger enthalten waren, kam dann im Juli des Jahres 1958, rechtzeitig zum geplanten Königsball im September, in den Besitz unseres Vereins.
1,30 x 1,30 m groß war sie geworden, Stadtwappen, Adler und auch der Schriftzug, ausgeführt in feinster Seidenstickerei, der Untergrund der Vorderseite aus 1a Fahnensamt, der Untergrund der Rückseite aus 1a Diagonalseide, das Ganze umrahmt mit Goldbrokatborte.
Was sonst noch zu schreiben wäre über die Beschaffenheit dieser Fahne sagt die Rechnung von FAHNEN-REUTER vom 29. Juli 1958 aus, die nachstehend abgebildet ist. Und natürlich auch ein Foto der Vorder- und Rückseite:
Während die Beschaffung der neuen Fahne natürlich die Gespräche der Schützen beherrschte, blieben diese Bemühungen der Holthauser Bevölkerung weitgehend verborgen. Den Holthausern war das Schützenfest mit der Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehen des Vereins mit allen seinen festlichen Höhepunkten, wie beispielsweise der Krönung von Heinrich Wiesche und Grete Döhmann, dagegen noch in frischer Erinnerung, als sich das nächste glanzvolle Ereignis ankündigte.
Königsball mit Fahnenweihe stand auf Plakaten und in der Herner Presse. Ehrengäste und befreundete Schützenvereine aus dem übrigen Stadtgebiet sowie Castrop-Rauxel und Bochum erhielten rechtzeitig eine Einladung. Der Festablauf, insbesondere der Ablauf der Fahnenweihe, waren abgesprochen als es dann endlich am 6. September 1958 zum Einmarsch der Majestäten und Schützen in das Festzelt an der Memeler Straße/Bruchstraße kommen sollte.
Aber so ganz programmgemäß verlief das alles nicht. Der nach dem Fest am 8. September 1958 in der “Herner Zeitung” erschienene Bericht über den Festabend gibt einen Einblick in den etwas chaotischen Ablauf und die später wohl sehr heitere Stimmung.
“Vier Ehrendamen trugen Holthauser Schützenfahne bei der Weihestunde Vereinsbanner abgelöst / “Für Bürgersinn und Heimattreue” Königsball und Fahnenweihe feierten am Sonnabend die Holthauser Schützen im Festzelt an der Memeler Straße und Bruchstraße im “Dorf Holthausen”, wie es die alteingesessenen Bürger immer wieder gerne sagen. Der Schützengedanke ist in Holthausen fest verwurzelt. Dreimal begingen die Holthauser damit in den 101 Jahren des Vereinsbestehens Fahnenweihe. Die erste, im Gründungsjahr beschaffte Fahne ging bei einem Brand auf dem “Bruch” verloren. Amtmann Barfels weihte beim großen Schützenfest in der damaligen Gastwirtschaft Rottmann die zweite Fahne, die mit dem goldenen Kranz geschmückt werden konnte. 1950 flatterte die während der Besatzung vergrabene und später beschlagnahmte Fahne den Holthauser Schützen bei ihrem ersten Schützenfest wieder voran. Viele Herner Schützenfahnen neuer und junger Vereine wurden bei Hernes ältester Schützenfahne geweiht, an der die Strapazen der Besatzungszeit nicht spurlos vorüber gegangen sind. Leider ging es nicht ohne “Panne” bei den Festvorbereitungen ab. Zahlreiche Vereine aus Herne und der Nachbarschaft mit ihren Fahnenabordnungen fanden am Samstagabend ein unvollendetes Zelt vor, in dem es noch keine Sitzgelegenheiten gab. Nachdem man zunächst in den umliegenden Gastwirtschaften “Standquartier” bezogen und längere Zeit gewartet hatte, entschlossen sich mehrere Vereinsabordnungen zur Heimfahrt. Die Königspaare hielten gegen 23 Uhr ihren Einzug. Für den durch eine Augenverletzung stark behinderten König Heinrich I. (Wiesche) begrüßte stellvertr. Vorsitzender Döhmann die Majestäten und den großen Gästekreis. Der Geschäftsführer des Westfälischen Schützenbundes, Ernst Kubzig (Dortmund), enthüllte die von den weiß gekleideten Ehrendamen getragene neue Fahne und gab ihr die symbolische Weihe. Die Fahne trägt die Inschrift “Für Bürgersinn und Heimattreue”. Schützenoberst Wellpoth mit den Fahnenoffizieren nahm sie anschließend in Obhut. König Heinrich dankte allen Schützenkameraden für treue Mitarbeit. Friedrich Becker, Paul Stocklassa, Heinrich Pradella, Paul Westmann, Uhlscha erhielten für 25-jährige Vereinstreue die silberne Ehrennadel. Clemens Eckmann wurde zum Ehrenoberst ernannt. Wilhelm Neuhaus erhielt das Hauptmannspatent, zum Oberleutnant bzw. Leutnant wurden die Schützenbrüder H. Koch und W. Kirst befördert. Schützenorden erhielten Theo Pradella und Wilhelm Zimmermann, mit dem goldenen Leistungsabzeichen für gute Schießleistungen wurden zudem mehrere Schützen ausgezeichnet. Mit dem Deutschlandlied klang die Feierstunde um Mitternacht aus.”
Die Ehrendamen Ingrid Schnettelker, Elsmarie Wiesche, Dora Neumann und Jutta Maiwald mit der noch eingerollten Fahne undErnst Kubzig vom Westfälischen Schützenbund [2]
Bataillonskommandeur, Schützenoberst Wilhelm Langewellpoth, hat mit seinen Fahnenoffizieren die geweihte Fahne in Obhut genommen. [2]
Die geweihte Fahne mit dem Schützenbruder Fuchs am Fahnenstock [2]
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung titelte mit der Schlagzeile “Königsball mit Hindernissen: Festgäste warten auf das Zelt”, und zeigte auf, wie ungehalten die Gäste geworden waren. So hieß es u. a.
“Nur hatten sich zuvor viele den Ärger über die Verspätung heruntergespült, so daß der Ablauf der feierlichen Handlung, die erst nach Mitternacht zu Ende war, durch Lärm, Gesang und Zwischenrufe erheblich gestört wurde.”
Nach diesem Fest war es üblich, die neu geweihte Fahne bei Ausmärschen, Königsbällen oder sonstigen festlichen Anlässen den Schützen voranzutragen. Bei ganz besonderen Anlässen, insbesondere den eigenen Schützenfesten, wurde die Traditionsfahne von 1899 zusätzlich gezeigt. Hiervon ging man allerdings in den 1980er Jahren ab, da befürchtet wurde, dass das alte Tuch nicht mehr zu beseitigende Schäden durch Regen o. ä. davontragen könnte. Seit dieser Zeit wird sie im Vereinsheim hinter Glas aufbewahrt. Die 1958 geweihte Fahne ist übrigens die 4. - nicht 3. - Fahne unseres Vereins. Aber das konnten die damaligen Berichterstatter - aufgrund fehlender oder unvollständiger Information - nicht wissen.
Bereits am Folgetag nach diesem recht chaotische verlaufenen Königsball wurde die Fahne stolz durch Holthausen getragen. Der Katholische Arbeiterverein St. Joseph Herne-Holthausen und St. Joseph Börnig-Sodingen hatten ihr 50. Stiftungsfest im Festzelt an der Memeler Straße und im Sodinger Jugendheim zu feiern. Im Festzug durch die Straßen der Gemeinde waren auch die Holthauser Schützen mit ihren Fahnen vertreten.
Hierzu - leider - nur ein Ausschnitt des Berichtes der “Herner Zeitung” vom 8. September 1958. In welcher Verfassung insbesondere die Schützen diesen Festumzug mitmachten, hat der Schriftführer in seinen Berichten verschwiegen.
Jetzt aber noch einige Ausführungen zum Festablauf des Königsballes mit Fahnenweihe, denn die Presse hat nicht über alles berichtet, was noch so hinter den Kulissen gelaufen war.
In der außerordentlichen Generalversammlung am 6. Oktober 1957 hörten die Mitglieder die Rechenschaftsberichte zum glanzvoll verlaufenen Schützenfest anlässlich des 100jährigen Bestehen unseres Vereins. Die Mitglieder waren zufrieden, und verwundert es nicht, dass dem Antrag des 2. Vorsitzenden Fritz Döhmann auf Durchführung eines Königsballes im folgenden Jahr entsprochen wurde. Der Vorstand wurde auch bevollmächtigt, mit dem Katholischen Arbeiterverein St. Joseph aus Holthausen Absprachen zu treffen bezüglich der Nutzung des Festzeltes, das der KAB für seine Feier aufbauen lassen wollte.
Mit dem KAB wurde der Vorstand handelseinig und so sollten wir am Samstag das Festzelt nutzen, während der Sonntag, 7. September, der KAB vorbehalten blieb. Ganz wohl war den Herren des Vorstandes dabei aber nicht, denn der engagierte Zeltwirt Meiners war vom Jubelfest noch in unguter Erinnerung. Weiter berichtet der 1. Schriftführer im Jahresbericht 1958 davon, dass es der Wettergott über die Festtage im September mit eitel Sonnenschein gut gemeint hatte. Meiners Zeltarbeiter dagegen zeigten am Mittwoch vor dem Fest keinerlei Bereitschaft zum Aufbau des Zeltes. Sie hielten sich in einer benachbarten Kneipe bei reichlich kühlen Blonden frisch und streikten. Schützenbruder Georg Tetzlaff bewies hellseherische Fähigkeiten, als er bei einer noch angesetzten Besprechung bei Döhmann äußerte: “Wach men af, dat soll wuol schief gohn!”
Und es ging so schief, wie selbst der größte Pessimist es nicht erwartet hatte, und die Presse natürlich auch nicht in allen Einzelheiten berichtete.
Während der abendlichen Besprechung am Mittwoch vor dem Fest wartete man vergeblich auf Heinrich Wiesche. Er hatte bei einem Unfall auf seinem Hof eine schwere Augenverletzung erlitten und lag im Krankenhaus. Eine Verlegung des Festes kam aber nicht mehr in Frage.
Der Zeltwirt versprach am Freitag, das Zelt würde rechtzeitig stehen. Was stand war bis zu diesem Zeitpunkt ein Fußboden, der am Festabend um 22.00 Uhr den Beamten der Baupolizeibehörde dazu veranlasste, das Zelt für die Feier nicht freizugeben.
Die Hoffnung, die Zeltarbeiter würden in der Nacht zum Samstag bei Licht mit Hochdruck weiterarbeiten, erfüllte sich nicht. Wie auch - die Elektrokabel lagen noch am Samstag in Dortmund.
Holthauser hatten auf die Fertigstellung schon Wetten abgeschlossen und um 19.00 Uhr, als die ersten Besucher Einlass begehrten, war das Zeltdach noch offen, d. h. ohne Plane. Diese überaus große Lücke wurde erst lange nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen.
Das Zeltpersonal war noch dabei, Tische und Stühle aufzustellen, als endlich das Licht eingeschaltet werden konnte und der besagte Beamte die Abnahme des Zeltes verweigerte. Nicht nur wegen des wellig verlegten Bodens, sondern auch weil der Wasseranschluss für die Theken und Toiletten nicht verlegt waren. Das Fehlen der Notbeleuchtung und Hinweisschilder sei nur am Rande erwähnt.
Die Verantwortlichen des Vereins müssen wohl völlig belämmert dreingeschaut haben, wodurch sich der Beamte erweichen ließ, und Meiners Auflagen machte, die dieser zu erfüllen versprach. Dem Fest stand Gott sei Dank nichts mehr im Wege.
Kuriere sausten zur Gaststätte Döhmann und Nöthe und der Schützenoberst und Kommandeur konnte endlich die Schützen mit ihren Fahnen zum Empfang der Majestäten ins Festzelt einmarschieren lassen.
Hans Glorick schreibt noch, dass der feierliche Akt der Fahnenweihe durch Lärm an den Theken und Unruhe im Publikum viel von seiner Würde eingebüßt hatte. Die Verantwortung hierfür trug der gewissenlose Unternehmer, der durch sein Unvermögen die Situation herbeigeführt hatte. Denn viele Schützen und Besucher hatten ihren Ärger im Alkohol ertränkt und machten ihrer gereizten Stimmung Luft.
Aber aller Ärger war vergessen, als die Musik zum Tanz aufspielte. Der Heimweg wurde angetreten, da war der Morgen längst heraufgezogen.
Die Fahnenbänder
=Bedeutung von Fahnenbändern
Fahnenbänder werden auch als Gedenkbanderole bezeichnet. Diese Bänder, deren Beschriftung meistens als Stickerei ausgeführt ist, werden an einer Fahne getragen. Der Eigentümer und Besitzer der Fahne (Militärverband, Verein, Dachverband,) erfährt mit der Ausstattung der Fahne mit einem Fahnenband eine besondere Ehre und Wertschätzung und ist äußeres Zeichen der Anerkennung und Verbundenheit. Die Auszeichnung der Fahne mit einem Fahnenband öffentlich zu machen, geschieht durch das Tragen des Fahnenbandes an der Fahne. Bei den Schützen geschieht dies vornehmlich bei den Festumzügen während eines Schützenfestes, der Proklamation der Schützenkönige und bei Königsbällen.
Unsere Fahnenbänder
In unserem Verein wurden die Fahnen mehrfach mit Fahnenbändern ausgezeichnet und verschönert. Das geschah in aller Regel durch die Schützenkönigspaare beim Ausscheiden aus ihrem Amt.
Hier die Fahnenbänder, mit der die Traditionsfahne von 1899 geschmückt wurde:
Links ist das Fahnenband unserer Königin Toni I. (Nöthe), die ihr Fahnenband nach elfjähriger Regentschaft mit ihrem König Ewald I. (Gottschlich) beim ersten Schützenfest nach Kriegsende im Juni 1950 an die Fahne hängen konnte, zu sehen.
In der Mitte ist sichtbar das Fahnenband der Königin Agnes I. (Stegemann), die 1954 mit Georg I. (Tetzlaff) aus dem Amt schied. Ihr König hatte 1950 einen Tonvogel abgeschossen.
Im Jubiläumsjahr 1957 brachten die Schützen vom Schützenbund Herner Mark 1907 e.V. das rechts abgebildete Fahnenband mit und gaben so ihre enge Verbundenheit mit den Holthauser Schützen zum Ausdruck. Es war das dritte und letzte Fahnen- oder in diesem Fall auch Freundschaftsband für unsere Traditionsfahne.
Unsere im Jahre 1958 geweihte Bataillonsfahne wurde bisher mit insgesamt 4 Erinnerungs- bzw. Freundschaftsbändern geschmückt:
Das erste Foto von links zeigt das Erinnerungsband des Schützenkreises Herne im Westfälischen Schützenbund 1861 e. V. Dieses Band erhielt 1968 nicht nur unsere Fahne, sondern wohl alle Vereinsfahnen der Herner Schützenvereine.
Das von links gesehen 2. Fahnenband stifteten Hans-Dieter I. (Reinartz) und Annemarie I. (Gresch), die 1982 am Ende ihrer Regenzeit zum Dank für treue Gefolgschaft dieses Schmuckstück der Fahne anhefteten.
Am Ende ihrer Amtszeit im Millenniumsjahr 2000 schmückten Wolfgang II. (Wittkop) und Elsbeth I. (Ruthe) zum Dank für die vielfältige Unterstützung aller Schützen die Fahne mit ihrem Fahnenband. Dieses Fahnenband war in Mittersill im Salzburger Land entworfen, genäht und gestickt worden. Während das Band selbst aus beigefarbenem Samt ist, hat der Überhang den traditionell dunkelgrünen Grund.
Im Jubiläumsjahr 2007 heftete das Musikkorps Herne, das in unserem Vereinsheim seit einigen Jahren ein Zuhause gefunden hat, unserer Bataillonsfahne als besondere Ehre und Zeichen der Verbundenheit mit den Holthauser Schützen ein Fahnenband an, das in den Vereinsfarben des Musikkorps gehalten ist und sich damit von den meist in grünem Ton gehaltenen Fahnenbändern abhebt.
Die Fahnenstöcke und ihre Fahnennägel
Fahnen werden an einem so genannten Fahnenstock getragen. Dieser besteht meist zum besseren Transport und Lagerung aus zwei Stücken, die aneinander geschraubt werden. Zusätzlich wird eine Fahnenspitze aufgeschraubt. Sowohl unsere Traditionsfahne von 1899 als auch die Bataillonsfahne von 1958 tragen eine derartige Fahnenspitze, wovon eine hier abgebildet ist.
Die Fahnenstöcke selbst wurden in der Vergangenheit gern mit einem so genannten Fahnennagel versehen. Diese sind entweder silberfarbig, versilbert oder vergoldet bzw. goldfarben gehalten. Überreicht wurden sie gerne bei Schützenfesten oder Jubiläen. Die unteren Hälften der Fahnenstöcke zeigt das nebenstehende Foto.
Die Fahnennägel, jeweils von oben nach unten betrachtet, tragen folgende Gravuren:
Linker Fahnenstock | Rechter Fahnenstock |
---|---|
“Gestiftet von Werner I. Bärbel I. 1988” |
“gew. Waidmannslust 1958“ |
“Zum 120 jähr. Bestehen gew. Gilde 53 Horsthausen” |
“Zum 100 Jähr. Bestehen gew. v. BSV Alt-Herne 1957” |
“Gew. V. BSV Freischütz 05 1957” |
“1857 - 1957 gew. v. BSV Waidmannslust” |
“Bürger Schützenverein Ober-Castrop 1957” |
“gew. v. BSV Freischütz 05 1966” |
“In alter Verbundenheit Bürger Schützenverein B.-Gerthe 6.9.58” |
“gew. V. S. V. Haranni 1958” |
“gew. v. B.Sch.V. Wildschütz 1958” |
“Westfälischer Schützen-Bund e.V.” |
“gew. v. Sch. Bat. Baukau 06 1958” |
“Zur Fahnenweihe gew. v. Alt-Herne Sept. 1958” |
“gew. v. d. Sch.-Gilde Horsthausen 1957“ |
“gew. v. Sch. B. Hernermark 1958” |
"Zum 100 Jähr. gew. v. Sch. Kreis Herne 1957” |
“zur 100 Jahrfeier gew. v. S. V. Gysenberg 1957” |
“Zum 100 Jähr. gew. v. Sch. V. St. Hubertus Sodingen-Börnig 1957” |
“vom Königspaar 2000 - 2002 Dieter I. Monika” |
Die Legende, eine Holthauser Schützenfahne sei im Besitz der Gerther Schützen
In den Reihen der Holthauser Schützen kursierte in den 1960er bis in die 1990er Jahre hinein die Geschichte, der Schützenverein Bochum-Gerthe habe eine Schützenfahne unseres Vereins entführt und besitze sie noch heute. Vereinzelt glauben Holthauser Schützen auch heute noch daran, obwohl die Gerther Schützen selbst diesen Anspruch gar nicht erheben.
Hierzu muss nur ein Blick in die “Festschrift des Bürger=Schützen=Vereins Bochum=Gerthe e. V. aus Anlaß des 100=jährigen Bestehens” geworfen werden, die im Jahre 1999 sehr ausführlich die Vereingeschichte mit ihren Fahnen beleuchtet.
Auf den Seiten 271 bis 280 stellen die Verfasser die “Traditionsfahne des Schützenvereins Gerthe von 1926” und die “moderne Bataillonsfahne von 1986” vor, die ihre jeweilige Weihe in den Jahren 1926 zu Beginn des Schützenfestes und 1986 in der Ordenskapelle von Steyl in Holland erhielten. Beide Fahnen werden umfangreich beschrieben und sind auch abgebildet.
Ferner wird die dritte Fahne, die “Traditionsfahne des Kriegervereins Holthausen von 1905”, die sich im Besitz der Gerther Schützen befindet, dargestellt und abgebildet. Die zwei Bilder von der Vorder- und Rückseite werden zum besseren Verständnis der weiteren Fakten hier wiedergegeben werden:
Was die Verfasser zur Herkunft der Fahne und wie diese in den Besitz des Gerther Schützenvereins gekommen ist, geschrieben haben, ist nachstehend wiedergegeben:
“Der Bürger-Schützenverein Bochum-Gerthe e. V. hat drei Fahnen in seinem Besitz, von denen die älteste (Bild 1 + 2) auf eine Initiative des Kriegervereins Holthausen zurückgeht. Der Beschluß des Kriegervereins Holthausen zur Anschaffung einer eigenen Vereinsfahne wurde in einer Vorstandssitzung vom 8. November 1904 gefaßt. Die Fahne ist nach Gestaltung, Form und Inhalt ein klarer Beleg und ein sichtbares Zeugnis dafür, daß der augenblickliche Besitzer, der Bürger-Schützenverein Bochum-Gerthe e.V., seine geschichtlichen Wurzeln in einem Kriegerverein hat.”
Einige Zeilen weiter heißt es dann:
“Die an allen vier Enden mit je einem Eichenlaub geschmückte Vorderseite der Fahne trägt den Schriftzug ihres alten Besitzers “Kriegerverein Gerthe-Holthausen” und die Jahreszahlen 1901 und 1906.”
Auch die auf der Seite 273 befindlichen Sätze:
“Diese älteste Fahne des Bürger-Schützenvereins Bochum-Gerthe e. V. ist ein kostbares Erinnerungsstück an die Gründungsphase seiner Vereinsgeschichte, als er sich noch Kriegerverein Holthausen nannte. Die Fahne, die im Jahre 1905 feierlich geweiht wurde, hat eine bewegte Geschichte hinter sich.”
belegen, dass eine Fahne des Bürgerschützenvereins Holthausen 1857 e.V. nicht in den Besitz des Gerther Schützenvereins gelangt sein kann.
Deshalb kann es ebenfalls nicht sein, dass ein “Antrag des Bürgerschützenvereins Holthausen auf Herausgabe an den Kriegerverein Gerthe-Holthausen laut Vorstandsbeschluss des Bürger-Schützenvereins Gerthe vom 6. Juni 1926 abgelehnt wurde, wie es auf derselben Seite heißt.
Diesen Beschluss ziehen wir in keiner Weise in Zweifel, nur kann der Antrag nicht vom BSV Holthausen stammen, da dessen Tätigkeit als Verein im Jahre 1928 wiederbelebt wurde, weil das Vereinsleben u.a. wegen des I. Weltkrieges und seinen einschneidenden Folgen zum Erliegen gekommen war, wie bereits an anderer Stelle berichtet.
Darüber hinaus wird aus den zu den 4 Fahnen des Bürgerschützenvereins Holthausen berichteten Einzelheiten klar erkennbar, dass die Holthauser Schützen ihre erste Fahne aus den Gründertagen bei einem Brand verloren haben. Die zweite Fahne aus dem Jahre 1899 und vierte Fahne aus dem Jahre 1958 befinden sich im Vereinsheim hinter Glas. Die dritte Fahne, die Fahne des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen, die den Holthauser Schützen 1937 verordnet wurde, ist seit den letzten Tagen des II. Weltkrieges nicht auffindbar und wird auch nich vermisst.
Lesen Sie auch
Anmerkungen
Einzelnachweise
- http://de.wikipedia.org/wiki/Fahne
- http://artikel.4am/archives/14099-Die-Bedeutung-der-Fahne-gestern-und-heute
- http://www.volkskultur.org/symbolfahnen.doc
- Festschrift 100 JAHRE BÜRGERSCHÜTZENVEREIN HOLTHAUSEN 1857-1957, Herne-Holthausen, 1957
- Festschrift 150 JAHRE BÜRGERSCHÜTZENVEREIN HOLTHAUSEN 1857 e.V., Herne-Holthausen, 2007
- Castroper Zeitung Nr. 29 vom 9. März 1899, Stadtarchiv Castrop-Rauxel, Castrop-Rauxel
- Stadtanzeiger für Castrop-Rauxel und Umgebung, Nr. 185 vom 8. August 1928 - Privatbesitz Elsbeth Ruthe
- Protokollbuch Bürgerschützenverein Holthausen - Protokolle 1928 - 1935 - Vereinsarchiv BSV Holthausen 1857 e.V.
- Vereinsregister des Amtsgerichtes Castrop-Rauxel, Castrop-Rauxel
- Vereinsregister und Vereinsakte des Bürgerschützenvereins Holthausen 1857 e.V . beim Amtsgericht Herne, Herne
- http://de.wikipedia.org/wiki/Dietwart
- Protokollbuch Bürgerschützenverein Holthausen - Protokolle 1936 - 1945 - Vereinsarchiv Bürgerschützenverein Holthausen 1857 e.V.
- Herner Anzeiger vom 24. August 1937, Herne
- Herner Zeitung Nr. 153, Blatt 2, vom 4. Juli 1938 - Privatbesitz Elsbeth Ruthe
- http://de.wikipedia.org./wiki/Nationalsozialistischer_Reichsbund
- http://de.wikipedia.org/wiki/Fahnenband
- 1899 - 1999 Festschrift des Bürger-Schützen-Vereins Bochum-Gerthe e.V . aus Anlaß des 100-jährigen Bestehens, Bochum-Gerthe, 1999