Saalbau Strickmann

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Strickmanns Saalbau †
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Erbaut: 1880/1897/1929
Auch bekannt als: Wirtschaft Berke, Strickmann
Stadtbezirk: Herne-Mitte
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Letzte Änderung: 04.01.2025
Geändert von: Andreas Janik

Der Saalbau der Wirtschaft Strickmann im Hause Shamrockstraße 44 lag auf der nördlichen Seite zwischen Westring und Berliner Platz und wurde erstmals 1876 errichtet.

Der Saal zu Zeiten des Wirtes Berke vor 1903
Der Saalbau nach seiner Vernichtung 1945. Man beachte das durch den Feuersturm wieder zutage getretene Wort "Fest" aus dem alten Berkeschen Saal am linken Rand des Bühnenbaues.
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„Die Strickmannsche Wirtschaft war 1876/77 von Heinrich Berke Senior[1] erbaut worden, derden Hauptteil des Vietingschen Anteils der Flur "Auf der Bredde" 1875 gekauft und 1876 in der Versteigerung noch ein Stück von dem Nachbarn Wagner hinzuerworben hatte. Er errichtete Wohnhaus und Anbauwohnung, wozu später noch Saalgebäude und andere Anbauten kamen. Im Jahre 1897 brach sein Sohn und Nachfolger das Wohnhaus mit Anbauwohnung ab, dafür entstand das jetzige dreistöckige Haus, das noch durch ein Gastzimmer, eine Gartenhalle und den jetzigen großen Saalbau bereichert wurde. Im Jahre 1882 hatte der alte Berke die Wirtschaft gegen Leibzucht an seinen Sohn Heinrich[2] übergeben, von dem sie 1903 der Wirt Hermann Kampmeyer erwarb. Von der Witwe Kampmeyer ging sie am 29. Januar 1920 an den Metzger Otto Pruchnewski, zwei Monate später an den Wirt Ernst Fischer aus Dortmund und im Dezember 1920 an den Kaufmann Hermann Strickmann über, der später den Garten erheblich erweitern und auch sonst mehrfache bauliche Verbesserungen durchführen ließ.“

Soweit Leo Reiners in seinem Artikel Um „Helle“ und „Bredde“ aus dem Jahre 1936.

Unter Strickmann wurde der große Saal zu einem großen Festsaalbau umgeformt um große Veranstaltungen, Theater- und Gesangsvorführungen mit Gastwirtschaftlichen Rahmen durchführen zu können.

Im Juni 1929 berichtete der Herner Anzeiger von der letzten großen Renovierungsmaßnahme folgendermaßen:

„Strickmanns Saalbau.

Strickmanns Saalbau war schon in seiner früheren Gestaltung beachtenswert in seinen Ausmaßen, seiner Belichtung, seiner ansprechenden Farbentönung, seinem durch Säulen abgetrennten Schankraum u. a. m., so daß Vereine ihn gerne zur Abhaltung ihrer Feste wählten. Der Besitzer trug sich schon längere Zeit mit dem Gedanken, dem Saal durch Erweiterungs= u. Umbauten ein vollkommeneres Bild zu verleihen. Herr Architekt Hesse arbeitete dementsprechend ein Projekt aus, das nunmehr seiner Vollendung entgegengeht. Wenn auch die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind, so können wir uns doch schon den neuen Saal vor Augen führen. In Harmonie stehen Länge und Breite zueinander, nämlich 40:16 Meter. Rechnet man die Nebenräume hinzu, so erhöht sich die Saalbreite auf 23 Meter. Die Saalhöhe ergibt 9.40 Meter. Eine wesentliche Vergrößerung ist durch die Anlage einer Empore entstanden, die in ihrer Brüstung schöne architektonische Formen aufweist. Das Größenverhältnis derselben ist 16:8 Meter. Der bisherige Schankraum und die Toiletten sind geblieben, während für die Garderobe als Ausweitung der gegenüberliegenden Seite ein neuer Raum von ansehnlicher Länge und Breite entstanden ist. Von höchst praktischer Wertung erscheint jedem Sachverständigen der 4 Meter breite Eingangsraum, der beim Ausgang der Festteilnehmer ein Drängen völlig ausschließt. Zur Herrichtung des gegenwärtigen Saales mußten umfangreiche Abbruchsarbeiten vorgenommen werden, die erst am 4. April dieses Jahres begannen, während noch am 12. Mai im Saale ein Fest gefeiert wurde. Dennoch nahmen diese Arbeiten wie der Aufbau einen solch rapiden Fortgang, daß bereits am vorigen Sonntag die Wiedersehensfeier der 131er im erweiterten Saale begangen werden konnte, wenn auch durch Maien und Tannengrün einige unfertige Verputzflächen verdeckt werden mußten, was ohne Störung des Gesamteindrucks geschah. Gerade dieses erste Fest mit seinen ungezählten Besuchern hat den Beweis erbracht, daß der Saal für alle, auch für die größten Veranstaltungen, ausreichend ist und jegliche Stockung und Störung wegen Überfülle ausschließt. Bei objektiver Betrachtung muß man anerkennen, daß Herrn Hesses Projekt einen Saal geschaffen hat, der seinesgleichen in Herne und Umgebung sucht. Es geziemt sich, anläßlich der nahen Fertigstellung auch der Unternehmer zu gedenken, die samt und sonders bemüht waren, den Fortgang der Arbeiten zu beschleunigen. Es führten aus: die Erdarbeiten Fa. Joh. Köhne, die Maurerarbeiten Fa. Fr. Schrader, die Betonarbeiten Fa. Moddemeyer, die Zimmerarbeiten Fa. Lindner. die Klempnerarbeiten Fa. Nordmann, die Dachdeckerarbeiten Fa. Wewers, die Stuckarbeiten Fa. Schnittker, die Plattierungsarbeiten Fa. Rinas, die Schreinerarbeiten Fa. Veuhoff, die elektrischen Anlagen Fa. Goebel.

Das vollwirkende Bild wird der Saal erst nach stattgefundener Ausmalung des erweiterten Teiles empfangen; jedenfalls dient er aber auch in seiner jetzigen Gestaltung allen Vereins= und Versammlungszwecken. Das wird der kommende Sonntag lehren, an dem der Herner Männerchor unter gewaltiger Teilnahme sein 60jähriges Jubelfest zu feiern gedenkt. Bei dieser Gelegenheit werden auch Dirigent, Sänger und Musikfreunde zur Überzeugung kommen, daß außer den Größenverhältnissen die Akustik in abgeklärter Färbung hervortritt.

Rückblickend möchten wir sagen: durch den erweiterten und architektonisch verschönerten Saalbau hat auch die Stadt Herne eine hervorragende Versammlungsstätte gewonnen, die freilich mit schweren Opfern des weitschauenden Besitzers, Herrn Strickmann, entstanden ist. Solchen Opfern gebührt Anerkennung, die sich auswirken müsste, bei städtischen Festen größeren Umfangs von der Benutzung des Saales Gebrauch zu machen.“[3]

Der Strickmannsche Saalbau wurde dann tatsächlich aufgrund seiner Ausstattung mit kleinem und großem Saal Austragungsort zahlreicher öffentlicher Konzerte, Aufführungen und Festveranstaltungen, Verfassungsfeiern des Magistrates (1929), Betriebsfeiern, Musikkonzerte. Der Saalbau war aber auch aufgrund seiner Größe bevorzugter Veranstaltungsort der NSDAP in Herne.

Hermann Strickmann starb am 1. Oktober 1940 in Herne im Alter von 48 Jahren und wurde am 3. Oktober 1940 auf dem Südfriedhof bestattet. Seine Witwe Maria geb. Heimeshoff hinterließ er ohne Nachkommen und führte die Wirtschaft in den nächsten Jahren bis in die 1950er Jahre weiter.

Am 9. Mai 1944 war in der Herner Zeitung zu lesen, dass eine öffentliche Pockenschutzimpfung im Saalbau Strickmann abgehalten wurde.

In einem der letzten großen Bombardierungen auf Hernes wurde der Saal zerstört. seine Überreste wurde in den nächsten Jahren abgetragen.

Am 18. Oktober 1944 wurde die Pockenschutzimpfung nicht mehr im Saal, sondern in der Wirtschaft Strickmann abgehalten. Im März 1945 wurde hier Lebensmittelkarten ausgegeben.

Heute befinden sich moderne Säle und der beliebte Biergarten auf seinen Grundmauern.



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Einzelnachweise

  1. Geboren am 8. Januar 1828 in Ickern, gestorben am 19. Mai 1901 in Herne. verheiratet mit Louise Neimeier.
  2. Theodor Heinrich Wilhelm Berke, geboren am 12. September 1855 in Waltrop-Leveringhausen, gestorben am 22. Februar 1924 in Herne. verheiratet seit 1880 mit Lisette Henriette Bergmann (1858 Holsterhausen - 1941 Herne.
  3. Herner Anzeiger vom 21. Juni 1929. Online auf Zeitpunkt.nrw