Bahnhofstraße 47

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Überblick
Denkmalplakette Nordrhein-Westfalen 2010.svg
1930er Niehage.jpg
Erbaut: 1892
Auch bekannt als: Niehage
Stadtbezirk: Herne-Mitte
Die Karte wird geladen …
Letzte Änderung: 17.06.2025
Geändert von: Andreas Janik

Das Eckhaus Bahnhofstraße 47 / Neustraße

Haus Bahnhofstraße 47

Situation vor 1880.

Das Haus an der heutigen Bahnhofstraße 47 war über ein Jahrhundert lang Sitz einer bedeutenden Herner Kaufmannsfamilie: der Familie Niehage.

Anfänge der Familie Niehage

Die Geschichte der Familie beginnt Ende des 19. Jahrhunderts mit August Niehage (* 1856 in Vlotho-Valdorf † 1935 in Datteln-Meckinghofen), dem zweitgeborenen Sohn eines Landwirts aus Vlotho-Valdorf. Er zog zuerst nach Harpen und später nach Herne. Im November 1882 eröffnete er am Kirchplatz 10 ein Ladenlokal unter dem Namen „Spezerei-, Mehl- und Fettwarengeschäft“.

Umzug an die Bahnhofstraße

Niehage-Bahnhofstraße 47 Menschen.jpg

Nur zwölf Jahre später, kaufte August Niehage für 11.000 Taler ein 700 Quadratmeter großes Wiesengrundstück an der damaligen Landchaussee – der heutigen Bahnhofstraße. Dort verlegte er seinen Geschäftssitz an die Ecke Bahnhofstraße / Neustraße. Er erweiterte den Betrieb um:

  • eine Drogerie
  • Import von Weinen aus Frankreich und Spanien
  • Tee- und Kaffeehandel aus Holland

Aufbau eines Großhandels

Werbung aus dem Adressbuch von 1892

Sein Sohn Wilhelm Niehage lernte bei einem der ältesten Lebensmittelgroßhändler in Köln. August Niehage expandierte zwischenzeitlich bis nach Henrichenburg, wo er ein Großrestaurant betrieb. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Wilhelm den Betrieb in Herne und konnte diesen weiter ausbauen.

Ein Lagerhaus an der Neustraße diente fortan als:

  • Warenlager
  • zollfreies Lager für Wein, Tee und Kaffee

Nach dem Zweiten Weltkrieg florierte besonders das Kaffeegeschäft. Wilhelm Niehage starb 1951 im Alter von 70 Jahren. Sein Sohn Helmut Niehage übernahm den Betrieb und baute ihn weiter aus.

Seit den 1960er Jahren befand sich das Schuhgeschäft Andre hier im Haus ebenso die Fahrschule Schlage.

Blütezeit und Rückgang

In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Unternehmen stark:

  • Auslieferung von Kaffee bis ins Siegerland
  • Weinvorrat von über 100.000 Litern
  • Sieben Ladenlokale im gesamten Stadtgebiet: u. a. in Altenhöfen, Sodingen und Horsthausen
  • Belieferung von Apothekern, die medizinischen Wein für Staublungen-Patienten herstellten

Die Wende kam mit dem Aufstieg der Discounter, die neue Konzepte wie dauerhaft reduzierte Preise und schmucklose Warenpräsentation auf Paletten einführten. Diese Entwicklung konnte das Unternehmen nicht auffangen – die Filialen wurden nach und nach geschlossen.

Ende einer Ära

Mit dem Bau der U-Bahn und der Großbaustelle an der Bahnhofstraße musste auch der Stammsitz an der Bahnhofstraße 47 aufgegeben werden. Der Großhandel lief noch bis zum Tod von Helmut Niehage im Jahr 2004 weiter.

Danach endete die Ära des Handelshauses Niehage.

Heute

Thomas Niehage, Sohn von Helmut, betreibt heute eine Immobilienverwaltung an der Neustraße 5, wo auch seine Tochter mitarbeitet.

An die Kaufmannsgeschichte erinnert heute nur noch der Schriftzug:

„August Niehage – Wein Import“

im Hinterhof an der Neustraße.

Der Juwelier »Christ« firmiert seit Jahren im Haus Bahnhofstraße 47.

Quellen

  • Artikel: „Von August bis Thomas Niehage – Auf den Spuren einer Kaufmannsdynastie“, 29. Juli 2016, Stadt Herne
  • Der Bote, September 2021, S. 34, Andreas Janik

Verwandte Artikel

Einzelnachweise