Stichkanal

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Version vom 22. Januar 2018, 18:17 Uhr von Thorsten Schmidt (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Der Zweigkanal des Dortmund-Ems-Kanal, in Herne für den stillgelegten Abschnitt auch als Stichkanal bezeichnet, war eine rund sieben Kilometer lange Wasserstraße zwischen dem Schiffshebewerk Henrichenburg und Herne, die zwischen 1893 und 1896 erbaut wurde. Der Zweigkanal war der Vorläufer einer Verbindung des Dortmund-Ems-Kanals mit dem Rhein, dem heutigen Rhein-Herne-Kanal.

Baugeschichte

Vor dem Kanalbau wurde diese Trasse bis 1882 als Eisenbahnstrecke von der Königlich-Westfälischen Eisenbahn-Gesellschaft genutzt. Am westlichen Ende lag der Herner Bahnhof dieser Eisenbahngesellschaft.

Der Stichkanal hatte seinen Anfang am Kanalhafen der Schachtanlage Friedrich der Große III / IV und verlief mitten durch den Ortsteil Horsthausen bis zur heutigen Brücke der A 42 an der Bahnhofstraße ,direkt neben der Tankstelle am Rande der Herner Innenstadt unweit von Schloss Strünkede. Am ehemaligen Kanalhafen der Zeche Friedrich der Große befindet sich heute die Schleuse Herne-Ost.

In der Zeit von 1895 bis 1938 diente der Kanal dem Kohletransport zwischen den Schachtanlagen Zeche Friedrich der Große I / II in Herne-Horsthausen und III / IV in Herne-Börnig. Dieser Kanalabschnitt benötigte keinerlei Schleusen. Der Bau dieser Wasserstraße war notwendig geworden, da die damalige Infrastruktur keine andere Transportmöglichkeit zuließ, eine durchgehende Straßenverbindung zwischen Horsthausen und Börnig gab es seinerzeit noch nicht.

Neben dem Kohletransport wurden auf diesem Kanalstück auch Ausflugsdampfer eingesetzt. In Anbetracht dessen, dass Herne an 2 Kanälen lag, gab der Stadt den Ruf „Kanalstadt Herne“. Im Winter hatte dieser Kanalabschnitt die scherzhafte Bezeichnung „Hernes längste Schlinderbahn“, im Sommer die Bezeichnung „Hernes längste Badeanstalt“ inne.

"Der erste Weltkrieg war verloren und Deutschland musste nach dem 1919 geschlossenen Versailler Vertrag an die alliierten Siegermächte Reparationszahlungen leisten. Ab 1922 wurden, bedingt durch die immer größer werdenden wirtschaftlichen Probleme des Deutschen Reiches, anstatt Geld Sachleistungen vor allem in Form von Stahl, Holz und Kohle verlangt. Deutschland geriet in Verzug und die Alliierten vermuteten eine bewusste Verzögerung durch die Reichsregierung. Als Folge hieraus besetzten französische und belgische Truppen im Januar 1923 das gesamte Ruhrgebiet um die dortige Kohle- und Koksproduktion zur Erfüllung der deutschen Reparationsverpflichtungen zu sichern.
Folge dieser Besetzung war ein Aufschrei nationaler Empörung. Die Reichsregierung rief zum passiven Widerstand auf. Was folgte waren Nichtzahlungen von Reparationen an die Besatzer, Generalstreiks und Anschläge auf militärische und industrielle Anlagen. Im April 1923 wurde ein Sabotageakt auf den Emscherdüker verübt, der den Rhein-Herne-Kanal unterquerte. Damit sollte der Abtransport der Kohle aus dem Ruhrgebiet nach Frankreich verhindert werden. Der Düker wurde gesprengt und der damalige Stichkanal Herne des Dortmund-Ems-Kanals, lief zwischen dem Sicherheitstor Emscher und der Schleuße Herne-Ost leer. Drei Monate brauchte es, bis der Kanal wieder gefüllt werden konnte. Das erste Schiff, die Johanna, später Schürmann II, das den Rhein-Herne-Kanal befahren hatte, wurde bei dem Sabotageakt zerstört."[1]

Bergschäden führen zum Ende

Im Jahre 1934 kam es durch erhebliche Bergsenkungen fast zu einem Dammbruch in Horsthausen. Daraufhin wurden die Dämme zwar noch einmal beträchtlich verstärkt, jedoch konnte die zerstörerische Wirkung der Bergschäden auf das Kanalbett nicht aufgehalten werden.

Aus diesem Grunde wurde der Abschnitt des Stichkanals im Oktober 1937 stillgelegt, das gleiche Schicksal ereilte den Hafen der Zeche Friedrich der Große I/II in Horsthausen. Im Stadtteil Horsthausen gab es lange Zeit noch eine Apotheke, die „Hafen-Apotheke“, die mit ihrem Namen an diese Zeit erinnerte.

Am 12. Januar 1938 wurde durch eine Dammsprengung in Höhe des Landwehrbaches (heute Kleingartenverein „Im Stichkanal“) das Wasser abgelassen. Zuvor wurde in Höhe des Hafens Friedrich der Große III/IV in Börnig dieser Kanalabschnitt mit einer Spundwand von den übrigen Kanalanlagen abgetrennt.

Weitere Nutzung

Während große Abschnitte des leeren Kanalbetts sofort zugeschüttet und einer anderen Nutzung zugeführt wurden, beispielsweise die Weiterführung der Gneisenaustraße bis zum Kanalhafen Friedrich der Große III/IV, Feinkohlelagerstätte bei der Anlage I/II, konnte man noch bis zum Bau der A42 an manchen Stellen in Horsthausen das ehemalige Kanalbett gut ausmachen. Heute benutzt die BAB 42 diese Trasse. Zur Erstellung der ersten Packlage für die Trasse der Autobahn und Verfüllung des leeren Kanalbetts östlich der früheren Brücke Werderstraße wurde in diesem Bereich das Gestein der Halde der ehemaligen Schachtanlage Friedrich der Große I/II, die im oberen Teil der Hafenstraße aufgeschüttet war, verwendet. Von Herne Baukau in Fahrtrichtung Castrop-Rauxel kann man den früheren Verlauf dieser Wasserstraße noch an der schnurgeraden Straßenführung erkennen. Die Anlagen des bereits erwähnten Kleingartenvereines „Im Stichkanal“ orientieren sich ebenfalls am Verlauf des ehemaligen Kanalbettes.

An den eigentlichen Zweigkanal bis Henrichenburg schloss 1914 der Rhein-Herne-Kanal an. 1950 wurde der Zweigkanal offiziell dem Rhein-Herne-Kanal zugeordnet, der somit kurz vor dem alten Schiffshebewerk Henrichenburg (von 1899) in den Dortmund-Ems-Kanal übergeht.[2]

Karten und Pläne

Ursprungstext und Autorenverzeichnis

Wikipedia: Zweigkanal (Dortmund-Ems-Kanal), abgerufen am 18. Dezember 2015.

Siehe auch

Quellen und Anmerkungen

  1. Quelle: "100 Jahre Rhein-Herne-Kanal - Die Wasserstraße mitten durchs Revier", herausgegeben von Georg Eggenstein, Herbert Niewerth, Arnulf Siebeneicker, 1. Auflage Mai 2014, Klartext Verlag, Essen 2014
  2. M. Eckoldt (Hrsg.), Flüsse und Kanäle, Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen, Seite 378, DSV-Verlag 1998