Ev. Vereinshaus / Ludwig-Steil-Haus (Herne)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Ludwig-Steil-Haus ✝ 2019
Ludwig-Steil-Haus Andreas Janik 20190723.jpg
Bildinfo: Ludwig-Steil-Haus am 23.07.2019 [1]
Erbaut: 1896
Auch bekannt als: ehemaliges Ev. Vereinshaus
Stadtbezirk: Herne
Ortsteil: Mitte
Kartengitter: H4
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Letzte Änderung: 06.02.2024
Geändert von: Andreas Janik

Um den evangelischen Vereinen, namentlich dem Arbeiterverein, ein Heim zu schaffen sowie um anderen verwandten Zwecken zu dienen, setzten auf Anregung des Pastors von Martitz 1888 (1. November) eine Anzahl Männer sich das Ziel, ein evangelisches Vereinshaus mit Hospiz zu gründen.

Einweihung

Der Generalanzeiger für Dortmund und der Provinz Westfalen berichtete am 2. November 1896:[2]
Einweihung des evangelischen Vereinshauses.

Herne, 2. November. Gestern Nachmittag fand hierselbst die feierliche Einweihung des neu errichteten Vereinshauses statt.

Von 2 Uhr Nachmittags an versammelten sich die Festteilnehmer auf dem Kirchplatze vor der evangelischen Kirche. Um 2½ Uhr wurde in stattlichem Festzuge der Weg nach dem Vereinshause angetreten. Voran schritt die Musikkapelle des evangelischen Arbeiter=Vereins. Ihr folgten das Komitee und die Festgäste, sodann der Gesangchor des Lehrerkollegiums, ferner der Frauen Verein, der Jungfrauen=Verein, der evangelische Arbeiter=Verein Herne, der evangelische Arbeiter Verein Baukau, der evangelisch=ostpreußische Arbeiter=Verein Herne und, endlich die keinem Vereine angehörigen Mitglieder der Gemeinde. Der Zug hielt sofort Einzug in den großen Vereinssaal, der indes die große Zahl der Festteilnehmer nicht zu fassen vermochte, sodass viele Personen im Vorbau, in dem anstoßenden kleinen Saale, auf der Empore und in den sonstigen Räumen des Vereinshauses Platz suchen mussten. Die Kapelle des evangelischen Arbeiter=Vereins nahm auf der Bühne Platz, während, der gemischte Gesangchor des Lehrerkollegiums sich auf der entgegengesetzt liegenden Empore versammelte. Die Kapelle leitete das Fest ein durch ein Musikstück über den Choral „Eine feste Burg ist unser Gott.“

Hierauf sang die Versammlung unter Musikbegleitung einen Choral und darauf trug der gemischte Chor den Gesang Psalm 103 von C. Stein vor (Lobe den Herrn meine Seele) und als der Gesang beendet war, betrat der Herr Generalsuperintendent Dr. Nebe den improvisierten Predigtstuhl und sprach die Weiherede. Es folgte nun der von der Versammlung gesungene Choral „Ein feste Burg ec.“, sowie ferner der vom Lehrerchor gesungene Psalm 8 von J. Mühling, worauf Herr Pastor von Martitz in längerem Vortrage sich über das Zustandekommen des großen Werkes verbreitete. Diesem fesselnden, sehr interessanten Vortrage entnehmen wir, dass die Grundidee am 1. November 1888, dem Tage des Reformationsfestes, von einem kleinen Kreise evangel. Männer gefasst worden ist, welche auch sofort der Verwirklichung ihrer Idee näher getreten sind. Die Zeche Shamrock hat sofort 1000 Mark zur Verfügung gestellt, weitere 3000 Mark haben andere Zechen und Private zusammengeschossen und es sei so der Anfang mit 4000 Mark gemacht worden. Konzerte und Vorstellungen, die zum Besten des Unternehmens veranstaltet wurden, haben einen Gesamtgewinn von 3819 Mk. und eine seitens des Herrn Oberpräsidenten genehmigte Kollekte 7000 Mark ergeben. An freiwilligen Monatsbeiträgen von 60 Gemeindemitgliedern seien 5000 Mark zusammengekommen. Die Sparkasse Herne hat zur ersten Hypothek 60000 Mark angewiesen und die Herren Schollbruch und Westerworth zu Baukau haben zur zweiten Hypothek ebenfalls 20000 Mark und Herr Schlenkhoff zur dritten Hypothek ebenfalls 20000M. geliehen, so dass gegenwärtig 100000 M. Schulden auf dem Hause lasten. Das Baugrundstück zur Größe von 229 Ruten ist von den Erben Schlenkhoff für 22.50 Mark pro Rute abgegeben worden und hat 5286,48 Mark gekostet. Darauf haben damals aber nur 4240 M. bezahlt werden können.

Die Front des Grundstücks beträgt 40 Meter und die des Hauses 30 Meter. Der Saal ist 40 Meter lang und 20 Meter breit. Das ganze Bauprojekt ist nach Handskizzen des Herrn Bauinspektors [Karl] Radebold von hier, in Bielefeld durch die Herren Bauinspektor Grabes und Baumeister Sybold ausgearbeitet und der Bau durch Herrn Baumeister Höffken[3] aus Dortmund geleitet worden.

Die Maurer= und Zimmerarbeiten sind durch Herrn Bauunternehmer Kempen Ries und alle übrigen Bauarbeiten ebenfalls durch Herner Handwerker ausgeführt worden. Am 23. Juli 1895 ist der Grundstein gelegt worden und heute ist ein Bau eingeweiht worden, wie ihn für solchen Zweck kein Ort im deutschen Reiche aufzuweisen hat. Aus vielen Städten kommen Deputationen nach hier, um sich das Gebäude und seine Einrichtungen anzusehen und auch heute war eine Abordnung Dortmunder Herren zu gleichem Zwecke hier. Herr Bauinspektor Radebold hat zur Ausrüstung des Kinderspielplatzes 100 Mark gespendet. Weitere 100 Mark hat Herr Schmidt=Sodingen gespendet und eine gestern in der Versammlung abgehaltene Tellersammlung ergab 234,79 Mk. Es folgten nun wieder Gesänge und Musik und Herr Pastor Kuhlo aus Bielefeld trug mehrere Solis auf dem Waldhorn mit großer Virtuosität vor.

Außerdem sprach dieser Herr in längerem Vortrage über Vereinshäuser und Herbergen und Herr Pastor Albers von hier hielt die sehr schöne Schluss= und Dankrede. Herr Pastor von Martitz brachte ein Hoch auf den Herrn Generalsuperintendenten und Herr Grubendirektor Meyer ließ Herrn von Martitz hochleben.

Besonderes Verdienst hat der Gesangchor des Lehrerkollegiums durch seine meisterhaften Gesänge sich um das großartige Gelingen dieses wirklich in allen Teilen schönen Festes erworben, aber auch die Musikkapelle hat gutes geleistet und auch die Vorträge zweier Damenchöre spachen an.

Die Bewirtung und Bedienung waren vorzüglich und alle Festteilnehmer sind befriedigt durch die wirklich genussreichen Stunden von dannen gezogen."

Schaefer 1912 S. 67/68

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29. Das evangelische Vereinshaus, christliches Hospiz

Durch Geschenke des Arbeiter=Vereins (1000 Mk.), der industriellen Gesellschaften und vieler Bürger, ferner durch Sammlungen, Konzerte und Aufführungen, endlich durch eine Hauskollekte in der Provinz entstand ein namhaftes Kapital. Der größere Teil der erforderlichen Gelder wurde später durch hypothekarische Beleihung aufgebracht.
Die Grundsteinlegung fand 1895 (23. Juni), die Einweihung 1896 (1. November) statt.
Das Grundstück des an der Schulstraße liegenden Gebäudes nebst Saal erweiterte man 1900 durch Zukauf von Gelände bis an die Hohenzollernstraße. 1910 ist die seither im Vereinshause gleichfalls untergebracht gewesene Herberge zur Heimat in Fortfall gekommen, weil ein Bedürfnis für eine solche nicht mehr anerkannt wurde. Um den gewonnenen Raum vergrößerte man die Fremden= (Hospiz=) Zimmer, sowie die Gastwirtschaftsräume und stattete sie neuzeitig aus.
Das Haus besitzt eine von der Gesellschaft Hibernia geschenkte Bücherei von 900 Bänden.
Ihm wurden die Rechte einer juristischen Person verliehen.
Der Aufsichtsrat besteht aus 35 Herren; davon bilden 7 einen engeren Ausschuß. Es sind dies zur Zeit [1912]: Pastor v. Martitz, Direktor Papentin, Baumeister Fuchs, Rentner Ludw. Schlenkhoff * [* Inzwischen verstorben], Pfarrer Albers, Erster Bürgermeister Dr. Büren und Kaufmann Wilh. Schlenkhoff senior.

weitere Nutzung

Im 1. Weltkrieg nutze die Zeche Shamrock das Gebäude als Unterkunft für russische Kriegsgefangene Zwangsarbeiter und zur Französischen Besatzungszeit waren deren Truppen im Haus untergebracht. Diese Zeiten und die allgemeine Lage führte zu bedeutenden Verlusten. Durch diesen wirtschaftlichen Druck wurde es dem Hausvater erlaubt, fremde Vereine aufzunehmen, darunter auch die örtliche NSDAP. Am 9. November 1936 übernahm die Kreuzkirchen Gemeinde das Haus vom bisher besitzenden Vereinshaus-Verein und schloss zum 10. November den Wirtschaftsbetrieb, endzog damit fremden Vereinen das Haus. Ab Frühjahr 1937 wurde das Haus so zu einem Versammlungshaus der Gemeinde - im Erdgeschoss die Gasträume zu einem "vorderen Saal" und im Obergeschoss die Räume zu Wohnzwecke - umgebaut.
Wie schon im ersten, so auch im zweiten Weltkrieg, diente das Haus zur Unterbringung von Zwangsarbeitern, die in Herne Lufdtschutzbunker errichten mussten. Ein bedeutender Bombentreffer blieb zum Glück als Blindgänger innerhalb des Hauses liegen und hatte nur wenig Schaden angerichtet. In den Zeiten, als die Kreuzkirche durch die Kriegseinwirkungen nicht genutzt werden konnte, diente der große Saal der Gemeinde als Notkirche. Das war auch bei den bedeutenden Renovierungen der Kirche in den nächsten Jahrzehnten so.
Nach dem Kriege nutzen verschiedene Stadtbezirke der Gemeinde das Haus. 1965 wurde das Haus großzügig im "modernen" Stil Renoviert. Dabei entstand der neue Eingangsbereich an der Südseite des Gebäudes, wogegen der ursprüngliche Eingang im Norden nicht mehr genutzt wurde.
Im großen Saal wurden die Empore zugemauert, die Decke verkleidet und eine große Bühne eingerichtet.

"Ludwig-Steil-Haus"
Am 5. Februar 1967 wurde mit der Wiedereröffnung das Haus nach Pfarrer Ludwig Steil benannt.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung 13.April 2015

Altenwohnungen im Herzen Hernes

Herne. Die Evangelische Kreuzkirchengemeinde verkauft das Ludwig-Steil-Haus samt Grundstück an die Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital.

Der Bau eines neuen Gemeindehauses der Evangelischen Kreuzkirchengemeinde direkt neben der Kirche auf dem Europaplatz bringt in der Innenstadt einiges in Bewegung. Das alte und bisherige Gemeindehaus – das Ludwig-Steil-Haus an der Schulstraße – soll verkauft werden, das Grundstück samt Gebäude wird an die Stiftung Marienhospital veräußert, die dort Altenwohnungen bauen will.

Das Grundstück mit etwa 5000 Quadratmetern sei für die immer kleiner werdende Gemeinde zu groß geworden. Von dem Verkaufserlös, knapp 2,5 Millionen Euro, wolle man den Bau des neuen Gemeindehauses sowie die Sanierung des CVJM-Hauses an der Kreuzkirche finanzieren, sagt Pfarrer Wolfgang Henke. Das neue, deutlich kleinere Gemeindehaus sollte ursprünglich bereits im Sommer 2016 eingeweiht werden.

Die Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital plant den Neubau einer Wohnanlage, die mehrere Wohneinheiten für Senioren umfasst. Sie will das Ludwig-Steil-Haus aber nicht abreißen. „Ein besonderes Anliegen der Stiftung ist der Erhalt des Ludwig-Steil-Hauses, das auch in Zukunft den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden für Veranstaltung unentgeltlich zur Verfügung stehen wird“, erklärt Naciye Schmidt, Pressesprecherin der Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital. „Erste Gespräche zur Finanzierung verliefen positiv und wir sind zuversichtlich, dass die Baupläne zeitnah konkretisiert werden können. Die momentane Planung sieht eine Fertigstellung des Bauprojekts bis 2019 vor.“

``Europaplatz wird umgestaltet``

Der Neubau eines evangelischen Gemeindehauses an der Kreuzkirche wird sich verzögern, „weil wir uns bei der Gestaltung des Europaplatzes mit den anderen Parteien absprechen“, sagt Wolfgang Henke. „Der Platz soll schließlich später repräsentativ aussehen.“ Außerdem gebe es Probleme mit dem Denkmalschutz. Die Gemeinde möchte das neue Gemeindehaus direkt an die Kirche bauen, das ist laut Stadtverwaltung allerdings nicht möglich. „Wir sind in Gesprächen.“ Im Herbst dieses Jahres wolle man mit einem Architektenwettbewerb starten. Baubeginn könnte dann 2017 sein. „Wir rechnen mit einer Bauzeit von mindestens einem Jahr“, sagt Wolfgang Henke. Schließlich solle auch das CVJM-Haus komplett saniert werden. Veranstaltungen, die normalerweise dort stattfinden, können in der Bauzeit noch im Ludwig-Steil-Haus durchgeführt werden. „Die Stiftung hat uns ein Nutzungsrecht eingeräumt“, erläutert der Pfarrer. [4]

Karoline Schubert und Martin Tochtrop


Dieser Artikel bzw. dieses Bild wird von der Westdeutschen Allgemeine Zeitung für das Wiki der Herner Stadtgeschichte zur Verfügung gestellt und unterliegt dem Urheberrecht. Bei einer Verwendung dieser Abbildung und/oder dieses Textes außerhalb des Wikis der Herner Stadtgeschichte ist die Genehmigung beim Zeitungsverlag einzuholen. Die Genehmigung umfasst Veröffentlichungen u.a. aus der Westdeutschen Allgemeine Zeitung und den Ausgaben aus Beständen des Herner Stadtarchivs.
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Westdeutsche Allgemeine Zeitung 22.März 2016

Der Verkauf des Ludwig-Steil-Hauses ist geplatzt[5]

Westdeutsche Allgemeine Zeitung 27.Juli 2017

Europaplatz: Grünes Licht für Neubau des Gemeindehauses (Ausschnitt)

Dem Bau eines Gemeindehauses der Kreuzkirchengemeinde steht nichts mehr im Weg. Möglich wird dies durch einen Grundstücksverkauf in Herne-Mitte.

Dem Neubau eines Gemeindehauses der Kreuzkirchengemeinde auf dem Europaplatz in Herne-Mitte steht offenbar nichts mehr im Weg: Der noch Anfang 2016 geplatzte Verkauf des Grundstücks Schulstraße 14, das mit dem Ludwig-Steil-Haus der evangelischen Gemeinde bebaut ist, steht nun kurz bevor. Der Erlös des Verkaufs soll in die Finanzierung des Neubaus auf dem Europaplatz fließen.

Verträge liegen bereits beim Notar

„Die Kaufverträge liegen zurzeit beim Notar“, erklärt Klaus Sabranski, Baukirchmeister und Presbyteriumsmitglied der Kreuzkirchengemeinde, auf Anfrage der WAZ. Der Käufer sei „gemeindenah“; den Namen wolle er öffentlich aber (noch) nicht nennen.

Wie berichtet, wollte ursprünglich die Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital das Grundstück des Ludwig-Steil-Hauses erwerben. Nachdem die Stiftung finanziell erheblich in Schieflage geraten war, legte das Erzbistum Paderborn jedoch ein Veto ein und ließ damit den Grundstückskauf nach eineinhalbjährigen Verhandlungen platzen - sehr zum Ärger der Kreuzkirchengemeinde. Im Gespräch war damals ein Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro. [...][6]


Lars-Oliver Christoph

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Abriss und Neubebauung

Im Juli 2019 wurde das Gebäude mit Saal abgetragen. 2020/21 entstand auf dem Grundstück der „Wohnpark Hermann Löns“ mit vier Gebäuden. Diese umfasst 45 barrierefrei Wohnungen (die Größen reichen von 50 bis 110 Quadratmetern) sowie zwei Senioren-Wohngemeinschaften. Hinzu kam eine Tiefgarage mit 40 Stellplätzen.[7]

Ludwig Steil

Vgl. Ludwig-Steil-Straße

Literatur

  • Iburg, Johannes (Bearb.); Presbyterium der Kreuzkirchengemeinde (Hrsg.): Die Geschichte des "Ev. Vereinshauses" / "Ludwig-Steil-Hauses" Schulstraße in Herne. 100 Jahre 1896-1996. Broschüre – 1996. 28 S.

Verwandte Artikel

Quellen