Religionsausübung von Migranten
Susanne Peters-Schildgen
Der hohe Stellenwert der Religion kennzeichnet von jeher das Alltagsleben der Migrantinnen und Migranten. In der Vergangenheit traf dies in besonderem Maße auf die Zuwanderer aus dem preußischen Osten zu, von denen etwa drei Viertel katholisch waren. lhrer tiefen Religiosität und ihrem Bekenntnis zur polnischen Tradition verliehen sie unter anderem in Wallfahrten und Prozessionen Ausdruck. Diese boten den polnischen Katholiken Gelegenheit, Kirchenlieder in ihrer Muttersprache zu singen sowie ihre Vereinsfahnen und Trachten zu präsentieren. Die Behörden sahen darin einen Vorwand zur Demonstration nationalpolnischen Selbstbewusstseins. 1933 wurde die Mitwirkung der ruhrpolnischen Bevölkerung an kirchlichen Prozessionen "mit ihren eigenen kirchlichen Vereinsfahnen, polnischem Gebet und Gesang in eigenen Gruppen" verboten.
Verbindet die gemeinsame christliche Religion Ansässige und Zuwanderer, dienen die im Zuge der Gastarbeiterzuwanderung errichteten Moscheen und Bethäuser den Moslems, der größten nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft in Herne, als Mittel zur Bewahrung ihrer kulturellen Identität. Von deutscher Seite wird dies oft als "Integrationsunfähigkeit" interpretiert. In Koranschulen erhalten die Kinder zusätzlichen Unterricht zur Festigung ihrer Bindung an die türkisch-islamische Kultur. Hier lernen sie das Gebetszeremoniell, die arabische Schrift und Sprache als Grundlage des Korans, aber auch türkische Geschichte, Religion und Sprache.
Kaum in Erscheinung treten hingegen die kleineren religiösen Gemeinschaften. So wurde 1931 in Wanne-Eickel eine holländische Gemeinde ins Leben gerufen, die bis Anfang der 1990er Jahre existierte. Seit 1966 stand den holländischen Christen das Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Wanne-Mitte (jetzt Matthäus-Kirchengemeinde Wanne) an der Hauptstraße zur Verfügung. Wegen rückläufiger Mitgliederzahlen wurde die Gemeinde aufgelöst. Mitte der 1960er Jahre gründeten türkische Christen in Wanne-Eickel eine syrisch-orthodoxe Gemeinde. Die Messfeier fand zunächst in der St.-Laurentius-Kirche statt. Mittlerweile besitzt diese Gemeinde ein eigenes Gotteshaus, die ehemalige Methodistenkirche an der Deutschen Straße. Jüdische Aussiedler aus Russland trugen zur Neubelebung der jüdischen Kultusgemeinde Bochum-Herne-Recklinghausen bei. Im Januar 1997 wurde in Recklinghausen die neue Synagoge dieser Gemeinde eingeweiht. Durch Teilung gehören die Herner Juden seit 1999 zur jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen. Im Dezember 2007 wurde in Bochum eine neue Synagoge für die neugegründete Gemeinde feierlich eingeweiht[1].
Darüber hinaus lassen sich mehrere Evangelisch-Lutherische Gebetsvereine nachweisen, deren Gründungen ab Mitte 1800 von ostpreußischen Zuwanderern ausgingen. Dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis angehörend und zum Sektenwesen tendierend, fassten die Masuren nur zögernd Vertrauen zur preußisch-evangelischen Landeskirche, die in den für Herne und Wanne-Eickel zuständigen Kreissynoden hauptsächlich ostpreußische Vikare als Seelsorger für die Masuren einsetzte. 1909 errichtete der Evangelisch-Lutherische Gebetsverein für die in Herne ansässigen Masuren in der Düngelstraße ein Gebetshaus.
Der Text wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet.