Jüdischer Friedhof im Eickeler Bruch, Wanne-Eickel

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Jüdischer Friedhof Wanne-Eickel
Erbaut: ca. 1834
Letze Änderung: 08.04.2017
Geändert von: Thorsten Schmidt
Der Originaltext/Artikel dieser Seite stammt von Kurt Tohermes und wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet.
Autor Kurt Tohermes
Erscheinungsdatum 1987, in: Sie werden nicht vergessen sein, S. 63-65

Nur 627 qm groß ist der älteste erhaltene jüdische Friedhof auf dem Gebiet der heutigen Stadt Herne. In einem Geburten- und Sterberegister ist von einem noch älteren Friedhof in Eickel selbst die Rede, auf dem zwischen 1834 und 1847 einige Beisetzungen stattgefunden haben sollen. Da dieses Register aber erst nachträglich in den 1850er Jahren angefertigt worden ist, sind diese Angaben jedoch zweifelhaft. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind vor der Einrichtung des Friedhofs im Eickeler Bruch Wanner und Eickeler Juden auf einem Friedhof beigesetzt worden, der auf Bochumer Gelände lag. Der Friedhof im Eickeler Bruch hat in seiner Geschichte viele Orts- und Lagebezeichnungen gehabt. In verschiedenen Akten taucht er in den fast anderthalb Jahrhunderten seiner Geschichte unter folgenden Namen auf: Bickern, Göbenstr., Ebertstr., Kurhausstr., Goethestr., Dürerstr., Kurfürstenstr., Königstr. oder eben Eickeler Bruch. Wie bei vielen jüdischen Friedhöfen ist auch bei diesem das genaue Jahr der Anlegung nicht geklärt. Der Lokalhistoriker Gustav Hegler schreibt, dass "das Grundstück... ursprünglich zur Bickerer Gemeindemark (gehörte). Auf dem infolge Aufteilung derselben angesetzten Verkauf am 1. Februar 1856 ist der Platz von den jüdischen Glaubensgenossen in Eickel erworben" worden. In einer 1925 erschienenen Festschrift wird 1843 als Anlagejahr genannt. Beide Angaben werden jedoch nicht durch Quellen belegt. Erst im Jahre 1887 wird das Gelände grundbuchmäßig auf die Synagogengemeinde Bochum eingetragen. In dem betreffenden Briefwechsel wird eine über 44-jährige Nutzung des Geländes als jüdischer Friedhof angegeben. Durch Vergleich eines alten Sterberegisters mit einem erhaltenen Belegungsplan lässt sich die älteste lokalisierbare Grabstelle auf das Jahr 1874 datieren, während der älteste erhaltene Grabstein aus dem Jahr 1880 stammt. Genauere Angaben lassen sich ohne archäologische Arbeiten nicht machen, da der Friedhof im letzten Weltkrieg von drei Bomben getroffen wurde, die im ältesten Teil des Friedhofs einschlugen.

Der älteste erhaltene Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Wanne-Eickel

Vor Gründung der Synagogengemeinde Wanne-Eickel im Jahre 1907 gehörten die in Wanne und Eickel ansässigen Juden zur Synagogengemeinde Bochum, die für den Erhalt des Friedhofs zuständig war. Da die Bochumer über eigene Begräbnisplätze verfügten, bestand wenig Interesse, den kleinen Friedhof in Eickel in einem guten Zustand zu erhalten. So mussten sich die hier wohnenden Juden der Hilfe des Amtmannes Winter versichern, um wenigstens einen Zaun um den Friedhof zu erhalten. Vorher war das Gelände lediglich von einer Hecke umgeben, die jedoch sehr lückenhaft war. Da die Bochumer Synagogengemeinde die Übernahme der Kosten ablehnte, kam es 1892 zu einem Rechtsstreit über diese Frage. Dieser zog sich in allen Instanzen bis 1895 hin. So blieb der Friedhof auch weiterhin nicht ausreichend geschützt. 1898 drangen erstmalig Antisemiten in den Friedhof ein und schändeten einige Gräber. Zwei Jahre später drangen Schweine durch die Hecke und beschädigten einige Grabanlagen. Die Anwohner wurden gebeten, ihre Hühner nicht mehr auf dem Friedhof laufen zu lassen. Erst mit der Selbstständigkeit der Wanne-Eickeler Juden 1907 besserten sich die Zustände langsam. Der Friedhof erhielt einen bescheidenen, aber festen Etat, ab 1911 überwachte eine "Friedhofsordnungskommission" die Belange des Begräbnisplatzes. Ein Friedhofswärter wurde eingestellt, der auch die gärtnerischen Arbeiten vornahm. Nach Aufforderung durch die Gemeinde Wanne wurde die Zufahrt zum Friedhofstor instandgesetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg schien zunächst das Ende des Friedhofs gekommen. Auf dem neuen kommunalen "Waldfriedhof" wurde der jüdischen Kultusgemeinde ein großzügig bemessenes Feld zur Verfügung gestellt. Doch die religiöse Problematik führte in den kommenden Jahren zu einer parallelen Nutzung der beiden Friedhöfe. 1921 beschloss der Synagogenvorstand, den Friedhof gärtnerisch neu zu gestalten. Er wurde nach und nach mit einer Mauer umgeben und das Friedhofstor mit einem Rundbogen übermauert. An den beiden Längsseiten pflanzte man je sieben Bäume, die südwestliche Seite erhielt einen Bewuchs aus wildem Wein, zwischen den Gräbern wuchs Efeu. Doch schon durch das Aufkommen des Nationalsozialismuses wurde das Leben der jüdischen Gemeinde beeinflusst. Am 22. Juni 1922 wurde der Friedhof geschändet und dreizehn Grabmale umgeworfen. Der Schändung voraus ging die Entlassung des Ortsgruppenleiters Hering der Deutsch-Sozialistischen Arbeiterpartei aus kommunalen Diensten. Nach den ersten Aktivitäten der Nationalsozialisten wurde im selben Jahr eine "Aufruhrschadenversicherung" für den Friedhof abgeschlossen. Den weiteren Aufbau des Friedhofs konnte diese Aktion der Frühnazis nicht verhindern. Durch das Wachstum der Gemeinde war seit 1931 sogar an einen Ausbau des Friedhofsgeländes in südöstlicher Richtung gedacht. Die bereits fertig ausgearbeiteten Pläne gelangten durch die Machtübernahme der Naionalsozialisten nicht mehr zur Ausführung. In der Zeit von 1938 bis 1945 verfiel der Friedhof und wurde zudem noch durch Bombentreffer beschädigt. Da nach 1945 die Synagogengemeinde Wanne-Eickel nicht mehr genügend Mitglieder hatte, um allein bestehen zu können, schloss man sich der Synagogengemeinde Gelsenkirchen an. Der Friedhof Eickeler Bruch wurde geschlossen, die Beisetzungen von Wanne-Eickeler Juden finden seitdem auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen statt. Trotz aller Angriffe hat dieser Friedhof seinen eigenen Charakter bewahren können. Seine schlichte, strenge Anlage sowie die sichtbare Bemühung, die Grabsteinhöhen nicht zu unterschiedlich werden zu lassen, verdeutlichen eine im jüdischen Sinne traditionellere Gemeinde. Bei einem Vergleich mit dem jüdischen Friedhof am Hoverskamp wird dies besonders deutlich.

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Quellen

Stadtarchiv Herne:

Archivbibliothek: Sie werden nicht vergessen sein - Geschichte der Juden in Herne und Wanne-Eickel (Ausstellungsdokumentation), Herausgeber: Der Oberstadtdirektor der Stadt Herne, 1987