Stadtverordneten-Versammlung Herne 1945-1946
Reiners 1950,Fünf Jahre Wiederaufbau, S. 19f.
2. Die ernannte Stadtvertretung 12. Dezember 1945 - 22. Juli 1946
Es war das Ziel der Militärregierung, bei dem Wiederaufbau der deutschen Gemeindeverfassung nicht an Gemeindeverfassungsgesetze, die vor 1933 in Deutschland bestanden, anzuknüpfen, sondern in ihrer Besatzungszone das englische System des Local Government einzuführen. Im Herbst 1945 erschien eine von der Militärregierung gerausgegebene Schrift "Wie eine örtliche Verwaltung einzusetzen ist". In ihr wurde das englische System erläutert. Die wesentliche Abänderung gegenüber dem früheren deutschen System bestand darin, daß die Stadtverordnetenversammlung die einzige Willensträgerin der gemeinde wurde und daß an ihrer Spitze der OBERBÜRGERMEISTER stand, der aber dann nicht mehr wie bisher Beamter war, sondern ein Ehrenamt führte und die Stadt repräsentierte. Die Ausführung der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung für die gesamte Verwaltung wurde einem OBERSTADTDIREKTOR übertragen. Dieses englische System wurde in zwei Stufen durchgeführt.
Zunächst wurde auf Vorschlag des Oberbürgermeisters, der von den Parteien entsprechende Vorschläge einholte, eine ernannte Stadtverordnetenversammlung gebildet, die zwanzig Mitglieder umfaßte und am 12.12.1945 zum erstenmal zusammentrat. Sie wurde vom Oberbürgermeister verpflichtet. Bereits in der zweiten Sitzung am 11.2.1946 wurde die Versammlung auf achtunddreißig Mitglieder verstärkt. Diese Stadtverordnetenversammlung setzte sich wie folgt zusammen:
Name | Beruf/Stand | Adresse | Anmerkung |
CDU | |||
Karl Berger | Monteur | Bismarckstraße 28 | |
Julius Brechtmann | Wirt | Mont-Cenis-Straße 197 | |
Adolf Hampel | Wiegemeister | Schadeburgstraße 10 | |
Wilhelm Hemmerich | Gelderheber | Werderstraße 23a | |
Franz Kohlenbach | Steiger | Grüner Weg 31 | |
Justus Müller | Bauleiter | Sodinger Straße 45 | |
Fritz Reydt | Malermeister | Von-der-Heydt-Straße 71 | |
Theodor Stüwe | Bäckermeister | Mont-Cenis-Straße 13 | |
Aloys Weiß | Arbeitersekretär | Neustraße 29 | |
Engelbert Wenner | Verwaltungs-Sekretär | Altenhöfener Straße 82 | |
Franz Wilk | Bergmann | Im Wildholz 5 | |
KPD | |||
Johann Bönisch | Bergmann | Ludwigstraße 48 | |
Heinrich Dertwinkel | Bergmann | Grenzweg 76 | |
Heinrich Gogler | Bergmann | Saarstraße 50 | |
Ewald Hülsmann | Bergmann | Hermannstraße 28 | |
Franz Musielak | Schuhmacher | Oststraße 31 | |
Friedrich Schröder | Zahntechniker | Herderstraße 5 | |
Gertrud Smialowski | Hausfrau | Mozartstraße 1 | |
Wilhelm Wagner | technischer Angestellter | Flottmannstraße 82 | |
Meta Wenzel | Hausfrau | Neustraße 69 | |
Franz Wolf | Kaufmann | Auguststraße 1a | |
SPD | |||
Robert Brauner | Malermeister | Markgrafenstraße 1 | |
Heinrich Crämer | Parteisekretär | Lessingstraße 14 | Am 25. Februar 1946 zum Oberbürgermeister gewählt und ausgeschieden |
Hubert Emmerich | Härter | Anna-Luise-Straße 1 | |
Paul Falke | Versicherungsvertreter | Schulstraße 62 | |
Wilhelm Fest | Bauarbeiter | Altenhöfener Straße 97 | |
Auguste Junge | Ehefrau | Bergstraße 125 | |
Josef Pillmann | Gewerkschafts-Sekretär | Baueracker 10 | |
Ludwig Reitz | Bergmann | Lange Straße 33 | |
Paul Reppel | Desinfektor | Schloß-Strünkede-Straße 11 | |
Wilhelm Schädel | Bergmann | Pieperstraße 1 | |
Karl Zeißler | Dachdeckermeister | Schillerstraße 25 | |
Wilhelm Schrammer | Klempnermeister | Bebelstraße 36 | Anstelle Heinrich Crämers am 25. Februar 1946 ernannt. |
FDP | |||
Hans Rathert | Büroangestellter | Querstraße 8 | Am 10. Mai 1946 durch die Militärregierung berufen |
Vertreter der Wirtschaft | |||
Walter Bälz | Oberbergrat | Shamrockring 26 | |
Walter Hölkeskamp | Prokurist | Bochumer Straße 38 | |
Heinrich Schmidt-Sodingen | Rechtsanwalt | Kirchstraße 8 | |
Dr. Karl Steudemann | Arzt | Hermann-Löns-Straße 47 | |
Theodor Wittenberg | Bauer | Gysenberg 6 | |
In der Sitzung vom 25.2.1946 wurde der Stadtverordnete Heinrich CRÄMER zum Oberbürgermeister gewählt. Der bisherige Oberbürgermeister MEYERHOFF wurde von der Militärregierung am 21.2.1946 zum Oberstadtdirektor ernannt. Mit dem 1.3.1946 trat auf Anordnung der Militärregierung die neue Rechtsordnung nach englischen Muster in Kraft. Nun war die Stadtverordnetenversammlung, die bisher nur beratende Funktion gehabt hatte, voll beshlußfähig.
[...]
Die ernannte Stadtverordnetenversammlung hielt in der Zeit vom 12.12.1945 bis 22.7.1946 sieben Sitzungen mit insgesammt fünfundvierzig Tagesordnungspunkten ab.
In der Sitzung vom 11.2.1946 wurde die Verfassung der Stadt Herne verabschiedet, die dann von der Militärregierung genehmigt und im Amtsblatt der Stadt vom 2.3.1946 veröffentlicht wurde. Diese Verfassung beruht auf den schon genannten Richtlinien der Militärregierung über Bildung einer örtlichen Verwaltung. Sie war ein Unikum, denn soweit bekannt ist, hat keine andere Stadt in westfalen vor dem Inkrafttreten der neuen DGO. sich eine solche Verfassung gegeben. Nachdem die Militärregierung mit Wirkung vom 1.4.1946 eine revidierte Deutsche Gemeindeordnung erlassen hatte, wurde es zeifelhaft, ob diese Stadtverfassung überhaupt noch weiter in Kraft war oder ob sie nur noch teilweise galt und nur einige Bestimmungen, die mit der DGO in Widerspruch standen, fortfielen.
Im allgemeinen wurde weiter nach der Stadtverfassung gearbeitet, doch kam es wiederholtzu Meinungsverschiedenheiten, insbesondere über die Wirtksankeit des §7, II, der bestimmte, daß zur Änderung der Satzung eine Stimmenmehrheit von mindestens zwei Dritteln der Abstimmenden erforderlich sei. Diese meinungsverschiedenheiten drohten bei der Festsetzung der Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses wiederholt mit Klagen im Verwaltungsstreitverfahren zu führen; sie wurden jedoch gütlich begelegt. Die Stadtverfassung wurde durch einstimmigen Beschluß der Stadtverordnetenversammlung vom 27.2.1950 aufgehoben und durch eine HAUPTSATZUNG auf Grund des § 3 der DGO ersetzt. Ihre Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde steht [bei Drucklegung 1950] noch aus.