Hof Klute: Unterschied zwischen den Versionen

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==Die Stellung des Hofes==
==Die Stellung des Hofes==
Über die wirtschaftliche Stellung des Hofes Klute innerhalb der Dorfgemeinschaft Börnig gibt ein Bericht über den Bau der „Dorfschule Börnig" vom 25. Juli 1822 Auskunft.
Über die wirtschaftliche Stellung des Hofes Klute innerhalb der Dorfgemeinschaft Börnig gibt ein Bericht über den Bau der „[[Börniger Dorfschule|Dorfschule Börnig]]" vom 25. Juli 1822 Auskunft.


In diesem Nachweis wird entsprechend der Vermögenslage festgehalten, mit wie viel Taler sich jeder Hof bzw. Handwerker am Schulneubau der Dorfschule zu beteiligen hat.
In diesem Nachweis wird entsprechend der Vermögenslage festgehalten, mit wie viel Taler sich jeder Hof bzw. Handwerker am Schulneubau der Dorfschule zu beteiligen hat.

Aktuelle Version vom 28. Dezember 2022, 17:35 Uhr

Hof Klute
Hof Klute Gerd E Schug o J.jpg
Bildinfo: Hof Klute
Stadtbezirk: Sodingen
Ortsteil: Börnig
Kartengitter: K3
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Letzte Änderung: 28.12.2022
Geändert von: Thorsten Schmidt

Der lange brach liegende Hof Klute wird denkmalgerecht restauriert. Diese erfreuliche Entwicklung hatte Gerd E. Schug zum Anlass genommen, die Historie des Hofes zu erkunden.

Der Siedlungskern Vellwig

Um 1000 ist urkundlich erstmalig von einer Bauernschaft Börnig (damals diverse andere Schreibweisen) die Rede. Zu dieser Bauernschaft gehörten auch die Siedlungskerne Vellwig (Villewich) und Vossnacken (Voßnacket).

Der Siedlungskern Vellwig war siedlungsmäßig günstig gelegen, da mitten durch die Ansiedlung ein Bach floß (späterer Name Börniger Bach). Wasser hatte für eine Ansiedlung immer erste Priorität.

Als Villewich wird bei der Namensdeutung (onomastik) eine Stelle bezeichnet, wo der Wald(saum) zurückweicht und Platz für eine Ansiedlung lässt. Aus dieser Namensdeutung ergibt sich auch der Anhaltspunkt für das überaus hohe Alter der Siedlung.

Dieser Siedlungskern wird 1045 urkundlich erstmalig als Villewich in einer Urkunde der Abtei Deutz erwähnt. In dieser Urkunde wird berichtet, dass eine (adlige) Witwe Adele 5 Hufen Land der Deutzer Klosterkirche schenkte. Nach altem Sprachgebrauch und der sogenannten Hufeordnung sind hiermit wahrscheinlich 5 Höfe gemeint, da ein Bauer in der Regel 1 Hufe Land hatte (bewirtschaftete).

Die Witwe Adele ist nicht näher bezeichnet, scheint aber aus dem Adelshaus von Rechen zu Laer (heute Bochum-Laer) zu stammen. Aus diesem Adelsgeschlecht stammen auch die von Düngelen, Rittersitz Schadeburg. Diese von Düngelen waren außerdem rund 150 Jahre lang die Herren auf Schloß Bladenhorst.

In der Urkunde heißt es:

„Dies ist gemacht worden im Jahre nach des Herrn
Menschwerdung 1045, im Indiktionsjahr 13
unter der Regierung des glorreichen Kaisers Heinrich"
(Regierungszeit 1039 - 1056).

Unter den zu leistenden Abgaben ist bemerkenswert die Lieferung eines Fuders Wein, was, da alle geschenkten fünf Hufen in unserem Villewich liegen, besagen dürfte, dass hier tatsächlich Weinbau betrieben wurde. Hier ist eine Übereinstimmung mit dem Werdener Urbar, wo die vorhandenen Weinberge flurmäßig zugeordnet werden. [Anm. 1]

Die nächste Erwähnung von Villewich findet sich in einer Urkunde von 1266 (Westf. Urkundenbuch), wo die Siedlungsstelle Voßnacke in den Besitz des Klosters Sterkrade übergeht. Unterzeichner dieser Urkunde sind:

  • Heinrich Walter von Bornewic (Börnig)
  • Theodor von Velewick (Vellwig).

Beurkundet wurde dies von dem Richter in Casdorpe (Castrop), zu dem Börnig, Vellwig und Vossnacken stets gehörten. Erst 1928 wurden Börnig, Vellwig und Vossnacken nach Herne eingemeindet. Eine weitere Erwähnung von Villewich findet sich in einer Urkunde von 1298, wo ein Wennemar von Düngelen als Besitzer einiger Villewicher Höfe genannt wird. Auf diese „Herren von Düngelen", Besitzer der Burg Schadeburg (im Werdener Urbar bereits 880 als „Abgabepflichtiger erwähnt!) und später auch Bladenhorst, komme ich noch zu sprechen.

Erste Erwähnung des Hofes

Die älteste namentliche Erwähnung des „Klute-Hofes" findet sich in der „Türkensteuerliste" des märkischen Amtes Bochum vom Jahre 1542". Diese „Türkensteuer" war eine Sondersteuer gegen die türkische Bedrohung, welche bereits 1529 Wien erreicht hatte (Belagerung von Wien).

Für den kleinen Hof Klute war jede zusätzliche Steuer mit Sicherheit eine starke Belastung. Die Höfe in Börnig, Vossnacken und Vellwig waren zu der Zeit alle abhängig von den Adelsgütern Schadeburg und Bladenhorst. Sie mussten jährlich dem Adel den sogenannten „Zehnten" von Ernte und Vieh abliefern. Hinzu kamen Fron- und Spanndienste d.h. unentgeltliche Feldarbeit und Erntehilfe. Außerdem forderte auch die Kirche noch ihren Anteil.

Aus dieser Türkensteuerliste von 1542 geht hervor, dass Klute ¼ Reichstaler Türkensteuer gezahlt hat. [1]

Ein Vergleich: Der Hof Tönnis (heute Große-Lahr) ist in der Türkensteuerliste mit einer Abgabe von 1¾ Reichstaler aufgeführt. Dies zeigt, dass Klute ein wesentlich kleinerer Hof war.

Der Name Klute

Der Name Klute kommt aus dem niederdeutschen Sprachraum und bedeutet "Scholle" oder "Erdklumpen".

Die verschiedenen Schreibweisen sind:

  • Klüt
  • Kluth
  • Klute
  • Klutman

Der Name taucht auch als Flurname auf. In der „Onomastik" (Namensdeutung) bedeutet Klute = Erdscholle, Klumpen, für jemanden, der neben einem Erdhügel wohnt. Dies ist in unserem Fall ein Hinweis auf die Lage des Hofes in Villewich (Vellwich), da hier ein kleiner Taleinschnitt durchaus gegeben ist.

Im Niederdeutschen gibt es auch den Klutentreter oder Erdschollentreter. Dies ist ein Spottname für einen Landmann, der über seinen Acker geht und Erdschollen zertritt. Der Ausdruck Landmann ist als Landwirt (Bauer) zu verstehen und somit in unserem Fall zutreffend.

In der Literatur finden wir den Namen Klutentreter bei Theodor Fontane in seinem Roman „Der Stechlin". Die Figur Gundermann bekommt dort den Beinamen „Klutentreter", als Bezeichnung für einen kleinen Bauern.

Laut Sprachforscher Prof. Uphoff, Leipzig, ist Klutentreter ein sehr seltener Name in Deutschland. Weniger als dreißig Familien in Deutschland heißen heute noch so.

Der „Hofes Name"

Der Name des Hofes lautet:

K l u t e .

Die Namensanklebung war im Mittelalter ein üblicher Brauch. Der Hausname war ein „Haus-Name" und klebte regelmäßig an den Höfen, Kotten und Häusern auf dem Land.

Bei Einheirat wurde eine Namensanklebung vorgenommen und diese sogar häufig in den Kirchenbüchern und auch in Amtsakten aufgenommen. Diese Erscheinung der Namensanklebung ist besonders in Westfalen bzw. im niederdeutschen Raum üblich gewesen.

Die Namensanklebung erhielt den Zusatz vulgo (d. h. "genannt").

Die 1911 erfolgte Übernahme des Hofes Klute durch Werth hatte keine Auswirkung auf den fast 500 Jahre alten Namen, es blieb bei Klute-Hof. Grund war wahrscheinlich, weil der Hof Werth im Dorf Börnig größer und bedeutender war.

Heute wäre - historisch gesehen - künftig folgender Name für den Hof gegeben:

Bollwahn gen. Klute

Die Stellung des Hofes

Über die wirtschaftliche Stellung des Hofes Klute innerhalb der Dorfgemeinschaft Börnig gibt ein Bericht über den Bau der „Dorfschule Börnig" vom 25. Juli 1822 Auskunft.

In diesem Nachweis wird entsprechend der Vermögenslage festgehalten, mit wie viel Taler sich jeder Hof bzw. Handwerker am Schulneubau der Dorfschule zu beteiligen hat.

Die Vorgeschichte dazu ist folgende:
Innerhalb des „Gerichtes Castrop" waren die ersten Schulen in Frohlinde und Börnig. Bereits 1780 erklärte sich der Schneidermeister Lück bereit, die Kinder im Winter an einigen Tagen in der Woche in seiner Werkstatt zu unterrichten und ihnen das Beten, Lesen und Schreiben beizubringen.

Im ganzen Sommer war kein Unterricht, da hier die Kinder in der Landwirtschaft und beim Vieh hüten mithelfen mussten. Um 1800 übernahm der Schreiner Bußmann diese Unterrichtung. 1821 wurde in der Bauernschaft Börnig beschlossen, eine Dorfschule zu bauen. Alle Bauern und Handwerker wurden verpflichtet, sich entsprechend ihren wirtschaftlichen Verhältnissen an den Kosten zu beteiligen.

Der Nachweis über den zu leistenden Anteil gibt uns heute Auskunft über die damalige wirtschaftliche Stellung jeder Familie:

  • Klasse I: 40 Taler
    • Tönnis,
    • Schulte-Uhlenbruch,
    • Haus Schadeburg,
    • Haus Giesenberg
  • Klasse II: 30 Taler
    • Sehrbruch,
    • Herntrey,
    • Sonntag,
    • Westerbusch,
    • Kleinalstede
  • Klasse III: 20 Taler
    • Hoffmann,
    • Wever,
    • Baak,
    • Kipp,
    • Wittenberg,
    • Heiermann
  • Klasse IV: 15 Taler, 150 Stüber
    • Tinnemann,
    • Koop,
    • Vortmann
  • Klasse V: 10 Taler
    • Klute,
    • Werth,
    • Bornemann,
    • Büchte,
    • Dücker,
    • Beckmann,
    • Stegmann,
    • Arendt
  • Klasse VI: 5 Taler, 75 Stüber
    • Koller,
    • Schmidt,
    • Cordes,
    • Noethe
  • Klasse VII: 225 Stüber
    • Steffens,
    • Drögendiek,
    • Kranenberg,
    • Ketlinskemper
  • Klasse VIII: 150 Stüber
    • Schreiber,
    • Hugendiek,
    • Gremme,
    • Stromberg,
    • Vollenberg,
    • Walböhmer,
    • Tappe,
    • J. Drögendiek,
    • Straeter,
    • Reinert,
    • C. Hermann,
    • Knapp,
    • Westerbusch,
    • Tollkamp,
    • Drevermann,
    • Kipp,
    • Wwe. Heiermann

Der Hof Klute gehörte somit zur mittleren Kategorie der Höfe/Handwerker.

Die Bewohner des Hofes

Die erste namentliche Erfassung der Bewohner des Hofes stammt aus den Einwohnerlisten der Bürgermeisterey Castrop von 1827. Hier ist unter Vellwig erfasst:

Wilhelm Klute
1 Wohnhaus, Wert 60 Reichstaler
1 Schoppen (= Schuppen), Wert 20 Reichstaler
33 Morgen
abhängig von Haus Schadeburg

Schon aussagekräftiger ist das Einwohnerverzeichnis aus dem Jahre 1846 (Lfd. Nr. 238-243). Demnach gehörten da zum Hofe Klute:

  • Theodor Klute, Kötter 55 Jahre, kath.
  • A. M. Puppendahl, Ehefrau 43
  • Johann Klute, Knecht 50
  • Anton Klute, Kind 13
  • Johann Klute, Kind 5
  • Lisette Rohe, Magd 14

Eine interessante Information findet sich im Einwohnerverzeichnis von 1899:

„1893 heiratet Friederike Wilhelmine Klute
(geboren 19.08.1866, gestorben 30.12.1899) den
Heinrich Wilhelm Werth, den Besitzer
vom Hof Werth in Börnig."

Ich vermute, (wie schon unter Kapitel Der Hofes Name erwähnt) da der Haupthof Werth mitten im Dorf Börnig gelegen ist, dass für den Zweithof der Hofes-Name Klute weiter verwendet wurde und deshalb keine Namensanklebung erfolgte.

Die größte Katastrophe

Die größte Katastrophe kam 1636 über Börnig:

Die Pest!

Während des 30jährigen Krieges verbreitete sich die Pest über ganz Europa. Kaum ein Land blieb verschont.

Auch unserer Region blieb diese Seuche nicht erspart. Das Kirchspiel Alt. St. Lambertus in Castrop, zu dem damals die Bauernschaft Börnig (mit dem Siedlungskern Vellwig und Vossnacken) gehörte, war stark betroffen. In den Annalen ist überliefert, dass in den Bauernschaften Frohlinde, Rauxel, Obercastrop und Börnig die Hälfte der Bevölkerung - in Merklinde sogar die gesamte Bevölkerung - ausgelöscht wurde. Am Hof Klute dürfte die Seuche ebenfalls nicht folgenlos vorbei gezogen sein. Leider gibt es für das gesamte Kirchspiel Alt. St. Lambertus keine Namenslisten von den Betroffenen.

Wegen der großen Ansteckungsgefahr sah man sich gezwungen, die Pest-Toten weit außerhalb der Dörfer auf freier Flur zu begraben. So auch in Börnig. In Börnig wählte man das Gebiet in der Flur „Eschfeld", das heutige Neubaugebiet „An der Linde". Noch heute stehen dort an der historischen Stelle ein Pestkreuz und die Pestlinde. Die Linde wurde im Laufe der Jahrhunderte nachgepflanzt und das Kreuz erneuert. [2]

Anmerkungen

  1. Siehe meine Ausarbeitung „Die Historie des Hofes Große-Lahr", 2016

Literatur

  • Becker, F.: Commune Börnig, 1827 (Häuser/Eigentümer/Gebäudewerte)
  • Becker, F.: Die Bauernschaftschule in Börnig
  • Becker, F.: Einwohnerlisten von Börnig, 1827,1849,1962
  • Aring, Fritz: Einwohnerverzeichnis von Börnig, 1849
  • Tinnemann: Erinnerungen eines alten Börnigers
  • Aring, Fritz: Urliste der Häuser und Civileinwohner Börnig, 1849
  • Becker, f.: Die Aufzeichnungen des Bauern Theodor Koop
  • Herner Anzeiger 4. Mai 1935: Vellwichs erste Erwähnung
  • Die geschichtliche Entwicklung von Börnig, 2013 (Festschrift 100 Jahre Schule an der Vellwigstraße)

Siehe auch

Quellen

  1. Borgmann 1936
  2. Ein Artikel von Gerd E. Schug (2016)