Obus (Linie 61): Unterschied zwischen den Versionen

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"Der Eröffnung der 5,9 km langen Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum Bahnhof Herne am 18.6.1949 durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (Bogestra) ging eine langwierige Vorgeschichte voraus. Die Keimzelle war die von der Straßenbahn der Stadt Herne am 22.10.1908 in Betrieb genommene Straßenbahnlinie Herne (Evang. Kirche) – Zeche „Constantin 4/5“, die am 22.12.1910 bis Gerthe (Apotheke) verlängert wurde. Am 20.12.1912 – mittlerweile hatte die Westfälische Straßenbahn das Herner Netz übernommen – kam die Strecke von Herne (Vinckestraße) nach Horsthausen (Zeche „Friedrich der Große 1/2“) hinzu, am 24.7.[[1914]] folgte die Verlängerung bis Holsterhausen sowie am 28.12.[[1914]] bis zur Stadtgrenze von Röllinghausen (Zeche „König Ludwig“) zum Anschluß an die Vestischen Kleinbahnen, während in Herne ein Verbindungsgleis von der Vinckestraße zur Evangelischen Kirche entstand.
Nachdem der Verkehr in den Inflationsjahren 1923/24 geruht hatte, wurden 1924/25 die Streckenteile miteinander verbunden und durchgehend von Gerthe bis Röllinghausen betrieben. Zeitweise bestand sogar ein Gemeinschaftsverkehr mit den Vestischen Kleinbahnen bis Recklinghausen Süd bzw. Recklinghausen Bahnhof. Nach dem Konkurs der Westfälischen Straßenbahn und dem Übergang an die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn (Bogestra) im Jahr 1931 fiel die schwach frequentierte Strecke Herne – Gerthe am 31.1.1937 dem Rotstift zum Opfer. Rasch verschwanden die Fahrleitungen und teilweise auch schon das Gleismaterial, doch ebenso rasch setzte man im Rahmen der Kriegsvorbereitungen alles daran, die zur Zu- und Abfuhr der Zechenarbeiter kriegswichtige Verbindung zu reaktivieren. Bereits am 1.2.1938 eröffnete die Bogestra eine Omnibuslinie Gerthe (Apotheke) – Herne Bf – Zeche „Friedrich der Große 3/4“.
Da die Omnibusse dem Verkehrsanstieg aber nicht gewachsen waren und Treibstoffe knapp wurden, andererseits der Wiederaufbau der Straßenbahn zu teuer geworden wäre, reifte die Idee einer Obuslinie und man beauftragte 1941 die Firma Siemens mit der Planung. Ein Problem war die Materialbeschaffung. Zwar lieferte das Schleuderbetonwerk Erlangen noch 1943 etwa 100 Masten, doch nach den Luftangriffen auf Bochum hatte die Aufrechthaltung des übrigen Straßenbahnverkehrs Vorrang.
Nach dem Krieg ging es zaghaft weiter. Während man den Abschnitt „Friedrich der Große“ – Bahnhof Herne aufgrund der veränderten Verkehrsverhältnisse umprojektieren mußte, wartete man auf die Zuteilung von Baustoffkontingenten. Im Mai 1948 wurden endlich die ersten Ladungen Kies, Zement und Stahl zugeteilt, so daß im Juni unter Aufsicht eines Siemens-Schachtmeisters das Aufrichten der 360 Masten (teils mit einem Gewicht von 1,8 t) und das Anbringen von 600 Wandhaken beginnen konnte. Mitte 1948 trafen vier motorlose Obusse ein, um in Gerthe komplettiert zu werden. Die Verhandlungen über die einzelnen Bauabschnitte gestalteten sich schwierig, und oft mußte die Bogestra zwischen den Städten Bochum und Herne vermitteln. Erst Anfang 1949 konnte die Montage der 41 km Fahr- und 20 km Spanndrähte, 450 Schalldämpfer und 2.000 Aufhänger beginnen, doch gab es aufgrund von Lieferproblemen vielfach Verzögerungen, so daß in der Öffentlichkeit vage über den mutmaßlichen Eröffnungstermin spekuliert wurde. Ende April hätte man den Abschnitt Gerthe (Apotheke) – Herne (Kirche) mit einem bereits funktionsfähigen Obus in Betrieb nehmen können, weil aber an der Kirche keine Wendemöglichkeit bestand, mußte man die mühselige Fertigstellung der komplizierten Gemeinschaftsaufhängung und Kehre am Bahnhof Herne abwarten.
Am 18.6.1949 war es endlich so weit: Die weiteren drei Obusse hatten die von der BBC gelieferten Ausrüstungen erhalten und die 5,9 km lange zweispurige Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum Bahnhof Herne einschließlich einer 180 m langen Zufahrt zum Straßenbahnbetriebshof Gerthe konnte eröffnet werden. Auf der Bahnhofstraße in Herne bestand eine Gemeinschaftsaufhängung beiderseits der zweigleisigen Straßenbahnfahrleitungen. Neben zahlreichen Obus/Straßenbahn-Kreuzungen verfügte die dortige Wendeschleife über sechs Obusweichen. Am 17.2.1950 wurde die Obuslinie um 3,3 km bis Horsthausen (Zeche „Friedrich der Große 4/5“) verlängert und in „61“ umbenannt. Die somit 9,255 km lange Strecke hatte drei Fahrdrahtschleifen, drei Federweichen, drei elektrische Weichen, zwei Obus/Obus-Kreuzungen und 22 Obus/Straßenbahn-Kreuzungen und wurde vom Gleichrichterwerk Marienstraße der Herner Stadtwerke versorgt. Die Kupferfahrdrähte mit einem Querschnitt von 2 x 80 mm2 hingen an halbstarren Siemens-Aufhängungen. Bei einer Gesamtfahrzeit von 27 Minuten kamen regulär drei Wagen alle 20 Minuten zum Einsatz, wobei sie täglich insgesamt 800 km zurücklegten und 6.700 Personen beförderten. Im Jahr 1951 wurden mit den vier Obussen bei einer Gesamtlaufleistung von 285.000 km rund 2,236 Mio. Personen befördert.
Der Obus blieb in Bochum und Herne umstritten. So kam 1957 im innerbetrieblichen Mitteilungsblatt der Bogestra die Frage auf: „Warum bleibt es in unserem Netz nur bei dieser einen Obuslinie, obwohl sie doch stets gut besetzt ist und damit erfolgreich bestehen kann? Die Störanfälligkeit hält sich doch in Grenzen, und es ließen sich leicht noch eine oder mehrere Omnibus-Stadtlinien, wie z.B. die Linie 53 oder andere stärker besetzte Linien, anschließen. Weiter spricht für den Obus der Bezug heimischer Energie, was ihn in Krisenzeiten von der Treibstoffeinfuhr unabhängig macht. Darüber hinaus hat der Obus eine längere Lebensdauer als ein Omnibus und ist in der Anschaffung nicht erheblich teurer.“ Und die Antwort: „Der Kaufmann hat aber einen scharf angespitzten Stift, mit dem er in nüchternen Zahlen nachweist, daß im Gesamtbild gesehen der Omnibus, der bei Störungen und Umleitungen freizügiger eingesetzt werden kann, in unserem Betrieb auf jeden Fall günstiger abschneidet als der Obus. Die Betriebskosten erhöhen sich gegenüber dem Omnibus noch um die Kosten für Wartung und Unterhaltung der Fahrleitung.“
Nach nur zehn Jahren, am 18.10.1959, wurde der Obusbetrieb wegen größerer städtischer Bauvorhaben, die eine Betriebspause für ein Jahr bedingt hätten, vollständig eingestellt. Der Obus mit 9,3 km Streckenlänge besaß gegenüber dem Omnibus (393 km) nie eine besondere Bedeutung für die Bogestra, zumal auch die Stadt Herne beabsichtigte, den Bahnhofsvorplatz umzugestalten, so daß auch dort umfangreiche Fahrleitungsarbeiten mit separaten Fahrspuren angefallen wären."


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Von Ludger Kenning
"Der Eröffnung der 5,9 km langen Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum [[Bahnhof Herne]] am [[18. Juni|18.6.]][[1949]] durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (Bogestra) ging eine langwierige Vorgeschichte voraus. Die Keimzelle war die von der Straßenbahn der Stadt Herne am 22.10.1908 in Betrieb genommene Straßenbahnlinie Herne ([[Kreuzkirche|Evang. Kirche]]) – [[Zeche Vereinigte Constantin der Große|Zeche „Constantin 4/5“]], die am [[22. Dezember]] [[1910]] bis Gerthe (Apotheke) verlängert wurde. Am [[20. Dezember]] [[1912]] – mittlerweile hatte die Westfälische Straßenbahn das Herner Netz übernommen – kam die Strecke von Herne ([[Vinckestraße]]) nach Horsthausen (Zeche „[[Zeche Friedrich der Große|Friedrich der Große 1/2]]“) hinzu, am [[24. Juli]] [[1914]] folgte die Verlängerung bis Holsterhausen sowie am [[28. Dezember]] [[1914]] bis zur Stadtgrenze von Röllinghausen (Zeche „König Ludwig“) zum Anschluß an die Vestischen Kleinbahnen, während in Herne ein Verbindungsgleis von der Vinckestraße zur Evangelischen Kirche entstand.
Nachdem der Verkehr in den Inflationsjahren [[1923]]/[[1924]] geruht hatte, wurden [[1924]]/[[1925]] die Streckenteile miteinander verbunden und durchgehend von Gerthe bis Röllinghausen betrieben. Zeitweise bestand sogar ein Gemeinschaftsverkehr mit den Vestischen Kleinbahnen bis Recklinghausen Süd bzw. Recklinghausen Bahnhof. Nach dem Konkurs der Westfälischen Straßenbahn und dem Übergang an die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn (Bogestra) im Jahr [[1931]] fiel die schwach frequentierte Strecke Herne – Gerthe am [[31. Januar]] [[1937]] dem Rotstift zum Opfer. Rasch verschwanden die Fahrleitungen und teilweise auch schon das Gleismaterial, doch ebenso rasch setzte man im Rahmen der Kriegsvorbereitungen alles daran, die zur Zu- und Abfuhr der Zechenarbeiter kriegswichtige Verbindung zu reaktivieren. Bereits am [[1. Februar]] [[1938]] eröffnete die Bogestra eine Omnibuslinie Gerthe (Apotheke) – Herne Bf – Zeche „Friedrich der Große 3/4“.
Da die Omnibusse dem Verkehrsanstieg aber nicht gewachsen waren und Treibstoffe knapp wurden, andererseits der Wiederaufbau der Straßenbahn zu teuer geworden wäre, reifte die Idee einer Obuslinie und man beauftragte [[1941]] die Firma Siemens mit der Planung. Ein Problem war die Materialbeschaffung. Zwar lieferte das Schleuderbetonwerk Erlangen noch [[1943]] etwa 100 Masten, doch nach den Luftangriffen auf Bochum hatte die Aufrechthaltung des übrigen Straßenbahnverkehrs Vorrang.
Nach dem Krieg ging es zaghaft weiter. Während man den Abschnitt „Friedrich der Große“ – Bahnhof Herne aufgrund der veränderten Verkehrsverhältnisse umprojektieren mußte, wartete man auf die Zuteilung von Baustoffkontingenten. Im Mai [[1948]] wurden endlich die ersten Ladungen Kies, Zement und Stahl zugeteilt, so daß im Juni unter Aufsicht eines Siemens-Schachtmeisters das Aufrichten der 360 Masten (teils mit einem Gewicht von 1,8 t) und das Anbringen von 600 Wandhaken beginnen konnte. Mitte [[1948]] trafen vier motorlose Obusse ein, um in Gerthe komplettiert zu werden. Die Verhandlungen über die einzelnen Bauabschnitte gestalteten sich schwierig, und oft mußte die Bogestra zwischen den Städten Bochum und Herne vermitteln. Erst Anfang [[1949]] konnte die Montage der 41 km Fahr- und 20 km Spanndrähte, 450 Schalldämpfer und 2.000 Aufhänger beginnen, doch gab es aufgrund von Lieferproblemen vielfach Verzögerungen, so daß in der Öffentlichkeit vage über den mutmaßlichen Eröffnungstermin spekuliert wurde. Ende April hätte man den Abschnitt Gerthe (Apotheke) – Herne (Kirche) mit einem bereits funktionsfähigen Obus in Betrieb nehmen können, weil aber an der Kirche keine Wendemöglichkeit bestand, mußte man die mühselige Fertigstellung der komplizierten Gemeinschaftsaufhängung und Kehre am Bahnhof Herne abwarten.
Am [[18. Juni]] [[1949]] war es endlich so weit: Die weiteren drei Obusse hatten die von der BBC gelieferten Ausrüstungen erhalten und die 5,9 km lange zweispurige Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum Bahnhof Herne einschließlich einer 180 m langen Zufahrt zum Straßenbahnbetriebshof Gerthe konnte eröffnet werden. Auf der Bahnhofstraße in Herne bestand eine Gemeinschaftsaufhängung beiderseits der zweigleisigen Straßenbahnfahrleitungen. Neben zahlreichen Obus/Straßenbahn-Kreuzungen verfügte die dortige Wendeschleife über sechs Obusweichen. Am [[17. Februar]] [[1950]] wurde die Obuslinie um 3,3 km bis Horsthausen ([[Zeche Friedrich der Große|Zeche „Friedrich der Große 4/5“]]) verlängert und in „61“ umbenannt. Die somit 9,255 km lange Strecke hatte drei Fahrdrahtschleifen, drei Federweichen, drei elektrische Weichen, zwei Obus/Obus-Kreuzungen und 22 Obus/Straßenbahn-Kreuzungen und wurde vom Gleichrichterwerk [[Marienstraße]] der Herner Stadtwerke versorgt. Die Kupferfahrdrähte mit einem Querschnitt von 2 x 80 mm2 hingen an halbstarren Siemens-Aufhängungen. Bei einer Gesamtfahrzeit von 27 Minuten kamen regulär drei Wagen alle 20 Minuten zum Einsatz, wobei sie täglich insgesamt 800 km zurücklegten und 6.700 Personen beförderten. Im Jahr 1951 wurden mit den vier Obussen bei einer Gesamtlaufleistung von 285.000 km rund 2,236 Mio. Personen befördert.
Der Obus blieb in Bochum und Herne umstritten. So kam [[1957]] im innerbetrieblichen Mitteilungsblatt der Bogestra die Frage auf: „Warum bleibt es in unserem Netz nur bei dieser einen Obuslinie, obwohl sie doch stets gut besetzt ist und damit erfolgreich bestehen kann? Die Störanfälligkeit hält sich doch in Grenzen, und es ließen sich leicht noch eine oder mehrere Omnibus-Stadtlinien, wie z.B. die Linie 53 oder andere stärker besetzte Linien, anschließen. Weiter spricht für den Obus der Bezug heimischer Energie, was ihn in Krisenzeiten von der Treibstoffeinfuhr unabhängig macht. Darüber hinaus hat der Obus eine längere Lebensdauer als ein Omnibus und ist in der Anschaffung nicht erheblich teurer.“ Und die Antwort: „Der Kaufmann hat aber einen scharf angespitzten Stift, mit dem er in nüchternen Zahlen nachweist, daß im Gesamtbild gesehen der Omnibus, der bei Störungen und Umleitungen freizügiger eingesetzt werden kann, in unserem Betrieb auf jeden Fall günstiger abschneidet als der Obus. Die Betriebskosten erhöhen sich gegenüber dem Omnibus noch um die Kosten für Wartung und Unterhaltung der Fahrleitung.“
Nach nur zehn Jahren, am [[18. Oktober]] [[1959]], wurde der Obusbetrieb wegen größerer städtischer Bauvorhaben, die eine Betriebspause für ein Jahr bedingt hätten, vollständig eingestellt. Der Obus mit 9,3 km Streckenlänge besaß gegenüber dem Omnibus (393 km) nie eine besondere Bedeutung für die Bogestra, zumal auch die Stadt Herne beabsichtigte, den Bahnhofsvorplatz umzugestalten, so daß auch dort umfangreiche Fahrleitungsarbeiten mit separaten Fahrspuren angefallen wären." <ref>Ludger Kenning http://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?17,3861195,3861195#msg-3861195 abgerufen 20.02.2015</ref>
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Aktuelle Version vom 14. Februar 2021, 17:47 Uhr

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Von Ludger Kenning

"Der Eröffnung der 5,9 km langen Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum Bahnhof Herne am 18.6.1949 durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (Bogestra) ging eine langwierige Vorgeschichte voraus. Die Keimzelle war die von der Straßenbahn der Stadt Herne am 22.10.1908 in Betrieb genommene Straßenbahnlinie Herne (Evang. Kirche) – Zeche „Constantin 4/5“, die am 22. Dezember 1910 bis Gerthe (Apotheke) verlängert wurde. Am 20. Dezember 1912 – mittlerweile hatte die Westfälische Straßenbahn das Herner Netz übernommen – kam die Strecke von Herne (Vinckestraße) nach Horsthausen (Zeche „Friedrich der Große 1/2“) hinzu, am 24. Juli 1914 folgte die Verlängerung bis Holsterhausen sowie am 28. Dezember 1914 bis zur Stadtgrenze von Röllinghausen (Zeche „König Ludwig“) zum Anschluß an die Vestischen Kleinbahnen, während in Herne ein Verbindungsgleis von der Vinckestraße zur Evangelischen Kirche entstand.

Nachdem der Verkehr in den Inflationsjahren 1923/1924 geruht hatte, wurden 1924/1925 die Streckenteile miteinander verbunden und durchgehend von Gerthe bis Röllinghausen betrieben. Zeitweise bestand sogar ein Gemeinschaftsverkehr mit den Vestischen Kleinbahnen bis Recklinghausen Süd bzw. Recklinghausen Bahnhof. Nach dem Konkurs der Westfälischen Straßenbahn und dem Übergang an die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn (Bogestra) im Jahr 1931 fiel die schwach frequentierte Strecke Herne – Gerthe am 31. Januar 1937 dem Rotstift zum Opfer. Rasch verschwanden die Fahrleitungen und teilweise auch schon das Gleismaterial, doch ebenso rasch setzte man im Rahmen der Kriegsvorbereitungen alles daran, die zur Zu- und Abfuhr der Zechenarbeiter kriegswichtige Verbindung zu reaktivieren. Bereits am 1. Februar 1938 eröffnete die Bogestra eine Omnibuslinie Gerthe (Apotheke) – Herne Bf – Zeche „Friedrich der Große 3/4“.

Da die Omnibusse dem Verkehrsanstieg aber nicht gewachsen waren und Treibstoffe knapp wurden, andererseits der Wiederaufbau der Straßenbahn zu teuer geworden wäre, reifte die Idee einer Obuslinie und man beauftragte 1941 die Firma Siemens mit der Planung. Ein Problem war die Materialbeschaffung. Zwar lieferte das Schleuderbetonwerk Erlangen noch 1943 etwa 100 Masten, doch nach den Luftangriffen auf Bochum hatte die Aufrechthaltung des übrigen Straßenbahnverkehrs Vorrang.

Nach dem Krieg ging es zaghaft weiter. Während man den Abschnitt „Friedrich der Große“ – Bahnhof Herne aufgrund der veränderten Verkehrsverhältnisse umprojektieren mußte, wartete man auf die Zuteilung von Baustoffkontingenten. Im Mai 1948 wurden endlich die ersten Ladungen Kies, Zement und Stahl zugeteilt, so daß im Juni unter Aufsicht eines Siemens-Schachtmeisters das Aufrichten der 360 Masten (teils mit einem Gewicht von 1,8 t) und das Anbringen von 600 Wandhaken beginnen konnte. Mitte 1948 trafen vier motorlose Obusse ein, um in Gerthe komplettiert zu werden. Die Verhandlungen über die einzelnen Bauabschnitte gestalteten sich schwierig, und oft mußte die Bogestra zwischen den Städten Bochum und Herne vermitteln. Erst Anfang 1949 konnte die Montage der 41 km Fahr- und 20 km Spanndrähte, 450 Schalldämpfer und 2.000 Aufhänger beginnen, doch gab es aufgrund von Lieferproblemen vielfach Verzögerungen, so daß in der Öffentlichkeit vage über den mutmaßlichen Eröffnungstermin spekuliert wurde. Ende April hätte man den Abschnitt Gerthe (Apotheke) – Herne (Kirche) mit einem bereits funktionsfähigen Obus in Betrieb nehmen können, weil aber an der Kirche keine Wendemöglichkeit bestand, mußte man die mühselige Fertigstellung der komplizierten Gemeinschaftsaufhängung und Kehre am Bahnhof Herne abwarten.

Am 18. Juni 1949 war es endlich so weit: Die weiteren drei Obusse hatten die von der BBC gelieferten Ausrüstungen erhalten und die 5,9 km lange zweispurige Obuslinie C von Gerthe (Apotheke) zum Bahnhof Herne einschließlich einer 180 m langen Zufahrt zum Straßenbahnbetriebshof Gerthe konnte eröffnet werden. Auf der Bahnhofstraße in Herne bestand eine Gemeinschaftsaufhängung beiderseits der zweigleisigen Straßenbahnfahrleitungen. Neben zahlreichen Obus/Straßenbahn-Kreuzungen verfügte die dortige Wendeschleife über sechs Obusweichen. Am 17. Februar 1950 wurde die Obuslinie um 3,3 km bis Horsthausen (Zeche „Friedrich der Große 4/5“) verlängert und in „61“ umbenannt. Die somit 9,255 km lange Strecke hatte drei Fahrdrahtschleifen, drei Federweichen, drei elektrische Weichen, zwei Obus/Obus-Kreuzungen und 22 Obus/Straßenbahn-Kreuzungen und wurde vom Gleichrichterwerk Marienstraße der Herner Stadtwerke versorgt. Die Kupferfahrdrähte mit einem Querschnitt von 2 x 80 mm2 hingen an halbstarren Siemens-Aufhängungen. Bei einer Gesamtfahrzeit von 27 Minuten kamen regulär drei Wagen alle 20 Minuten zum Einsatz, wobei sie täglich insgesamt 800 km zurücklegten und 6.700 Personen beförderten. Im Jahr 1951 wurden mit den vier Obussen bei einer Gesamtlaufleistung von 285.000 km rund 2,236 Mio. Personen befördert.

Der Obus blieb in Bochum und Herne umstritten. So kam 1957 im innerbetrieblichen Mitteilungsblatt der Bogestra die Frage auf: „Warum bleibt es in unserem Netz nur bei dieser einen Obuslinie, obwohl sie doch stets gut besetzt ist und damit erfolgreich bestehen kann? Die Störanfälligkeit hält sich doch in Grenzen, und es ließen sich leicht noch eine oder mehrere Omnibus-Stadtlinien, wie z.B. die Linie 53 oder andere stärker besetzte Linien, anschließen. Weiter spricht für den Obus der Bezug heimischer Energie, was ihn in Krisenzeiten von der Treibstoffeinfuhr unabhängig macht. Darüber hinaus hat der Obus eine längere Lebensdauer als ein Omnibus und ist in der Anschaffung nicht erheblich teurer.“ Und die Antwort: „Der Kaufmann hat aber einen scharf angespitzten Stift, mit dem er in nüchternen Zahlen nachweist, daß im Gesamtbild gesehen der Omnibus, der bei Störungen und Umleitungen freizügiger eingesetzt werden kann, in unserem Betrieb auf jeden Fall günstiger abschneidet als der Obus. Die Betriebskosten erhöhen sich gegenüber dem Omnibus noch um die Kosten für Wartung und Unterhaltung der Fahrleitung.“

Nach nur zehn Jahren, am 18. Oktober 1959, wurde der Obusbetrieb wegen größerer städtischer Bauvorhaben, die eine Betriebspause für ein Jahr bedingt hätten, vollständig eingestellt. Der Obus mit 9,3 km Streckenlänge besaß gegenüber dem Omnibus (393 km) nie eine besondere Bedeutung für die Bogestra, zumal auch die Stadt Herne beabsichtigte, den Bahnhofsvorplatz umzugestalten, so daß auch dort umfangreiche Fahrleitungsarbeiten mit separaten Fahrspuren angefallen wären." [1]

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Quellen