Wildschweinjagd im Emscherbruch (Herner Zeitung 1935)
Am 18. Mai 1935 wurde in der "Herner Zeitung" ein Artikel über von Karl Brandt veröffentlicht. [1]
Wildschweinjagden im Emscherbruch
Als Gottfried von Strünkede die hohe Jagd streitig gemacht werden sollte, klagte er gegen den Fiskus
Prozess vor 260 Jahren
Von unserem Mitarbeiter.
H. R. Herne, 18. Mai.
Erfreulicherweise hat die seit einigen Monaten gründlicher eingesetzte Heimatforschung bei uns in Herne manches Wertvolle zu Tage gefördert. Mit Staunen vernehmen wir, dass unser Herne gar nicht so traditionslos und ohne Reize geschichtlicher Ereignisse ist. Heute wollen wir dazu wieder einen kleinen Beitrag liefern.
Die Ritter von Strünkede hatten viele Jahrhunderte lang an der Emscher die Jagd ausgeübt. Der Fiskus machte um die Mitte des 17. Jahrhunderts dem Gottfried von Strünkede die hohe Jagd streitig. Da sah sich dieser veranlasst, gegen den Fiskus klagbar vorzugehen. Am 15. Dezember 1666 strengte er die Klage an und es kam zu einem hochinteressanten Zeugenverhör von Leuten, die zu der Gerichtsbarkeit Strünkede gehörten. Es waren Herner Bauern, die im Verlaufe ihrer Erklärungen auch Verschiedenes aus ihrem Leben erzählten. Dadurch gewinnen wir Einblick in die Verhältnisse damaliger Zeit.
Baukauer Bauern als Zeugen
Es waren durchweg Bauern, die etwa 80 Jahre alt waren und daher über die Jagdausübungsverhältnisse in ältester Zeit manches berichten konnten. Sie wohnten damals sämtlich im Stadtteil Baukau. Es waren Jörgen Lechtappe, Henrich Rohdebahn, Rutger Koep (Kopp). Rutger Bonekamp. Johan Jäger und Johan Trösken. Nachdem die Zeugen auf die Folgen eines Meineides aufmerksam gemacht worden waren, wurden sie verhört. Sie sollten aussagen, ob sie wüssten, dass die Strünkeder schon in ihrer Jugend ohne Behinderung die hohe Jagd ausgeübt hätten. Die hohe Jagd war die auf Wildschweine, Hirsche und Rehe.
Als man den Jörgen Lechtappe fragte, sagte dieser, soweit er zurückdenken könne und wie er gehört habe, hätten die Strünkeder die hohe Jagd ausgeübt und kein Mensch habe dagegen etwas einzuwenden gehabt. Er habe das auch von Jochmann, einem Manne, der über 100 Jahre alt sei, gehört. Johan Trösken vom Tröskenhof in Baukau bestätigte das und fügte noch hinzu, dass er dasselbe von seinem Vater gehört hätte, der 90 Jahre alt geworden wäre. Johan Jäger hat dasselbe von „Diedrich Jochmann, einem 100jährigen Mann“, gehört.
Ferner bekunden sämtliche Zeugen, „daß sowohl in Kriegs= und in Friedenszeiten gejaget worden sey“. Einige bezeugen noch, dass sie wüssten und gehört hätten, dass auch Jobst von Strünkede (gestorben 1602) die Jagd auf Groß= und Kleinwild ausgeübt hätte. Ohne Ausnahmen haben auch die Zeugen in ihrer Jugend gesehen, wie an dem Schloss Tor der Burg Strünkede viele Köpfe von Wildschweinen angenagelt gewesen seien. Wenn das Wasser der Emscher niedrig gewesen sei, so wären vom jenseitigen Emscherufer Wildschweine herüber auf das südliche Ufer gekommen und hätten hier das Korn verdorben.
Auf zur Wildschweinjagd
Schon allein diese Angaben können vor unseren geistigen Augen ein Bild aus jenen fernen Tagen erstehen lassen. Da kann eines Tages dem Jobst gemeldet worden sein, dass einige Wildschweine aus dem kurkölnischen Land herübergekommen seien und den Bauern das Korn verdürben. Den Jobst packte das Jagdfieber, sofort befahl er, alles für die Jagd zu rüsten. Die Saufedern (lange Spieße) wurden geschliffen, die Jagdmesser umgegürtet, die Pferde gesattelt, einig: Knechte zur Jagd befohlen und die Hunde gekoppelt. Bald ritten die Jagdgesellen über die niedergelassene Holzbrücke, dumpf klapperten die Hufe der Rosse und der Schall brach sich an den Burgmauern.
Hinaus ging es in den Emscherbruch. Bald waren Spuren der Wildschweine gesichtet, die Hunde ließ man los und wie die Windsbraut sausten die Tiere davon. Hinterher die Reiter. In der Ferne vernahm man das Gekläff der Hunde, sie hatten das Wild gefunden. Die Reiter spornten ihre Pferde zur größten Schnelligkeit an und wieder sah die Landschaft eine der aufregendsten Jagden. Wild, Hunde und Pferde rasten über Wiesen, Felder und durch Büsche; den Schweinen saß der Tod im G-nick und sie liefen, was die Läufe hergeben konnten. In den Hunden aber war die Mordlust erweckt und dieser uralte Trieb war stärker, als die Todesangst der Schweine und so ward alsdann ein mächtiger Keiler gestellt.
Dieser gab den Kampf noch längst nicht verloren. Breitbeinig, den Kopf mit den langen Zähnen ein wenig gesenkt, stand er da, die Augen funkelten böswillig und entschlossen. Da wagte einer der Hunde einen Sprung, um dem Tier ans Genick zu kommen. Aber wie der Blitz fasste der Keiler zu, warf den Kopf hoch und meterweit flog der Hund durch die Luft und landete unsanft auf dem Erdboden. Einem anderen Hund riss er die Seite auf, so dass dieser kläglich winselnd davon schlich. Schwein und Meute dampften vor Anstrengung. aber, immer wieder wagten die Hunde einen Angriff und über den Ausgang des Kampfes konnte es keine Zweifel geben.
Da langten die ersten Reiter an. Das Schwein wollte fliehen, doch als die Hunde ihrer Herren ansichtig wurden, machten sie einen geschlossenen Angriff. Ritter Jobst war der erste, der auf dem Kampfplatz ankam. Er legte die Saufeder ein und mit wohlgezieltem Stoße traf er den Keiler ins Herz. Einige Pfiffe und Befehle genügten und alsdann ließen die Hunde von dem toten Tier ab und liefen wieder hinter den anderen Schweinen her.
Alle Zeugen für Strünkede
So mögen sich die damaligen Wildschweinjagden abgespielt haben. Doch hören wir, was die Zeugen sonst noch aussagten: Johan Trösken sagte noch, er sei in Baukau geboren, wäre ein Ackermann, den Strünkedern leibeigen, müsste jede Woche einmal dienen und habe seinen Hof von Strünkede in stehender Pacht. Von den Strünkedern fürchte er keinen Schaden oder Nutzen, wenn sie Recht behielten, so gönne er es ihnen. Von alten Leuten, so von Henrich Arends (Arndt) und Johan Peter, habe er gehört, dass die Strünkeder vor langer Zeit gejagt hätten.
Rutger Koep hat nicht darauf geachtet, wie alt er ist
Rutger Koep:„ Sagt er, als ein ungelehrder man habe auf seine jahre keine eygentliche achtung geben, sey sonst seynes erachtens siebentzig oder mehr jahr alt. am Koep auf der Emscher geboren, sey ein Kötter, und ernehre sich garnig, akkerbarlos, hätte sich sein lebtag davor gehütet, niemahlen Obrigkeit zu gebrauchen, oder deren nachzugehen nöthig gehabt". Als er gefragt wurde, ob er mit Strünkede in Freundschaft und Gevatterschaft lebe, antwortete er: „er hette sich jeh undt alle Zeit zu seynes gleichen gehalten, sey zum Hause Strüntede leib und guth ny gewesen, sein unterhabender Kotten habe samt der lenderey von selbigen in pacht und thue wöchentlich ein leibdienst,— er gönne dem Herrn von Strünkede alles guths.“
So haben denn alle Zeugen zu Gunsten der Strünkeder ausgesagt und wenn uns auch der Ausgang dieses Prozesses nicht bekannt ist, so dürfen wir sicherlich annehmen, dass Gottfried von Strünkede den Sieg davontrug. Er und seine Nachkommen haben gewiss weitergejagd und wenn man es ihnen verboten hätte, dann erst recht, denn die Strünkeder ließen sich nichts verbieten.
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Quellen
- ↑ [ https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/21316348 Vgl. Online Quelle auf Zeitpunkt.NRW]
- ↑ Bildquelle: Wikipedia.org