Wiescherstraße 13
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Das ehemalige Wohn- / Geschäftshaus Wiescherstraße 13 lag auf der östlichen Straßenflucht zwischen Sodinger Straße und Im Schlagenkamp und wurde zwischen 1906 - 1907 errichtet.
Das erste Gebäude an dieser Stelle gehörte im Jahre 1877 dem Gastwirt Karl Nettingsmeier. (1833 Bröderhausen – 1893 Herne). Dieser hatte 1860 Christine Spieckermann (1830-1869) in erster Ehe geheiratet. Eine weitere Ehe erfolgte im Dezember 1869 mit Friederike Spilker (1847-1887).
Sein gleichnamiger Sohn Carl erlernte das Bäckerhandwerk und folgte ihm als Gastwirt in der Wirtschaft „Zum Reichsadler“ nach. Diese war 1861 geboren und starb 1930. Auch er verheiratete sich zwei Mal: 1887 mit Henriette Stemmermann (1866-1897) und 1898 mit Caroline Böhme (1867-1924) aus Dortmund.
Eine erstaunliche Rechtssache kam 1896 ans Licht: „Die 15 Mal vorbestrafte Ehefrau G. aus Hiltrop musste sich wegen Diebstahls verantworten. Sie ließ aus dem Lokal des Wirts Nettingsmeier ein Bierglas mitgehen und hielt es mehr als 8 Jahre im besitzt. Erst jetzt (1896) kam die Sache an den Tag. Sie erhielt 14 Tage Gefängnis.“[1]
Das die Wirte noch keinen Jugendschutz kannten, oder ihn nicht umsetzten zeigt die sog. Wirthe Verhandlung aus dem Jahre 1901. Mehrere Wirte der Herner Tresen Landschaft wurden beschuldigt das Verbot von Brandweinverkauf an Kinder unter 14 Jahren nicht zu befolgen! Nettingsmeier wurde für schuldig befunden und musste 10 Mark Geldbuße leisten.[2]
In den Jahren 1906/07 ist das auf dem obigen Bild zusehende Gebäude abgebrochen worden und durch einen Neubau ersetzt worden. Im Mai 1906 veröffentlicht Carl Nettingsmeier dazu eine Mietanzeige über ein Ladenlokal mit Wohnung, welches zu jedem Geschäft geeignet, sofort zu vermieten.[3] 1907 belegte ein Gewerkschaftskartell die Gaststätte mit einem Boykott, welcher aber nicht durchgesetzt werden konnte und schließlich „auf einen günstigeren Zeitpunkt zu vertagen.“[4]
Hinter der Wirtschaft lag ein Schießstand, der von einigen Schützenvereinen genutzt wurde.
1914 übernahm Carl Nettingsmeier das Handwerk eines Kammerjägers und ist hier noch 1954 wohnen gemeldet.
Ab 1916 wurde die Wirtschaft von Carl Dunschen unter den Namen „Zum Schützenhof“ geführt. 1927 starb Carl Dunschen und seine Witwe übernahm das Etablissement. Zum 1. Mai 1929 übernahm Peter Steins (* 1880 Mühlrath) die Wirtschaft. Verheiratet war er mit Berta Dunschen, der Tochter des Hauses. Der Schießstand blieb aber in Nettingsmeier Hand.
1931 wurde die Liegenschaft zwangsversteigert:
Gemarkung Herne, Flur 14, Nr. 294/27 und 296/27, groß 5,97 und 3,16 Ar, Wohn- und Wirtshaus mit Hofraum und Hausgarten, Saal, Veranda, Kegelbahn, Abortgebäude und Waschküche. Gemarkung Herne, Flur Nr. 295/27, groß 4,75 Ar, Wiese, an der Wiescherstraße. Eigentümer: Witwe Karl Dunschen, Christine geb. Weffers in Herne. Termin: 13. November 1931.[5] und später 1932.
Schon am 28. November 1932 starb der Wirt Peter Steins im katholischen Krankenhaus.
1934 gehörte die Liegenschaft nun dem Bauunternehmer Wilhelm Finke von der Wiescherstraße 21.
Als letztes hieß der Gaststättenbetreiber H. Wagener.
Heute ist das Gebäude abgetragen und zur Einfahrt des LIDL Marktes auf dem ehem. Firmensitz von Cristian dahin geöffnet.
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