Großmarkt Herne (1928-1964)
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Der Herner Großmarkt
Vom Neumarkt zur Großmarkthalle
Bis zum Jahr 1928 trafen sich die Händler am alten Herner Neumarkt, wo sie in ungeordneter Weise Obst und Gemüse feilboten. Die Marktstruktur war wenig organisiert, und es fehlten geeignete Lager- und Verkaufsstätten. Erst danach wurde an der Freiligrathstraße mit dem Bau von Großmarkthallen begonnen, die den Handel mit Frischobst und Gemüse konzentrieren und ordnen sollten. Dabei war ursprünglich nur ein Provisorium vorgesehen, das höchstens zehn Jahre bestehen sollte. Die politischen und wirtschaftlichen Umstände, insbesondere der Zweite Weltkrieg, führten jedoch dazu, dass der provisorische Großmarkt an der Freiligrathstraße bis zum 15. April 1964 betrieben wurde – also rund 36 Jahre lang.
Die Lage des Großmarktes in direkter Nachbarschaft zum Wochenmarkt auf dem Friedrich-Ebert-Platz war zwar vorteilhaft, erwies sich jedoch in vielerlei Hinsicht auch als nachteilig. Es fehlte ein direkter Bahnanschluss, und die Hallen verfügten nur über jeweils einen Zugang. Dadurch mussten an der Verkaufsseite auch die Anlieferungen erfolgen, was regelmäßig zu Verkehrsproblemen führte. Große Lastzüge versperrten die Durchfahrtsstraßen, sodass Einzelhändler nicht bis an die Stände heranfahren konnten. Sie mussten stattdessen in den umliegenden Straßen oder auf Plätzen be- und entladen. Die Anwohner klagten berechtigterweise über nächtlichen Lärm und viele weitere Beeinträchtigungen.
Diese Probleme führten über Jahre hinweg zu Planungen für eine Verlegung des Großmarktes. Durch die Stilllegung der Zeche Julia bot sich schließlich das dortige Gelände für einen Neubau an. Am 15. April 1964 wurde der neue Großmarkt auf dem ehemaligen Julia-Gelände feierlich eröffnet.
Die Großmarkthalle von 1928
Bereits im Februar 1928 war in Herne eine erste Großmarkthalle in Betrieb genommen worden. Dies bedeutete einen entscheidenden Schritt zur Wiederbelebung des städtischen Großmarktwesens nach dem Ersten Weltkrieg. Vor dem Krieg hatte Herne mit seinem offenen Großmarkt unter freiem Himmel zu den führenden Handelsplätzen im Ruhrgebiet gezählt. Nach dem Zusammenbruch des alten Marktbetriebs und der Abwanderung vieler Großhändler nach Essen und Dortmund ermöglichte erst der Hallenbau eine neue Phase wirtschaftlicher Entwicklung.
Der Erfolg der Halle zeigte sich bereits während der Bauzeit: Noch vor der Fertigstellung des ersten Gebäudes musste mit dem Bau eines zweiten parallelstehenden Hallenteils begonnen werden. Insgesamt waren dort 14 massive, jeweils 50 bis 100 Quadratmeter große Boxen untergebracht, die teils auch Kellerflächen aufwiesen. Diese wurden an Großhändler aus Herne, dem Ruhrgebiet und dem niederländischen Venlo vermietet.
Zu den ersten ansässigen Firmen zählten unter anderem:
- Boracks (Herne)[1]
- Lupp (Herne) [2]
- Kirch (Herne) [3]
- Trömpert (Herne) [4]
- Sonnet (Wanne-Eickel)
- Peter van Wylick (Venlo, Niederlande)
- Gemüse- und Absatzgenossenschaft Oga (Dortmund) – ausschließlich heimische Produkte
- Kapplinghaus (Dortmund)
- Wegmann (Horneburg)
- Thomas (Essen)
- Engelbertz (Düsseldorf)
- Klein (Düsseldorf)
Die Pachtkosten waren mit 10 Pfennig pro Quadratmeter Verkaufsfläche und 5 Pfennig für Kellerflächen ausgesprochen niedrig und lagen deutlich unter den Tarifen anderer Städte im rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Diese günstigen Bedingungen zogen viele Händler an und förderten die wirtschaftliche Bedeutung des Herner Großmarkts erheblich.
Die Hallen waren aus massivem Mauerwerk errichtet, verfügten über steinerne Böden und boten damit hygienisch und klimatisch günstige Bedingungen für den Handel mit verderblichen Waren. Neben den Hallenflächen wurde auch der angrenzende aschenbedeckte Platz für den Warenumschlag genutzt.
Marktbetrieb und wirtschaftliche Bedeutung
Der Großmarkt war täglich geöffnet, wobei sich der Hauptumschlag des Warenverkehrs in den frühen Morgenstunden zwischen 6:00 und 8:00 Uhr abspielte. Händler aus der Umgebung belieferten den Markt mit frischen Produkten, die von Einzelhändlern und Marktbeschickern aus Herne und dem gesamten Umland abgeholt wurden.
Der Großmarkt von Herne nahm nach dem Aufbau der Hallen zunehmend wieder eine führende Rolle im regionalen Gemüse- und Fruchthandel ein. Schon vor dem Ersten Weltkrieg galten Herner Großhändler als angesehene Persönlichkeiten, sogar an der Börse in Amsterdam. Auch nach dem Wiederaufbau gewann der Herner Markt schnell an Einfluss zurück.
Durch die wirtschaftliche Organisation unter städtischer Aufsicht war der Betrieb nicht nur effizient, sondern auch rentabel: Der Markt warf eine Verzinsung und Amortisation von etwa 10 % ab, was ihn zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor für die Stadt Herne machte.
Fazit
Der Herner Großmarkt durchlief im 20. Jahrhundert eine eindrucksvolle Entwicklung – vom offenen Neumarkt über das langjährige Provisorium an der Freiligrathstraße bis hin zur modernen Verlagerung auf das ehemalige Zechengelände Julia im Jahr 1964. Mit seiner funktionalen Infrastruktur, günstigen Pachtbedingungen und zentralen Rolle im regionalen Handel prägte er die städtische Wirtschaft Herne nachhaltig.
Heute befindet sich auf dem Bereich des ehemaligen Großmarktes eine Tankstelle und ein Behördenparkplatz.
Weblinks
- Herner Anzeiger vom 8. August 1928 - Herner Marktverkehr
- Herne - unsere Stadt - Juli 1964
- https://www.waz.de/ Luftbilder
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Einzelnachweise
Dieser Artikel, diese genealogische oder textliche Zusammenstellung bzw. dieses Bild wird von Andreas Janik (ehem. Johann-Conrad) für das Wiki der Herner Stadtgeschichte zur Verfügung gestellt und unterliegt dem Urheberrecht. Bei einer Verwendung dieser Abbildung und/oder dieses Textes - auch als Zitat - außerhalb des Wikis der Herner Stadtgeschichte ist die Genehmigung beim Autor einzuholen. |