Etwas über Reisepass und Passvisum im Herne vor 100 Jahren (1923) III

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 20. Dezember 1923 wurde im "Herner Anzeiger" folgender dritter und letzter Artikel einer Serie über die Ausstellung von Reisepässe zur Zeit der Maire Herne veröffentlicht, welchen wir hier gerne wiedergeben. [1]

Etwas über Reisepass und Passvisum
im Herne vor 100 Jahren.
(Von Stadtinspektor [Adolf] Honnert.)
3.
Der Befreiungskampf von 1813 ist gewonnen, und am 25. Januar 1814 übersendet der nunmehrige „Landesdirektor“ von Romberg in Dortmund dem „Bürgermeister“ von Herne 16 neue vorschriftsmäßige Pass Formulare, die auf Grund einer ihm gewordenen hohen Gouvernementsverordnung im Umdruck hergestellt worden sind. Dafür hat Steelmann den Betrag von 1 Reichsthaler 12 Stüber Berliner Kurs einzuschicken.
Gleichzeitig ordnet die neu eingesetzte preußische Behörde an, dass die Ausfertigung der Auslandspässe durch den Landrat und der Inlandspässe durch den Bürgermeister zu erfolgen hat. Für die Auslandspässe wird „wie bisher geschehen“, eine Bescheinigung der guten Aufführung von der Ortsobrigkeit verlangt und außerdem ein Certificat, dass dem Landwehrdienst ein Genüge geleistet ist.
Die Gebühren für einen Pass betragen nunmehr

a) für den Stempel 75 centimes,
b) für die Ausfertigung 4 gute Groschen oder 60 centimes, mithin 1 francs 35 centimes.

Diese Gebühren werden durch Verordnung vom 23ten März 1814 nach einer Verfügung des „hohen Civil=Gouvernements“ vom 14. 4. 1814 für jeden Reisepass wie folgt erhöht:

a) bey bemittelten Persohnen 8 gute Groschen courant
b) bey unvermögenden Persohnen 2 gute Groschen courant.

an Stempelgebühren. Vermögenslose Persohnen sollten den Pass jedoch gänzlich umsonst erhalten.
Gänzlich stempelfrei sind ferner:

1. die Pässe zu Dienstreisen,
2. die Pässe, welche einkommenden ausländischen Deserteurs erteilt werden,
3. die Pässe, welche den aus den Straf= und Besserungsanstalten entlassenen Personen erteilt werden,
4. die Pässe für die „officianten“, welche ohne „Verbesserung“ von einem Ort zum anderen versetzt werden.

Am Schluss der Verfügung wird weiter angeordnet, dass die Berechnung der Gebühren statt zu centimen künftig in Thaler und gute Groschen courant erfolgen soll.
Wir ersehen hieraus, dass es schon damals Dienstreisen gab, nur dass sie nicht Milliarden und Millionen Mark, sondern nur „Thaler und gute Groschen courant“ gekostet haben werden. Das Formutar der neuen preußischen Reisepässe ist wesentlich anders als dasjenige des Großherzogtums Berg. Es folgt der Abdruck eines solchen Passes aus dem Jahre 1814. Der Inhaber des Passes ist ein vielgereister Mann, der ganz Holland bereiste, wie die Piers ersehen lassen. Er ist trotz des Gebrauches sehr sauber und mancher heute im Gebrauch befindliche Reisepass oder Personalausweis kann einen Vergleich mit ihm nicht aushalten.

Königlich Preußische Landes Polizey.
(Wappen, fliegender Adler)
Signalement.
Alter: 55 Jahre. Größe: 5 Fuß 4 Zoll. Haare: schwartzbraun. Stirne: rund. Augenbrauen: schwartbraun. Augen: grau. Nase: spitz. Mund; ordinair. Kinn: rund. Bart: weißlich. Gesicht: länglich. Gesichtsfarbe: gesund. Besonderes Zeichen: eine kleine Wartze auf dem rechten Auge.
Handschrift des Inhabers: gez. Peter Sattler.
Der vorstehend signalisierte Inhaber dieses
Peter Sattler
gebürtig aus Eickel, wohnhaft zu Eickel
wünscht von hier nach Holland zu reisen.
Da er sich über seine staatsbürgerlichen Verhältnisse bei der unterzeichneten Behörde gehörig ausgewiesen hat: so ist ihm dieser auf ein Jahr gültige Reisepaß zur Beförderung seiner Sicherheit und seines Fortkommens ertheilt worden.
So geschehen Dortmund, den fünfundzwanzigsten Februar 1814
Der Königlich Preußische Landesdirektor:
(Siegel) v. Romberg.
Gesehen enenenenen, den 3. März 1814
Auf Befehl des Majors und Commandant
v. Bernuth
E. v. Leschen, Capitän.

Beim Weiterblättern in den Akten stellt man fest, dass schon damals die hohen vorgesetzten Behörden es an Verfügungen, Erlassen, Hinweisen und Ermahnungen nicht haben fehlen lassen. Der Bürgermeister Steelmann muss ein vielbeschäftigter Mann gewesen sein. So macht der Landesdirektor in Dortmund den Bürgermeister von Herne in einem Schreiben vom 13. Sept. 1815 darauf aufmerksam, dass sich der unangenehme Vorfall ereignet habe, dass einem kurz vorher durch Steckbrief öffentlich verfolgten Verbrecher ein Reisepaß ertheilt worden sei, unter dessen Schutz er im Begriffe war, die Königlichen Staaten zu verlassen. Alle „Behutsamkeit“ soll angewendet werden, damit sich dieses nicht mehr ereigne.
Am 2. Juni 1816 weist der Landesdirektor in Dortmund den Bürgermeister in Herne an, „um den Unordnungen vorzubeugen, zu welchen öffentliche von so genannten Brüderschaften in Masse mehrentheils nach weitentlegenen Orten unternommene Wallfahrtszüge, sowohl in sittlicher, religiöser, als auch in politischer Beziehung Anlaß geben“, daß

1. jeder, der solchen Zug begleiten will, einen Reisepaß von der Polizey lösen muß.
2. ohne Begleitung eines in der Seelsorge angestellten, von dem Bischofe mit besonderem Auftrage versehenen Geistlichen keine Wallfahrtsprocessionen abgeführt werden dürfen, dahingegen Privat=Wallfahrten und Processionen, bei denen nicht übernachtet wird, nicht erschweret werden sollen.“

Der ein Stück Zeitgeschichte unserer engsten Heimat umfassende Aktenband schließt mit dem Jahre 1818 ab. Als letzte obrigkeitliche Verfügung ist erwähnenswert die Anweisung des Landrats von Bochum an den Bürgermeister von Herne, wonach Anweisung ergeht, „die fortwährend stattfindenden schädlichen Antriebe der französischen Proscribirten gehörig im Ange zu halten“ und „die Aufmerksamkeit auf alle französischen Proscribirten, welche sich in die Preußischen Staaten begeben, oder sich heimlich einschleichen, zu verdoppeln zum Schluß seien noch die Namen der Eingesessenen der damaligen Mairie bezw. Bürgermeisterei Herne ausgeführt, die eine Paßausfertigung ausweislich der Akten beantragt haben, und mit welchem Reiseziel sie sich in die nähere oder weitere Umgebung des Heimatortes begeben haben. Es sind dieses:

  • Georg Wilhelm Hesselmann aus Baukau im Jahre 1810 zur Conscription wegen „kleiner Stutur“ nicht herangezogen
  • Johann Böcker aus Sodingen, im Jahre 1810, ebenfalls weil unter dem Maß, nicht zur Conscription herangezogen.
  • Diedrich Wilhelm Schulte zu Bladenhorst, im Jahre 1811, der zur Erlernung einer Profession sich von Hause entfernen will.
  • Georg Wilhelm Koester aus Herne, im Jahre 1811, welcher wegen „Untanglichkeit pro 1800“ aus gemustert ist.
  • Johann Henrich Nordmann aus Eickel, im Jahre 1811, welcher in der Conscription untauglich wegen Epilepsie erkannt wurde
  • Theodor Henrich Papenhoff aus Eickel, im Jahre 1811, welcher wegen seines hohen Loses bei der Conscription weder zur Activ wie zur Reserve heran gezogen worden ist
  • Diedrich Henrich Becker aus Crange, Schuster, geboren 1794, für eine Reise mach Mülheim an der Ruhr, im Jahre 1811
  • Diedrich Springkämper aus Hiltrop im Jahre 1811
  • Johann Wilhelm Massenberg aus Holsterhausen, im Jahre 1811
  • Johann Conrad Forckenberg [Funckenberg] aus Strünkede
  • Johann Henrich Echteberg aus Eickel
  • Johann Wilhelm Espey aus Holsterhausen
  • Heinrich Wilhelm Tönnies aus Eickel, geb. am 10 2. 1791, zur Erlernung des Schusterhandwerks im Rheinland im Jahre 1812.
  • Johann Henrich Steffen, Schneider, aus Horsthausen, zum erlernen eiens Handwerks in Langenberg im Rheinland.
  • Johann Henrich Wietelmann aus Herne, zur Erlernung einer Profession im Rheinland i. J. 1813.
  • Theodor Pflieger, Kaufhändler aus Eickel, für eine Reise in Familienangelegenheiten nach Amsterdam in Holland im Jahre 1813.
  • Georg Wilhelm Bönnninghaus aus Holsterhausen, für eine Reise nach Münster in kirchlichen Angelegenheiten im Jahre 1813.
  • Johann Diedrich Ostwinkel aus Herne, zur ferneren Fortsetzung seiner Schusterprosession i. J. 1813.
  • Henrich Schulte zu Eickel, Schneidergeselle.
  • Herm. Lanfermann aus Baukau, Rademacher
  • Wilhelm Adolph aus Herne, Schneider.
  • Diedrich Wilhelm Claas am Stamm zu Herne, auf Claas Kosten für eine Reise nach Holland in Jahre 1814.
  • Witwe Delonvie geb. Catrina Elisabeth Immerkämper aus Natorp bei Soest, wohnhaft auf Haus Crange bei Freifrau von Rump, für eine Reise in Familienangelegenheiten nach Lille in Frankreich in Jahre 1816
  • Diedrich Henrich Görnecke aus Hiltrop mit dem bey sich führenden Frauenzimmer nach deren Heimath über Unna, Soest, Paderborn, Cassel, Northeim, Blocksberg und so weiter nach Westerhausen bei Quertburg im Brandenburgischen im Jahre 1816.
  • Diedrich Strathmann, Landwirt aus Röhlinghausen, in Prozeßzangelegenheiten auf 2 Monate nach Münster.
  • Giesbert Friedrich Schmiedeshoff aus Baukau, zu einer Reise zu seinem Bruder in der Gemeinde Gemarck im Bergischen im Jahre 1816.
  • Christion Gottlieb Lanefermann aus Pöppinghausen, Tagelöhner, mit seinem 17jährigen Sohn für eine Reise nach seinem Geburtsorte Levern bei Minden.
  • Henrich Schmidt zu Sodingen, Landwirt in der Commune Herne, für eine Reise in Familienangelegenheiten nach Lippstadt im Jahre 1817.
  • Johann Henrich Geesmann, Schreiner aus Poppinghausen, für eine Reise nach Elverfeld.
  • Eberhard Hülsmann aus Herne, Kaufhändler, für Reisen in dem Regierungsbezirk Arnsberg zum Hausieren, mit Ellenwaren im Jahre 1817.
  • Eberhard Ludwig Rembert, Böttcher und Landwehrmann aus Herne, für eine Reise nach Düsseldorf und Jülich, „um sich einen Arbeitsmeister zu suchen“, im Jahre 1817.
  • Albert Henrich Externe[st] aus Strünkede, für eine Reise in der Gemarck, um sich in seiner Profession zu vervollkommnen.
  • Friedrich Rembert, Schenkwirt in Herne, für eine Reise nach Münster im Jahre 1818.
  • Carl Westhoff in Herne, für eine Reise nach Melle im Jahre 1818.
  • Johann Henrich Schneider, Schreinergeselle von Crange, für eine Reise nach Werden im Jahre 1818.
  • Witwe Staup geb Elisabeth Vedder aus Röhlinghausen, für eine Reise nach Amsterdam.
  • Johann Henrich Beißmann aus Crange, für eine Reise nach Essen in „Prosessionsangelegenheiten“.
  • Engelbert Langebeckmann, Landwirt aus Eickel, für eine Reise nach Aachen, „um dorten das Bad zu gebrauchen“, im Jahre 1818.


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Quellen