Die Limburger Lehen der Strünkeder I.

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Leo Reiners widmete sich in den Jahren 1938/39 in einer Artikelserie den Limburger Lehen der Strünkede.

Herner Anzeiger
Samstag, den 5. November 1938
Nr. 260 (Drittes Blatt)
Die Limburger Lehen der Strünkeder

Wie kamen sie in ihre Hände? - Ein Gewinnbrief aus dem Jahre 1579.
I. [1]

Wir haben in dem Artikel über „Limburger Besitz im alten Herne“ eine Reihe von Gütern und Zehntrechten aufgeführt, welche die Limburg=Styrumer in Herne zu vergeben hatten. Davon lassen sich diejenigen, die an die Strünkeder zu Lehen gegeben wurden, an Hand der Styrumer Archivalien, die einen umfangreichen Schriftwechsel zwischen Strünkede und den Limburgern enthalten, genau durch die Jahrhunderte verfolgen. Es sind vornehmlich zwei Gruppen: der Zehnte zu Pöppinghausen, der stets mit dem Hof zu Berge im Vest Recklinghausen zusammen genannt wird, und „Hemmers Gut vor Strünkede“ (Schulte=Langforth) einerseits, Düngelmann und die Zehnten aus Risse und Büchte in Holthausen anderseits. Wie kommen nun diese Limburger Lehen an die Strünkeder und welches ist ihre älteste Geschichte?

Im Jahre 1749 schreibt der Freiherr Ludwig von Strünkede an den Styrumer Lehnsdirektor, es seien, „alß in alten Zeiten eine gräffinn von Styrum an einen meiner Vorfahren Herrn und Besitzern dieses Hauses Verheyrathet worden, derselben solche stücke pro dote mitgegeben und nur das Dominium directum Vorbehalten worden". Nach der Strünkeder Familienüberlieferung handelt es sich also um eine Mitgift, die eine Gräfin von Limburg mit in die Ehe gebracht hat. Die hierfür in Frage kommende Heirat kann nur die der Sophia von Limburg=Styrum mit dem wilden Reiner von Strünkede gewesen sein, die 1494 erfolgte. Aber die Behauptung des Freiherrn Ludwig von Strünkede ist irrig. So einfach und einheitlich ist der Ursprung der Besitzrechte der Strünkeder an den Limburger Lehen nicht gewesen. Klar ist zunächst

der Erwerb von Schulte-Langforth.

Von Steinen gibt an, Johann von Strünkede und seine Frau Jutte hätten 1463 Hurtmans Gut, welches im Gericht Strünkede und Kirchspiel Castrop gelegen und ein Lehn vom Grafen von Limburg sei, von Richard von Boynen und Henrich vom Hamme gekauft. Dazu paßt die Angabe aus dem von Kremer veröffentlichten Verzeichnis der Lehen= und Dienstmannen Wilhelms von Limburg[2], daß 1471 des Montags vor St. Peter ad Cathedram Johann von Strünkede „dat guet geheyten toe Hamme gelegen voir Strunckede" zu Lehen empfangen habe. In beiden Fällen handelt es sich um den später Hemmers Gut vor Strünkede genannten Hof Schulte-Langforth, dessen Reste heute noch an der Langforthstraße in H.=Horsthausen nahe der Verbandsstraße OWII und dem Auslauf der Ernststraße zu sehen sind (Besitzer ist seit 1904 die Zeche Friedr. d. Große), und von dem wir nunmehr wissen, daß ihn vor 1463 Richard von Boenen und Henrich von Hamme zu Lehen hatten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß zwischen dem Strünkeder Burgmannengeschlechte von (dem) Hamme und dem Hemmers Gut ein Namens Zusammenhang besteht, denn der Sitz des Adelsgeschlechtes von Hamme in Buer, von dem die Strünkeder Burgmannen jedoch nicht zu stammen scheinen, heißt auch Hemmerberg. [3] Hemmer ist also ein Genitiv von Hamme. Es wären dann alle anderen überlieferten Namen für das Gut wie Hurtmann, to Hodme (v. St.), Hermers Gut usw. Missbildungen zu dem Namen „toe Hamme“ oder „Hemmers Gut". Dennoch ist dies nicht der ursprüngliche Name. Dieser haftet an der auf dem Hof sitzenden Familie Schulte (in der) Langforth. (Ist Hurtmann ein Lesefehler für Furtmann?) Schon im Werdener Heberegister aus der Zeit kurz vor 890 ist ein Abgabepflichtiger in Langwadu genannt, das bald darauf auch als Langwide erscheint. Auf welche Weise der Hof in Langwide in die Hände des Grafen von der Mark gekommen ist, ist nicht überliefert, jedenfalls gibt ihn Graf Engelbert von der Mark am 30. Januar 1268 (69) an den Abt Albero von Werden zurück. Es geschieht dies im Zusammenhang mit einem Streit zwischen der Witwe Rudolfs von Mere und Richard von Bredenole über das Gut Holdewic bei Beckum[4], das dem Stift Werden gehörte. Abt Albero überträgt es dem Grafen Engelbert von der Mark, dessen Bruder, der Bischof Gerhard von Münster, die streitenden Parteien mit einer Geldsumme abgefunden hatte. Zur Entschädigung empfängt der Werdener Abt vom Grafen Engelbert das Gut Langwede im Kirchspiel Castrop und einen Hof in Norddinker (receptis ab ipso comite permutationis modo bonis Langwede sitis in parrochia Castorpe una cum curte in Nortdinchere). Von dem Abt von Werden muß der Hof Langwede an die den märkischen Grafen verwandte Linie der Limburger gekommen sein, wahrscheinlich zunächst lehensweise, dann aber, unter Aufgabe oder Verkümmerung der Lehnsabhängigkeit, zu vollem Besitz.

Um 1350 haben die Limburger Gobelin genannt Schule mit einem Kamp bei Horsthausen (offenbar aus dem Hofe in der Langforth[5] belehnt, vor 1463 sind Richard von Boenen und Henrich von Hamme Lehnsträger des Gutes, 1463 kauft Johann von Strünkede den Hof unter Fortbestand der Lehnsabhängigkeit; daß er 1471 damit belehnt worden ist, wurde schon oben erwähnt, 1493 erhält Reiner von Strünkede zu Essen in Ludwigs von Köln Haus „dat quid to Hamme gelegen vor Stronckede". Es ist also ganz unzweifelhaft, daß er dieses Lehen nicht als Mitgift seiner Gemahlin, der Gräfin Sophia von Limburg=Styrum, erhalten hat. Vielleicht hat er es bis zu seinem Tode - trotzdem er sein Leben als Gefangener des Herzogs von Cleve 1535 auf seiner eigenen Burg beschloss - behalten, denn sein Sohn Jost ist schon 1529 einem Totschlag zum Opfer gefallen, und ausgerechnet für 1535 ist bezüglich anderer Limburger Lehen eine Belehnung im Namen der unmündigen Söhne des Jost überliefert. Josts Witwe Margarete von Asbeck kam für eine Belehnung nicht in Frage, da es sich um Mannlehen handelte. Sie hat allerdings, wie wir noch sehen werden, später - als ihr Sohn Goddert schon wegen Geisteskrankheit unter Curatel stand - eine Verpachtung des Hemmers=Gutes vorgenommen.

Die Belehnung Godderts erfolgte 1548, und zwar hat Georg Graf zu Limburg in diesem Jahre auf Tag Barnabae (11. Juni) mit dem Hof zu Berge im Kirchspiel Buer, dem Zehnten zu Pöppinghausen, gelegen in der Herrschaft Strünkede, und dem „Hemmers=Gut“, gelegen vor Strünkede, zu Mannlehens=Rechten den Goddert von Strünkede, Jobsten von Strünkede nachgelassenen Sohn, belehnt, wobei zugegen gewesen sind: Christoffel van dem Loe und Evert Schurhausen. Im Jahre 1589, am 2. August, wurde mit diesen drei Gütern durch den Grafen Jobst von Limburg Jost von Strünkede belehnt „in Beywesen“ des Bertram van Loe zur Horst und Johann von der Wenge als Mannen vom Lehen. Die nächste Belehnung ist dann die des Georg von Strünkede, der am 30. August 1606 als Bevollmächtigter der minderjährigen Söhne des (1602 verstorbenen „gelehrten") Jost von Strünkede „mit zween Lehen Güthern, eins der Hof zu Berge mit dem Zehenden zu Pöppinghausen, ander genannt Heimers Guth gelegen vor Strunckede, zu zween Belehnungen und Behandungen“, von Johann, Graf zu Limburg, zu Mannlehens=Rechten belehnt wurde „in praesentia Bernhard von dem Wittgenhoven (= Vitinghoff) genannt Scheel und Bernhard von Hulle, Mannen vom Lehen".

Verpachtung des Hofes in der Langforth im Jahre 1579.

Bevor wir die Belehnungen weiterverfolgen und auch auf das Hinzutreten des Lehens „Hof zu Berge mit dem Zehnten zu Pöppinghausen“ zu dem Lehen „Hemmers Gut“ eingehen, sei eingeschaltet, was die Strünkeder mit den Lehen taten. Sie verpachteten sie und zogen aus der Verpachtung eine stattliche Einnahme. Erfreulicherweise findet sich unter den Styrumer Archivalien ein Gewinnbrief (Kopie) über die Verpachtung des „Hemmersgutes“, der nicht nur den eindeutigen Beweis liefert, daß das „Hemmersgut“ der Hof Schulte in der Langforth ist, sondern auch der älteste vollständige Herner Gewinnbrief überhaupt ist. In ihm bekundet Margareta geborene von Asbeck, „verlaßen wedwe van Sehl. Josten van Strunckede", daß sie ihrem durch Geburt eigenhörigen Manne (minen gebaren Egen Manne) Jorgen, des Jorgen Schulte in der Langfort Sohn, und Margareta, der echten Tochter des Evert Schulte im Uhlenbruch (Vhlenbroicke), den „hoff tor langfort off Hemers hoff“ verpachtet (verdan) habe, „welcher hoff dem huse Stirumb lehnrorich iß“, für einen Gewinnpfennig und der Eltern Erbteilung (die noch am Leben sind) von anderthalb hundert Taler, jeder Taler mit 52 Albus gerechnet, welche ihr, Margareta von Asbeck, bezahlt sind, und für bestimmte, jährlich auf Martini zu erhebende Pächte. Und zwar haben die Pächtereheleute nach Abzug des Korn zehnten von allem „Seigen lande“ an Schuldpacht zu bezahlen: „Twelff Mlr (= Malter) hartes Korns half Rogge Vndt half gerste, Acht Mlr haveren Undt Van dem Voede lande der weßer Voede volgens van dem Kochen, Sevendehalf (= 6½) Mir haveren mitt vorhen affgetagenen (= abgezogenen) tenden". Zu den Zeiten, wo Margareta von Asbeck oder ihre Erben von Strünkede den Zehnten nicht abnehmen wollen, soll das Pächterehepaar statt des Zehnten geben und bezahlen 10 Scheffel Roggen, 2 Malter Gerste, 1 Malter Hafer und, wenn die „Weßer Voede" besät wird. 6 Scheffel Hafer für den Zehnten des Voedelandes, 4 Schultschweine jährlich, und wenn Gott der Herr keine Eicheln gibt, sollen die Eheleute, so man Weideschweine nicht begehrt, 5 Taler oder ihren rechten Wert mit 52 Albus bezahlen, 4 Gänse, 12 Hühner, 1 Rauchhuhn, 12 Pfund Flachs, ein Pfund „genfferen“ für die Fischerei, wöchentlich einen Wächterdienst (ter weeken einer weekerdense), 6 Taler für die Wiesen und „Schaltholt“ und Weide, jeder Taler zu 52 Albus, 30 Albus „Wachtgelt", 2 Rinder im Winter zu füttern; weiter sollen die Eheleute „datt Eckeren waß halff mitt mir off minen Erffen bedriuen Vndt bemasten.... schwine ter mast an minen haff oder te Strunckede brengen Vndt beschawen laten, min oder miner Erben Swine mitt den Egen hoeden Vndt Voren laten.... Vndt na Vtganck der Mast soll Ich off mine Erben de Vorsch Vier Schultschwine van des Schulten Swifse afftricken.“ Weiter ist vereinbart, daß, wenn einer der Ehegatten stirbt, der andere sich auf den Hof zu Langfort nicht wieder verheiraten soll ohne ihre (Margaretens) oder ihrer Erben Einwilligung. Ferner dürfen die Eheleute kein fruchtbares Eichenholz hauen, verkaufen oder vergeben. Insbesondere ist noch vereinbart, daß die Eheleute den Hof zu Langfort „de tit ihrer bewanunge den befunden Timmergraffen Notturftigh waren solt“, den Hof mit Eichenheistern, Apfel= oder anderen fruchtbaren Bäumen bepflanzen und ihre Weide ausroden und um Busch und Kamp pflanzen sollen, damit der Hof mit Dornen gebessert und der Zaun erneuert werde. Ferner sollen die Eheleute sich für niemand verbürgen oder mit irgendwelchen Gelöbnissen verpflichten, wovon mancher in großen Schaden kommt, es sei denn mit ihrer (Margaretens) oder ihrer Erben Vorwissen und Willen. Weiter hat sich Margarete von Asbeck den Speicher (Spieker) auf dem Hofe zu Langfort vorbehalten, um ihn bei Bedarf zu benutzen. Diese Bedingungen haben die Eheleute bei Verlust ihres Gewinns und ihrer Gewinnsgerechtigkeit zu halten versprochen. Als Zeugen sind zugegen gewesen Herr Lenhart Frilinghauß, jetziger Pastor zu Herne, und der ehrbare Johann Kremer zu Herne, uno zum Zeugnis der Wahrheit hat Margarete von Asbeck ihr Siegel an den Gewinnbrief hängen lassen und ihren Namen und Vornamen unter den Brief geschrieben[6] Geschehen ist dies im Jahre „nach Christi Unsers lieben heren Undt selighmakern gebort, do man schreff Duisent Viffhundert Siebenzich Neun (1579) den Verden Dagh Septembr.“


(Fortsetzung folgt.) Dr. L. Reiners.

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Quellen

  1. Online auf Zeitpunkt.nrw
  2. [ https://books.google.de/books?id=NnxcAAAAcAAJ&newbks=1&newbks_redir=0&dq=Dienstmannen%20Wilhelms%20von%20Limburg&hl=de&pg=PA180#v=onepage&q=Dienstmannen%20Wilhelms%20von%20Limburg&f=false Online auf Google Books]
  3. Anmerkung Reiners: Wennemar von Hamm, geheiten Hemmerberch, kauft 1448 von Rotger von Gysenberch die Hälfte der „Hülsauwe“ (Vest. Ztschr. 42. Bd. S. 38).
  4. Anmerkung Reiners: Darpe hat in „iurta opidum Bechem“ irrigerweise Bochem (Bochum) gelesen.
  5. Anmerkung Reiners: 1353 wird ein Rogerus de Langwed unter die Dortmunder Bürger ausgenommen. (Rübel, Urk. B.),
  6. Anmerkung Reiners: Dies ist ein Brauch, der sich erst im 16. Jahrhundert eingebürgert hat. Bis dahin wurden nur die Zeugen aufgeführt und vom Aussteller und einigen Zeugen Siegel angehängt.