Die Herner Mark (1935 III Reiners)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 27. Juli 1935 veröffentlichte Leo Reiners im Herner Anzeiger einen zweiten Artikel über die Herner Mark. [1]

Die Herner Mark
Verteidigung der Markenrechte gegen Gottfried von Strünkede.- Hilferuf an den Großen Kurfürsten. — Die Aufteilung der Mark.

III.

Einmischung der Strünkeder.

Das feierliche Versprechen der Markgenossen, zusammenzuhalten und ihre Freiheiten gegen drohende Gefährdung und einen Eingriff, der sie ihrer Gerechtigkeiten berauben würde, zu verteidigen, lässt die Art dieser Gefahr und des Eingriffes nicht erkennen. Doch muss es sich um Anmaßungen der Herren von Strünkede gehandelt haben. Dies beweisen die übrigen der genannten Schriftstücke in den Cleve-Märkischen Landtagsakten. Der sehr selbstherrliche Freiherr Gottfried von Strünkede (s. den Artikel über das Herner Schützenwesen in Nr. 156 des H. A.) ist es, der sich in Überschreitung seiner Befugnisse als Gerichtsherr des Gerichts Strünkede in Markenangelegenheiten einmischt. Anlass und Art solcher Einmischung kennzeichnet das als Beilage 3 bezeichnete Schreiben Gottfrieds von Strünkede vom 28. Februar 1679. Es lautet:

Demnach der Schulte zu Sodingen klaget, daß viele holßer in Herner Mark bei diesem frost gehawen und ein großer verderb geschehen. Er aber nichts davon participiret (mitbekommen) und ihme noch dazu ein stücksgen Holtzes und bei eigener authorität vom Hoffe durch einige Kirchspielsleute weggedolet hatten, so wirdt denen Holtzschernen zu gd. Marken und einem jeden bei einer straffen von 20 goltgld. mit vorbehalt bereits verwürckter brüchten sich alles ferner holtzhawens oder weisens zu enthalten, auch bei poen (Strafe) 5 ald. auferlegt, mit einer designation (Verzeichnis) gefälleter Bäume und entblößeter stämme einzukommen und wohin solche gelassene und verwendet, beständige rechnungh in Zeit von 8 Tagen zu thuen. Inzwischen solle der Gerichtsfrohne Henrich Buxel Klägern sein pfandt also fort wiedergeben und Jaspar welcher daß außer hoffe entführtes stücksgen holßes an sich erhandelt haben solle, anzudeuten dasselbe sub poena zweien gltgl. liggen zu lassen. Da sonsten ein oder ander wieder impetraten (Verklagte) spruch(Anspruch) zu haben vermeinen möchte, were solches alhie gebührendt vorzustellen welches der Gerichtsfrohne Buxell intimiren(bekanntmachen) und davon negst rücklieferung dieses referiren(berichten) soll. Strünkede den 28. Febr. 1679 G. v. Strünkede.

Hiernach ist also mal wieder Unfriede zwischen den Markgenossen entstanden. Besonders beschwert sich er Schulte zu Sodingen, dass wegen des starken Frostes viel Brandholz in der Mark gehauen worden sei, ohne dass er etwas abbekommen habe. Er hat aber ein Stück Holz (das er sich offenbar ohne Genehmigung aus der Mark geholt hat) auf seinem Hofe liegen gehabt. Man hat es ihm weggeholt und der Jaspar hat es erhandelt. Daher wendet der Schulte zu Sodingen sich an sseinem Grund- und Gerichtsherrn, und dieser verlangt von den Holzschernen, sie sollen sich jedes Holzhauens und Holzweisens enthalten, innerhalb 8 Tagen ein Verzeichnis der gefällten Bäume und entblößten Stämme einreichen und schließlich soll dem Schulte zu Sodingen sein Holz wiedergegeben werden.

Schreiben an den Großen Kurfürsten.

Dieser rechtliche Eingriff in die Freiheiten der Markgenossenschaft, wozu auch die selbständige Regelung ihrer Angelegenheiten und seit der kurfürstlichen Bestätigung die Gerichtszuständigkeit des Bochumer Richters gehörte, brachte die Gemüter der Markgenossen in Wallung. Die Antwort auf die Anmaßung des Strünkeders, der ähnliche Eingriffe schon voraufgegangen sind, ist das Schreiben an den Kurfürsten, das den Hauptgegenstand dieser Stelle der Landtagsakten darstellt. Absender sind „sämptliche holtzschernen und Vorsteher der Herner Marken, Eingesessene der Baurschaften Herne und Hiltroph". Zunächst wird ausgeführt, die Markgenossen hätten der Zuversicht gelebt, der Freiherr von uno zu Strünkede werde von einen unter andern der Herner Marken halber vorgenommenen widerrechtlichen Angriffen und Tätlichkeiten abstehen, billigmäßige Wiedergutmachung leisten und die vom Kurfürsten kanonisierten Markenrechte achten, aber leider hatten sie erleben müssen, dass der Herr zu Strünkede nicht nur bei seiner Ungebühr verbleibe, sondern auch die Holzschernen und Vorsteher der Herner Mark immerzu ungeziemender Weise behellige, sich, ohne zuständig zu sein, in Markenangelegenheiten einmische, die Bestrafung der Delinquenten — insbesondere des unlängst in flagranti angetroffenen Schulte zu Sodingen — behindere, mit den Markenrechten den Spott treibe, sie nach seiner Legislatur fassoniere und also eine Neuerung über die andere vornehme. Dadurch würden die von Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht kanonisierten Markenrechte gänzlich durchlöchert uno zu Wasser gemacht, sofern nicht die Holzschernen und Vorsteher der Herner Mark sich widersetzten und bei ihren bestätigten Markenrechten geschützt würden. Deshalb hätten die Holzschernen und Vorsteher der Herner Mark ihre rechtliche Zuflucht zum Kurfürsten nehmen müssen, und sie bäten ihn untertänigst, sie bei ihren Markenrechten und ihrer alten unverrückbaren Observanz(Herkömmlichkeit), in spezie bei Bestrafung des Delinquenten kraft Markenrechten § 5 (danach durfte niemand ohne Wissen der Holzschernen in der Mark Holz hauen, was der Schulte zu Sodingen offenbar getan hatte) nachdrücklich zu schützen und dem Herrn von Strünkede jede Beeinträchtigung und „Mißhandlung“ bei einer namhaften Strafe obrigkeitlich zu untersagen. Auch möge der Herr zu Strünkede „zu mehr raisonablen Proceduren“ und zur Wiedergutmachung der dieserhalb entstandenen Kosten und Schäden angewiesen werden, „die sonsten bey gegenwertigen kändtlichen landts= und kriegsbeschwerden zu anderweitigen Nutzen und Diensten mit mehrerem Vorteil hätten können verwendet werden".

Die Cleve=Märkischen Landtagsakten verraten noch, dass auf diese Eingabe hin unter dem 21. April 1679 an den Freiherrn von Strünkede die Aufforderung ergangen ist, sich auf Grund der Klagen in dem Brief der Holzschernen und Vorsteher der Herner Mark innerhalb acht Tagen zu verantworten. Was Gottfried von Strünkede geantwortet hat und wie die Sache endete, ist nicht mehr in den Akten berichtet, doch zeigt der Vorfall, wie energisch und sorgsam die Herner Markgenossen ihre Freiheiten und die Ordnung in der Mark verteidigten.

Die Aufteilung der Herner Mark,

Als Friedrich der Große mit dem Teilungsedikt vom 18. Juni 1765 zum ersten Male die Möglichkeit geschaffen hatte, Gemeinheiten aufzuteilen, haben die Genossen der Herner Mark diese Gelegenheit alsbald ergriffen. Ja, die Herner Mark ist die erste und größte Gemeinheit in Herne gewesen, die geteilt wurde, wobei es erfreulicherweise ohne das jahrelange Streiten abging, das andere Gemeinheitsteilungen auszeichnete und vielfach zum Scheitern brachte.

Welche Gründe die Herner Markgenossen bewogen, so schnell zur Aufteilung und Abänderung eines wohlgeordneten jahrhundertealten Zustandes zu schreiten, ist nicht ersichtlich, zumal die Teilungsakten bisher noch nicht aufgespürt werden konnten. Sie waren, wie die Prozeßakten über das Bredenfeld zeigen, schon im Jahre 1810 gesucht worden. Damals schrieb die Regierung in Münster, die Parteien hätten bemerkt, die Teilungsakten über die Teilung der Herner Mark befänden sich bei der Präfektur in Dortmund. Im Jahre 1817 hat man sie erneut benötigt und hat nach ihnen geforscht. Sie liegen wahrscheinlich heute in der Regierungsregistratur zu Arnsberg oder Cleve. Sie sind auch tatsächlich gefunden worden. Wo aber mögen sie seitdem geblieben sein?

Ein wertvolles Stück von der Teilungsprozeß ist in der Form der Teilungskarte erhalten geblieben. Das Stadt-Heimatmuseum besitzt ein schönes Exemplar. Sie trägt die Bemerkung: „Durch Befehl Einer Königlich genehmigten Spezial-Kommission ist die so genannte Herner Mark von Mir Endes Unterschriebenen Königl. Beeyder Land-Meßer Nachproportion eines Jeden seiner Berechtsamen eines Jeden interessenten sein antheil zugetheilet worden. Ein solcher habe hiermit attestiret Eickel 1769. W. Schaerer.“

Eine Karte von Rötger zu Bergen (im Besitz von Schulte zu Bergen), die die ihm zugefallenen Stücke aufführt, trägt einen ähnlichen Vermerk, doch wird hierin noch gesagt, dass die Zumessung 1768 geschah. Der Landmesser Schaerer bezeichnet sich hier als Unter Offizier. Aus den Bredenfeld=Akten geht ferner hervor, dass Teilungskommissar der Richter Thenberg zu Bodelschwingh gewesen ist. Die Sache hat sich noch bis 1773 hingezogen, denn in den Bredenfeld=Akten wird von Erklärungen der Markgenossen am 14. und 19. April sowie am 3. Juni 1773 gesprochen. Doch scheint in diesem Jahre die Teilung zum Abschluss gekommen zu sein.

Die Teilung ging so vor sich, dass „einem Jeden nach seinen Berechtsamen sein Theil zugemeßen" wurde. Es erhielten also nicht alle gleichviel. Vielmehr hat man wohl, wie üblich, nach dem Steuersatz (Kontribution) unterschieden und danach mehrere Klassen aufgestellt, wobei noch der größere oder geringere Wert des jeweiligen Markgebietes berücksichtigt wurde. Nach der Teilungskarte waren teilungsberechtigt:

9 Markgenossen aus Hiltrop (Siepmann, Höltring, Trösken. Buschmann, Heinrich Hiltrop — das ist der in der früher genannten Liste von Unterschriften aufgeführte Rötger zu Hiltrop, bekannter als Schulte=Hiltrop —, Grümer, Kaldewei, Schrage und Gartmann), 3 Markgenossen aus Bergen (Schulte, Grüter und Rötger) und 61 aus Herne (sofern zwei verschiedene Köster beteiligt waren). Zählt man die Größen der einzelnen Stücke zusammen, so umfasste die Herner Mark 136 holländische Morgen.*) Von diesen erhielten die drei Berger Bauern die größten Anteile mit je über 6 Morgen, die Hiltroper Siepmann, Höltring, Trösken, Buschmann, Schulte=Hiltrop und Grümer erhielten jeder über 3 Morgen, ebenso aus Herne Schmidt zu Sodingen, Schlenkhoff, beide Overkamp, das Pastorat, Rensinghoff und Wiesmann, so dass 16 Bauern einschließlich des diesen gleichgestellten Pastorats als Vollhöfner an der Teilung beteiligt waren. Auffallend stark ist dabei der Anteil Hiltrops mit 6 Höfen, während Herne einschl. Pastorat nur 7 stellt. Die zweite Klasse von über 1 und 2 Morgen Markenanteil ist vertreten durch Kaldewei, Schrage und Gartmann in Hiltrop, Feldmann, Rembert, Vortmann, Althoff, Voß, Klüsener, Grüter, Vedder, Markmann, Düngelmann, Asbeck, Sengenhoff, Bergelmann, Breilmann, Koppenberg, Weusthoff, Mumme, Beulen, Schulte zu Sodingen, Vikarie, Kremer, Hesse, Fleige, Kuenkamp, Masthoff und Koch in Herne, teils Höfe, teils halbe Höfe, teils Kotten, der Größe ihres Anteils nach diejenigen, die eine Mittelstellung einnahmen. Dann folgen als dritte Klasse mit unter 1 Morgen Anteil: Köster (sofern es zwei sind), Böcker, Flasche, Sehrbruch (sonst ein Vollhof!), Spithaut, Hahne (in der Unterschriftenliste Rodehane genannt), Stinewinkel, Fleigenschmidt, Berkhoff, Jasper, Engbert, Claas, Dux, Veuhoff, Herrentrei, Bonenkamp, Alstede, Plenker, Balster, Buxel, Kart, Köhlhoff, Jacob, Haeger, Trösken, Schlingermann und Kortnacke.

Zum größten Teil stimmen die Markgenossen, die bei der Teilung berücksichtigt wurden, mit der Unterschriftenliste von 1673 überein, doch fehlten in dieser aus Hiltrop Höltering, Kalderwei und Gartmann, aus Herne Flasche, Asbeck, Schmidt zu Sodingen, Spithaut, Düngelmann, Bergelmann, Claas, Veuhoff, Beulen, Alstede, Plenker, Buxel, Kort, Köhlhoff, Kuenkamp und Masthoff, die ausweislich der Feurstättenliste mit Ausnahme von Asbeck, Beulen, Alstede und Plenker schon damals da waren. Es waren also fast alle Herner Bauern und Kötter an der Mark nutzungsberechtigt. Nur wenige Namen von kleinen Leuten sind es, die die Feuerstättenliste über die bei der Teilung Berücksichtigten hinaus enthält.

Es ließe sich noch im einzelnen angeben, an wen die einzelnen Waldstücke aufgeteilt wurden, doch würde das zu weit führen. Wer dafür Interesse hat, mag es im Heimatmuseum auf der Teilungskarte nachsehen. Bemerkt sei nur, dass der Wald bei der Berger Mühle „in der Wanne" allein an die drei Berger Bauern fiel, dass die Hiltroper Bauern den Wald „in der Grume" und „in den Löken“(zusammen mit den Berger Bauern) unter sich teilten, dass aber die Herner auch auf Hiltroper Gebiet (heutiger Volkspark und nördlich und südlich der Landwehr) mit teilten. Dort erhielten Waldstücke Wiesmann, Trösken, Schlingermann, Kortnacke und Rensinghoff aus Herne. Meistens erhielt jeder seinen Anteil in einem Stück, doch mussten mehrere auch mit Streubesitz vorlieb nehmen und zwar sämtliche Hiltroper und Berger, ferner Köster, Asbeck, Fleigenschmidt, Rensinghoff, Wiesmann, Fleige und Kuenkamp aus Herne. Dass die Verteilung, wie sie die Teilungskarte enthält, Wirklichkeit geworden ist, weist die Katasterurkarte von 1823, die im wesentlichen dieselbe Aufteilung nach Grundstücksgröße, -lage und -grenzen und dieselben Grundstückseigentümer wiedergibt.

Dr. L. Reiners

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Dr. L. Reiners.


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Quellen