Das Funkesche Haus am Kirchplatz (1938)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 28. Oktober 1938 erschien in der Herner Zeitung ein Artikel eines mit wKr gekennzeichneten Autors – vermtl. Karl Brandt - über die im Abbruch befindlichen Häuser Bahnhofstraße 7a und 7b..[1]

Das Funkesche Haus am Kirchplatz

Fünf Jahrzehnte Herner Geschichte und ein altes Haus
In Erinnerungen gekramt

wkr Herne, 28. Oktober.

(Nicht im original Artikel abgedruckt)

Ein Haus schöner Herner Erinnerungen wird in den nächsten Tagen vollständig vom Erdboden verschwunden sein, um Platz für die Durchlegung der Shamrockstraße bis zum Kirchplatz zu schaffen. Es ist nicht uninteressant, von diesem Hause einen Rückblick in die Herner Geschichte zu tun. Sehr viele alte Herner haben in diesem Hause von der Jugend bis zum Alter wohl die frohesten Stunden ihres Lebens verlebt. Die Wirtschaft Heinrich Funke am Kirchplatz, die Zentrale des alten Dorfes Herne, zuletzt geführt vom Wirt Brox, war eine Gründung der Familie Veukemper. deren Ländereien von der Bahnhofstraße, Shamrockstraße und Kronprinzenstraße umgrenzt waren. In den 70er Jahren heiratete der alte Heinrich Funke, der aus dem früher zu Herne gehörenden „Rottbruch“ stammte, in die Familie Veukemper ein. Die alte „Veikämpersche“ dürfte vielen noch in Erinnerung sein, war sie es doch, die bis ins hohe Alter hinein sich bei den vielen großen Veranstaltungen in diesem Wirtschaftsbetriebe betätigte. Daneben war es ihre vornehmste Aufgabe, sich mit der Pflege und Erziehung des Funkeschen Nachwuchses zu befassen. Leider ist die größte Zahl ihrer Enkelkinder bereits verstorben und nur noch Rektor Emil Funke in Harpen und Frau Stückmann gt. Petring, das Nesthäkchen „Funkes Anneken“, leben heute noch.

In Funkes Wirtschaft trafen sich vor etwa 50 und mehr Jahren die Bewohner der umliegenden Landgemeinden Baukau, Horsthausen, Hiltrop, Pöppinghausen, Bladenhorst, aus dem Bruch (Recklinghausen=Süd), aus Crange, Bickern, Eickel und Röhlinghausen, wenn sie in Herne beim Amtsgericht, der Amtsverwaltung, der Polizei, dem Notar oder dem früher einzigen Arzt in Herne, Dr. Cremer etwas zu tun hatten.

Viele Jahre war die Wirtschaft Funke Inserat= und Abonnements=Annahmestelle der Herner Zeitung.

Nach den zweimal im Jahre um den Kirchplatz herum abgehaltenen Viehmärkten und Kirmessen fand man sich außer den am Kirchplatz gelegenen Wirtschaften Nordmann, Döhmann, Veuhoff, Knapp, Lanfermann und Mumme hauptsächlich bei Heinrich Funke ein, um sich vom Wirt noch ein paar „kleine Klörken“ oder Tülpchen „Lehmkuhl“ verabreichen zu lassen.

Die Marktsituation um 1900 (Nicht im original Artikel abgedruckt)

Großer Trubel herrschte bei den dort veranstalteten Stiftungsfesten des Bergmannsvereins, des Kriegervereins Alt=Herne und der Feuerwehr, und auf dem damals noch freien Platz (jetzt Katasteramt) waren aus diesem Anlass Karussells und sonstige Krambuden für die Unterhaltung von jung und alt aufgebaut. Welch schöne Veranstaltungen aber der alte Funkesche Saal im Laufe der Jahre erlebte, vermag nur der zu begreifen, der sie selbst erlebte. Es waren durchweg „Weinfeste“, es wurde nur Wein getrunken.

Da waren vor allem die Feste des Herner Turn=Clubs, des alten Radfahrervereins Herne, der Sangeslust, des Kriegervereins usw., die vielen, vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen (Bazare), Militär= und Vokalkonzerte sowie die vielen Vorstellungen auswärtiger Theatergesellschaften (Genesius usw.[2]). Größere Festessen fanden fast ausnahmslos in Funkes Saal statt. Bestand er auch anfänglich aus einem einfachen Fachwerkbau, so wurde er doch im Laufe der Jahre mehrfach renoviert und vervollkommnet. „Funken Henrich“ sorgte regelmäßig und intensiv dafür, dass die im Saale aufgestellten 6 großen Kanonenöfen versorgt wurden, wenn auch die von ihnen ausströmende Hitze den in der Nähe sitzenden Gästen zur Unerträglichkeit wurde. Das „Prokel-Eisen“ und die Pfeife waren jedenfalls im Saale im Winter seine ständigen Begleiter. In Funkes Saal hat jedenfalls mancher Bund fürs Leben gelegentlich irgendeiner Veranstaltung seinen Grundstein gefunden. Eine Zeitlang wurde der Saal als Varieté benutzt; er ist schon vor längerer Zeit abgerissen worden.

Zum Schluss sei noch das Funkesche Geschäftshaus nebenan, das ebenfalls im Laufe der Zeit mancherlei Wandlungen durchgemacht hat, erwähnt. So wurde in diesem vor über 50 Jahren die Halbachsche Buchbinderei und später Buchdruckerei mit Zeitungsverlag gegründet. Letztere hat nur kurze Zeit bestanden. Dann folgte als nächstes Unternehmen das Kolonialwaren= und Porzellan=Geschäft Otto Altfeld (Altfeld stammte aus Unna, und mit ihm gründeten in Herne die Firmen Schluckebier, Lichterfeld ihre Geschäfte). Später ließ sich in diesem Lokale der Sohn des Hauses, Wilhelm Funke, nieder. Nach seinem allzu frühen Ableben wurde dieses damals tonangebende Porzellangeschäft aufgegeben, das Lokal geteilt und an die letzten Mieter Klein und Peine verpachtet.

Und nun ist in den nächsten Tagen von der alten Besitzung Funke nichts mehr zu sehen und für viele nur noch die Erinnerung an verflossene schöne Zeiten geblieben.“

Der Abbruch 1938 (Nicht im original Artikel abgedruckt)


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Quellen

  1. [ https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/21312503 Vgl. Online Quelle auf Zeitpunkt.NRW]
  2. Franz Genesius war Leiter eines "Gelsenkirchener Theaters", welches hier Auftritte hatte.