Das Bauerhaus und sein Hausrat (Hartmann 1921) Gestaltung a: Technik III
Gestaltung der dortigen Bauernhäuser. a.) Bautechnik.
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Die innere Ausstattung stimmt in sämtlichen Bauernhäusern ziemlich überein.
Der Bodenbelag der Diele bestand ursprünglich aus Lehmschlag, der späterhin fast überall von rautenförmig gemusterten Feldsteinchen, sogenannten Kieslingen abgelöst wurde, die mit der Kante nach oben gelegt sind. Die Kieslinge stammen in der Hauptsache von dem in der Hardt hinter Oer gelegenen Stimmersberg[1].
Die Küchen wiesen zunächst denselben Bodenbelag auf, doch ist dieser in den weitaus meisten Fällen in späterer Zeit durch Sandsteinplatten ersetzt worden. Der Boden der Ställe besteht fast durchweg aus Lehmschlag, der gegen die Diele vertieft liegt, der Bohlenbelag der Decke aus unbesäumten eichenen Bohlen. Die Räume im Obergeschoss des Wohntraktes sind mit genutzen und gefederten Eichenbohlen gedielt, während der Fußboden der Wohnräume im Erdgeschoss mit besäumten Eichenbrettern belegt ist. Ursprünglich bestanden die Fußböden der Wohnräume im Erdgeschoss wie die Diele zumeist aus Lehmschlag. Um die Wärme der unteren Stube auch der darüber befindlichen mitzuteilen, hat man in vielen Fällen in der Balkendecke ein Loch gelassen. Die Deckenbalken des Obergeschosses sind mit glatt gefügten eichenen Brettern gedielt, die durch über dem Fußboden vorstehende Holznägel oder durch schmiedeeiserne Nägel mit den Balken verbunden sind; die Dielenbalken sind mit losen Brettern abgedeckt. Die Breite der Dielen schwankt zwischen 20 und 60 cm. Die Unterseiten der Balkendecken haben keine Verkleidung. Balken und Balkenbelag sind an der Untersicht nur mit einem Kalkanstrich übertüncht.
Die Fenster sind heute durchweg zweiflügelig und aus Eichenholz gefertigt. Die Flügel sind in Quersprossen aufgeteilt und schlagen nach innen auf. Das Rahmenholz ist 1"[2] stark. Das Glas ist einfarbig. Ursprünglich waren die Fenster bedeutend kleiner und einflügelig. Die Verglasung bestand aus kleinen in Bleiruten gefassten Scheiben, die in Quer- und Höhenrichtung mit vorgelegten eisernen Windspangen ausgestreift waren. Solche Verglasungen fanden sich nur noch in 2 Fällen vor, und hie und da hölzerne Fenstergitter an Kellerfenstern. Die inneren Türen sind meistens als 2 Füllungstüren ausgebildet und mit Anflegebändern angeschlagen. Die Küchenausgangstür besteht bei vielen Häusern aus einem unteren und oberen Flügel, die im Verhältnis von 4 zu 3 geteilt sind. Es gibt aber auch Türen aus einem Stück mit Oberlicht. Im ersten Falle ist der Verschluss ein einfacher Sperrhebel, im letzten Falle ein Kastenschloss.
Die großen Deelentore ruhen in schweren schmiedeeisernen Gehängen. Der Verschluss ist bei einigen Häusern, so bei dem Hause Kluthe in Vellwig [3], in ähnlicher Weise wie bei dem altsächsischen Bauernhaus ausgebildet, wobei ein senkrecht stehendes als Anschlag dienendes Losholz oben in den Torholm und unten in einen Stein greift, statt in einen Holzpflock wie beim Urtyp. Der obige Zapfen dieses Losholzes hat etwas Spielraum, damit es beim Einfahren des Erntewagens entfernt werden kann. In Höhe der Oberflügel ist auf dem Losholze eine schmiedeeiserne Krampe angebracht, durch die bei geschlossenem Tore ein "Holzpinn" gesteckt wird. Der untere Teil des quergetrennten Flügel wird durch einen entsprechend angeordneten Falz gehalten. Bei anderen Torverschlüssen hat man die Eisenkrampe auf der Innenseite eines der beiden Flügel angebracht und die mittlere Querspange des anderen Flügel an einer Stelle so geschlitzt, dass bei geschlossenem Tor die Krampe durch diesen Schlitz greift und nach innen zu vorsteht, wo ebenfalls ein Holzdorn den Verschluss herstellt.
Zur Versteifung hat man weiterhin eine Holzspreize angeordnet, die an der Tür in eine Öse greift und mit dem anderen Ende an einem Dielenständer befestigt ist. Die Schlösser der Innentüren sind durchweg Kastenschlösser. Holzriegelschlösser werden nur in einigen wenigen Fällen angetroffen.
Die inneren Holztreppen sind geradläufig und nach Art der Wangentreppen konstruiert. Eine Wendeltreppe gibt es meines Wissens nur in dem Hause Callenberg in Obercastrop. Die Spindel ist 15 cm stark und die Laufbreite beträgt 0,70 m. Steigung und Auftritt stehen bei den alten Treppen in keinem feststehenden Verhältnisse zu einander, sie weichen somit von der heute meist angewandten Regel ab, wonach 2mal Steigung und 1mal Auftritt - 64 cm ausmachen.
Die Feuerstätten erhielten eine Untermauerung aus Sandsteinplatten. Ebenso war die Rückwand zwischen den beiden Pilastern, wie schon erwähnt, mit großen Sandsteinplatten verkleidet. Der aus Holzwerk mit Lehmstakung bestehende Rauchfang war an dem Gebälk aufgehängt. Der Schornstein hatte das gleiche Gefüge wie der Rauchfang. Die Ableitung der Abwässer aus Haus und Küche war seit jeher sehr primitiv. Schüttsteine vergießen ihr Wasser auf den an das Gebäude grenzenden Hofraum, wo es sich einen Weg sucht. Die Abortanlagen sind vielfach außerhalb der Bauernhäuser eingerichtet, hier und da verteilen sie sich auch als besondere Anbauten oder sie sind über dem Misthaufen angelegt. Beim Hause Callenberg waren sie ursprünglich innerhalb der Umfassungsmauern, in unmittelbarer Verbindung mit den Wohnräumen angebracht.
Was die Ausführung der bäuerlichen Fachwerkbauten betrifft, so setzte sich der Bauer im Altherner-Gebiet, wenn er einen Platz besaß und bauen wollte, zunächst mit einem berufsmäßigen ländlichen Zimmermann in Verbindung. Hatte er sich dessen Hilfe gesichert, so wandte er sich an den Holzaufseher "Holtscheren", der ihm in der Holzmark das Holz anwies, dessen gewöhnliche Fällzeit Mitte Oktober bis Dezember war. Neben dem Zimmermann kam bei der Errichtung des Hauses noch der Schmied in Frage. Handwerker gab es zu jener Zeit bei uns nur wenige, da der Bauer damals die laufenden Reparaturen an Gebäuden und Ackergeräten in Holz und Eisen selbst machte. Die Entlohnung der Handwerker bestand in der freien Verpflegung und außerdem vielfach in Naturalien. Bei der Errichtung von Häusern kam neben der Tätigkeit von Handwerkern auch die Gegenseitigkeitshilfe der Nachbarn in Betracht, wie aus manchen Inschriften hervorgeht, so bei dem Werthschen Gehöft, wo auf einem Torballen der im Jahre 1793 errichteten Scheune zu lesen steht:
- "Meine Scheuer ward durch Feuer verzehrt,
- Gott und die Menschen haben geholfen,
- dass ich eine neue wieder bekommen habe.
- Hermann Werth, Elisabeth Uefer 1793".
Die heute noch hier und da bestehende Sitte, Beginn und Ende eines Baues festlich zu begehen, scheint gegen Ende des 18. Jahrhunderts besonders in Geltung gewesen zu sein. So spricht eine aus dem Jahre 1793 stammende Urkunde davon, dass bei einem Hause, welches 1322 Thlr. 4 Stüber. 6 Pfg. gekostet hat, nicht weniger als 97 Thlr. 19 Stüber und 6 Pfg. für "Bier und Fusel" ausgegeben wurde. Dass beim Bau das Trinken nicht vergessen wurde, ließ sich weiterhin noch aus einer im Kirchenarchiv befindlichen Rechnung aus dem Jahre 1794 entnehmen, wonach eine Hebehochzeit 80 Thlr. 17 Stüber und 6 Pfg. gekostet hat. Über die bei uns im 18. Jahrhundert herrschenden Lohnverhältnisse der Bauhandwerker gibt das Archiv der Stadt Dortmund Aufschluss. Die hier angeführten Baulohnsätze können wohl als auch für die Umgegend gültig angesehen werden. Sie stellen sich nach einer Lohntaxe vom 24. Mai 1765 wie folgt:
- "Die Leyendecker erhalten:
- Der Meister zu der gewöhnlichen Vormittagskost und 2 Kannenbier 9 stbr. 3 Pf.
- der Knecht 8 stbr. 3 pf.
- der Meister ohne Kost & Bier 13 stbr.
- der Knecht 12 stbr.
- Die Mauer- und Zimmerleute:
- Der Meister zu der gewöhnlichen Vormittagskost und 2 Kannenbier 9 stbr 3 pf.
- der Knecht 8 stbr. 3 pf.
- Ohne Kost und Bier der Meister 13 stbr.
- der Knecht 12 stbr.
- Weil aber diese Handarbeiter bis dahin an denjenigen Tagen, an welchen sie die gehörige Zeit durch nicht arbeiten können; gleichwohl den vollen Taglohn und zwar ebenso viel, als wenn sie acht Stunden gearbeitet hätten, zu fordern sich unterstanden haben, da doch nichts billiger ist, als daß der Lohn der Arbeit gemäss sey: So sollen denselben hinführo zwar vom 1sten April bis zum 1sten Oktober, in welcher Zeit sie acht Stunden zu arbeiten gehalten sind, der volle Taglohn gereicht, hingegen aber vom 1sten October bis Martini den sechsten Teil ihres Lohnes, von Martini bis Mariä Lichtmess der vierte Teil, und von Lichtmess bis zum 1sten April wiederum der sechste Teil gekürzt werden.
- Die Holzschneider bekommen ebenso viel wie die Zimmerleute oder nach des Bürgers Willkühr für 100 Fuss Bretter, und für 80 Fuss Ringen oder Latten zu schneiden 14 stbr.
- Die Strohschneider zu der üblichen Vormittagskost und 2 Kannenbier 8 stbr. 3 pf.
- Ohne Kost und Bier 12 stbr.
- Dahingegen sollen sie nach Getrage der Jahreszeit zur gesetzten Stunde an der Arbeit seyn und mit ledigen Bänken davon gehen. Den gemeinen Arbeitsleuten werden gebilliget zu der gewöhnlichen Vormittagskost und 2 Kannbier 6 stbr. 6 pf.
- Ohne Essen und Bier 10 stbr.
- Ueberhaupt aber soll es bey den Bürgern stehen, ob sie denen Arbeitsleuten die Kost oder das Geld, so jedoch vom 1ten Junius an in den sodann seinen Anfang nehmenden Müntzcours bestehen muss, geben wollen."
Eine Bauordnung scheint es zur Zeit nicht gegeben zu haben. Jeder Bauer baute auf seinem Grund und Boden, wie er wollte, soweit nicht Nachbarrechte dadurch geschädigt wurden.
Wenn die Bauformen durchweg eine strenge Einheitlichkeit aufweisen, so liegt das an der Überlieferungstreue des Bauern, besonders des westfälischen. Vorschriften über Wandstärken, Stockwerkshöhen und dergleichen kannte man im 18. Jahrhundert anscheinend kaum. Die Aufgaben, welche den Handwerkern zufielen, waren so gleichartig, die Tradition eine so feste, dass Missgriffe in den Bauarten selten vorkamen.
Die Bestückung geschah durch den Zimmermann, desgleichen die Eindeckung des Strohdaches. Die Tätigkeit des Maurers beschränkte sich auf die Untermauerung der Schwellen und die Anlage des Schornsteins. Einige Arbeiten des Innenbaues, so der Anstrich, wurden vielfach vom Besitzer selbst ausgeführt.
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