Das Bauerhaus und sein Hausrat (Hartmann 1921) Gestaltung a: Technik II
Gestaltung der dortigen Bauernhäuser. a.) Bautechnik.
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Das zum Bau notwendige Eisen kam aus dem märkischen Sauerlande. So gab es im Jahre 1780 innerhalb des Hochgerichts Lüdenscheid 88 Ösemundhämmer. Das dort hergestellte Ösemundeisen wurde zur Hälfte zu Kleineisenzeug verarbeitet. Zinn und Glas kamen als Handelsware zu uns. Der Zinnguss diente den Bedürfnissen von Haus und Küche. Planierungen hat man im Allgemeinen vermieden. Nur die notwendigsten Erdarbeiten, so das Ausheben von Fundamentgräben wurden ausgeführt. Die Untersockelung der Fachwerksbauten bestand bei uns ursprünglich nicht überall aus Bruchsteinmauerwerk. So stellte ich fest, dass bei dem aus dem Jahre 1744 stammenden Werth´schen Hause die Grundschwelle anfänglich auf eichenen Baumstümpfen mit Wurzelansatz gelagert hat, die man durch Eingraben in die Erde standsicher machte. Der Wurzelansatz stellte eine sehr zweckmäßige Anordnung dar, da er einerseits zur Erhöhung der Standsicherheit der aufstehenden Wände beitrug und andererseits die Auflast auf eine möglichst große Fläche verteilte. Später ging man dazu über, die Grundschwelle des Hauses auf ungefügtem Grundmauerwerk aus trocken zusammengesetzten Feldsteinen zu lagern. Dieser Unterkonstruktion folgten mörtellose im Lehmverbande geschichtete Bruchsteinmauern, wie man sie bei den auf kultischen Ursprung zurückgehenden ältesten Steinbauten am Oberrhein findet. Gegen Ende des 18.ten und zu Anfang des 19ten Jahrhunderts kam Bruchsteinmauerwerk in Kalkmörtel zur Anwendung.
Die Untermauerung der Grundschwellen ist durchschnittlich 60 cm hoch. Die Bodenfuge liegt durchweg nur wenig tief unter der Erdoberfläche. Bei dem erwähnten Hause beträgt das Maß 40-70 cm. Der Verband des Mauerwerkes ist ziemlich willkürlich. Die Fugen sind mit Mörtel verstrichen. Die Stärke der alten Mauern schwankt zwischen 40 und 45 cm. Äußere und innere Wände sind in Eichenfachwerk gebaut und mit Lehm auf Flechtwerk ausgefüllt. Die äußeren Wände der Nebenscheunen sind meistens mit Rücksicht auf die bessere Durchlüftung auf der Außenseite verbreitert.
Die an den für uns in Betracht kommenden Häusern verwandten Fachwerkhölzer wurden, soweit die Bauten nicht jüngeren Datums sind, mit Axt und Beil bearbeitet, da Schneidemühlen früher bei uns noch völlig unbekannt waren. Dieser Umstand erklärt manche konstruktiven und formalen Eigenheiten. Eine interessante Ermittlung machte ich betr. der Herrichtung der Bretter. In Ermangelung der Säge hat man die Stämme in der Längsrichtung zunächst in mehreren Reihen und in gewissen Abständen gebohrt, wobei die Löcher sich gegenseitig versetzten und die Entfernung zwischen den Lochreihen der Dicke des Brettes entsprach, welches man gewinnen wollte. Nachdem dieses geschehen, wurden die Lochreihen aufgespalten und sodann mit dem Beil bearbeitet. Die Art dieser Bearbeitung nannte man "kläuven". Die Anwendung dieser Methode ließ sich bei verschiedenen Verzierungen nachweisen. Die in den verschiedenen Abbildungen dargestellten Einzelheiten der Holzverbindungen zeugen von einer guten Zimmermannstechnik. Das Fachwerk bestand von alters her aus der Schwelle, in welche die Ständer eingezapft waren, ferner aus durch Zapfen oder Verblattungen miteinander verbundenen Streben und Riegel. Die Streben der äußeren Fachwerkstellung sind vielfach gekrümmt, was zur Erhöhung des reizvollen Eindrucks dieser Fachwerkhäuser nicht unwesentlich beiträgt. In den weitaus meisten Fällen sind die Streben in Gabelform eingebaut; teils nach oben, teils nach oben und unten gerichtet, oder über kreuz verzimmert. Andreas-Auskreuzung und Zwergstreben findet man ebenfalls. Die Balken sind in die Stiele gezapft. In einigen Fällen bediente man sich des uralten Schlosses, in dem man den Balken mit einem Zapfohr durch den Pfosten stieß und in das Ohr einen Schlüssel, Keil trieb.[1]
Die Höhenlage der Riegel ist bestimmt durch die Lage und Größe der Fenster. In Abb. XLVI/3 und XLVII/5-7 sind die gebräuchlichsten Eckverbindungen der Grundschwellen dargestellt. Die Eckständer sind zumeist in die Schwellen verzapft. Anstelle der unterschwellten Pfosten ließen sich bei einem aus dem Jahre 1601 stammenden Hause in Hofstede[2] stumpf auf den Sockel gestellte Eckstiele feststellen, wobei die Schwellen sich in den Ständer zapften und durch Holznägel befestigt wurden. Bei einem Hause im benachbarten Kirchharpen hatte man statt der Holznägel ein über Eck gebogenes Bandeisen als Befestigungsmittel verwandt.[3] Die Hausschwellen springen bei den Eckkreuzungen vielfach vor.[4] Hin und wieder sind sie an den Enden durch Scherzapfen verbunden.
Abb. 1. Blatt XXXI veranschaulicht die ältere Fachwerksform mit den auffällig kräftigen Hölzern. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts sind die Hölzer bedeutend schwächer. Das findet seine Erklärung in dem Verschwinden des Holzreichtums, den unsere waldreiche Gegend ursprünglich aufwies. Auch war das Fachwerk, wie aus Abb. 1 Blatt XXXI hervorgeht, in der Frühzeit in großen Feldern zusammengefügt, nur mit dem Beil geschlichtet und ohne Anstrich. Im Laufe der Zeiten, als das Holz immer kostbarer wurde, nahm man geringere Stärken und dafür die Fachwerksfelder kleiner. Die Giebel zeigen durchweg engere Ständeraufteilung als die Längsseiten. Die Ständer waren aus Einstämmen gewonnen und reichen durch beide Geschosse. Die mit ihrer größten Querschnittseite in Richtung der Gebäudelängsachse fluchtenden Dielenständer stehen in Abständen von 1,40-2,80 m und sind unten in der Schwelle oder in einem Findling und oben in dem Rähm verzapft. Über diesem Rähm streichen die flachliegenden Dielenbalken. Als Befestigungsmittel kamen Holznägel und Dübel in Anwendung. Die Dimensionen der Balken sind sehr verschieden. So trifft man um 1700 Balken von 28/35 cm Abmessung an, wohingegen gegen Ende des 18. Jahrhunderts diese Hölzer eine Stärke von durchschnittlich 20/25 cm aufweisen. Die Balken der Wohnzone laufen im Obergeschoss fast überall mit den Dielenbalken und sind in die Ständer eingezapft.
Im Erdgeschoss stimmen sie in der Richtung mit der Anordnung beim echten Sachsenhause überein, wo sie senkrecht zur Herdwand verlegt, wohl eine spätere Zutat dieses Wohnteiles darstellen. Lehmgewellerte Gebälke fanden sich nur in vereinzelten Fällen, und zwar in der Hauptsache bei Balkenkellern. Die Balkenköpfe sind infolgedessen nicht sichtbar. Bei den Stößen von Längsverbindungen hat man sich vielfach des Hakenblattes bedient. Die Dachsparren sind teils rund, teils zeigen sie kräftige Wahnkanten. Das letztere gilt auch von den Balken. Die Sparren sind am First aneinander geblattet. Die zur Verspannung eingebauten Hahnenhölzer sind mit den Sparren überblattet. Kantiges und rundes Holz, gerade und krumme Balken sind nebeneinander verlegt.
Für die Durchschnittsabmessungen der Hölzer ergeben sich folgende Zahlen: Eckpfosten 18/22 cm stark, Dielenständer 20/22 cm, Zwischenpfosten 18/21 cm, Quer- und Fensterriegel 13/15 cm, Sparren 16/18 cm. Ziehen wir das echte Sachsenhaus zum Vergleich heran, so sind im Gegensatz zu ihm die Eckhölzer hier durchschnittlich weniger stark. Dieses erscheint auch erklärlich, da die Pfosten durch zwei Geschosse hindurch gehen und das Zapfende gegenüber dem Stammende versagt.
Zur Dachdeckung diente ursprünglich Roggenstroh. Wie bereits vorausgeführt, wurde das Strohdach seit etwa 1850 mehr und mehr von Hohlziegeldach verdrängt. Heute gibt es bei uns keine Strohdeckung mehr. Die Hohlziegel sind in Haarkalkmörtelverstrich verlegt. Dachrinnen wurden früher nicht verwandt. Wo sie heute vorhanden sind, handelt es sich um spätere Zutaten.
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