Aus der Geschichte der Kaiser–Wilhelm-Straße (Viktor-Reuter-Straße)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Von Leo Reiners

Aus der Geschichte der Kaiser – Wilhelm- Straße [Anm: heute Viktor-Reuter-Straße]
Die älteste Bebauung auf der Südseite

Fangen wir nach der Wanderung auf der Nordseite der Straße wieder an der Bahnhofstraße an, so sehen wir auf der Südseite nach dem schon behandelten Meimbergschen Besitz zunächst das Häuschen des Metzgermeisters Pah (Nr. 2). Das Grundstück, auf dem es steht, wurde am 18. September 1871 von dem Schneidermeister Franz Goecke für 516 Taler erworben. Vorher hatte es der Witwe des Heinrich Rensinghoff gt. Schlenkhoff jr. gehört. Das Wohnhaus hat 1896 eine Klempnerwerkstatt, 1899 ein Schlachthaus mit Stallung erhalten, ein Zeichen, dass hier stets handwerkliches Schaffen eine Stätte hatte. Im Jahre 1896 wurde der Besitz an Bahnmeister Friedrich Kraus in Dorsten aufgelassen, 1899 an Metzgermeister Gustav Lorenz, 1926 an Metzgermeister Wilhelm Pah.
Das Nebenhaus

Nr. 4

ist seit 1928 der Neubau des Bäckermeisters Kerkhoff. Es ist an Stelle eines alten, kleineren Hauses entstanden. Dessen Geschichte beginnt am gleichen Tage wie die des Hauses Pah. Am gleichen Septembertage 1871 wurde nämlich das Grundstück von dem Bergmann Friedrich Duesberg der Witwe des Heinrich Rensinghoff gt. Schlenkhoff jr. abgekauft. Bereits im Jahre 1872 ging es in den Besitz des Schieferdeckermeisters Paulus Kleinen über. Aus dem Kaufpreis von 2500 Talern kann man entnehmen, dass es mittlerweile bebaut worden war. Kleinen verschuldete, 1873 kam sein Besitz zur Versteigerung und wurde von dem Gewerken Theodor Hüstege in Arnsberg von der Gewerkschaft der Dachschiefergrube Heininghausen zu Fredeburg erworben. Dieser verkaufte das Haus im Jahre 1875 an den Raseur ( später Zahntechniker) Johann Anton Pfaender, der 1887 die Rektoratschule an der Bahnhofstraße kaufte und 1889 sein Haus Kaiser – Wilhelm- Straße 4 an den Bäcker Hermann Stöwe aus Horneburg verkaufte, der ein Backhaus anbauen ließ. Seit 1906 besitzt Bäckermeister Karl Kerkhoff das Grundstück.
Ihm gehört auch das folgende Grundstück

Nr. 6

, auf dem er 1930 ebenfalls einen Neubau errichtete. Vorher stand hier ein kleineres Haus. Das Grundstück war schon durch eine Reihe von Händen gegangen. Im Jahre 1871 (am gleichen Tage, an dem die Grundstücke 2 und 4, sowie das gegenüberliegende Grundstück Nr. 1 von der Witwe Rensinghoff verkauft wurden) erwarb es der Zimmermann Julius Uhlenbruch für 528 Taler. Dieser scheint, nach den Belastungen des Grundstücks zu urteilen, das Haus gebaut zu haben. Im Jahre 1874 ging die Parzelle an den Bauunternehmer Wilhelm Frackmann über, der sie 1875 an den Zimmermann Albert Waterkotte ausließ. Die 7275 M Restlaufgeld trat Frackmann 1876 an den Landwirt Wilhelm Lackmann in Baukau ab, der 1881 Eigentümer wurde. 1897 wurde die Parzelle an Klempner Fritz Düffing aufgelassen, 1924 an den Bäckermeister Karl Kerkhoff.
Während die bisher behandelten Grundstücke in der Flur "Im Süllwinkel" lagen und zur Zeit ihrer Bebauung als Gärten benutzt wurden, führt das Grundstück

Nr. 8

wieder in das Waldgebiet, die damals schon in Aecker umgewandelte Flur "Busch". Das Grundstück des Hauses Nr. 8 erwarb am 15.11.1875 von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff der Maurerpolier Johann Kreppel, der darauf das heute noch vorhandene Wohnhaus und ein Stallgebäude erbaute. Im Jahre 1890 ging es auf Schreinermeister Heinrich Giefers, 1930 auf dessen Witwe und Kinder über.
Das Nebenhaus

Nr. 10

, ebenfalls noch das alte, entstand auf einem "Busch"- Grundstück, das die Geschwister Rensinghoff gt. Schlenkhoff 1874 an den Wirt Joseph Blüggel verkauften. Dieser erbaute darauf das Wohnhaus, das 1877 zur Versteigerung kam. Für 10 650 M erhielt der Bauunternehmer Heinrich Dickhoff den Zuschlag, der das Grundstück 1883 an den Bergmann Johann Kurnap verkaufte. von diesem kam es 1898 an die Eheleute Schneidermeister Anton Korte und Maria, geb. Kurnap, 1907 an Franz Rennkamp, der es zu Erlangung einer Zufahrt zu seinem Hause an der Heinrichstraße brauchte, 1909 an Schreiner Johann Künsting.
Das Grundstück des Nachbarhauses

Nr. 12

verkauften die Geschwister Rensinghoff gt. Schlenkhoff am 03.11.1874 an den Bergmann Heinrich Oberheide. Dieser erbaute darauf ein Wohnhaus mit Stallanbau. Im Jahre 1902 wurde es an den Stellmacher Wilh. Katzenberg zu Asseln, später Herne, aufgelassen. Von diesem erwarb es 1913 der Kaufmann Matthias Servais, seit 1921 besitzen es dessen Erben.
Wie das vorgenannte Grundstück war auch das des Hauses

Nr. 14

Ackerland in der Flur "Busch" und wurde von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff am 15.01.1875 an den Schreiner Johann Wormland verkauft, der es im gleichen Jahre mit einem Wohnhaus bebaute, doch kam es 1877 zur Zwangsversteigerung, wobei es der Landwirt und Ziegeleibesitzer Heinrich Höhne in Grumme, dem der Bauunternehmer Heinrich Deilmann seine auf diesem Hause stehende Hypothek abgetreten hatte, erwarb. Im Jahre 1903 kam es an die Erben Höhne, 1909 an die Witwe des Händlers Julius Schlüter.
Das Nachbargrundstück

Nr. 16

(Acker im Busch) kaufte im Jahre 1875 der Maurer Joseph Borgolte von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff und erbaute darauf das jetzt noch stehende Wohnhaus. Im Jahre 1908 kam es an den Maurerpolier August Borgolte.
Auf das Haus Borgolte folgte eine kleine Baulücke, durch die später die Schulstraße gelegt worden ist.

Nr. 18

Jenseits dieser Baulücke und zugleich außerhalb des ehemaligen Waldgebietes steht jetzt die Wirtschaft Hochstrate. Das heutige Gebäude ist erst 1906 errichtet worden. Vorher stand hier ein kleinerer Bau. Dieser ist von dem Fabrikbesitzer Albert Sickel erbaut worden, nachdem er 1876 das Grundstück von den Geschwistern Rensinghoff in der Vermögensauseinandersetzung erhalten hatte. Im Jahre [[1890]9 kam es an den Landwirt und Gerichtstaxator Fritz Cremer, der es 1893 an den Wirt Heinrich Hochstrate verkaufte. Dessen Witwe heiratete in 2. Ehe den Agenten Friedrich Haberholz, der 1897 als Eigentümer eingetragen wurde. Von diesem erbte es 1918 der Wirt Heinrich Hochstrate. Inzwischen war der erste Bau durch An- und Nebenbauten erweitert und schließlich 1906 durch den jetzigen Neubau ersetzt worden.
Mit diesem Grundstück schloss im Jahre 1877 bei der Katasteraufnahme die Bebauung auf der Südseite zunächst ab, während sie auf der Nordseite schon vier Häuser früher, nämlich bei Heiermann (Nr. 13) aufgehört hatte. [Ahm: Vgl. Die älteste Bebauung der Kaiser–Wilhelm–Straße (Viktor-Reuter-Straße)] Auch insofern war die Bebauung der Südseite stärker, als vor dem Ostbach noch drei Häuser folgten, auf der Nordseite jedoch nur eins (jetzt Niermann). Das erste dieser drei Häuser, die durch eine große Lücke von der Wirtschaft Hochstrate entfernt waren, ist das zweistöckige Haus

Nr. 34

(Quabs). Es entstand auf einem Weidestück in der "kleinen Vöde", das der Zimmermann Johann Kämper am 26.10.1875 von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff kaufte und bebaute. Im Jahre 1878 kam es zur Zwangsversteigerung und fiel an den Landwirt Ludwig Rensinghoff gt. Schlenkhoff, der es 1896 an den Bergmann Christian Zelle, den wir schon als Eigentümer des gegenüberliegenden Hauses Nr 34 (Niermann) kennen gelernt haben, verkaufte. von diesem kam es 1899 an den Bergmann August Roßbach, 1909 an die Ehefrau des Milchhändlers Herm. Quabs, Emma geb. Kurzhals.
Das zweistöckige Nachbarhaus

Nr. 36

wurde von dem Maurermeister Heinrich Dickhoff errichtet, der das Grundstück 1875 von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff erwarb. Nach 1886 wurde ein Backhaus angebaut, ein Zeichen, dass dort ein Bäcker zur Miete wohnte. Dieser Bäcker, der Bäckermeister Joh. Wenke, kaufte das Besitztum 1911 von den Erben Dickhoff.
Wenke hatte schon einige Jahre vorher auch das am Bach gelegene Nachbarhaus

Nr. 38

(in dem der Fuhrunternehmer Zangenberg wohnt) erworben. Dieses war 1875 von dem Zimmermeister Julius Uhlenbruch (der auch Nr. 6 gebaut hatte) errichtet worden, kam aber 1894 zur Zwangsversteigerung, in der es der mehrfach genannte Nachbar Christian Zelle erwarb. Von diesem kam es 1899 an den ebenfalls schon genannten Bergmann August Roßbach, von dem es 1907 der Fabrikant Christian Schmücker erwarb. Im folgenden Jahr wurde der Anstreichermeister Karl Preising, 1919 der Bäckermeister Johann Wenke Eigentümer.
Auf der anderen Seite des Ostbaches folgten 1877 noch 3 Gebäude. Es waren die Doppelhäuser

46/48, 50/52 und das Haus Nr. 54.

Das letztere steht noch und ist vor einiger Zeit verputzt und im Aussehen verjüngt worden, während die beiden genannten Doppelhäuser heute durch große Neubauten (Nr. 48 und 52) ersetzt sind. Die alten Häuser 46/48 und 50/52 waren von dem Fabrikbesitzer Albert Sickel erbaut, der die Grundstücke 1875 bei der Rensinghoffschen Vermögensauseinandersetzung bekommen hatte, fielen jedoch 1879 bei dem Sickelschen Konkurs an die Sparkasse der Ämter Herne und Wanne. Von dieser kaufte 1890 der Bergmann Christian Toporiesek das Doppelhaus Nr. 46/48. Er gab 1899 den Teil Nr. 48 an die Eheleute Bergmann Samuel Kozik und Wilhelmine, geb. Toporiesek, ab, auf die 1909 auch der Teil Nr. 46 eingetragen wurde. Um diese Zeit entstand auch der jetzige Neubau anstelle des alten Gebäudes. Im Jahre 1919 erwarb der Ingenieur Balthasar Jost den Besitz.
Das Doppelhaus 50/52 verkaufte die Sparkasse 1890 an den Bergmann Friedrich Itzeck, dessen Witwe und Kinder 1906 den jetzigen Neubau errichteten, der 1923 an den Vermessungstechniker Friedrich Itzeck aufgelassen wurde.
Das letzte Haus (Nr. 54) das, wie gesagt, neu verputzt noch steht, ist 1875 von dem Maurer Heinrich Thiehoff erbaut worden, der das Grundstück (Acker in der kleinen Vöde) am 03.11.1874 von den Geschwistern Rensinghoff gt. Schlenkhoff gekauft hatte. Indes kam es schon 1877 zur Zwangsversteigerung, wobei der Oeconom Ludwig Rensinghoff gt. Schlenkhoff den Zuschlag erhielt. von diesem erwarb es der Schreiner Wilhelm Köster, von dessen Witwe ging es 1907 an den Möbel- und Althändler Georg Hartmann. 1928 an die Eheleute Maurer Rudolf Barthof und Anna geb. Opalka über. Damit ist unsere Betrachtung der Kaiser - Wilhelm - Straße abgeschlossen. Da Heinrich - und Schäferstraße jüngeren Datums sind und auch die Marienstraße 1877 noch unbebaut war, ist damit auch unsere überaus umfangreich und mühselig gewordene Untersuchung der Geschichte der Bahnhofstraße und ihrer Nebenstraßen beendet. [1]

Siehe auch

Quellen

  1. Leo Reiners 4. April 1936 Herner Anzeiger