Adolf Steffen

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Adolf Steffen
Geboren am: 30. Oktober 1865
Geboren in: Hagen-Westerbauer
Gestorben am: 1945
Gestorben in: Herne
Letzte Adresse: Hermann-Löns-Straße 2
Letzte Änderung: 14.02.2025
Geändert von: Andreas Janik


Adolf Steffen (* 30 Oktober 1865 in Hagen-Westerbauer † 1945 in Herne) war ein Herner Gastwirt, Kino- und Theater Pionier.

40 Jahre Steffen

Zum 70. Geburtstag von Gustav Adolf Steffen sr.

Heute vollendet Herr Gustav Adolf Steffen in beneidenswerter Rüstigkeit, die ihn wie einen Fünfzigjährigen erscheinen lässt, sein 70. Lebensjahr. Zugleich kann er auf ein 40jähriges Geschäftsjubiläum zurückblicken. Das Jubiläum hat eine besondere Bedeutung deshalb, weil mit dem Namen Steffen ein umfangreiches Kapitel Herner Kulturlebens verknüpft ist.

Herr Gustav Adolf Steffen, der am 30. Oktober 1865 in Hagen=Haspe als Sohne eines Werkmeisters geboren wurde, erlernte nach Absolvierung der Volksschule zunächst das Küferhandwerk. Dann diente er von 1885 bis 1888 unter drei Kaisern beim Infanterie=Regiment 97 in Hanau. Es folgte eine weitere Tätigkeit bei verschiedenen Dortmunder Brauereien. Im Jahre 1892 schloss er den ehelichen Bund[1], aus dem sechs Kinder entsprossen, von denen noch drei leben. Kurz nach seiner Verheiratung übernahm er das Beamtenkasino von Phönix und eröffnete am 1. November 1895 die „Reichshalle“ in Herne, die damals Eigentum von Karl Siekmeier war. In diesem Unternehmen hatten sich bereits drei Vorgänger vergeblich versucht. Herr Steffen machte ein Vergnügungslokal daraus und hatte einen derartigen Erfolg, dass er das Grundstück— es handelte sich um das damalige Haus Bahnhofstraße 15a, wo jetzt die Wirtschaft Rose=Bräu ist— bereits 1906 käuflich erwerben konnte.
Im Jahre 1905 hatte er schon das erste Kino nach Herne gebracht. Damals hatte Herne noch kein elektrisches Licht, so dass er sich mit Karbidbelichtung begnügen musste. Der Vorführungsraum im Reichshallensaal hatte kaum mehr als 1 qm Grundfläche. Gelernte Vorführer und motorisierte Apparate gab es auch noch nicht, so dass Herr Steffen die Filme mit der Hand durchdrehen mußte. 1907 wurde das Kino in den neuen Theatersaal verlegt, wo man mit der Zeit einen größeren Vorführungsraum einrichten konnte. Auch eine eigene elektrische Lichtmaschine wurde angeschafft, dann bekam Herne elektrischen Strom und die Kinovorführungen konnten erheblich verbessert werden. Es kamen auch bessere und größere Filme, die damals meist von den Pathé Fréres in Paris hergestellt wurden. Kolorierte Filme wie „Alladin mit der Wunderlampe“ tauchten ebenfalls auf. Herr Steffen gründete auch Kinounternehmungen in Gelsenkirchen (2), Recklinghausen und Schwerte, die dem Herner Unternehmen angeschlossen wurden. Er war auch einer der zehn Männer, die in Düsseldorf den Verband der Lichtspieltheaterbesitzer gründeten, aus dem der heutige „Reichsverband deutscher Lichtspielbesitzer e. V., Düsseldorf", entstanden ist.

Die Reichshallen um 1900

Auch dem Varieté und Theater wandte Herr Steffen sich schon frühzeitig zu. Mit kleinen Darbietungen im Restaurant wurde begonnen, bis die ersten größeren Veranstaltungen im „Reichshallensaal“ abgehalten werden konnten. Abwechselnd brachte er bald Varieté, bald Theater. Schon in den ersten Jahren veranstaltete er in den Wintermonaten regelmäßig Theatervorstellungen, zu denen er Bühnenensembles von bekanntem Namen heranzog. So gastierten Millowitsch, Baum und Genesius. Bei Genesius konnte man sogar Abonnements haben. Dann kamen Emil und Julius Bastineller. (Bastineller war Direktor des Hagener Stadttheaters). Erst unter Bastineller fasste das Theater in Herne festen Fuß.
Trotzdem es Wagemut erforderte, in Herne Theatervorstellungen zu geben und vorwiegend die heitere Muse gepflegt werden musste, setzte sich Herr Steffen dafür ein, dass auch ernste Schauspiele zur Aufführung kamen.

Das Lokal Adolf Steffen um 1912 (links)

Im Jahre 1913 traf ihn ein harter Schlag. Das Theater brannte bis auf die Grundmauern ab, und da die Gebäude nur unzureichend versichert waren, musste Herr Steffen alle auswärtigen Unternehmen verkaufen, um das Herner wieder aufbauen zu können. Es entstand der große Neubau, der am 2. Juli 1914 eröffnet werden konnte. Einen Monat später brach der Krieg aus. Damit kam zunächst eine stille Zeit, doch 1915 wurde ein Operettentheater eingerichtet, das bis 1927 der frohen Unterhaltung diente. In diesem Jahre erfolgte der große Umbau zum jetzigen prächtigen Kinosaal, dessen Betriebsführung Herr Steffen vor zwei Jahren wieder selbst übernahm. In der Zeit, in dem das Operettentheater bestand, sind wohl fast alle modernen Operetten der damaligen Zeit über die Bretter der Steffenschen Bühne gegangen. Aber auch Schau- und Lustspiele, ja sogar kleine Spielopern (Zar und Zimmermann, Rigoletto u. a.) fehlten nicht. Nebenher zog Herr Steffen andere Bühnen heran, so mehrfach das Düsseldorfer Schauspielhaus. Man sah Otto Reuter, Fritz Kreißler, Baron von Sewitz, Lo Heß, Paul Kemp, Paul Henckels, Intendant Fritz Holl. Auch Karl Platte, der beliebte Filmkomiker, hat als Schauspieler bei Steffen gespielt, Karl Napp war in seiner Jugend Pianist bei Steffen, Werner Groß und Leo Länglich haben ihre Anfangsjahre hier verbracht.

Auch als Varietébühne bot Steffens Saalbau Hervorragendes. Fast alle größeren Artisten sind hier ausgetreten, wie Sylvester Schäffer, Vater und Sohn, Sandwina, „die Königin der Lasten“, ein weiblicher Breitbart, die Stettiner Sänger, der alte berühmte Komiker Bolesko, die 10 Faludy u. a.

So hat Herr Steffen in 40 Jahren einen wesentlichen Teil des Herner Kulturlebens getragen, und wenn auch manches Auf und Ab, manche Sorg= und Schwierigkeit damit verbunden war, sein Name wird für immer mit der Geschichte des Herner Theater- und Lichtspielwesens verknüpft sein. Heute an seinem 70. Geburtstage gebührt ihm der Dank dafür und den Wunsch, dass ihm noch manches Jahr rüstigen Schaffens in der Vermittlung des filmischen Kulturgutes der Nation beschieden sein möge.“[2]





Lesen Sie auch

  1. Er heiratete in Hörde am 7. Mai 1892 Bertha Dorothea Eimers (* 11. Juli 1870 Hörde † 8. Mai 1939 Herne) Reg. Nr. 48
  2. Herner Anzeiger vom 30. Oktober 1935. Online auf Zeitpunkt.nrw