Kolpinghaus (Herne)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Das alte Kolpinghaus an der Ecke Neustraße/Poststraße

Geschichte

Schaefer 1912 S. 68

30. Das katholische Gesellenhaus
Dem 1889 durch Pastor Strickmann gegeündeten katholischen Gesellenverein fehlte ein Heim und ein Hospiz. Auch mangelte es an einem Versammlungslokal für die übrigen katholischen Vereine. Auf Veranlassung des damaligen Präses des Gesellenvereins, Kaplan Mock, wurde, um Abhülfe zu schaffen, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, die es gelang, an der Neustraße ein geeignetes Bauland zu erwerben. 1898 (Mai) legte man den Grundstein und schon im nämlichen Jahre (13. November) konnte die Einweihung des Gesellenhauses stattfinden. der Bau umfaßt eine Wirtschaft, Logierzimmer für Gesellen, einen großen Saak, eine Kegelbahn usw.
Die entstandenen Kosten, soweit sie nicht durch die Gesellschafter getragen sind, wurden durch Hypotheken gedeckt.
Zeitiger
[1912] Geschäftsführer ist der Präses des katholischen Gesellenvereins, Kaplan Lange.

Vom Gesellenhaus zum Kolpinghaus

Bereits 1899 fertig gestellt, diente das Haus dem, erst zehn Jahre zuvor gegründeten, Katholischen Gesellenverein Herne und später der Kolpingsfamilie Herne-Zentral 70 Jahre als Heimstatt für Veranstaltungen. Handwerksgesellen auf Wanderschaft fanden an der Neustraße 20 Quartier. Viele andere Vereine waren hier auch heimisch. Das gesellschaftliche Leben in Herne spielte sich zu einem nicht unwesentlichen Anteil im Gesellenhaus ab.

Die zahlreichen Lehrangebote für die Gesellen, heute würde man Seminare sagen, brachten dem Haus Anfang des letzten Jahrhunderts den Beinamen „Katholische Akademie“ ein. Nach dem ersten Weltkrieg nutzten die französischen Besatzer das Haus als Hauptquartier. Während der Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren war dort eine Wärmestube mit Suppenküche untergebracht.

Durch den zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschädigt, bekam das Haus überregionale Bedeutung, war der große Saal mit bis zu 1000 Plätzen doch die einzige große Versammlungsstätte weit und breit. Viele Vereine und Verbände wagten an der Neustraße ihren Neuanfang nach dem Krieg.

In der Folgezeit wurden die Räumlichkeiten vermehrt für gesellschaftliche Veranstaltungen genutzt. Es fanden Ausstellungen und Beatveranstaltungen statt – legendär sind die Karnevalsfeiern, bei denen sich das Haus von Weiberfastnacht bis Faschingsdienstag im Ausnahmezustand befand.

Der inzwischen marode Bauzustand des Hauses und die städtebauliche Entwicklung der Stadt bewogen die damals Verantwortlichen dazu, das Gesellenhaus abzureißen, und an gleicher Stelle ein neues Kolpinghaus zu errichten, was ihnen, obwohl sie wirtschaftlich richtig und zum Wohle des Vereins handelten, wenig Freunde einbrachte.

Das neue Haus mit 21 Wohnungen und 24 Einstellplätzen in der Tiefgarage, einer Gastronomie mit Saal, sowie damals drei weiteren Gewerbeeinheiten konnte 1972 bezogen werden. In den nächsten 40 Jahren spielte sich das Vereinsleben der Kolpingsfamilie im Wesentlichen dort ab.

Aber auch diese Zeit ging zu Ende. Leerstand bei den Gewerbeeinheiten bzw. ausbleibende Pachtzahlungen zwangen zu einem Umdenken. Die Gewerbeeinheiten wurden zu zwei Praxen umgebaut, eine Gastronomie gibt es nicht mehr.

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Quellen