Die Ausgrabungen auf dem Altmarkt (Herner Anzeiger 1936)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Version vom 2. Oktober 2024, 15:00 Uhr von Andreas Janik (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Am 3. Juni 1936 wurde in der "Herner Zeitung" in der regelmäßig erschienen Sonderseite des Emschertal Museums „Heimatblätter“ ein Artikel über den Abschluss der Ausgrabungen auf dem Altmarkt von Karl Brandt veröffentlicht. [1]

Die Ausgrabungen auf dem Altmarkt

Die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen

Zuvor einige Worte über die Bedeutung der Ausgrabungen auf dem Altmarkt. Als vor etwa 30 Jahren die alte Oberfläche des Altmarktes um etwa 1.20 Meter abgetragen wurde, hat man nicht auf irgendwelche Funde geachtet. Nicht einmal der Grundriß der alten Kirche, der vor 30 Jahren noch höher war als heute, wunde vermessen und aufgezeichnet. Wir müssen es heute besser machen und versuchen, aus der Vergangenheit Hernes so viel wie möglich herauszuholen. Dazu gehören auch die Ausgrabungen auf dem Altmarkt. Was sie bis heute ergeben haben und ob die Ergebnisse die Arbeit lohnen, möge man aus den folgenden Mitteilungen ersehen. Die Ausgrabungen haben bis heute ergeben:

Foto: v. Hermann Niemczyk
Auf dem Bilde sehen wir, wie mit Hilfe eines besonders hergerichteten Kastens ein Querschnitt von den im Sande abgezeichneten Baumstammsärgen genommen wird, die bei den Grabungen auf dem Alten Markt festgestellt wurden. Ein solcher Querschnitt wird im Heimatmuseum gezeigt.
  1. Den vollständigen Grundriß der etwa 7-800 Jahre alten Dionysiuskirche und somit auch deren Lage auf dem Altmarkt.
  2. Die verschiedenen Erweiterungsbauten wurden festgestellt.
  3. Die tatsächliche Existenz des Strünkeder Kellers wunde nachgewiesen, der seit etwa 1600 als Begräbnisplatz der Strünkeder gedient hat.
  4. Der Friedhof um die Kirche ist etwa 1100 Jahre lang belegt worden, wie zahlreiche Eichenbaumstammsärge in der untersten Lage des Friedhofes ausweisen. Mit diesen Särgen beginnt auch bei uns die christliche Tradition; vorher war Leichenverbrennung üblich.
  5. Jünger sind die plumpen Kistensärge, die normal auch etwas höher als die Baumstammsärge liegen.
  6. Aus der Verbreitung der Baumstammsärge ist einwandfrei zu ersehen, daß vor der Dionysiuskirche schon eine andere Kirche auf dem Altmarkt stand, denn die betreffenden Särge umschließen einen gräberfreien Raum, den ebenfalls dort liegt, wo sich heute das Fundament der Dionysiuskirche befindet. Nur ist dieser gräberfreie Raum ein wenig kleiner, woraus sicherlich zu schließen ist, daß die ältere Kirche kleiner war.
  7. In der nordwestlichen Ecke des Kircheninnern fanden sich einige Pfostenlöcher mit alter Füllung. Vielleicht darf man annehmen, daß sie von der ersten, wahrscheinlich aus Holz erbauten Kirche stammen. Theoretisch ist eine ältere Kirche anzunehmen; jetzt ist durch den gräberfreien Raum nachgewiesen, daß tatsächlich vorher ein Gebäude an derselben Stelle gestanden hat, wo sich die Dionysiuskirche befand. In diesem Gebäude haben wir sehr wahrscheinlich eine ältere Kirche zu erblicken.
  8. Im Turm der Dionysiuskirche, sowie vor und unter dem Chor wurden Bestattungen nachgewiesen
  9. Eine Reihe Baumstammsärge lagen unter dem Fundament des Turmes, ein Beweis, daß sich zurzeit der Anlage der Baumsärge kein Turm dort befand. Da nun die Dionysiuskirche im 11. oder 12. Jahrhundert erbaut ist, und damit auch der Turm, müssen die Baumstämme erheblich älter sein.
  10. An der Nordlängsseite des um 1600 angebauten zweiten Kirchenschiffes, und zwar im Innern desselben, fanden sich zwei Anlagen, deren Charakter bis heute noch nicht geklärt ist. So fand sich ein ovales Loch. dessen Wände mit kleineren Bruchsteinen ausgemauert ist. Das Loch enthielt viele Tongesäßreste, einen Spinnwirtel und viel Holzkohle. Diese Funde stammen aus dem 11. oder 12. Jahrhundert, somit aus der Zeit des Kirchenbaues. Hoffentlich gelingt die Erklärung dieses ovalen Loches.
  11. Dann wurde im Innern des Seitenschiffes (das nebenbei bemerkt auch lange nach 1600 erbaut sein kann) ein starkes Fundament aus Bruchsteinen gefunden. In der Ecke dieses Fundaments fand sich eine eigenartige Steinsetzung, deren Charakter bis zur Niederschrift dieses Berichtes noch ungeklärt ist. Auch Sinn und Zweck des Fundaments ist noch ungeklärt.
  12. Das Fundament der Lucienkapelle an der südlichen Längsseite der Dionysiuskirche wurde ebenfalls aufgefunden.

Das wären einige der wichtigsten Befunde bei den Ausgrabungen auf dem Altmarkt. Diese Ausgrabungen führten uns in die Zeiten des alten Haranni, denn um 890 nach Chr. hieß unser Herne Haranni, was nun endlich jeder Herner wissen sollte. Wir haben somit die Begräbnisstätte des alten Haranni vor uns. Damit ist wieder einmal die über 1000jährige Geschichte Hernes unter Beweis gestellt.

K. Brandt


Verwandte Artikel


Quellen

  1. [ https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/21320388 Vgl. Online Quelle auf Zeitpunkt.NRW]