Die Pfarrerfamilie Westhoff in Herne (Fomm 1938)
Der Kölner Julius Fomm (1879-1943) widmete als Enkel des Pastoren Julius Saatmann und damit auch Abkömmling der Pastorenfamilie Westhoff in Herne diesen am 17. März 1937 einen besonderen Artikel im Herner Anzeiger. Wir geben diesen aufschlussreichen Artikel nachfolgend wieder, nicht ohne ihn an bestimmten Stellen zu ergänzen.
Die Pfarrerfamilie Westhoff in Herne
(1753 bis 1871)
Von Julius Fomm, Köln.
Die Familie Westhoff führt ihre Stammreihe bis auf Heinrich Christoph von Echthausen, genannt Westhoff, Herren zu Echthausen bei Werl, Kaufmann zur Werl, und dessen Ehefrau Margarete Schmale, 1490, zurück. Dieses Ehepaar starb während der großen Pest.
Ihre Nachkommen haben sich in großer Zahl der Gottesgelehrtheit zugewandt, um man findet in der Stammtafel Westhoff etwa 32 Theologen und 8 Töchter Westhoff, die Pfarrer geheiratet haben. Die Pfarrer waren in der Grafschaft Mark, im Bergischen und in Holland unter anderem im Amte, in Asseln sind vier Generationen Westhoff als Pfarrer gewesen. Von dort kam auch der erste Pfarrer des Namens Westhoff nach Herne.
Das Wappen der Familie zeigt im Schilde zwei übereinander stehende sechseckige Sterne, als Helmzier im offenen Flug eines sechseckigen Stern.
Johann Westhoff (1727 - 1791)
war der zweite Sohn des Gottfried Westhoff, lutherischen Pfarrers, und dessen Ehefrau Anna Elisabeth Wiskott. Er wurde zu Asseln am 31. Dezember 1727 geboren. Seine Studien vollendete er auf der Universität Halle. Dort schrieb er dem Studenten der Rechtswissenschaft Arnold Christoph Kipp aus Bochum in sein Stammbuch. (das die Studenten zu jener Zeit als ihr höchstes Heiligtum aus ihrer Studentenzeit zu bewahren pflegten) am 26. September 1748:
„Recht liebe / Keiner trübe / Wisse nichts von Heucheley / Und den Schätzen / Edler Hertzen / Fällt kein schnöder Argwohn bey / Waß ich sinn / Und beginn / Ist ein Anspruch steter Treu.“
Über Westhoffs Berufung nach Herne berichtet auch das Asselner Kirchenbuch, denn dort trug sein Bruder, der dem Vater im Amte in Asseln folgte, ein:
„Anno 1753, den 4. Januar ist mein Bruder Johannes Westhoff nach erhaltener Vocation (Berufung) und überkommener Collation (Verleihung) von der Frau von Strünkede zum Pastoren in Herne von dem Herrn Inspektor (Superintendenten) von Steinen zu Herne ordiniert (eingesetzt).
Am 12. Juni 1759 vermählte sich Westhoff mit Margarethe Dorothea Jacobi Tochter des Kaufmanns und Bürgermeisters Johannes Konrad Jacobi zu Bochum, und dessen Ehefrau Gertrud Christine Severin ( die eine Tante des Bergarztes Dr. med. Carl Arnold Kortum zu Bochum, des bekannten Dichters der „Jobsiade“ war).
Margarethe Dorothea Jacobi starb am 9. März 1814, 80 Jahre alt, zu Bochum. Sie hatte ihren Ehemann sechs Kinder geschenkt:
- Johann Ludwig Ernst Westhoff den späteren Nachfolger des Vaters, über den wir noch hören werden;
- Henriette Westhoff, 1820 vermählt mit dem Pastor Friedrich Ludwig Classen zu Lütgendortmund;
- Luise Westhoff (wahrscheinlich früh gestorben);
- Anna Konradin Dorothea Westhoff, vermählt mit dem Kaufmann Heinrich Arnold Ballot zu Bochum
- Christine Charlotte Westhoff, vermählt mit dem Hofapotheker Franz Wilhelm Flaßhoff zu Essen und
- Christine Charlotte Henriette Westhoff, vermählt 1810 mit Johann Friedrich Waldhausen, Kaufmann zu Essen.
Johann Westhoff war über 38 Jahre als Pfarrer im Amt, darunter beinahe 6 Jahre ist Inspector (Superntendent) der Bochumschen Klasse. Er hatte gleichzeitig das Vikarien Amt verwaltet. Am 17. März 1791 starb Westhoff am Schlagfluss in einem Alter von über 63 Jahren und wurde am 22. März in der alten, jetzt abgebrochen Kirche am Markt „auf dem Chor unter dem mittelsten Steine“ bestattet.
Zu seinen Lebzeiten war das jetzt in Benutzung befindliche Pfarrhaus am Markt im Jahre 1766 erbaut worden, das seine Nachkommen noch über 100 Jahre bewohnten. Westhoffs Sohn Ludwig wurde sein Nachfolger.
Johann Ludwig Ernst Westhoff (1767 – 1837).
Er war das älteste Kind und einziger Sohn der lutherischen Pfarrers Johann Westhoff zu Herne und dessen Ehefrau Margarethe Dorothea Jacobi. Am 1. Januar 1769 wurde im Pfarrhause zu Herne geboren, vollendete seine Studien auf dem Gymnasium in Dortmund und bezog die Universität Halle, wo er am 25. April 1788 als Student der Theologie aufgenommen wurde.[1] Die Universitätsstadt damals in ihrer zweiten Blüte und zählte die berühmtesten Theologen zu ihren Lehrern. Viele Studenten der Gottesgelehrtheit waren als Informatoren (Lehrer) an dem berühmten von August Heinrich Franke begründeten Waisenhaus tätig, aber unser Westhoff erschien nicht in den Verzeichnis dieser Lehrer. Das äußere Betragen der Hallischen Studenten jener Zeit wird als anständig bezeichnet, und es herrschte ein glücklicher Mittelton zwischen Leipziger stutzerhafter Feinheit und Jenaischer Rauheit, auch wurden den Theologen weit größere Tätigkeit als den Juristen nachgerühmt.
Nach Studentenbriefen vom Jahre 1789 war als Tracht der Musensöhne ein blauer Frack mit rotem Kragen und roten Aufschlägen beliebt, wozu später der Zweimaster[2] als Kopfbedeckung kam.
Westhoff hatte sich dem landsmannschaftlichen Kränzchen[3] der „Westphälinger“ angeschlossen und es sind drei Stammbucheinträge von seiner Hand überliefert.
Dem Studenten der Rechtswissenschaft W.C. Grundschöttel[4] aus Schwelm schrieb er ins Stammbuch:
„Ein Leben ohne Liebe und Freundschaft ist wie ein Gericht ohne Salz und Würze.“ (24.2.1790)
den Studenten der Theologie Johann Albert Hennecke Soest trug er aus der ersten Strophe des Rheinweinliedes von Hölty ins Album ein:
„Ich gebe zu, ein Kuß ist süß, doch süßer ist der Wein“,
Während dem Studenten der Theologie Johann Wilhelm Friedrich Curtius aus Braunschweig der Eintrag gewählt wurde:
„Freundschaft ist des Lebens Wonne // Lindert jeden Schmerz // Schafft so wie im Lenz die Sonne // Freude uns ins Herz.“
Als Westhoff die Universität Halle bezog, waren gerade 1788 Vorschriften über die Reifeprüfung für die preußischen Universitäten erlassen worden, auch bürgerte sich die dreijährige Studienzeit an den Universitäten mehr und mehr ein. Am 4. April 1790 verließ Westhoff Halle. Als sein Vater Johannes Westhoff am 17. März 1791 gestorben war, wählte man sein Sohn Ludwig am 18. Januar 1792 einstimmig zu seinem Nachfolger. Am Palmsonntag, dem 1. April 1792, führte ihn der Inspektor (Superintendent) von Steinen in sein Amt in Herne ein.
Er vermählte sich am 14. Juni 1795 mit Christina Dorothea Jacobi aus Krefeld, einer Base seiner Mutter. Aus dieser Ehe gingen vier[5] Kinder hervor:
- Johann Ludwig Friedrich Westhoff[6], Königlicher Kanzleirat in Soest, der mit drei anderen Herner Jünglingen 1813 als freiwillige Jäger eintrat und sich auf eigene Kosten ausrüstete ausgerüstete. Er war in erster Ehe mit Dorothea Schreiber, in zweiter Ehe mit Wilhelmine Lange vermählt.
- Karl Westhoff[7], Pastor, anfangs zu Schermbeck, später zu Nymwegen (Holland), vermählt in erster Ehe mit Trinchen Tönnis und nach deren Tode mit der Schwester Ida Tönnies aus Elberfeld.
- Gottfried Westhoff[8], lediger Goldschmied in Bochum.
- Ottonette Sophie Friederike Westhoff[9], vermählt 1836 mit Julius Saatmann, Pastor, dem späteren Nachfolger des Vaters.
In den Freiheitskriegen hatten sich in der Grafschaft Mark, wie überall in preußischen Landen, Frauenvereine gebildet. An der Spitze der Herner Vereins standen neben der Frau von Forell vom Hause Strünkede auch Frau Prediger Westhoff, geb. Jacobi. Der Verein sammelte aus freiwilligen Gaben in den Bauerschaften 204 Taler ein. Christine Dorothea Westhoff, geborene Jacobi, starb 1829.
Den Wortlaut ihrer Todesanzeige geben wir am Schluss.
Ihr Ehemann Ludwig Westhoff überlebte sie noch fast neun Jahre, erreichte ein Alter von fast 71 Jahren und starb am 4. September 1837 wie sein Vater am Schlagfluß.
Er hatte das Herner Pfarramt 45 Jahre inne gehabt. Sein Grab soll unmittelbar neben der Tür der alten, jetzt abgebrochen Kirche am Markt an der Nordseite außerhalb gewesen sein. Die Todesanzeige verfasste sein Schwiegersohn und Nachfolger im Amte, Julius Saatmann. Wir geben ihren Wortlauts am Schluss.
Wie aus Westhoffs und seines Schwiegersohns gemeinsamen Privatschreibbuch hervorgeht, erhielten die Herner Schulkinder bei der Beerdigung ihres Seelenhirten Weißbrot (wohl weil sie die Leiche mit dem Lehrer an der Spitze altem Brauch nach begleiteten), die Nachbarn Westhoffs Branntwein für zusammen 2 Taler. Sie Westhoffschen Mägde empfingen Trauertücher, Kattun und Trauerkleider im Wert von 9 Talern, 1 Silbergroschen, der Küster für das feierliche Totengeläute zwei Taler, der Herner Totengräber für seine Arbeit 25 Silbergroschen. Es wurde von den Trauernden für 1 Taler, 5 Silbergroschen „Beschütte“ verzerrt und von diesen anscheinend für Trauerflor, Handschuhe und dergleichen 19 Taler 8 Silbergroschen 8 Pfennige ausgelegt.
Westhoff musste ein starker Raucher werden sein, denn es finden sich zwei ältere Tabakrechnung von zusammen 32 Talern aufgeführt. Weiter erfahren wir, dass die Todesanzeige in der Elberfelder Zeitung 28 Silbergroschen 3 Pfennige, in der Essener Zeitung 16 Silbergroschen kostete und der rückständige Barbierlohn für 2/3 Jahr 1 Taler 20 Silbergroschen ausmachte.
Der Bezugspreis des Wochenblattes wird mit 15 Silbergroschen für den halben Jahrgang verrechnet. Weitere Ausgaben sind nur mit dem Namen der Empfänger erwähnt und lassen keine weitere Schlüsse zu, es sind zum Teil Pachtgelder von Wiesen und Ländereien, die zum Pfarrhause gehörten und einen Teil des Pfarreinkommens darstellten. Einen Posten heißt das Strünkesche Pfarrgehalt, es wird nach Abzug des Stempels mit 91 Taler 28 Silbergroschen und 1 Pfennig angegeben, ohne daß erwähnt wird, für welche Zeitraum der Betrag fällig war.
Endlich geht das aus dem Schreibbuch hervor, dass der Pfarrer Roggen, Gerste, Hafer und Weizen dreschen ließ und dass jede Magd zur Miete 2 Taler und jährlich 12 Taler Jahreslohn erhielt, außerdem Flachs, Schuhe und dergleichen.
Todesanzeigen
„Unser theurer Vater und Schwiegervater, der Pfarrer der hiesigen Gemeinde
Johann Ludwig Westhoff, ward heute früh in einem Alter von 70 Jahren, 8 Monate und 4 Tage plötzlich durch einen Schlagfluss uns entrissen. Noch Tags vor seinem Tode konnte den Entschlafende öffentlich vor seiner Gemeinde, unter der er 45 Jahren lang gewirkt hatte, seines Herren Tod verkünden, und die letzten Stunden, welche er, wiewohl ohne Ahnung seines nahen Endes, im Kreise der Seinen zubrachte, waren durch Gespräche über Jenseits und ewiges Leben ausgefüllt. Der Theilnahme unserer Verwandten und Freunde versichert, widmen wir ihm diese Anzeige. Herne, den 4. September 1837. Die Kinder und Schwiegerkinder des Verstorbenen“
Elberfelder Zeitung, Freitag den 8. September 1837, Nummer 248
„In der vergangenen Nacht ¼ nach 1 Uhr ging meine Gattin, geborene Christina Jacobi, nachdem sie seit mehreren Jahren gekränkelt hatte, im 67ten Jahres ist Lebens sanft zu einem besseren Leben hinüber. Wie sie mir während beinahe 34 Jahren als treue, liebende Gefährtin zur Seite stand, so war sie meiner vier Kindern eine gute, sorgsamer Mutter, deshalb fühle ich mich wie diesen über ihren Verlust tief darniedergebeugt. In der Überzeugung, dass unter denen, welche die Vollendete kannten, und insbesondere unter unserem beiderseitigen Verwandten Manche seyn werden, die ihr gern eine Thräne nachweinen, widme ich diesen die obige Anzeige und bitte zugleich, mir und meinen Kindern auch ferner ihre Liebe schenken zu wollen. Herne, den 15. Januar 1829. Der evangelische Pfarrer: L. Westhoff.
Allgemeine Zeitung, Elberfeld, 18.1.1829, Nr. 18
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Quellen
- ↑ Vgl.: Addenda zum Stammbuch 1787_rodenberg. Auf: albvm-amicorvm.tumblr.com/
- ↑ Vgl.: wikipedia.org
- ↑ Vgl.: wikipedia.org
- ↑ Heinrich Wilhelm Carl Theodor Grundschöttel. Geb. am 12. April 1770 in Schwelm
- ↑ Insgesamt waren es 6. Kinder, Friedrich Heinrich Arnold (1798-1810) und Dorothea Elisabeth Wilhelmine (1804-1805) kamen noch als 2. und 5 Kind dazu.
- ↑ * 1. Oktober 1796 in Herne, + 25. Februar 1877 in Soest.
- ↑ * 26. Januar 1800 in Herne, + 16. Oktober 1861 in Nymwegen
- ↑ * 31. Dezember 1804 in Herne, + 7. Oktober 1871 in Bochum.
- ↑ * 17. September 1806 in Herne, + 24. Januar 1864 ebd.