Beleidigung Anno 1904

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Der Castroper Anzeiger[1] veröffentlichte am 4. Juli 1904 einen Artikel über einen erneuten Beleidigungsprozess gegen Ludwig Bösser.

"Herne. Am Freitag [[[1. Juli]] 1904] hatte sich der bekannte Stadtverordnete Ludwig Bösser wegen Beleidigung der Stadtverordneten vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er hatte bekanntlich in der Voß'schen Wirtschaft gegerüber dem Stadtverordneten Bücker und anderen Personen mehrfach laut geäußert, alle diejenigen Kollegiumsmitglieder, die seiner Zeit die Abmachung trafen, sein Auftreten in der Stadtverordnetenversammlung möglichst zu ignorieren, seien „Ossen von Kiärls". Das hatte ihm eine Klage des Gesamtkollegiums wegen Beleidigung eingebracht. Bösser behauptete, er habe in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt, der Ausdruck sei ihm herausgefahren, man möge ihm die Aeußerung nicht so schlimm anrechnen. In seiner Verteidigung wurde er wiederum deratt ausfällig, daß ihn der Vorsitzende zur Mäßigung ermahnen mußte. Urteil: 100 Mark Geldstrafe. Das Schöffengericht hält Bösser also für zurechnungsfähig. Nun wirds darauf ankommen, so bemerkt die „H. Ztg.“, was die zweite Instanz sagt, die wohl wieder anrufen wird, da er bisher damit so viel Glück hatte."

General-Anzeiger für Dortmund 18 (16.1.1905) 16.Bösser.png

Der Berufungsprozess wurde am 24. November 1904 im Generalanzeiger für Dortmund[2] auf seiner Titelseite beschrieben:

Herne, 23. November.(Der Stadt verordnete Bösser vor Gericht.)
Wie unseren Lesern noch erinnerlich lebte der frühere Stadtverordnete Ludwig Bösser von hier mit der Mehrheit der Stadtverordneten, besonders aber mit dem Herrn Ersten Bürgermeister Schäfer hier s. Zt. stets auf Kriegsfuß, was ihm mehrfach wegen Beleidigung Strafen einbrachte. U. a. war er einmal sogar wegen Beleidigung des Herrn Ersten Bürgermeisters Schäfer und mehrerer Stadtverordneten zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Infolge der von dem Angeklagten eingelegten Revision wurde das Urteil der Bochumer Strafkammer aber vom Landgericht Essen aufgehoben und gegen ihn auf Freisprechung erkannt, weil er als Querulant angesehen wurde. In der Stadtverordneten=Sitzung wurde dann am 25. Juni 1901 folgender Beschluß gefaßt:„Das Verhalten des Bösser wird aufs Schärfste mißbilligt: Anträge und Erklärungen in den Stadtverordneten=Sitzungen, werden soweit zulässig, ignoriert: der Magistrat soll um ein gleiches Verfahren ersucht werden“. Hierüber war Bösser selbstverständlich empört. In einer hiesigen Wirtschaft erklärte Bösser am 3. März d..: „Alle Stadtverordneten, die bei dem Beschluß am 25. Juni 1901 mitgewirkt und gegen mich gestimmt haben, sind Ochsen von Kerls!“ Mehrere Stadtverordnete fanden sich durch diese Erklärung beleidigt und stellten gegen Bösser wegen öffentlicher Beleidigung Strafantrag. Durch Urteil des biesigen Schöffengerichts vom 1. Juli ds. Js, war Bösser dieserhalb zu 100 Mark Geldbuße verurteilt worden; auch war den Beleidigten die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor zu veröffentlichen. Gegen dieses Urteil legten Angeklagter und die Königliche Stattsanwaltschaft Berufung ein.
Ersterer beantragt Aufhebung des schöffengerichtlichen Urteils und Freisprechung und letztere bringt ein höheres Strafmaß in Antrag. Angeklagter nimmt den Schutz des § 193 des Str.= G.=B., Wahrung berechtigter Interessen in Anspruch. Auf die Berufung des Angeklagten wurde das schöffengerichtliche Urteil aufgehoben und die Strafe von 100 auf 80 Mark ermäßigt. Den Beleidigten wurde ebenso wie früher, die Befugnis zugesprochen, den Urteilstenor zu veröffentlichen. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, der Schutz des§ 193 des Str.=G.=B. stehe dem Angeklagten zu, jedoch sei er über das erlaubte Maß hinausgegangen, so daß die Vorurteilung habe erfolgen müssen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen.

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Quellen