Der Meineidsprozeß gegen die deutschen Bergarbeiter (Baukau 1895) III
Nachfolgend befindet sich ein Zeitungsartikel aus dem Jahre 1898, welcher zum Prozess über ein Meineid aufzeichnet, der infolge einer vorrangegangenen Gerichtssache im Herbst 1895 erfolgte. Im ersten Teil konnten die Gerichtssache ansich, im zweiten Teil verschiedne Begelitartikel nachgelesen werden. Hier folgt nun ein Artikel über die Wideraufnahmeankündigung aus dem Jahre 1897. Beachten sie bitte, diesen Artikel im Kontext und mit dem Hintergrund der gesellschaftlichen Umschichtungen seiner Zeit zu betrachten. Die Rechtschreibung ist, mit einigen Veränderungen, Original.
„Der Essener Meineidprozeß wird im Wiederaufnahmeverfahren verhandelt: wir haben gestern Morgen bereits durch Aushang eines Telegramms an unserem Geschäftslokal [Bürger-Zeitung für Düsseldorf und Umgebung] diese wichtige Nachricht verbreitet. Auf Antrag des Herrn Rechtsanwalts Dr. W. Niemeyer ist nunmehr vom Königlichen Landgericht in Essen folgendes beschlossen worden: In der Strafsache gegen den Bureaugehilfen Ludwig Schröder aus Dortmund, den Zeitungsverleger Johann Meyer aus Bochum, den zeitungsboten Karl Gräf aus Herne, den Fuhrmann Robert Imberg aus Herne, den Bergmann Friedrich Thiel aus Herne, den Bergmann Friedrich Beckmann aus Baukau, den Bergmann Max Johann Dicking aus Herne, wird in Erwägung, daß neue in dem Sinne des § 399 Nr. 5 der Strafprozeßordnung erhebliche Beweisurkunden vorgebracht worden sind, der von den verutheilten Schröder, Meyer, Gräf, Dicking und Beckmann gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urtheil des Königlichen Schwurgerichts zu Essen am 17. August 1895 geschlossene Verfahrens für zulässig erklärt und angeordnet: Es soll eine Besichtigung des Sichtermann´schen Saales in Baukau durch das Gericht stattfinden und dabei zugleich festgestellt werden, an welcher Stelle die verschiedenen Zeugen, die zu diesem Termin an Ort und Stelle geladen werden sollen, zur Zeit des in Betracht stehenden Vorfalls sich befunden haben. Dieser Beschluß des Landgerichts Essen wird in den weitesten Kreisen mit großer Befriedigung aufgenommen werden. Es ist wohl kaum noch daran zu zweifeln, daß die erneute richterliche Feststellung an Ord und Stelle dazu führen wird, das Verfahren wieder aufzunehmen und daß, wenn der Frühling ins Land kommt, die Kerkermauern für die Unglücklichen sich wieder öffnen werden.“[1]
Es sollte aber noch nicht dazu kommen.
Wiederholte Versuche des Verteidigers, das Verfahren wieder aufzunehmen, führten erst im März 1910, gestützt auf das gegen Munter im Jahre 1908 angestrengte Disziplinarverfahren, zum Freispruch und zur Zubilligung einer Entschädigung für die unschuldig Bestraften.[2]
Verwandte Artikel
- Der Meineidsprozeß gegen die deutschen Bergarbeiter (Baukau 1895) II (← Links)
- Der Meineidsprozeß gegen die deutschen Bergarbeiter (Baukau 1895) IV (← Links)
- Der Meineidsprozeß gegen die deutschen Bergarbeiter (Baukau 1895) V (← Links)
Quelle
- ↑ Bürger-Zeitung für Düsseldorf und Umgebung Nr. 32 vom 9.2.1897
- ↑ Karl Liebknecht: Staatsanwaltschaft und Essener Meineidprozess Reden im preußischen Abgeordnetenhaus in der zweiten Lesung des Justizetats, Kapitel 74, Titel 4 Nach Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, IV. Session 1911, 1. Bd., Berlin 1911, Sp. 1382-1384, 1385-1387, 1388-1390, 1391-1393. und nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 4, S. 82-88 unter den Titel „Weiteres zum Justizetat. I Zur Rolle der Staatsanwaltschaft. ONLINE