Kapp-Lüttwitz-Putsch und Märzrevolution 1920

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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1. Mai 1921: Feierliche Einweihung der Gedenkstätte auf dem Wiescherfriedhof. Foto: Sammlung Günter Kennert / Herne
Gewidmet den März-Gefallenen.jpeg
Historisches Bild des Gedenksteins
Aktuelles Bild des Gedenksteins (2015)
Aufruf zum Generalstreik (1920)
Proklamation der >Roten Ruhrarmee< vom 20. März 1920
Gewehrappell der Arbeiterwehr 1920
Das Militär stellt sich den Streikenden entgegen
Erschossene Arbeiter im Isolierkrankenhaus Stoppenberg (März 1920)
Arbeiter werden abgeführt zur Erschießung
Von Reichswehr verstümmelte Arbeiter
Reichswehrsoldaten und niedergemetzelte Arbeiter der Roten Ruhrarmee (am 2. April 1920)

(Fast) vergessenes Ehrenmal wurde vor 90 Jahren in Herne eingeweiht

Die Herner Gewerkschaften und die sozialen Bewegungen unserer Stadt erinnern alljährlich an den Generalstreik gegen den Kapp-Putsch, der im Frühjahr 1920 zur März­revolution anschwoll und im Ruhrgebiet an die 1000 Opfer forderte. Unter den Opfern des bis heute ungesühnten Massenmords einer rechts­gerichteten Reichswehr, Sicherheits­polizei und entmenschten Freikorps­einheiten befanden sich auch zahlreiche Herner Arbeiter und Gewerk­schafter. Darunter vier namentlich bekannte, junge Arbeiter aus unserer Stadt, die auf dem Herner Südfriedhof beigesetzt wurden. Es handelt sich um …

Gustav Sotter (19 Jahre) • Gustav Breuning (19 Jahre) • Rochus Steinert (35 Jahre) • Franz Winkel (Alter unbekannt)

An der Grabstelle der vier Ermordeten Gewerkschafter auf dem Wiescherfriedhof, wurde vor genau 90 Jahren, am 1. Mai 1921 von den Herner Gewerk­schaften unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eine Mahn- und Gedenk­stätte für die Opfer der März­revolution, feierlich eingeweiht.

Nach 1933 wurde die Gedenk­stätte auf dem damaligen Ehrenfriedhof von den Faschisten ge­schliffen und die Erinnerungs­tafel entfernt. Erst 1997 wurde das Ehrenmal wieder hergerichtet.

Seit 2008: Gedenkstätte der Herner Arbeiterbewegung

Aus Anlass des 130. Jahrestages der Gewerkschafts­gründung (1878) in unserer Stadt, des 90. Jahrestages der November­revolution (1918) und des 75. Jahrestages der Zerschlagung der freien Gewerk­schaften durch die Nazis (1933) wurde das Ehrenmal im Jahre 2008 durch eine vom DGB-Kreis gestiftete Bronzetafel mit den Namen von Widerstands­kämpfern aus der Herner und Wanne-Eickeler Arbeiter­bewegung, die von den Faschisten ermordet wurden, ergänzt.

Märzgefallenenfeiern bis 1933

Zur Erinnerung an die bei den Märzkämpfen 1920 ums Leben ge­kommenen Arbeiter wurde seit 1921 in Herne, wie in zahl­reichen Städten des Ruhr­gebiets, all­jährlich eine „März­gefallenen­feier“ veranstaltet. Diese Tradition reichte bis ins Jahr 1933, der Macht­übertragung auf die Faschisten. An diese Tradition knüpfte der DGB-Herne vor Jahren wieder an um die Ereignisse der frühen 1920er Jahre dem Vergessen zu entreißen. Was 1933 nicht gelang, konnte 1920 noch verhindert werden: die offene, faschistische Diktatur.

Markstein in der demokratischen Tradition unseres Landes

Der Generalstreik, der mit ungeheurer Wucht gegen den Militär­putsch einsetzte, war der einzige politische General­streik in der Geschichte der deutschen Arbeiter­bewegung, der diesen Namen verdient. Er ist ein Mark­stein in der demo­kratischen Tradition unseres Landes, über den auch heute noch das Ge- und Nachdenken lohnt.

Generalstreik verteidigt die Weimarer Republik

Am 13. März 1920 putschten unter Führung des preußischen Ober­regierungsrats Kapp und des Generals Lüttwitz die Reichswehr und maro­dierende Freikorps­einheiten in Berlin gegen die Ergeb­nisse der November­revolution (1918/19) und die junge Weimarer Republik. Die Reichs­regierung unter Friedrich Ebert (SPD) flüchtete zunächst nach Dresden und dann nach Stuttgart. Gewerk­schaften, SPD, USPD und KPD riefen zur Vertei­digung der Republik und der ersten parla­mentarischen Demo­kratie in der deutschen Geschichte zum General­streik auf. Ab 15. März 1920 befanden sich über 12 Millionen Arbeiter, Angestellte und Beamte im Streik.

Arbeiterräte in Herne und Wanne-Eickel

Auch in Herne und Wanne-Eickel drehte sich kein Förder­rad der Zechen mehr, alle Betriebe und Verwaltungen standen hier, wie im übrigen Ruhrgebiet still. In beiden Städten bildeten sich "provisorische Arbeiterräte" und Aktionsausschüsse die die Kommunalverwaltung übernahmen und die Polizei ihrem Kommando unterstellten.

Die Republik war gerettet, aber der Terror ging weiter

Bewaffnete Arbeiterwehren wurden aufgestellt. In vielen Teilen Deutschlands, besonders aber hier im Industrierevier, wo sich eine 100tausend Mann starke >Rote Ruhrarmee< gebildet hatte lieferten sich die Arbeiter mit der äußerst brutal vorgehenden Soldateska zum Teil erbitterte, bewaffnete Kämpfe. Zunächst war der Generalstreik erfolgreich, die Reichswehr- und Freikorpseinheiten wurden zurückgeschlagen oder zur Kapitulation gezwungen. Der Putsch wurde vereitelt und die Republik gerettet. Es ging der Streikbewegung aber nicht nur um die Abwehr des Putsches sondern auch um die in der Novemberrevolution 1918/19 verfehlte, konsequente Sozialisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Gegen diese Bestrebungen wurden nunmehr von der gerade geretteten Regierung, Reichswehr und Freikorpseinheiten (darunter Teile der Putschtruppen) in Marsch gesetzt. Das Militär nahm in den folgenden Tagen und Wochen blutige Rache an den kämpfenden Arbeitern.

Am 3. April 1920 besetzte die Reichswehr unter Führung des General von Watter zunächst Wanne, Röhlinghausen, Eickel und schließlich die Stadt Herne. Der wütende, opferreiche Terror verrohter Militaristen überzog die Arbeiterviertel der Stadt und des gesamten Reviers. Jene großen Hoffnungen, die in der Novemberrevolution 1918/19 die Massen beflügelten und in der Märzrevolution 1920 noch einmal aufschieben, wurden in Blut und Terror erstickt … Die Taten blieben ungesühnt und die Täter gingen sämtlich straffrei aus. [1]


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Quellen

  1. Ein Artikel von Norbert Kozicki