Theke von Haus Neweling ins Gemeindehaus getragen (WAZ 15.09.2014)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Version vom 19. Mai 2015, 18:54 Uhr von Andreas Janik (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Stadtteilreport WAZ 2014 '''Theke von Haus Neweling ins Gemeindehaus getragen''' Herne. 15.09.2014 Bevölkerungsmäßig explodierte Baukau im Laufe…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Stadtteilreport WAZ 2014

Theke von Haus Neweling ins Gemeindehaus getragen

Herne. 15.09.2014 Bevölkerungsmäßig explodierte Baukau im Laufe des 19. Jahrhunderts förmlich. 1809 zählte man 263 Einwohner, 1895 waren es bereits 4914. Den wirtschaftlichen Aufschwung verdankte Baukau dem Bergbau: Schluss war mit Viehzucht, der Bergbau wurde Haupterwerbsquelle.

Älteste Zeche auf Baukauer Gebiet war die Zeche Von der Heydt. Teufbeginn war 1864, gefördert wurde ab 1866, die endgültige Stilllegung erfolgte 1964. Zechen

Im Jahr 1869 wurden auf der Zeche Von der Heydt 164 354 Tonnen Kohlen mit 545 Beschäftigten gefördert. Teufbeginn der zweiten Baukauer Zeche Julia war 1867, Förderbeginn 1870, die Stilllegung erfolgte 1961. Im Jahr 1918 wurde die Kohlenförderung und 1928 die gesamte Zeche Julia von der Zeche Von der Heydt übernommen. 1939 wurde bei 1996 Beschäftigten mit 814 788 Tonnen Kohle die höchste Jahresförderung erreicht. Die Schächte von Julia und Von der Heydt wurden bis 1965 verfüllt. Heute befinden sich auf dem Gelände der Herner Großmarkt und mehrere andere Firmen.

Kirche und Kneipe

Für die katholische Kirche St. Marien wurde der Grundstein 1899 gelegt. Wegen der schleppenden Finanzierung zog sich die Fertigstellung des neugotischen Gotteshauses zehn Jahre hin. Die baubehördliche Abnahme fand am 9. August 1909 statt. Zwischenzeitlich musste die Notkirche, die hinter der Gaststätte J. Neweling lag, genutzt werden. Die seit 1896 bestehende Gemeinde hielt dort bis zum Bau der Marienkirche ihre Gottesdienste ab. Wie eng die Beziehung von Kneipe und Kirche war, zeigt, dass die Theke des Hauses Neweling nach Schließung abgebaut und im Gemeindehaus der Mariengemeinde wieder aufgebaut wurde. Zwischen 1996 und 2005 wurde die Kirche dann umfangreich restauriert.

1899 fand die Grundsteinlegung für die evangelische Kirche statt. Im März 1900 konnte die Kirche bereits bezogen werden. Zuvor zog die Gemeinde in die Gaststätte Deutsche Eiche an der Bismarckstraße/Kaiserstraße. Dort stellte Gastwirt Carl Sehrbruch einen 170 Quadratmeter großen Saal gegen eine jährliche Entschädigung von 200 Mark für gottesdienstähnliche Zwecke zur Verfügung. Gottesdienste wurden hier von 1896 bis 1900 gefeiert. 1989 wurde die Kirche nach Matthäus benannt. Übrigens: Beide Kirchengemeinden boten den Nazis Paroli. Stadtarchivar Jürgen Hagen: „Sowohl aus katholischer wie auch aus evangelischer Sicht kann man deshalb sagen, dass Baukau mit seinen Geistlichen in der Nazizeit gesegnet war.“

Stichkanal

Im Raum Herne/Baukau begann im Jahr 1965 der Bau der Bundesautobahn A 42 (Emscherschnellweg). 1976 dann, so weiß Stadtarchivar Jürgen Hagen im Gespräch mit der WAZ zu berichten, wurde Baukau „mit voller Wucht“ erreicht. Die Eröffnung erfolgte 1975. Besonderheit hier: Zwischen den Auffahrten Herne-Baukau und Herne-Börnig wurde ein stillgelegte Kanalbett zur Trassenführung benutzt. Autofahrer, die heutzutage von Herne-Baukau aus in Fahrtrichtung Castrop-Rauxel unterwegs sind, können den Verlauf der ehemaligen Wasserstraße noch an der schnurgeraden Straßenführung erkennen.

Der alte Stichkanal war rund sieben Kilometer lang. Er zweigte vom Dortmund-Ems-Kanal (Schiffshebewerk Henrichenburg) ab und endete an der Strünkeder Straße, der heutigen unteren Bahnhofstraße (nördlich des Bahnhofs), mit dem Hafen Baukau. Errichtet wurde dieser Stichkanal zwischen 1893 und 1896. Der Kanal diente der Zeche Friedrich der Große für den Kohletransport zwischen den Schachtanlagen Horsthausen und Börnig. Erhebliche Bergsenkungen ließen die Gefahr von Überflutungen wachsen. Deshalb wurde der Stichkanal stillgelegt. Eine Dammsprengung im Januar 1938 sorgte dafür, dass das Wasser abgelassen wurde.

„Tuberkeldüse“

Der Möllertunnel, lästerlich auch gerne „Tuberkeldüse“ wegen des leichten Luftsogs genannt, verband unterhalb des westlichen Bahnhofs die Von-der-Heydt-Straße mit der Moltkestraße (Westring). Benannt und einige Zeit auch beschildert war der halbrunde Kacheltunnel nach dem Gastwirt und Stadtverordneten Christian Möller von der Von-der-Heydt-Straße. Der hatte sich ganz clever beim Umbau des alten Bahnhofs (Höherlegung 1917) für den Fußgängerdurchlass eingesetzt. Die Baukauer gelangten so schneller in die Stadt – und natürlich in seine Gastwirtschaft. 1967 schloss die „Tuberkeldüse“ für immer.

Gerhard Römhild

Quelle: [1]