Else Drenseck: Wir haben mit Null angefangen
Else Drenseck (geboren 24. Dezember 1911 in Herne; gestorben 13. Dezember 1997 ebenda; geboren als Else Emmerich) war eine deutsche Politikerin (SPD) und Geschäftsführerin des Kreisverbands Herne der Arbeiterwohlfahrt.
Autorin Helga Angsüßer, FridA, Herne, 1. Quartal 1995, "Wir haben mit Null angefangen"
Wenn die erste Bürgermeisterin unserer Stadt über die Anfänge der SPD in Herne nach dem Krieg erzählt, kann man nur andächtig lauschen. Sie berichtet über persönliche Erlebnisse und Begebenheiten, die in keinem Archiv nachzulesen sind.
Kurzum: Else Drenseck verkörpert ein Stück Geschichte unserer Stadt.
Else Drenseck erinnert sich
Else Drenseck, 1911 in Herne geboren, wurde 1928 Mitglied der SPD. Sie erlernte den Beruf einer Kauffrau.
1933 heiratete sie. Ihr Mann fiel im Krieg und sie mußte ihren Sohn Heinz, den heutigen Stadtdirektor und Stadtkämmerer, allein durchbringen. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges waren ihr politische Betätigungen nicht gestattet. Doch sie blieb auch wahrend der Nazi-Zeit ihren politischen Zielen treu. Gleich nach dem Krieg beteiligte sie sich maßgeblich am Aufbau der SPD und der Arbeiterwohlfahrt in Heme. Ein Engagement, das zu Ihrer Lebensaufgabe wurde.
Else Drenseck erinnert sich: " ...... Wir haben damals auf dem Landwehrweg gewohnt. Kurz nach dem Einmarsch haben wir den Ortsverein Constantin gegründet.
Mein Vater hatte noch das alte Kassenbuch von 1933. Da war auch noch Geld, das wir jemandem, der über uns wohnte, zur Verwahrung gegeben haben. Es waren ganz jung verheiratete Leute, deren Kind von meiner Mutter betreut wurde. Wir hatten großes Vertrauen zu ihnen. Wir haben denen das Geld anvertraut, weil wir gedacht haben, der Spuk dauert sowieso bloß ein paar Wochen und dann holen wir uns das wieder. Dann haben wir wenigstens ein bißchen in der Parteikasse, Das waren so an die 80,- RM und die Marken. Jede Woche mußten wir ja eine Marke kleben.
Daß der Mann, dem wir das Geld in Verwahrung gegeben haben, in der SS war, haben wir nicht gewußt. Aber er hatte uns nicht verraten. Er hat alles bis 1945 verwahrt. Man mußte ja erst mal sehen, wen man überhaupt noch ansprechen konnte und wer Nazi war. Man kannte viele von früher, aber man wußte nicht, wie sie jetzt dachten.
Erste Treffen
Dann haben wir uns in einer Zeit, als Parteien nicht zugelassen waren, mit ein paar Leuten, denen wir vertrauten, getroffen. Alle hatten ja Angst, daß einer den anderen verrät. Aber wir waren die ersten Getreuen. Getagt haben wir bei "Voß". Wir haben immer "Tante Emma" gesagt. Ihr konnte man schon vertrauen, da war man ziemlich sicher. Wir hatten das Geld, das Kassenbuch und die Marken. Unser Ortsverein war reich, denn das war damals viel Geld. Andere Ortsvereine haben sich nicht so getraut. Sie hatten alle Angst, weil solche Treffen noch illegal waren. Da zuerst die AWO zugelassen wurde, haben wir uns dann immer unter dem Namen Arbeiterwohlfahrt getroffen.
Das war der Anfang.
Neuer Anfang
Karl Pohlmann wurde unser erster Vorsitzender nach 1945. Ich glaube, ich bin die einzige Frau, die damals dabei war. Nachher haben sich viele Mitglieder gemeldet. Wir haben in einem Haus auf der Schulstrasse angefangen. Da war vorher die Arbeitsfront drin.
Wir haben uns aus dem Keller die alten Akten geholt und die Hakenkreuze davon abgerissen oder zugeklebt. Wir hatten keinen Bleistift, keine Tinte und kein Blatt Papier. Wir hatten gar nichts. Wir mußten uns erst einmal die Namen merken. Aber es dauerte nicht lange, da konnten wir gar nicht so viele Parteibücher schreiben, wie sich Leute gemeldet haben. Man mußte alles, was sich im Stadtbezirk ereignete, der Militärregieruog mitteilen.
Karl Hölkeskamp wurde von der Militärregierung zum Stadtdirektor und Kämmerer ernannt. Damals gab es noch keine Wahlen.
Ich gehörte zu den ersten Stadtverordneten, die angefangen haben, die Stadt wieder irgendwie zu organisieren. Es waren die alten Sozialdemokraten, die schon 1933 aktiv waren.
Wir haben dann auch Mitgliedsbeiträge kassiert. 10 Pfennige haben die Frauen bezahlt und 25 die Männer. Dafür konnte man noch nichts kaufen und wir haben mit Null angefangen. Für unsere Notizen haben wir von zu Hause Papier und Bleistifte mitgebracht. Wir haben alles brauchen können. Alle haben umsonst gearbeitet. Die AWO hatte damals die Fürsorge für die Leute übernommen. Als die Soldaten und die vielen Flüchtlinge nach Hause kamen, haben wir gebrauchte Kleidung verteilt, die wir von Amerika bekommen haben.
Es war eine schwere Zeit und es war nicht leicht, aus dem Nichts etwas zu schaffen. [2]