Im Obus zum Pütt

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Die Eröffnung der rund sechs Kilometer langen Obuslinie von Gerthe zum Bahnhof Herne im Juni 1949 durch die Bogestra hat eine lange Vorgeschichte.

Friedhelm Wessel [1]

Die Keimzelle war die von der Straßenbahn der Stadt Herne im Oktober 1908 in Betrieb genommene Straßenbahnlinie Herne (Evang. Kirche) – Zeche „Constantin 4/5“, die im Dezember 1910 bis Gerthe verlängert wurde. Im Dezember 1912 kam die Strecke von Herne (Vinckestraße) zur Zeche „Friedrich der Große 1/2“ hinzu.

Nachdem der Verkehr in den Jahren 1923/24 geruht hatte, wurden 1924/25 die Streckenteile miteinander verbunden und durchgehend von Gerthe bis Röllinghausen betrieben. Nach dem Konkurs der Westfälischen Straßenbahn und dem Übergang an die Bogestra im Jahr 1931 fiel die Strecke Herne – Gerthe 1937 dem Rotstift zum Opfer. Rasch verschwanden die Fahrleitungen und teilweise auch schon das Gleismaterial, doch ebenso rasch setzte man im Rahmen der Kriegsvorbereitungen alles daran, die zur Zu- und Abfuhr der Kumpels kriegswichtige Verbindung zu reaktivieren. Bereits im Februar 1938 eröffnete die Bogestra eine Omnibuslinie Gerthe – Herne Bf. – Zeche „Friedrich der Große 3/4“. Da die Busse dem Verkehrsanstieg aber nicht gewachsen waren und Treibstoffe knapp wurden, andererseits der Wiederaufbau der Straßenbahn zu teuer geworden wäre, reifte die Idee einer Obuslinie. Man beauftragte daher 1941 die Firma Siemens mit der Planung.

Ein großes Problem war die Materialbeschaffung. Zwar lieferte das Schleuderbetonwerk Erlangen noch 1943 etwa 100 Masten, doch nach den Luftangriffen auf Bochum hatte die Aufrechthaltung des übrigen Straßenbahnverkehrs Vorrang. Nach dem Krieg ging es zaghaft weiter. Während man den Abschnitt „Friedrich der Große“ – Bahnhof Herne aufgrund der veränderten Verkehrsverhältnisse umprojektieren musste, wartete man auf die Zuteilung von Baumaterial. Im Mai 1948 wurden endlich die ersten Ladungen Kies, Zement und Stahl zugeteilt, so dass im Juni unter Aufsicht eines Schachtmeisters das Aufrichten der 360 Masten und das Anbringen von 600 Wandhaken beginnen konnten. Mitte 1948 trafen vier motorlose Obusse ein, die in Gerthe komplettiert wurden. Die Verhandlungen über die einzelnen Bauabschnitte gestalteten sich schwierig, und oft musste die Bogestra zwischen den Städten Bochum und Herne vermitteln.

Erst Anfang 1949 konnte die Montage der 41 Kilometer Fahr- und 20 Kilometer Spanndrähte, 450 Schalldämpfer und 2000 Aufhänger beginnen, doch gab es aufgrund von Lieferproblemen vielfach Verzögerungen, so dass in der Öffentlichkeit über den mutmaßlichen Eröffnungstermin spekuliert wurde. Ende April hätte man den Abschnitt Gerthe – Herne in Betrieb nehmen können, weil aber an der Kirche keine Wendemöglichkeit bestand, musste man die Fertigstellung der Kehre am Bahnhof Herne abwarten. Im Juni 1949 war es endlich so weit: Die weiteren drei Obusse hatten gelieferten Ausrüstungen erhalten und die rund sechs Kilometer lange Linie C von Gerthe zum Bahnhof Herne konnte eröffnet werden. 1950 wurde die Linie um 3,3 Kilometer bis zur Zeche „Friedrich der Große 3/4“ verlängert und in „61“ umbenannt.

Die Strecke wurde vom Gleichrichterwerk an der Marienstraße von den Herner Stadtwerken versorgt. Bei einer Gesamtfahrzeit von 27 Minuten kamen regulär drei Wagen alle 20 Minuten zum Einsatz, wobei sie täglich insgesamt 800 Kilometer zurücklegten und 6700 Personen beförderten. Im Jahr 1951 wurden mit den vier Bussen bei einer Gesamtlaufleistung von 285.000 Kilometer rund 2,23 Millionen Fahrgäste befördert. Der Obus blieb in Bochum und Herne umstritten. Nach nur zehn Jahren, im Oktober 1959, wurde der Betrieb wegen größerer städtischer Bauvorhaben, die eine Betriebspause für ein Jahr bedingt hätten, vollständig eingestellt. Der Obus mit einer Streckenlänge von rund neun Kilometern besaß gegenüber dem Bus (rund 400 Kilometer) nie eine besondere Bedeutung für die Bogestra, zumal auch die Stadt Herne beabsichtigte, den Bahnhofsvorplatz umzugestalten, so dass auch dort umfangreiche Fahrleitungsarbeiten mit separaten Fahrspuren angefallen wären. [2]

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Quellen

  1. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  2. Ein Artikel von Friedhelm Wessel