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Aktuelle Version vom 21. September 2017, 06:51 Uhr
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"Meine Zukunft war nicht hier"
Als Kenneth Ellington, der damals noch Kurt Eisenberg heißt, 1936 das Gymnasium in Wanne verlassen muss, hat er bittere Jahre hinter sich. Hass war von vielen Seiten auf ihn und seine jüdische Familie eingeprasselt und hatte die Eisenbergs mürbe gemacht.
Seit 1933 waren die antisemitischen Pöbeleien immer ärger geworden. Und vor dem elterlichen Textilwarengeschäft in Röhlinghausen waren Männer in SA-Uniform aufgetaucht, um Plakate aufzuhängen: „Wer vom Juden frisst, stirbt daran." In der Schule muss sich Kurt Eisenberg häufig mit Fäusten gegen Übergriffe wehren. Und 1937, im Jahr nach seiner Zwangsverbannung vom Gymnasium, wird das Geschäft der Eltern von den Nazis „arisiert", verkauft zum Spottpreis.
Die Eisenbergs ziehen nach Berlin. Als Vorbereitung für eine mögliche Ausreise ins Exil lernt Kurt Eisenberg auf einer jüdischen Schule das Schlosser-Handwerk. Die Pogromnacht am 9. November 1938[Anm. 1] verschärft die Situation. Kurt Eisenberg und Vater Walter werden getrennt voneinander zur Polizeistation in Berlin-Wilmersdorf befohlen und verhört. „In diesen Stunden wurde mir endgültig klar, dass wir hilflos und ohne jeden Anspruch auf Gerechtigkeit einem willkürlichen Staat bis aufs Verderben ausgeliefert waren", schreibt Ellington in seinen Erinnerungen.
Was folgt, ist gleichzeitig ein „Aufbruch in ein Abenteuer" und der tränenreiche und überstürzte Abschied von seinen Eltern. Urplötzlich hat der 15-Jährige die Chance, mit einem Kindertransport über Holland nach England zu emigrieren. „Dass ich meine Eltern verlassen musste, hat auf mir gelastet, der Abschied aus Deutschland tat das nicht", sagt Ellington heute. Die Belastung wiegt umso schwerer, „weil nicht nur die Zukunft ungewiss war, sondern weil meine Eltern und ich irgendwie geahnt hatten, dass wir uns nicht wiedersehen könnten".
Nach einer stürmischen Kanalüberfahrt kommt Kurt Eisenberg im Dezember 1938 mit dem Schiff im englischen Harwich an. Kaum ein Jahr später bricht der Zweite Weltkrieg aus. Politisiert von Kommunisten und Sozialisten wird er Mitglied der „Freien Deutschen Jugend in der englischen Emigration". Er meldet sich freiwillig zum Militär und findet sich nach dem Waffenstillstand in Europa als Dolmetscher beim Kriegsverbrechergericht im zerstörten Hamburg wieder. Sein jüngerer Bruder war ihm 1939 in die Emigration gefolgt. Die Eltern sterben, die Spuren verlieren sich nach ihrer Deportation nach Theresienstadt[Anm. 2]. Sie waren Opfer der „Endlösung der Judenfrage"[Anm. 3] geworden.
Noch 1945 besucht Kurt Eisenberg, der sich mittlerweile Kenneth Ellington nennt, Wanne-Eickel. „Ich habe Deutschland nicht gehasst, aber ich fühlte, dass meine Zukunft nicht hier war", sagt er. Ellington geht zurück auf die Insel, studiert und arbeitet von 1951 bis 1986 im Labor einer Weltfirma. Kenneth Ellington (85) und Frau Esther (82) haben zwei Söhne, vier Enkel und fünf Urenkel. [1]
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Herne
Anmerkungen
- ↑ Reichspogromnacht: https://de.wikipedia.org/wiki/Novemberpogrome_1938
- ↑ KZ Theresienstadt: https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Theresienstadt
- ↑ Endlösung der Judenfrage: https://de.wikipedia.org/wiki/Endl%C3%B6sung_der_Judenfrage
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Weblinks
http://www.herne.de/kommunen/herne/ttw.nsf/id/DE_Nahtstellen Nahtstellen - Website der Stadt Herne
Quellen
Erinnerungsorte - Shoah-Denkmal - Zum Gedenken an die Opfer der Shoah aus Herne und Wanne-Eickel - Eine Dokumentation von Ralf Piorr im Auftrag der Stadt Herne, Herausgeber: Stadt Herne, 2010; darin Abbildung der Gedächtnistafel Bahnhof Herne